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am 15. November 2016
im NDR Fernsehen
Themen:
Knieprothesen – viele Kunstgelenke müssen wieder raus
Harninkontinenz – ein Tabu, das keines sein muss
Winterwetter – Ansteckungsrisiko Heizungsluft
Migräne – Antikörper gegen chronischen Kopfschmerz
Rosenkohl – vitaminreiche Knospen im Winter
Abenteuer Diagnose: Phäochromozytom
Knieprothesen – viele Kunstgelenke müssen wieder raus
Bei einer schweren Kniegelenksarthrose ist der Gelenkknorpel so verschlissen, dass der
Betroffene nicht mehr schmerzfrei laufen kann und schließlich nur noch ein künstliches
Kniegelenk hilft. Mit rund 150.000 Eingriffen pro Jahr in Deutschland gehört die
Implantation einer Knieprothese zu den häufigen Operationen. Doch jeder vierte Patient ist
mit dem Ergebnis dieser Routineoperation unzufrieden. Wie eine Studie der Berliner
Charité zeigt, liegt das meist nicht an schlechten Prothesen oder Fehlern der Patienten,
sondern an mangelnder Übung der Operateure: Mehr als 60 Prozent der Prothesen, die
ausgetauscht werden mussten, waren nicht länger als sechs Jahre implantiert. Die
Forscher untersuchten bei fast 400 Patienten, warum der Prothesenwechsel nötig wurde.
Bei jedem Vierten war das Kunstgelenk nicht stabil, bei weiteren 20 Prozent stimmte der
Winkel nicht und in jedem siebten Knie fanden die Wissenschaftler eine Entzündung. Damit
war klar, dass zwar die Haltbarkeit der Prothesen immer besser wurde, die Probleme aber
eher im OP zu suchen waren. Materialfehler sind heute so selten geworden, dass
frühestens nach 20 Jahren Probleme zu erwarten sind. Muss eine Prothese deutlich früher
gewechselt werden, deutet das auf einen Fehler während der Implantation hin.
Viele Experten und auch der Medizinische Dienst der Krankenkassen kritisieren, dass es in
Deutschland keine Meldepflicht für anerkannte Behandlungsfehler gibt.
Deshalb sei hierzulande von einer hohen Dunkelziffer bei Fehlern in der KniegelenksEndoprothetik auszugehen, während in anderen Ländern spezielle Register transparent
machen, wo wie viele Gelenke einsetzt werden und wie hoch die Versagensquote ist. Die in
Deutschland vorgeschriebenen strukturierten Qualitätsberichte (§137) enthalten nur
Angaben zu den häufigsten in einer Klinik durchgeführten Eingriffen. Dabei käme es
vielmehr auf die Routine des einzelnen Operateurs an, betonen Experten. Um von den
Krankenkassen anerkannt zu werden, müssen Kliniken hierzulande 50
Kniegelenkprothesen pro Jahr einsetzen. Verteilt sich diese Zahl aber auf fünf Operateure,
setzt der einzelne Arzt nur zehn Prothesen pro Jahr ein, viel zu wenig, um eine
ausreichende Routine zu entwickeln. Als ideales Maß empfehlen Experten 50
Kniegelenkprothesen pro Jahr und Operateur, denn die Operation erfordert viel Erfahrung
um Fingerspitzengefühl, um ein perfektes Ergebnis zu bringen. Wer als Patient Probleme
mit seinem neuen Knie bekommt, sollte es in einem darauf spezialisierten Zentrum
vermessen lassen. Eine Wechseloperation sollte aber nur erfolgen, wenn es wirklich
notwendig ist. Denn jeder chirurgische Eingriff ist mit Vernarbungen und weiteren
Beeinflussungen der sogenannten Propriorezeptoren verbunden, die für die Kniefunktion
wichtig sind.
Wichtige Tipps:
- Nur bei hohem Leidensdruck operieren lassen, denn ein neues Knie ist kein Jungbrunnen.
Die Erwartungen müssen realistisch sein: Selbst wenn alles gut läuft, kann das neue Knie
Probleme machen!
- Operation nur bei erfahrenen Operateuren durchführen lassen, die mindestens 50
Knieprothesen pro Jahr einsetzen.
- Bei der Auswahl der Klinik Verzeichnisse wie EndoCert nutzen, die erfahrene Spezialisten
zertifizieren.
- Selbst zur Verringerung von Infektionsrisiko und Wundheilungsstörungen beitragen:
Rauchstopp, Körpergewicht reduzieren, Diabetes gut einstellen!
- Wenn möglich, sollte man die Muskulatur rund um das Knie bereits vor der OP vorsichtig
auftrainieren mit Krankengymnastik, Radfahren, Laufen mit Gehhilfen.
- Nach der Operation ausgiebig und diszipliniert Krankengymnastik nutzen.
Interviewpartner im Studio:
Prof. Dr. Henning Windhagen, Direktor
Orthopädische Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover
DIAKOVERE Annastift gGmbH
Anna-von-Borries-Straße 1-7, 30625 Hannover
Tel. (0511) 53 54-340, Fax (0511) 53 54-682
Internet: www.diakovere.de
Interviewpartner im Beitrag:
Prof. Dr. Carsten Perka, Ärztlicher Direktor
Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie (CMSC)
Charité Universitätsmedizin Berlin, Campus Charité Mitte
Charitéplatz 1, 10117 Berlin
Tel. (030) 450-51 50 44, Fax (030) 450-51 59 00
Internet: cmsc.charite.de
Prof. Dr. Thorsten Gehrke, Orthopäde, Orthopädische Chirurgie und Sportmedizin
Ärztlicher Direktor
Helios Endo-Klinik Hamburg
Holstenstraße 2, 22767 Hamburg
Tel. (040) 31 97-0, Fax (040) 31 97-12 25
Internet: www.helios-kliniken.de/klinik/hamburg-endoklinik/fachabteilungen/gelenkchirurgie
Weitere Informationen:
Berufsverband der Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V.
Straße des 17. Juni 106-108, 10623 Berlin
Internet: www.orthinform.de
Deutsches Arthrose Forum
Internet: www.deutsches-arthrose-forum.de
Internet-Selbsthilfe-Forum mit Infos, Tipps und Adressen
EndoCert GmbH
Straße des 17. Juni 106-108, 10623 Berlin
Internet: www.endocert.de
Liste zertifizierter Endoprothetik-Zentren
Deutsche Arthrose Hilfe e.V.
Postfach 11 05 51, 60040 Frankfurt
Internet: www.arthrose.de
Ratgeber:
Ulrich Hinkelmann, Michael Fleischhauer:
Das neue Hüft- und Kniegelenk: Die Endoprothese Schritt für Schritt erklärt.
104 S.; Urban & Fischer/Elsevier (2012); € 24,99
Harninkontinenz – ein Tabu, das keines sein muss
Sie kennen in ihrem Umfeld jedes öffentliche WC, ihr Leben ist bestimmt durch ständige
Toilettengänge und die Sorge, es nicht rechtzeitig zu schaffen, nachts können nicht mehr
durchschlafen – und sie geben ein Vermögen für saugfähige Vorlagen aus: Menschen mit
einer Blasenschwäche (Harninkontinenz). Im schlimmsten Fall trauen sie sich nicht mehr
aus dem Haus, kapseln sich ab und verlieren ihre sozialen Kontakte.
Obwohl Harninkontinenz eine Volkskrankheit ist, unter der hierzulande jeder Zehnte leidet,
trauen sich sehr viele Betroffene nicht, darüber zu reden oder ärztliche Hilfe zu suchen.
Experten schätzen, dass mehr als die Hälfte der Patienten mit ihrer Behandlung
unzufrieden sind und das Gefühl haben, von ihren Ärzten nicht ernst genommen zu
werden. Dabei es gibt eine ganze Reihe von Möglichkeiten, das Problem in den Griff zu
bekommen: Bei Frauen ist in den meisten Fällen – oft nach Geburten – der Beckenboden
geschwächt. Dieses Muskelgeflecht liegt wie eine Acht um Vagina und After herum. Doch
auch die Blase kann für den Harnverlust verantwortlich sein. Deshalb wird bei der
Diagnostik nicht nur der Beckenboden untersucht, sondern auch der Blasendruck
gemessen. Über einen kleinen Katheter wird Wasser in die Blase geleitet und gemessen,
wie viel Flüssigkeit sie halten kann. Daneben muss der Patient genau protokollieren, wann
er auf die Toilette muss und wieviel er dabei ausscheidet. Mit diesen Daten können Ärzte
die Art der Inkontinenz und die Behandlungsmethoden bestimmen.
Therapieverfahren
Bei einer Senkung der Blase oder des Beckenbodens (Belastungsinkontinenz) können
Physiotherapie, Biofeedback oder auch eine Operation für Abhilfe sorgen.
Bei einer sogenannten Dranginkontinenz hilft dagegen keine Operation, sondern nur eine
Verhaltensänderung. Unterstützt durch Physiotherapie und gegebenenfalls auch
Medikamente lernt der Patient, seine Blase besser zu kontrollieren und Druck auszuhalten.
Zunächst geht es darum, ein Gefühl für die Beckenbodenmuskulatur zu entwickeln, die
normalerweise völlig unbewusst funktioniert. Biofeedback-Übungen helfen, die
Beckenbodenregion bewusst wahrzunehmen und die Muskulatur so zu steuern, dass man
seltener zur Toilette gehen muss. Medikamente (z.B. Hormoncremes, Tabletten
(Anticholinergika), Botox-Spritzen) können die überaktive Blase hemmen und eine normale
Füllung ermöglichen. Auch eine elektrische Nervenstimulation (TENS) kann hilfreich sein.
Dabei wird die Beckenbodenmuskulatur über Elektroden auf der Haut stimuliert und
trainiert.
Bei einer Belastungsinkontinenz, die sich durch Beckenbodentraining und andere
konservative Verfahren wie Pessare und Medikamente nicht ausreichend ausgleichen lässt,
hilft eine kleine Operation. Dabei werden in einem kurzen Eingriff über zwei Einstiche
durch die Haut oder von der Vagina aus spannungsfreie Vaginalbänder (TVT-Bänder) unter
die Harnröhre gezogen, um die nicht mehr intakte Bandstruktur des Beckenbodens zu
unterstützen.
Geht die Inkontinenz mit Schmerzen in der Blase einher, kann das auf eine chronische,
nicht bakterielle Blasenentzündung hindeuten. Der Urologe kann die Diagnose anhand
einer Blasenspiegelung stellen und die Entzündung mit Medikamenten oder einem kleinen
operativen Eingriff beseitigen. Die Therapiemöglichkeiten der Blasenschwäche sind
heutzutage so vielseitig und erfolgreich, dass sich niemand mit Inkontinenz abfinden sollte.
In aller Regel kann der Arzt helfen – aber erst, wenn sich die Betroffenen trauen, ihr
Problem auch anzusprechen.
Selbsthilfe
Ein gut trainierter Beckenboden schützt vor Inkontinenz. Mit einigen kurzen Übungen, die
man am besten mehrmals täglich, über den Tag verteilt trainiert, lässt sich der
Beckenbodenmuskel stärken. Ein positiver Nebeneffekt: Der Bauch wird flacher, weil ein
fester Beckenboden die Haltung verbessert und die inneren Organe am richtigen Platz hält.
1. Becken kippen
Aufrecht hinstellen, die Füße fest am Boden, die Knie leicht beugen. Das Brustbein heben
und den Oberkörper aufrichten. Den Kopf in Verlängerung der Wirbelsäule halten,
Schultern locker hängen lassen. Einen Handrücken auf den unteren Rücken, die andere
Hand mit der Innenfläche auf den Bauch unterhalb des Nabels legen, der kleine Finger
zeigt zum Schambein. Stellen Sie sich vor, der Beckenboden verbindet wie eine
Hängematte Schambein und Steißbein. Drücken Sie leicht mit dem kleinen Finger auf das
Schambein. Mit einem stimmlosen „fff“-Laut ausatmen und das Becken nach vorne kippen.
Den Beckenboden anspannen, indem Sie Scham- und Steißbein zusammenziehen solange
sie ausatmen. Einatmen, dabei das Becken nach hinten kippen, so dass Sie fast ins
Hohlkreuz kommen. Zehnmal wiederholen.
2. Aktiv sitzen
Auf einen Hocker setzen, Füße hüftbreit am Boden, Brustbein heben. Wenn Sie Ihre
Sitzbeinhöcker spüren, das Becken vorkippen, bis die Schamlippen die Sitzfläche spüren.
Beim Einatmen Sitzhöcker zusammen- und den After nach innen ziehen. Ausatmen, lösen.
Ein paarmal ein- und ausatmen. Achtmal wiederholen.
3. Knie wippen
Knien Sie sich hin, Unterarme und Handinnenflächen liegen auf dem Boden, die Arme sind
schulterweit auseinander. Unter- und Oberarm bilden einen rechten Winkel. Die Füße
liegen flach auf dem Boden. Den Kopf gerade halten in Verlängerung der Wirbelsäule. Die
Knie minimal vom Boden abheben. Etwa acht Sekunden halten, dabei ruhig atmen. Dann
achtmal mit den Knien minimal auf und ab wippen, danach achtmal minimal nach links
und rechts „hüpfen“. Dabei ruhig atmen. Dann die Knie absetzen. Kurze Pause in der
Entspannungsposition.
4. Zwischendurch entspannen
Erholungspausen beim Beckenbodentraining sind wichtig – auch zwischen den
Wiederholungen schwieriger Übungen. Knien Sie sich hin und setzen Sie sich mit dem Po
auf die Fersen. Machen Sie einen runden Rücken, und schieben Sie die Arme nach vorne.
Die Hände liegen flach aufeinander. Tief und gleichmäßig atmen! In der Position blieben,
solange es angenehm ist.
5. Zehen heben
Unterarme schulterweit auseinander auf den Boden legen. Füße hüftbreit auseinander
aufstellen. Oberkörper und Beine bilden eine Linie. Knie leicht beugen. Der Kopf ist in
Verlängerung der Wirbelsäule, Kinn leicht zur Brust ziehen.
Nabel nach innen ziehen, Po anspannen. Einige Sekunden halten. Erst wenn Sie dies gut
schaffen, kommt Schritt 2: rechten Fuß minimal heben, halten. Absenken, Fußwechsel.
Becken nicht kippen! Positionen so lange wie möglich halten (anfangs nur wenige
Sekunden). Ruhig atmen! Entspannen, ein- bis dreimal wiederholen.
6. Rücken aufrollen
Auf den Rücken legen, die Beine hüftbreit auseinander aufstellen. Die Füße stehen fest auf
dem Boden, die Arme liegen locker neben dem Körper. Entspannen Sie Wirbelsäule, Arme
und Beine. Lassen Sie den Atem fließen, und spüren Sie den Boden. Heben Sie nun das
Becken und rollen Sie langsam Wirbel für Wirbel auf, bis nur noch die Schulterblätter am
Boden sind (nicht ins Hohlkreuz gehen!). Halten Sie diese Position so lange, wie es
angenehm ist. Gleichmäßig atmen! Dann langsam Wirbel für Wirbel abrollen, bis der ganze
Rücken wieder aufliegt.
Interviewpartner im Studio:
Prof. Dr. Axel Merseburger, Direktor
Klinik für Urologie
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck
Ratzeburger Allee 160, 23562 Lübeck
Tel. (0451) 500-43 600, Fax (0451) 500-43 604
Internet: www.uksh.de/urologie-luebeck/
Interviewpartner im Beitrag:
Dr. Jan Moritz Laturnus, Oberarzt
Ute Meiring, Urotherapeutin
Klinik für Urologie
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck
Adresse s.o.
Weitere Informationen:
Deutsche Seniorenliga e.V.
Heilsbachstraße 32, 53123 Bonn
Fax (0228) 367 93 90
Internet: www.deutsche-seniorenliga.de
Broschüre „Blasenschwäche ist kein Schicksal“
Deutsche Kontinenz Gesellschaft e.V.
Friedrichstraße 15, 60323 Frankfurt
Internet: www.kontinenz-gesellschaft.de
Ratgeber:
Irene Lang-Reeves: Beckenboden: Wie Sie den Alltag zum Training nutzen.
128 S.; Nikol (6. Auflage; 2016); € 6,99
Irene Lang-Reeves, Thomas Villinger: Beckenboden-Training (mit CD).
80 S.; Gräfe und Unzer (3. Auflage; 2015); € 17,99
André Reitz: Gesunde und starke Blase.
296 S.; Hirzel (2010); € 22,80
Benita Cantieni: Tigerfeeling - Das perfekte Beckenbodentraining, 176 Seiten, Südwest
Verlag (2012), € 19,99, Weitere Informationen: www.cantienica.com
Winterwetter – Ansteckungsrisiko Heizungsluft
Es ist wieder soweit: Überall schnieft, niest und hustet es. Die Wartezimmer sind voll mit
Patienten, die ein hartnäckiger Husten mit verschleimtem Hals quält. Vor allem die
Hausärzte haben viel zu tun mit Husten, Schnupfen und Bronchitis. Dass sich die Viren vor
allem in der kalten Jahreszeit so rasant verbreiten, liegt nicht an der Kälte im Freien,
sondern ausgerechnet an der gemütlichen Wärme zuhause. Das zeigen aktuelle
Studienergebnisse. Forscher der Universität Halle haben festgestellt, dass Viren in
trockener Luft viel länger überleben als in feuchter Raumluft. Beim Niesen und Husten
werden die Erkältungsviren in relativ großen Wasser/Schleim-Tropfen hinausgeschleudert.
Liegt die Luftfeuchtigkeit im für Innenräume optimalen Bereich von 40 bis 60 Prozent
fliegen die Tropfen nicht weit und fallen schnell zu Boden, so dass andere Menschen nicht
so schnell infiziert werden. Ganz anders bei trockener Heizungsluft: Sie lässt das
Schleimwasser im Flug verdunsten, so dass winzige Tröpfchenkerne übrigbleiben, die
stundenlang im Raum schweben können. Sie sind immer noch da, wenn der Erkältete den
Raum längst wieder verlassen hat, und infizieren den nächsten, der in den Raum kommt.
Hinzu kommt, dass diese Tröpfchen so klein sind, dass sie ganz tief in die Atemwege
eindringen können – perfekt für Grippe und Erkältungsviren. Und auch unsere erste
Abwehrbarriere leidet unter trockener Raumluft: Nur feuchte Schleimhäute sind in der
Lage, Viren abzuwehren. Die einfachste Möglichkeit, ein optimales Raumklima zu erzeugen,
sind nasse Tücher auf der Heizung. Auch Pflanzen können das Raumklima verbessern,
ebenso Wasserschalen auf der Heizung. Von elektrischen Luftbefeuchtern raten Experten
dagegen ab, denn die können wahre Keimschleudern sein. Um den Winter möglichst ohne
Erkältung zu überstehen, sollte man zudem ausreichend trinken, um einem
Flüssigkeitsverlust der Haut und Schleimhäute vorzubeugen sowie mit einer kleinen Tube
Nasensalbe oder einem Nasenspray aus Salzlösung die Schleimhäute geschmeidig halten.
Interviewpartner im Beitrag:
Dr. Nadine Jesse, Fachärztin für Allgemeinmedizin
Grindelhof 77, 20146 Hamburg
Tel. (040) 45 50 95, Fax (040) 45 000 605
Internet: www.allgemeinmedizin-grindelhof.de
Prof. Dr. Dr. Alexander Kekulé, Direktor
Institut für Medizinische Mikrobiologie
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Magdeburger Straße 6, 06112 Halle (Saale)
Internet: www.medizin.uni-halle.de
Dr. Johannes Wiedemann
Facharzt für Innere Medizin, Pneumologie, Allergologie, Schlafmedizin
Facharztpraxis Colonnaden
Colonnaden 9, 20354 Hamburg
Tel. (040) 34 22 81, Fax (040) 34 22 90
Internet: www.facharztpraxis-colonnaden.de
Migräne – Antikörper gegen chronischen Kopfschmerz
Sie klagen über anfallsartig auftretende Kopfschmerzen, pochend, stechend oder ziehend,
oft nur halbseitig – meist verbunden mit Übelkeit, Licht- oder Geräuschempfindlichkeit:
Fast sieben Millionen Menschen leiden hierzulande an Migräne, Frauen sind dreimal so oft
betroffen wie Männer. Am häufigsten tritt eine Migräne im Alter zwischen 25 und 45 Jahren
auf, aber auch Kinder können schon daran erkranken. So sind nach aktuellen
Untersuchungen 10-15 Prozent der Schulkinder betroffen. Bei manchen Patienten häufen
sich die Attacken mit der Zeit so sehr, dass sie schließlich nahezu ineinander übergehen.
Privat und beruflich wird die Krankheit zur Belastung, weil Betroffene an Migräne-Tagen
komplett „ausfallen“.
Auch wenn die Ursache von Migräne nicht restlos geklärt ist, verursacht vermutlich eine
vorübergehend stärkere Durchblutung bestimmter Hirngefäße die Schmerzen selbst oder
kleine, schmerzhafte Entzündungen in den Gefäßwänden. Die Veranlagung zu Migräne ist
wahrscheinlich erblich. Die Auslöser (Trigger) für Migräneanfälle sind ganz unterschiedlich:
Grelles Licht oder starker Lärm, aber auch Wettereinflüsse, Saunabesuche, hormonelle
Schwankungen, Übermüdung oder Stress können Migräneanfälle fördern. Auch bestimmte
Lebensmittel können einer Migräne Vorschub leisten, zum Beispiel Histamine,
Konservierungsstoffe oder der Geschmacksverstärker Glutamat.
Symptome
Ein Migräneanfall kann sich bereits Tage vor dem Kopfschmerz ankündigen mit
Stimmungsschwankungen, Nervosität, mitunter auch Euphorie, Appetitlosigkeit,
Heißhunger oder einem gesteigertes Kälteempfinden. 20 Prozent der Betroffenen spüren
anschließend eine sogenannte Auraphase mit Seh-, Sprach, Wahrnehmungs- oder
Gefühlsstörungen der Arme oder Beine. Diese Phase beginnt in der Regel weniger als eine
Stunde vor den Kopfschmerzen. Die Dauer einer Attacke variiert von wenigen Stunden bis
zu drei Tagen, im Extremfall auch länger. Häufig sind die Kopfschmerzen so schlimm, dass
die Betroffenen komplett "ausfallen". An chronischer Migräne leidet vermutlich, wer mehr
als 15 Tage pro Monat von Kopfschmerzen geplagt wird.
Therapie
Klassische Schmerzmittel wie Acetylsalicylsäure (Aspirin), Paracetamol oder Ibuprofen
können während eines Migräneanfalls helfen. Als besonders wirksame Arzneimittel bei
akuten Migräneattacken gelten die auch als Triptane bezeichneten 5-HT1B/1D-Agonisten
Almotriptan, Eletriptan, Frovatriptan, Naratriptan, Rizatriptan, Sumatriptan und
Zolmitriptan. Auch Nichtopioidanalgetika, nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) und
Ergotamin helfen bei Migräneattacken. Durch Kombination eines Triptans mit einem NSAR
lässt sich die Wirksamkeit der Medikamente noch steigern. Bei häufigen Migräneattacken,
ausgeprägten Beschwerden oder länger anhaltenden neurologischen Ausfällen wird eine
Migräneprophylaxe eingeleitet. Dafür werden vor allem die Betablocker Metoprolol und
Propranolol, der Kalziumantagonist Flunarizin und die Antikonvulsiva Topiramat und
Valproinsäure eingesetzt, alternativ der Betablocker Bisoprolol, das Trizyklikum
Amitriptylin, Naproxen und Acetylsalicylsäure. Die Arzneimitteltherapie soll durch
Verhaltenstherapie (z.B. Entspannungsverfahren) ergänzt werden. Alternativ zur
medikamentösen Therapie kann auch eine Verhaltenstherapie zur Vorbeugung
durchgeführt werden. Regelmäßiger Ausdauersport (Laufen, Schwimmen, Radfahren) kann
die Schwere der Attacken und ihre Häufigkeit reduzieren. Patienten mit häufigen Attacken
und erheblich eingeschränkter Lebensqualität kann eine zusätzliche psychologische
Schmerztherapie (Schmerzbewältigung, Entspannungsverfahren, Stressmanagement)
helfen. Eine Ernährungsumstellung in Kombination mit Änderungen des Lebensstils trägt
nachweislich zur Linderung der Migräne bei. Insbesondere ist Vorsicht geboten bei
„Triggern“ wie Konservierungsstoffen, Geschmacksverstärkern, histaminreichen
Lebensmitteln (z.B. Erdbeeren, Zitrusfrüchte), aber auch Schokolade, Rotwein, Salami,
vielen Fertiggerichten und einigen Käsesorten (siehe Tabelle). Einen Versuch wert sind
zudem komplementäre Therapieformen wie Akupunktur oder Biofeedback.
Neuer Therapieansatz macht Hoffnung
Trotz aller Bemühungen bekommt jeder dritte Migränepatient die Anfälle nicht in den Griff,
zumal die eingesetzten Medikamente meist gegen andere Erkrankungen entwickelt
wurden und nur zufällig auch bei Migräne helfen. Nun könnten Forscher aber einen Weg
gefunden haben, mit künstlich hergestellten Antikörpern eine neue Ära in der
Migränebehandlung einzuleiten. Da die Mediziner vermuten, dass der Botenstoff CGRP eine
wichtige Rolle bei der Entstehung von Migräneschmerzen spielt, wurde gezielt ein
Medikament entwickelt, das den Botenstoff blockiert. Dieser neuartige Behandlungsansatz
könnte die Vorbeugung von Migräneanfällen revolutionieren, hoffen Experten. Messungen
haben gezeigt, dass zu Beginn einer Migräneattacke im Trigeminusnerv große Mengen des
CGRP freigesetzt werden. Der Botenstoff bindet an spezielle Rezeptoren und setzt damit
eine Kettenreaktion in Gang: Die Blutgefäße erweitern und entzünden sich, die
Schmerzwahrnehmung wird gesteigert. Der Antikörper, mit dem die Forscher CGRP
bremsen wollen, ist ein Eiweiß, das mehrere Wochen im Blut zirkuliert, bevor es schließlich
abgebaut wird. Deshalb muss der Wirkstoff nur alle zwei bis vier Wochen gegeben werden.
Die im Labor entwickelten Antikörper binden direkt an den Botenstoff und machen ihn so
unschädlich. Antikörper eines anderen Herstellers wiederum blockieren die CGRPRezeptoren, damit der Botenstoff nicht mehr andocken kann. In beiden Fällen wird das
CGRP weiterhin ausgeschüttet, es kann aber nicht mehr so wirken wie vorher und die
Migräneattacken werden seltener. Doch der neue Therapieansatz ist nicht bei jedem
Patienten erfolgreich. Bei etwa der Hälfte der Teilnehmer wirkt die Behandlung nicht, doch
bei der anderen Hälfte nimmt die Häufigkeit der Attacken ab – zum Teil überraschend stark.
10-20 Prozent der Patienten haben unter der Behandlung überhaupt keine
Migräneattacken mehr. Damit scheinen die CGRP-Antikörper erfolgreicher zu sein als alle
bisher zur Vorbeugung verwendeten Mittel. Zudem verursachten sie in den Studien keine
schweren Nebenwirkungen. Allerdings gibt es noch keine Langzeitergebnisse, die zeigen,
ob nach langjähriger Einnahme Nebenwirkungen auftreten.
Studienpatienten gesucht
Im Moment befinden sich die CGRP-Antikörper in der Studienphase III, in der ihre Wirkung
in mehreren internationalen Studien an Migränepatienten getestet wird. Wer selbst als
Proband teilnehmen möchte, kann sich an das Forschungszentrum CTC des Hamburger
Universitätsklinikums wenden.
Klickstrecke „Tipps zur Anfallsvorbeugung“:
- Bringen Sie Rhythmus in Ihren Tagesablauf, halten Sie Ruhephasen ein und schlafen Sie
ausreichend
- Sorgen Sie für Frischluft
- Meiden Sie körperliche Überlastung
- Begrenzen Sie Ihren Umgang mit elektronischen Medien
- Trinken Sie ausreichend, mindestens zwei Liter pro Tag
- Essen Sie drei Mahlzeiten pro Tag, davon eine warm
- Essen Sie in Ruhe und lassen Sie keine Mahlzeit ausfallen
- Gehen Sie nicht ohne Frühstück aus dem Haus und nehmen Sie die letzte Mahlzeit
spätestens 2,5 Stunden vor dem Schlafengehen ein
- Meiden Sie vorsichtshalber Histamine (enthalten in Tomaten, Zitrusfru chten,
Schokolade, Rotwein u. a.); auch wenn nicht alle Patienten empfindlich darauf reagieren
stehen Histamine im Verdacht, „Trigger“ fu r Migräneattacken zu sein
- Meiden Sie Fertigprodukte
- Bevorzugen Sie Produkte ohne Konservierungsstoffe (Pökelsalz, Tartazin, Benzoesäure)
und Geschmacksverstärker (Glutamat)
- Ein Migräne-Tagebuch kann helfen, die Trigger herauszufinden
- Fußbad mit Senfmehl bei beginnendem Kopfschmerz
- Bittermittel wie Absinthium oder Gentiana lutea
- Grundsätzlich sollte eine Ernährungsumstellung immer mit dem Hausarzt oder einem
Ernährungsmediziner besprochen werden
Tabelle:
Ernährung bei Migräne
Empfehlenswert
Brot und
Backwaren,
Süßwaren
Beilagen
Weniger empfehlenswert
Weißbrot, Toastbrot, Weizen- und
Milchbrötchen, Kuchen, Torten, Kekse,
Sauerteigbrot, hefefreie
Eiscreme, Bonbons, Chips, Schokolade,
Backwaren, Haferflocken, Müsli
Nougat, Erdnusscreme, Marzipan,
ohne Zucker, Marmelade, Honig
Waffeln, Zucker und künstlicher
Süßstoff (auch in Light-Produkten)
Vollkornnudeln, Vollkornreis,
Hartweizennudeln, geschälter Reis,
Pellkartoffeln
Bratkartoffeln
Nach individueller Verträglichkeit:
Ananas, Bananen, Erdbeeren,
Zitrusfrüchte, Papaya, Rhabarber;
Ungeeignet: kandiertes Trockenobst,
überreifes Obst, Obstkonserven
Nach individueller Verträglichkeit:
Brokkoli, Chicorée, Gurke,
Auberginen, Avocado, Hülsenfrüchte wie
grüner Salat, Karotten, Kohlrabi,
Gemüse
Bohnen, Erbsen, Linsen, Kichererbsen,
Kohlsorten, Kürbis, Lauch, Mais,
(3
Sojabohnen, Spinat, Sauerkraut,
Mangold, Paprika, Radieschen,
Portionen/Tag)
Sprossen, Tomaten, Pilze;
Rettich, Rote Bete, Spargel,
Gewürzgurken/milchsauer eingelegte
Zwiebeln, Zucchini
Gemüse, Konserven
Frisches Obst: Äpfel, Aprikosen,
Obst
Melone, Heidelbeeren,
Preiselbeeren, Litschi, Mango,
(2
Portionen/Tag) Kaki, Kirschen, Johannisbeeren,
Nektarinen, Pfirsiche, Pflaumen
Empfehlenswert
Chia-Samen, Esskastanien,
Kokosnuss, Kürbiskerne,
Nüsse
Leinsamen, Macadamia,
Pinienkerne, Sesamsamen,
Sonnenblumenkerne
Wasser, Kräutertees (außer
Brennnessel), Ingwer-Tee; nach
individueller Verträglichkeit:
Getränke
frische, nicht zitrushaltige
(ca. 2 Liter/Tag)
Obstsäfte, Gemüsesäfte ohne
Tomaten (außer Sauerkraut);
Reis-, Hafer-, Kokosmilch
Frisch gefangene oder
Fisch und
tiefgefrorene Süß- und
Meeresfrüchte
Salzwasserfische
Wurstwaren
und Fleisch
Grundsätzlich frisches oder
tiefgefrorenes Fleisch und
Geflügel (mit Schweinefleisch
haben einige Betroffene
Probleme)
Eier,
Milch und
Milchprodukte,
Käse
Eigelb
Milch, Buttermilch, Sahne,
Speisequark, Naturjoghurt,
Frischkäse, Mascarpone,
Mozzarella, Ricotta, junger
Gouda, Butterkäse
Weniger empfehlenswert
Nach individueller Verträglichkeit:
Erdnüsse, Pistazien, Haselnüsse,
Walnüsse
Milchsauer vergorene Säfte und
Limonaden, Cola, Kaffee, Schwarztee,
Alkohol (insb. Bier und Rotwein)
Fischkonserven, z. B. Thunfisch,
Trockenfisch, Räucherfisch, Sardellen,
Kaviar, marinierter Hering, Salzhering.
Schalentiere: Flusskrebs, Garnelen,
Hummer, Shrimps, Krabben
Gepökelte Fleischwaren (etwa Speck,
Putenbrustaufschnitt, Lachsschinken,
Kassler), Leber, Rohwürste (Salami,
Zervelatwurst, Mettwurst), roher
Schinken; mariniertes, getrocknetes
Fleisch
Eiweiß;
Tyraminhaltige Käsesorten – das sind
länger gereifte wie etwa Bergkäse, Brie,
Camembert, Chester, Cheddar, Edamer,
Emmentaler, Gruyère, Parmesan,
Roquefort, Tilsiter, Schmelzkäse,
Schimmelkäse wie Gorgonzola, Harzer;
Milchreis, Fruchtjoghurt, Fruchtquark,
Kakaozubereitungen, Fruchtbuttermilch
(als Fertigprodukte)
Interviewpartner im Beitrag:
Prof. Dr. Arne May, Neurologe
Dr. Jan Rodrigo Hoffmann
Institut für Systemische Neurowissenschaften
Zentrum für Experimentelle Medizin
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Martinistraße 52, 20246 Hamburg
Internet: www.uke.uni-hamburg.de/institute/systemische-neurowissenschaften
Weitere Informationen:
CTC North GmbH & Co. KG (Clinical Trial Center im UKE)
Martinistraße 64 (Spectrum am UKE), 20251 Hamburg
Tel. (040) 52 47 19 111
Internet: www.ctc-north.com
Anmeldung für Patienten, die sich für eine Studienteilnahme interessieren
Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft e.V.
Ölmühlweg 31, 61462 Königstein im Taunus
Tel. (06174) 290 40
Internet: www.dmkg.de
Deutsche Schmerzliga e.V.
Adenauerallee 18, 61440 Oberursel
Tel. (06171) 28 60-53, Fax (06171) 28 60-59 (Mo., Mi., Fr. 9-11 Uhr)
Internet: www.schmerzliga.de
MigräneLiga e.V. Deutschland
Bundesgeschäftsstelle
Pfälzer Straße 16, 69123 Heidelberg
Tel. (06221) 759 40 02, Fax (06221) 759 40 01
Internet: www.migraeneliga.de
Ratgeber:
Max O. Bruker: Kopfschmerzen, Migräne, Schlaflosigkeit.
160 S.; emu (2011); € 15,80
Rosenkohl – vitaminreiche Knospen im Winter
Wenn alle anderen Gemüse-Sorten längst Winterschlaf halten, trotzen diese Knospen selbst
Eis und Schnee: Mit Rosenkohl könnten wir uns von November bis März gesund ernähren.
Rosenkohl enthält wichtige Vitamine und Mineralstoffe: Zum Beispiel stecken in 100
Gramm circa 115 Milligramm Vitamin C. Das ist fast eine Tagesration und mehr als in
jedem anderen Kohl. Außerdem enthält Rosenkohl verschiedene B-Vitamine, viel Folsäure
für unsere Zellen, Zink für Nägel und Haare, Eisen für die roten Blutkörperchen und Kalium
zum Entwässern. Die kleinen runden Köpfe sind keine eigenen Kohlköpfe, sondern die
Knospen der Rosenkohlpflanze. Sie wachsen zu Dutzenden am Stiel der Pflanze. Ähnlich
wie Grünkohl verbessert auch Rosenkohl seinen Geschmack, wenn die Pflanze Frost oder
kalten Temperaturen ausgesetzt war. Ein Teil der enthaltenen Stärke wandelt sich dann in
Zucker um, der Kohl wird aromatischer und milder. Trotzdem mögen viele Menschen das
vitaminreiche Gemüse wegen seines kohligen Geruchs und des leicht bitteren Geschmacks
nicht. Aber gerade beim Rosenkohl kommt es auf die Zubereitung kommt an:
Tipp 1: Den Rosenkohl lose kaufen. Frisch vom Markt sind die grünen Bällchen aber nur vier
Tage haltbar – darum immer nur kleine Mengen kaufen. Und zu den kleinen Röschen
greifen, denn größere schmecken sehr kohlig. Der frühe Rosenkohl hat meist hellgrüne
Blätter, später geerntete Sorten eher dunkelgrüne. Seltener ist lilafarbener Rosenkohl zu
finden. Diese Variante unterscheidet sich geschmacklich nicht vom grünen Rosenkohl.
Frischen Rosenkohl erkennt man an festen, geschlossenen Röschen ohne welke oder gelbe
Blätter. Die Schnittflächen an den Strünken sollten glatt und hell sein.
Tipp 2: Rosenkohl braucht Kümmel. Denn er ist eine Herausforderung für unsere
Verdauung. Isst man zu viel davon, kann das zu Bauchschmerzen führen. Kümmel hilft, den
Rosenkohl besser zu verdauen.
Tipp 3: Der richtige Zuschnitt macht den Rosenkohl milde. Es ist zwar etwas zeitaufwendig,
aber es lohnt sich, den Strunk zu entfernen. Denn Rosenkohl enthält Senföl, das zwar
gesund ist, aber scharf und bitter schmeckt. Darum wird der stark senfölhaltige Strunk
entfernt. Vor dem Kochen außerdem die äußeren Blätter entfernen. Den Rosenkohl in
Salzwasser je nach Größe etwa acht bis zwölf Minuten kochen. So bleiben die Röschen fest
und haben noch etwas Biss. Wer den intensiven Kohlgeschmack ein wenig abmildern
möchte, gibt etwas Zucker oder Milch in das Kochwasser.
Tipp 4: Als Beilage serviert schmeckt Rosenkohl sehr gut mit etwas Butter und Muskatnuss
oder wahlweise einigen angerösteten Mandelblättern. Auch als Auflauf oder Quiche sowie
püriert als feine Suppe macht er sich hervorragend. Man kann die Blätter auch einzeln
abtrennen und kurz blanchieren, danach kurz in der Pfanne anbraten oder nach Belieben
mit anderem Gemüse vermischt als Salat servieren. Sehr gut passen dazu auch
angebratene Apfelspalten.
Tipp 5: Frischer Rosenkohl hält sich nicht länger als 4 Tage im Kühlschrank, er lässt sich
aber sehr gut einfrieren. Dazu die geputzten Röschen zuvor etwa fünf Minuten blanchieren
und leicht trocken tupfen.
Einen Nachteil haben die kleinen Knospen: Unter allen Kohlsorten hat Rosenkohl die
meisten Kalorien. Wer also auf seine schlanke Linie achtet, sollte nicht zu viel davon essen.
Rezepte
Rosenkohlpüree:
(Beilage für 4 Personen)
500 Gramm Rosenkohl
100 Gramm grüner Speck
1 Stück Haushaltszwiebel
100 Gramm Champignons
300 ml Geflügelbrühe
½ Bund Petersilie
Kümmel
Salz
Schwarzer Pfeffer
Butter
Rosenkohl von den äußeren Blättern befreien. Den Kohl halbieren und vom Strunk befreien.
Zwiebeln schälen und in feine Würfel schneiden. Weißen Speck von der Schwarte trennen
und ebenfalls fein Würfeln. Petersilie waschen und die Blätter abzupfen. Champignons
säubern und in Scheiben schneiden. Topf auf den Herd stellen und auf mittlerer Hitze
erhitzen. Grünen Speck auslassen. Zwiebeln und Kümmel hinzugeben und glasig schwitzen
lassen. Champignonscheiben dazugeben und mitschwitzen. Zum Schluss den Rosenkohl in
den Topf geben. Für ein paar Minuten zusammen schwitzen lassen, dann mit Geflügelbrühe
auffüllen und köcheln lassen. Die Brühe sollte fast verdunstet sein und das Gemüse nur
noch wenig Biss haben. Mit Salz und Pfeffer würzen. Alles in den Mixer geben und fein
pürieren. Zum Abschmecken etwas Butter hinzugeben. Passt perfekt zu Wildgerichten,
hellem Geflügel und gebratenem Fisch
Rosenkohlblätter mit Kürbis
(Beilage für 4 Personen)
500 Gramm Rosenkohl
200 Gramm Hokkaido-Kürbis
1 Stück Schalotte
½ Bund Petersilie
150 ml Geflügelbrühe
Salz
Kümmel
Rübensirup
Butter
Rosenkohl von den äußeren Blättern befreien. Alle Blätter, die sich lösen lassen, vom
Strunk abzupfen. Schalotten schälen und in feine Würfel schneiden. Kürbis waschen, von
den Kernen befreien und in Würfel schneiden. Petersilie waschen, vom Stiel befreien und in
feinen Streifen schneiden. Pfanne erhitzen. Die Butter in der Pfanne erhitzen, bis sie braun
wird. Rosenkohlblätter hinzugeben und mitrösten. Kürbis ebenfalls in die Pfanne geben.
Nach kurzer Röstzeit Schalotten in die Pfanne geben, Temperatur drosseln. Mit
Geflügelfond aufgießen und leicht köcheln lassen. Dann mit Petersilie, Salz und Kümmel
beherzt würzen. Eine Flocke Butter bindet den aromatischen Fond zum Schluss und
glasiert das Gemüse. Mit Rübensirup und Salz abschmecken.
Interviewpartner im Beitrag:
Thomas Sampl, Koch
Süderstraße 159 a, Hamburg
Internet: www.thomas-sampl.de
Ratgeber:
Minikochbuch: Wintergemüse – bunt, gesund & aromatisch.
240 S.; Naumann & Göbel (2015); € 3,99
Abenteuer Diagnose: Phäochromozytom
Alles beginnt vor 12 Jahren: Nach dem Sportunterricht hat Fabian E. plötzlich Probleme
beim Sehen: einen blinden Fleck im rechten Auge, der nicht mehr verschwindet und einen
großen Bereich des Sichtfeldes einnimmt. Der Augenarzt entdeckt eine Einblutung ganz
nah am Sehnerv. So etwas kann beim Tiefseetauchen oder beim Bergsteigen passieren. Mit
der Zeit verschwindet der blinde Fleck, taucht aber zwei Jahre später auf dem linken Auge
auf. Die Ärzte vermuten eine Art Gefäßschwäche in den Augen.
Ein Jahr später spielt das Herz verrückt. Im EKG zeigt sich, dass es Pausen macht. Die
Diagnose: Herzmuskelentzündung. Davon erholt sich Fabian E. nur langsam. Das
unangenehme Herzstolpern bleibt und wird in den nächsten Monaten sogar noch
schlimmer. Doch am Herzen kann der Arzt nichts entdecken.
Dann tritt ein neues Symptom auf: Fabian E. zittert. Er ist immer auf Achse und reist mit
seiner Band durch die Clubs, trinkt Alkohol, schläft wenig und ist immer unter Strom. Das
Zittern wird schlimmer und tritt inzwischen nicht mehr nur nach Partynächten auf. Hinzu
kommen Schlafprobleme. Die Hausärztin stellt zu hohen Blutdruck fest. Fabian E. ändert
seinen Lebensstil: Mehr Sport, gesunde Ernährung und ausreichend Schlaf. Doch vom
Krafttraining wird er zwar kräftiger, bekommt vom Ausdauertraining aber nicht mehr
Ausdauer, sondern muss das Lauftraining sogar manchmal abbrechen. Dazu hat er nun ein
Zittern im Kopf. Der Neurologe untersucht in einer Tremoranalyse die Leitfähigkeit seiner
Nerven – ohne Ergebnis. Auch das MRT ist unauffällig – Parkinson kann es nicht sein. Beim
Belastungs-EKG entgleist schon nach wenigen Tritten der Blutdruck und erreicht
Höchstwerte.
2014 bricht Fabian E. nach dem Laufen zusammen: Sein Herz hämmert, er hat entsetzliche
Kopfschmerzen, der Blutdruck steigt, ihm wird schlecht, die Ohren sind taub und er spürt
den Puls in den Augen. Das Blutdruckmessgerät zeigt 240 zu 137 mmHg an. Eine Ader im
Gehirn platzt: Schlaganfall! Fabian schwebt in Lebensgefahr und der Blutdruck steigt
weiter. Fieberhaft fahnden die Ärzte nach dem Auslöser und untersuchen Fabians Gehirn
im MRT. Gibt es eine Gefäßveränderung, die Schlaganfall und Blutdruckkrise verursacht?
Doch außer den Einblutungen ist nichts zu sehen. Jetzt gilt es den Blutdruck so gut es geht
einzustellen. Ein hoher Blutdruck kann durch eine Verengung der Nierengefäße ausgelöst
werden. Als die Ärzte die Niere untersuchen, finden sie einen Tumor im Bauch. Kann der all
diese Symptome verursachen? Der Endokrinologe hat einen Verdacht und untersucht zwei
Werte im Blut: Metanephrin und Normetanephrin – beides Abbauprodukte von Adrenalin.
Das sind unsere typischen Stresshormone, die den Blutdruck regulieren und auch
kurzfristig und auch bei Stresssituationen ausgeschüttet werden, um den Blutdruck etwa
für eventuelle Fluchtreflexe zu erhöhen. Die Werte sind um das 6-8-fache erhöht. Der
Tumor sitzt an der Nebenniere, produziert unkontrolliert Stresshormone und feuert diese
in die Blutbahn. Die Folge: Die kleinen Blutgefäße ziehen sich zusammen, der Blutdruck
steigt. Wird der Druck zu hoch, können Gefäße platzen. Es handelt sich um einen
hormonproduzierenden Tumor, ein Phäochromozytom! Solch ein Tumor löst auch Zittern
und Herzstolpern aus, weil das Adrenalin die Nerven erregt. Es kommt zu unwillkürlichen
Muskelkontraktionen, die sich dann in Zittern äußern. Das Phäochromozytom ist
wahrscheinlich seit vielen Jahren gewachsen. Mit zunehmender Größe sind auch die
Symptome stärker geworden. Das tückische: Durch Sport und Bewegung entsteht Druck
auf den Tumor und er schüttet besonders viel Adrenalin aus. Das erklärt die
Blutdruckspitzen.
Eine Woche später können die Ärzte das Phäochromozytom komplett entfernen. Fabian E.
hat Glück gehabt: Sein Blutdruck ist nun völlig normal – er braucht keine
Blutdruckmedikamente mehr. Von den Folgen des Schlaganfalls hat Fabian E. sich
weitgehend erholt. Jetzt kann sein neues Leben beginnen.
Interviewpartner im Beitrag:
Dr. Jens Aberle, Endokrinologe
Dr. Jochen Veigel, Endokrinologe
Prof. Dr. Stefan Kluge, Intensivmediziner
Dr. Dieke Voget, Neurologe
Universitätsklinikum Eppendorf
Martinistraße 52, 20246 Hamburg
Internet: www.uke.de
Dr. Henrich Kele, Neurologe
Neurologie Neuer Wall
Neuer Wall 19, 20354 Hamburg
Tel. (040) 300 68 76-0, Fax (040) 300 68 76-40
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(Die Redaktion erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit der angegebenen Adressen und
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