IKB-Kapitalmarkt-News – Trumps Vorstellung von Wirtschaftspolitik

IKB-Kapitalmarkt-News – Trumps Vorstellung von Wirtschaftspolitik: viel
Lärm um nichts?
18. August 2016
Dr. Klaus Bauknecht
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Der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald J. Trump sorgt für Stimmung im US-Wahlkampf – wenn auch
hauptsächlich für negative. Nun wird er etwas konkreter, was seine Ideen zur Wirtschaftspolitik angeht. Viel grundlegend
Neues gibt es allerdings nicht; es sind Kopien klassischer Wahlkampfversprechungen. Sie beinhalten Deregulierung,
sinkende Steuerraten und steigende Investitionsquoten des Staates, also Themen, die Arbeitgeber gerne hören. Vor den
Arbeitnehmern zeigt Trump vor allem Nationalbewusstsein und spricht sich für den Erhalt sowie die Neuschaffung von
Arbeitsplätzen in den USA durch Handelsrestriktionen und Zölle aus. Kernpunkte von Trumps Vorstellungen sind:
•
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Einkommen werden mit 12 %, 25 % oder 33 % besteuert
Senkung der Körperschaftssteuer von 35 % auf 15 %
Im Ausland angelegtes Kapital aus Gewinnen soll mit einer Steuerrate von 10 % zurück in die USA gelockt werden
Schon verabschiedete Regulierungsmaßnahmen wie das Dodd-Frank-Gesetz sollen außer Kraft gesetzt werden
Ein Investitionsprogramm soll die staatlichen Investitionen deutlich erhöhen, um die Infrastruktur zu modernisieren
Im Prinzip lässt Trump die Wirtschaftspolitik von Ronald Reagan wieder aufleben. Doch während sich die US-Wirtschaft
Anfang der 80er Jahre in einer Rezession bzw. Stagflation befand, und die Realwirtschaft durch den Gewerkschaftseinfluss
stark reguliert war, ist fraglich, ob sich auch aktuell Wachstumsimpulse durch den erneuten Fokus auf Deregulierung
(supply-side economics) generieren lassen. Trump genießt auch weniger das Vertrauen der Unternehmer als Reagan, der
eine Neuausrichtung der US-Realwirtschaft durch effektive Deregulierung erreichte.
Ähnliche Zweifel gibt es an den Steuersenkungsplänen von Trump, die ebenso Wachstumsimpulse bringen sollen. Auch
hier dürfte der Erfolg ausbleiben; denn die effektive Steuerrate in den USA ist im historischen Vergleich aktuell nicht
sonderlich hoch, sondern eher auf einem Niveau, das angesichts des BIP-Wachstums zu erwarten ist. Grundsätzlich ist die
US-Steuerquote relativ stabil. Auch Reagan konnte sie Anfang der 80er Jahre nur um 2 Prozentpunkte auf rund 19 % des
BIP senken, während sie in den boomenden 90er Jahren mit dem Wirtschaftswachstum stieg. Aktuell ist die Steuerquote
etwa auf dem Niveau von Anfang der 80er Jahre, obwohl das Wachstum im Schnitt höher liegt als damals. Es ist
unwahrscheinlich, dass infolge eines größeren Wirtschaftswachstums eine sinkende Steuerquote mehr Steuereinnahmen
liefert. Etwas, auf das auch Ronald Reagan erfolglos wartete.
Der Grundgedanke zu höheren Steuereinnahmen bei sinkenden Sätzen stammt von dem Volkswirt Laffer und ist bekannt
als Laffer-Kurve: Mit steigenden Steuerraten steigen auch die Einnahmen bis zu einem gewissem Punkt. Ist dieser Punkt
erreicht, sinken die Einnahmen infolge von sinkendem Wachstum und Fehlanreizen. Deshalb führt eine Senkung der
Steuerraten nur dann zu höherem Einkommen und Wachstum, wenn die Einnahmen sich wegen zu hoher Steuern bereits
auf der fallenden Seite der Hyperbel befinden.
Abb. 1: Steuereinnahmen der USA, in % des BIP
23
22
21
20
19
18
17
16
15
1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016
Quelle: bea
Kapitalmarkt News
Die USA befinden sich mit ihrer aktuellen Steuerlast sicherlich nicht auf der fallenden Seite der Laffer-Kurve, sodass
niedrigere Steuern und steigende staatliche Investitionsausgaben zu einer steigenden Schuldenquote führen würden. Dies
war unter der Präsidentschaft Reagans der Fall. Zwar rühmen sich die Republikaner damit, Verfechter einer geringen
staatlichen Intervention und der freien Marktwirtschaft zu sein, aber tatsächlich ist die US-Schuldenquote in den letzten
Jahrzehnten vor allem unter republikanischen Präsidenten gestiegen. Zumindest hier würde Trump nicht aus der Rolle
fallen.
Ein hingegen untypischer Vorschlag für einen republikanischen Kandidaten ist das Ausgabenprogramm für öffentliche
Investitionen. Die Infrastrukturprobleme, die Trump benennt, gibt es zweifellos und müssen angegangen werden. Doch er
lässt offen, wie er den hohen Investitionsbedarf finanzieren will. Zwar sprechen die angekündigten Investitionen für eine
steigende Schuldenquote unter einer möglichen Präsidentschaft Trumps, doch auch hier gilt zu unterscheiden, was
Wahlpropaganda ist bzw. umsetzbar. So ist es nicht untypisch, das Kandidaten die Werbetrommel für höhere Investitionen
in ihrem Wahlprogramm rühren – wie es auch in Deutschland vor jeder Bundestagswahl der Fall ist. Meistens jedoch wird
die Notwendigkeit von Investitionen nach der Wahl deutlich stärker relativiert als zum Beispiel die von sozialen Transferleistungen oder Militärausgaben.
Abb. 2: US-Schuldenquote, in % des BIP
110
100
1981 - 1989
Reagan
2001 - 2009
G.W. Bush
1993 - 2001
Clinton
90
1989 - 1993
G. Bush
80
70
ab 2009
Obam a
60
50
40
30
1980
1983
1986
1989
1992
1995
1998
2001
2004
2007
2010
2013
2016
Quelle: Fed
Für viel Empörung sorgte Trumps Idee, dass er internationale Handelsabkommen nachverhandeln will, um einen „besseren“
Deal für den amerikanischen Arbeiter zu erzielen. Eigentlich sind solche Vorstellungen unrealistisch, denn Abkommen mit
anderen Ländern müssen mit einer 2/3 Mehrheit vom US-Senat ratifiziert werden. In diesem Fall könnten die Wahlen zum
US-Kongress am 8. November 2016 für die zukünftige Wirtschaftspolitik der USA entscheidender sein als die Präsidentenwahl.
Aktuell stellen die Republikaner 54 der 100 Senatoren und somit eine knappe absolute Mehrheit. Am 8. November 2016
stehen 34 der 100 Senatssitze zur Wahl, davon 10 Sitze, die von Demokraten belegt sind und 24 aktuelle Mandate der
Republikaner. Selbst wenn alle zur Wahl stehenden Mandate an die Republikaner gehen würden, hätten sie noch immer
keine 2/3 Mehrheit. Es scheint jedoch wahrscheinlicher, dass die Demokraten die Mehrheit im Senat erlangen, da mehr
republikanische Senatoren als Wackelkandidaten gelten. Doch selbst, wenn dies nicht der Fall wäre, bliebe die Umsetzung
der umstrittenen Ideen Trumps grundsätzlich unrealistisch, da selbst viele Republikaner seine Vorschläge kritisch
betrachten. Zudem wird er sicherlich in wichtigen Fragen nicht alle Stimmen der republikanischen Senatoren auf sich
vereinigen können. Allerdings ist davon auszugehen, dass unter Trump kaum neue Vorschläge zu Freihandelsabkommen
kommen dürften. Die weitere Ausgestaltung und finale Umsetzung von TTIP während einer Präsidentschaft von Trump wäre
davon ebenfalls betroffen. Der Senat dürfte eine Veränderung bzw. Einengung existierender Handelsabkommen verhindern
können, neue Impulsen für den freien Handel wären jedoch nicht zu erwarten.
Kapitalmarkt News
Abb. 3: Verteilung der Stimmen im US-Kongress
300
250
246 Sitze
56,6 %
54 Sitze
54 %
200
150
100
188 Sitze
43,2 %
44 Sitze + 2
Unabhängige
46 %
50
0
Repräsentantenhaus
(1 Sitz vakant)
Republikaner
Senat
Demokraten
Quellen: United States House of Representativ es; United States Senate
Aus geldpolitischer Sicht ist die eigentliche Frage, ob die Fed angesichts eines Wahlkampfs, der zum Teil absurde
wirtschaftspolitische Vorschläge hervorbringt, den Raum für eine weitere Zinsanhebung sieht. Da die aktuellen Konjunkturzahlen zwar nicht schlecht, bis auf die Arbeitsmarktdaten aber auch nicht überzeugend sind, mag dies angezweifelt werden.
Doch wie oben beschrieben, sollte die Unsicherheit bzw. mögliche Neuausrichtung in der Wirtschaftspolitik bei einer
Präsidentschaft von Trump nicht überbewertet werden. So erwartet die IKB in 2016 weiterhin eine Zinsanhebung der Fed
von 25 bp.
Fazit: Trump macht in seinem Wahlkampf viel Lärm. Seine Vorstellungen von Wirtschaftspolitik enthalten aber wenig
Neues, dafür umso mehr Rhetorik und Versprechungen. Es bleibt fraglich, wie viele der zum Teil wirren wirtschaftspolitischen Vorschläge unter seiner Präsidentschaft umgesetzt werden könnten.
Dies liegt weniger daran, dass Wahlkampagnen generell oft populistische Forderungen beinhalten. Vielmehr hat der USSenat in entscheidenden Fragen, etwa bei Handelsabkommen der USA mit anderen Ländern, Mitspracherecht. Trump
dürfte aller Voraussicht nach bei seinem Amtsantritt keine ausreichende, wenn überhaupt eine Mehrheit an Senatoren hinter
sich vereinigen können.
Relativ sicher ist allerdings, dass unter Trump die US-Schuldenquote erneut ansteigen dürfte, und dass neue Impulse für
Handelsabkommen eher unwahrscheinlich sind.
Trotz des Polterns im US-Wahlkampf hält die IKB eine Zinsanhebung der Fed von 25 bp in diesem Jahr weiterhin für
plausibel.
Kapitalmarkt News
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18. August 2016
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