Zwischen Würde und Peinlichkeit

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Die andere Seite der Polizeimedaille
Zwischen Würde und Peinlichkeit
Am 29. September feiern die
Polizisten in der Regel ihren
Schutzengel, den Heiligen
Michael. Bei dieser Gelegenheit
werden diejenigen Kollegen mit
einer Medaille geehrt, die sich im
Laufe des letzten Jahres besonders hervorgehoben haben. Sie
werden für ihre besonderen Verdienste, oftmals unter Einsatz des
eigenen Lebens, mit einer Ehrenmedaille ausgezeichnet.
Außerdem wird der toten Polizisten gedacht, die in den letzten zwölf Monaten im Dienst
oder auch im Ruhestand gestorben sind. Die Gewerkschaft der
Polizei (SUP) auf den Kanaren,
in der vor allem Nationalpolizisten vertreten sind, hat in diesem
Jahr auf die Feierstunde verzichtet. Sie teilte dem Oberkommandanten der kanarischen Polizei
mit, dass ihnen nicht zum Feiern zumute sei. In diesem Jahr
wurde die eigentliche Bedeutung dieses Verdienstkreuzes,
nach Ansicht der SUP, auf völlig unwürdige Weise beschmutzt.
Vorgeschlagen werden die Anwärter von den jeweiligen Leitern der
Kommissariate und entschieden
wird im Exekutionsausschuss der
Polizei. Stattdiejenigen auszuzeichnen, die sich wirklich eingesetzt hätten, würden die Medaillen in diesem Jahr an Kollegen
vergeben, die noch nie einen Fuß
auf die Straße gesetzt hätten, die
gefährlichen Situationen der Polizeiarbeit nicht kennen und hinter
ihrem Schreibtisch noch nie persönlich in Gefahr geraten sind.
Für diese Kollegen ist die Auszeichnung nicht gedacht. „Wir
sind an der Spitze einer polizeilichen Bürokratie angekommen,
die es je gab. Noch nie wurde so
politisiert und darauf geachtet,
die „eigenen Leuten“ zu fördern.
Wir sind daran gewöhnt, dass die
Nationalpolizei, durch die von
den eigenen Kommandanten provozierten Skandale, in die Schlagzeilen kommt. Jetzt springen wir
in die Arena, um diese Willkür
zu durchbrechen. Wir brauchen
dringend eine Richtungsänderung
zum Besseren. Denn um es noch
schlimmer zu machen, müsste
man sich schon sehr anstrengen“,
erklärte der Gewerkschaftssprecher in einer Pressemitteilung.
Die Ehrenmedaille sollten denen vorbehalten sein, die unter Einsatz ihres
Lebens andere retten oder wichtige Festnahmen tätigen.
Der Einsturz des Hauses in Los Cristianos war eine große Katastrophe. Ein
Mann war von Anfang an zur Stelle und unermüdlich im Einsatz.
In Adeje wurde am Tag der Polizei ein Denkmal eingeweiht, das an den
Polizisten Victór Manuel García González erinnert. Er verstarb im Jahr 1992,
an dieser Stelle im Rahmen einer Schießerei, die er zusammen mit seinen
Kollegen beenden wollte.
Seine Kritik richtet sich keineswegs nur an die kanarischen Instanzen, sondern ist landesweit zu
verstehen. Denn dort, auf Landesebene, wird (so falsch) entschieden. „Angesichts der fehlenden
Hilfsmittel und des niedrigen Personalstandes, den Kürzungen und
schlechten Arbeitsbedingungen
ist uns sowieso nicht zum Feiern zumute“, kritisierte er weiter.
Außen vor
Zahlreiche Polizisten sind
nach Ansicht der Gewerkschaft,
um die wohlverdiente Medaille
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Kanaren
express
gebracht worden. Das sei skandalös. Zu den Kollegen, die um
ihren Auszeichnung „betrogen“
wurden, zählt auch ein Polizist
aus dem Süden Teneriffas. Er war
bei dem Einsturz des Gebäudes
in Los Cristianos, im April dieses Jahres, vom ersten Moment
an dabei. Sieben Personen sind
dabei gestorben, drei Weitere
konnten, dank des Einsatzes des
Polizisten gerettet werden, bevor
das Haus noch weiter einstürzte.
Er konnte auch die Arbeiter identifizieren, durch die die Katastrophe vermutlich ausgelöst wurde.
Zwei Polizisten der bürgernahen
Einheit GAC in Las Palmas auf
Gran Canaria retteten eine Frau
aus einer brennenden Wohnung.
Sie musste von ihnen reanimiert
werden. Es war eine Rettung in
letzter Sekunde. Trotzdem wurden sie nicht berücksichtigt. Zwei
GAC-Polizisten in Madrid verhinderten die Ermordung eines Jungen durch seinen eigenen Vater.
Zwei weitere Polizisten in Madrid
schützten, unter Lebensgefahr,
eine ganze Familie vor der Gewalt
durch ein anderes Familienmitglied, das bereits den Familienvater umgebracht hatte. Ein Subinspektor befreite eine Frau mit
ihrem Kind, die seit zwei Tagen
von einem misshandelnden Partner in einer Wohnhung festgehalten wurde und sich in akuter
Gefahr befand. Drei madrilenische Einsatzkräfte retteten einen
alten Mann aus einer brennenden
Wohnung. Ein Polizist aus dem
Distrikt Málaga rettete einen Minderjährigen und seinen Großvater
aus einer brennenden Wohnung
und zwei andere Kollegen retten
ebenfalls einen älteren Mann
bei einem Wohnungsbrand. Sie
mussten danach selbst behandelt
werden. In Cádiz konnte ein Polizist einen Selbstmord verhindern.
In Vigo rettete ein Polizist eine
Frau, die ins Meer gesprungen
war und in einem anderen Einsatz wurde ein Kollege schwer
verletzt, als er einen Gewalttäter
aus dem Verkehr zog. Ganz knapp
war es auch in Sanlúcar, als mehrere Polizisten drei Personen aus
einem Feuer holten. Eines der
Opfer war bereits bewusstlos und
wäre ohne den Einsatz sicherlich
in den Flammen umgekommen.
Fünf Polizisten riskierten in Meli-
lla bei der Verfolgung gefährlicher Krimineller Kopf und Kragen. Sie konnten sie am Ende
festnehmen. In Zaragoza wurde
ein Beamter von einem gewaltbereiten Mann, der auf der Straße
wütete und dabei Autofahrer und
Passanten anhielt, mit einem
Messer verletzt. Ein Polizist aus
Katalonien nahm an der Verhaftung von mehreren Personen teil,
die in flagranti bei einem Raubüberfall in Madrid überrascht
wurden. Er wurde sogar von seinen Kollegen ausdrücklich für
diesen Einsatz belobigt. Gleich
zwei Mal wurde ein Polizist aus
Badajoz übergangen. Er wurde im
Dienst von einem Fahrzeug angefahren und verletzt. An einem
anderen Tag musste er in eine
Schießerei eingreifen. Einer der
Angreifer konnte verhaftet werden. Trotz doppelter Gefahr und
Einsatzbereitsschaft, gab es keine
Auszeichnung. Genauso erging
es zwei kantabrischen Polizisten,
die direkt in eine Operation eingriffen, bei der eine große Menge
Drogen, Bargeld, Fahrzeuge, Waffenattrapen und falsche Dokumente beschlagnahmt wurden.
Auch das war keine Medaille
wert.
Nach Einschätzung der SUP
hätten all diese mutigen Einsätze
mit einer Medaille belohnt werden müssen. Und nicht diejenigen Kollegen, die in sicheren
Amtsstuben, „ihren Dienst schieben“ und sich aufs Politisieren
verstehen. n
Opfer auf Lanzarote
Fortsetzung von Seite 1
Er sitzt derzeit im Gefängnis Tenerife II. Seine Komplizen,
der 50 Jahre alte, vorbestrafte J.M.B.O. alias „Caracortada“
aus San Miguel sowie die 38-jährige N.D.P.P., genannt „El
Tortilla“ und der zwei Jahre jüngere A.D.D., beide aus San
Isidro, sitzen derzeit im Gefängnis in Tahiche auf Lanzarote ein.
Die Bande wird von den Ermittlern als die gefährlichste kanarische Gang der jüngsten Vergangenheit bezeichnet. Sie wird
auch mit zwei Morden auf Lanzarote in Verbindung gebracht:
Der Unternehmer José Antonio Perera erlag Wochen nach einem
Überfall mit schwerer Folter, der im Januar geschah, seinen
Verletzungen. Im März wurde Juan Carlos Tejera aus einer Bar
entführt. Die Täter hielten ihn für einen Millionär. Neun Tage
lang wurde der Vermisste gesucht. Dank der Spürhunde wurde
Tejera dann in in einer Höhle bei der Müllhalde Argana Alta
gefunden. Sie war mit Steinen und Erde getarnt. Das Opfer
wurde an Händen und Füßen gefesselt, sowie mit klaren Anzeichen von Gewalteinwirkung, tot aufgefunden.
Professionelle Polizeiarbeit
Während der Ermittlungen im Fall Tavio auf Teneriffa stellte
sich heraus, dass die Guardia Civil in Las Palmas die gleiche kriminelle Gruppe verfolgte, weil sie deren Mitglieder als
mutmaßliche Täter für einen, vor Monaten erfolgten, brutalen Raubüberfall auf Lanzarote verantwortlich machten. Deshalb glichen die beiden Polizeiapparate ihre Erkenntnisse und
Daten über Identität und Wohnsitz ab. Als die Kollegen auf
Teneriffa feststellten, dass die Bande eine Fähre von Santa
Cruz nach Lanzarote nahm, alarmierten sie ihre Kollegen von
der Staatsanwaltschaft auf Gran Canaria. Bei der Ankunft auf
Lanzarote wurden die Verdächtigen von Polizisten der Guardia
Civil Lanzarote abgefangen. Offenbar hatten sie dort bereits den
nächsten brutalen Überfall geplant. Im Kofferraum fanden die
Polizisten verschiedene Beweisstücke, wie typische Kleidung
und Gegenstände, mit denen sie ihre Opfer malträtieren, bis sie
ihnen Zugang zum Safe verschaffen. Schon vorher wurde bei
der Durchsuchung einer Wohnung eine Flinte mit abgesägtem
Lauf sichergestellt. Die Verdächtigen wurden, aufgrund ihrer
Gefährlichkeit, sofort in Untersuchungshaft genommen. n