Mare Rezepte: Aus Captain Cooks Kombüse von Hans-Helge Ott Pfeffer Wenn der aufgeklärte und genießerische Esser – und wer von uns wäre das nicht? – heute ein paar Zutaten fürs Abendessen hat, die, sagen wir mal, das Stadium der Blüte überschritten haben, dann macht er was? Er schmeißt sie weg und geht essen, ich weiß. Aber früher, als man noch keine Kühlschränke hatte, auch keine Supermärkte nebenan, auch keine Restaurants in Gehweite, noch nicht einmal Amazon, was konnte man da machen? Man pfefferte die Speisen kräftig bis sehr kräftig, damit der verdächtige Geschmack nicht so zum Tragen kam. Und darum war Pfeffer eine sehr wichtige Sache. So wichtig, dass man enorme Handelswege in Kauf nahm, um an das scharfe Zeug heranzukommen. Pfeffer kommt ursprünglich aus Südwest-Indien, wurde schon zur Zeit der Römer von arabischen und indischen Seefahrern in den heutigen Jemen und Oman gebracht, von dort von Kamelkarawanen durch die riesige Wüste bis an die Mittelmeerküste und dann per Schiff in Richtung Europa. Das war teuer, denn da haben eine Menge Kaufleute ganz viel Geld daran verdient, und selbst die Leute, die die eigentlich Arbeit machten, sollen teilweise Geld dafür bekommen haben. Unhaltbare Zustände! Und so sannen europäische Könige, so wagemutig und geldgierig wie stets, natürlich darauf, das Geld lieber selbst zu verdienen. Die Spanier schickten Kolumbus los, die Westroute nach Indien zu suchen. Und was brachte der mit? Kakao! Und Tabak, naja, immerhin. Also, zweiter Versuch: Portugals König Manuel setzte Vasco da Gama auf die Spur. Der fuhr rund ums Kap der guten Hoffnung und fand tatsächlich das indische Indien, nicht das der Indianer. Und ganz nebenbei wurden auf diesen Reisen zwei sehr schöne Weltreiche begründet, die, wie alle Weltreiche, natürlich nicht ewig hielten. Was aber hielt, war der Pfeffer, der fortan reichlich verputzt wurde, auch in unseren Kühlketten-verwöhnten Tagen. Zum Glück brauchen wir ihn heute eben nicht mehr, um galoppierende Fäulnis zu überdecken, sondern wir verleihen unserem heutigen Essen damit Aromen, von denen so ein früherer Fürst nicht einmal träumen konnte. Hier ein ganz einfaches Rezept, mit dem Sie schon mal anfangen können, Abendessen aufzupeppen, seien es Ihre alltäglichen Bouletten oder ein köstlicher Seebarsch, den Sie fachgerecht in der Salzkruste gebacken haben: Grüne Pfeffersauce. Simpler geht es nicht! Sie braten eine halbe Handvoll Zwiebelwürfel in etwas Butter leicht an, das Ganze soll hell bleiben und nicht bräunen. Ein Teelöffel gekörnte Brühe kann da rein, ein ordentlicher Schuss Sahne, einkochen lassen und dann zwei, drei Teelöffel grüne, eingelegte Pfefferkörner. Sie können sie zum Teil fein hacken, ein paar würde ich aber ganz lassen. 2 Da gibt es jetzt natürlich jede Menge Variationen. Soll die Soße ein Steak begleiten? Dann dürfen die Zwiebeln ausnahmsweise doch ein bisschen bräunen und ein Teelöffel Tomatenmark kann mitgeröstet werden. Kommt zarter Fisch dazu? Dann lassen Sie die Soße unbedingt hell und tun am Schluss vielleicht einen Teelöffel Meerrettich dran. Oder frischer Estragon geht fast noch besser! Geht es Ihnen wirklich um Bouletten oder um Bratwürste, dann hilft ein Teelöffel Senf. Muss ich erwähnen, dass ein Schuss Pernod oder ein Gläschen Brandy wahre Wunder wirken können? Nein, nicht was Sie denken, ich meine in der Soße! Pfeffer ist eine tolle Sache. Aber überlegen Sie auch mal, was die anderen Unmengen wunderbarer Gewürze, die aus Asien zu uns gekommen sind, alles für Sie tun können. Probieren Sie es aus! Und werden Sie ein wertvoller Bürger in dem einzigen Weltreich, das wohl niemals untergehen wird: dem der Genießer!
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