23.02.2015 Erfahrungsbericht zur Implementierung des Strukturmodells (BMG) in den Einrichtungen der Sozialdienste der Volkssolidarität Berlin gGmbH PFLEGE UPDATE 2015 (DBfK) 19.Februar 2015 in Hannover Katharina Wetzel Projektleitung Entbürokratisierung Pflegedokumentation [email protected] 1 Pflegewissenschaftlicher Hintergrund Strukturmodell = Vier Phasen des Pflegeprozesses 1. Einschätzung des pflege- und Betreuungsbedarfs (SIS) 2. Planung der Maßnahmen, die auf der SIS aufbauen 3. Pflegebericht (Abweichungen von Maßnahmenplanung) 4. Evaluation (Kriterien der SIS) Patientenzentrierter Ansatz nach Rogers und Orlando 2 1 23.02.2015 1. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten Personen aus dem näheren Umfeld erkennen (z.B. erkennen von Pflegekräfte, Familienmitglieder, Nachbarn…) Zeitliche, persönliche und örtliche Orientierung Gedächtnis Entscheidungen im Alltagshandlungen ausführen/ treffen Sachverhalte und Informationen verstehen - Beratung Risiken und Gefahren erkennen Mitteilung elementarer Bedürfnisse Aufforderungen verstehen Beteiligung an einem Gespräch 2. Mobilität und Beweglichkeit Positionswechsel im Bett Stabile Sitzposition halten Aufstehen aus sitzender Position/ Umsetzen/ Wohnumfeld Fortbewegen innerhalb des Wohnbereichs Treppensteigen Dekubitus/Kontraktur/Sturz/Hilfsmittel Begleitung außer Haus/ Physiotherapie 3 3. Krankheitsbezogene Anforderungen und Belastungen Medikation, Injektion, Versorgung intravenöser Zugänge Absaugen, Sauerstoffgabe Einreibungen, Kälte-/ Wärmeanwendungen Messung und Deutung von Körperzuständen ( BZ, RR, Gewicht) Umgang mit körpernahen Hilfsmitteln (z.B. Prothesen, Kompressionsstrümpfe) Verbandwechsel/ Wundversorgung Katheterisierung, Nutzung von Abführmethoden Therapiemaßnahmen ( Physiotherapie etc.) 4 2 23.02.2015 4. Selbstversorgung Körperpflege Vorderen Oberkörper waschen Rasieren, Kämmen, Zahnpflege, Prothesenreinigung Intimbereich waschen Duschen oder Baden ( einschließlich Haare waschen) An-und Auskleiden Oberkörper/ Unterkörper an- und auskleiden Ernährung Essen mundgerecht zubereiten/ Getränk eingießen Essen/ Trinken Besondere Ernährungsformen ( PEG- Sonde oder parenterale Ernährung) Ausscheiden Toilette/ Toilettenstuhl benutzen Folgen einer Harninkontinenz/ Stuhlinkontinenz bewältigen/ Umgang mit Dauerkatheter/Urostoma Hilfsmittel und er Umgang mit der Inkontinenz Blasen- und Darmkontrolle 5 5. Leben in sozialen Beziehungen • Tagesablauf gestalten und an Veränderungen anpassen • Sich beschäftigen • In die Zukunft gerichtete Planungen vornehmen • Interaktion mit Personen im direkten Kontakt • Kontaktpflege zu Personen außerhalb des direkten Umfeldes 6. Haushaltsführung • Einkaufen für den täglichen Bedarf • Zubereitung einfacher Mahlzeiten • Einfache ( leichte) Aufräum- und Reinigungsarbeiten • Aufwändige ( schwere) Aufräum- und Reinigungsarbeiten • Regelung finanzieller Angelegenheiten • Regelung von Behördenangelegenheiten 6 3 23.02.2015 Zwischenevaluation zum Projekt 1. Wissenschaftliche Bewertung - Pflege (standardisierter Fragebogen) 2. Zwischenbewertung - Multiplikatoren (narratives Interview) 3. Zwischenbewertung - Projektleitung (Dokumentenauswertung) 7 Zwischenevaluation - Pflege • Quantitative Befragung • Standardisierter Fragebogens (geschlossene und offene Fragen) mit 10 Fragen • Antwortvorgaben über 4 Kategorien (immer, oft, selten, nie) • Zeitraum für die Beantwortung: 5 Wochen • Zeitaufwand pro Fragebogen: ca. 10 Minuten • Zielgruppe: 90 MitarbeiterInnen • Rücklaufquote: 49 % (44 Fragebögen retour) 8 4 23.02.2015 Teilnehmer nach Qualifikation 9 Haben Sie das Gefühl, dass Ihnen mit der angepassten Pflegedokumentation, die Möglichkeit gegeben wird, den Klienten individueller in seiner Ganzheitlichkeit wahrnehmen zu können? 10 5 23.02.2015 Spüren Sie, aufgrund der angepassten Pflegedokumentation, ein Gleichgewicht zwischen Dokumentationstätigkeiten und persönlicher Zuwendung in der Pflege? 11 Welche Auswirkungen, können Sie aufgrund der klientenorientierten Pflegedokumentation auf die Pflege und Lebensqualität des Klienten beobachten? Häufigste Nennungen: Zuwendung • Bedürfnisse des Klienten sind besser erkennbar • Die Klienten empfinden es als sehr angenehm • Klient fühlt sich ernst genommen • Fokus liegt mehr auf den Klienten • Auffälligkeiten schnell erkennbar • Konzentration liegt auf Klienten, • klientenbezogene Pflege möglich • Klient fühlt sich dadurch mehr wahrgenommen. Man kann die Bedürfnisse des Klienten besser beurteilen und danach handeln • Man hat das Gefühl Klienten fühlen sich besser aufgehoben und verstanden Zeit • Mehr Zeit für Leistungserbringung beim Klienten • mehr Zeit für Gespräche • mehr Zeit für den Klienten, Individualität des Klienten wird gefördert 12 6 23.02.2015 Spüren Sie in Ihren Arbeitsabläufen/ Ihrem Arbeitsalltag eine Erleichterung in Ihrer Tätigkeit? Häufigste Nennungen (zitiert): • • • • • • • • • • Bin jetzt mehr fachlich mehr gefordert/ Fachlichkeit meiner Person ist gestärkt „ich empfinde die Dokumentation nicht als Last, sondern als Unterstützung. Die Doku. ist so deutlich übersichtlicher. weniger ist mehr Ich fühle mich dabei gut Da weniger dokumentiert werden muss, bleibt mehr Zeit für die Versorgung der Patienten, damit verbunden mehr Zeit für verbale/ nonverbale Zuwendung. Zeit zum zuhören (aktiv), Erhebung der Risikos einfacher Dokumentation übersichtlicher, weniger Stress, Dokumentationsabläufe sind vereinfacht mehr Pflegezeit, weniger Doku. 13 Erleben Sie, durch die Möglichkeit fachliche Entscheidungen selbständig treffen zu können, eine Wertschätzung Ihrer Fachkompetenz? 14 7 23.02.2015 Macht Ihnen die Arbeit, aufgrund der veränderten Pflegedokumentation, Spaß? 15 Hat dieses Projekt Einfluss auf Ihre psychische Belastbarkeit in der täglichen Arbeit? 16 8 23.02.2015 Zwischenevaluation - Multiplikatoren Qualitätsmanagementbeauftragte einer stationären Einrichtung der Sozialdienste der Volkssolidarität Berlin mit 146 Betten: • • „Die Voraussetzung für eine erfolgreiche Dokumentationsumstellung im Haus ist, dass man den Prozess des Umdenkens selbst durchläuft. Nach anfänglichen Schwierigkeiten, ist es mir gelungen, die komplette Pflegedokumentation von einer anderen, logischen und auf den Klienten bezogenen Seite zu sehen. „ „Den Mitarbeitern fällt es sehr schwer, sich an das neue System zu gewöhnen, sie fallen immer wieder in alte Denkweisen zurück. Sie haben große Schwierigkeiten, die in der Vergangenheit sehr ausführlichen Formulierungen jetzt kurz und knapp zu halten. Die anfängliche Zurückhaltung der Mitarbeiter kann ich verstehen, denn zuvor mussten Probleme sehr ausführlich beschrieben, Ziele gesetzt werden und von den Maßnahmen ganz zu schweigen. Ein großer Teil der früheren Dokumentation bestand auch darin, Risiken zu erfassen, die gar nicht vorhanden waren. 17 Zwischenevaluation - Multiplikatoren • „Den Mitarbeitern, besonders den Pflegefachkräften, wurde über die Jahre das selbstständige Denken ( Fachlichkeit ) abgenommen, durch zahlreiche MDK Prüfungen, die immer mit “Empfehlungen " behaftet waren und die Maßnahmen darauf hin angepasst wurden. Die daraus entstandenen Pflegeplanungen waren teilweise über 17 Seiten lang. Nach Schulungen zur Entbürokratisierung wurde ich von Pflegefachkräften sogar gefragt: " Ich soll entscheiden, ob Frau x ein Risiko hat? ". Auf der einen Seite sind sie sehr unsicher und trauen sich nicht, so wirklich eine Entscheidung selbst zu treffen, aber andererseits habe ich in meinen vielen Gespräche gemerkt, dass sie nur darauf gewartet haben, endlich auch mal gefragt zu werden. Dieses Gefühl der Wertschätzung in Bezug auf ihre Fachlichkeit hat den Mitarbeitern gefehlt.“ • „Es ist ein großes Projekt, das uns bestimmt viel Nerven kosten wird, aber in ca. 1 Jahr auch sehr glücklich machen kann.“ 18 9 23.02.2015 Zwischenevaluation - Multiplikatoren Qualitätsmanagementbeauftragter einer stationären Einrichtung der Sozialdienste der Volkssolidarität Berlin mit 163 Betten: • „Die Mitarbeiter sehen in der Entbürokratisierung hauptsächlich eine Vereinfachung und Reduzierung der Dokumentation, sie erhoffen sich eine Zeitersparnis und eine praktikablere Umsetzung der anfallenden Dokumentationspflichten. Insgesamt findet sich auch mehr Verständnis für die neue Dokumentationsform, da nicht mehr zwanghaft unsinnige Probleme und Ziele formuliert werden müssen. Die Fokussierung auf die Maßnahmen und eigentlichen Wünsche, Probleme und Forderungen der Bewohner wird zudem begrüßt. Die Mitarbeiter erhoffen sich durch die klientenspezifische und pflegerelevante Dokumentationsform, auch eine bessere Zuordnung der Pflegestufe und eine stabile Grundlage bei der Argumentation mit Angehörigen und Mitarbeitern des MDK’s.“ 19 Zwischenevaluation - Multiplikatoren • „Ängste bestehen hauptsächlich in der Befürchtung entscheidende Fakten in der Dokumentation zu „vergessen“. Die Reduzierung der Pflegedokumentation steht im Gegensatz der bisherigen angewandten Dokumentationspraxis und der bisherigen Erfahrung des Mitarbeiters, dass die Anforderungen an die Dokumentation in der Vergangenheit deutlich gestiegen sind. Hieraus ergibt sich auch die Angst vor der Anforderung alles rechtssicher zu dokumentieren, gerade bei einer umfassenden Umstellung der Dokumentation. Zudem wird befürchtet, dass nicht alle Prüfinstitutionen die neue Pflegedokumentation anerkennen werden.“ 20 10 23.02.2015 Zwischenevaluation - Projektleitung Die häufigsten Abweichungen in Maßnahmeplanungen aus drei stationären Einrichtungen: 1. Es werden Maßnahmen einzelner Richtlinien/ Expertenstandards 1 zu 1 aufgeführt 2. Zu wenig biografische Daten 3. Die Dokumentation der Beratung ist ausbaufähig 4. es wird selten beschrieben durch wen die Maßnahmen erfolgen, 5. Für Eventualitäten werden Maßnahmen geplant 6. Stichpunktartige Beschreibungen reichen aus 7. Die Tagestruktur hat sich laut Pflege nicht durchgesetzt. 21 Wo im Internet finde ich die Dokumente zum Entbürokratisierungsprojekt? http://www.patientenbeauftragter.de/index.php/2-uncategorised/25effizienzsteigerung-der-pflegedokumentation Handlungsanleitung zum neuen Strukturmodell Strukturierte Informationssammlung (SIS) stationär (elektronisch ausfüllbar – hierfür benötigen Sie die entsprechende Adobe Acrobat Software) Strukturierte Informationssammlung (SIS) stationär (farbig) Strukturierte Informationssammlung (SIS) stationär (schwarz-weiß) Strukturierte Informationssammlung (SIS) ambulant (elektronisch ausfüllbar – hierfür benötigen Sie die entsprechende Adobe Acrobat Software) Strukturierte Informationssammlung (SIS) ambulant (farbig) Strukturierte Informationssammlung (SIS) ambulant (schwarz-weiß) Schaubild Strukturmodell stationär Schaubild Strukturmodell ambulant Projekt "Effizienzsteigerung der Pflegedokumentation" - Beschluss zum Projektbeginn und -vorgehen Entwicklung einer Implementierungsstrategie (IMPS) zur bundesweiten Einführung des Strukturmodells für die Pflegedokumentation der stationären und ambulanten Pflegeeinrichtungen - Abschlußbericht 22 11 23.02.2015 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 23 12
© Copyright 2024 ExpyDoc