DE 2016 Sonderbericht Nr. 22 Hilfsprogramme der EU für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen in Litauen, Bulgarien und der Slowakei: Seit 2011 wurden Fortschritte erzielt, doch stehen kritische Herausforderungen bevor EUROPÄISCHER RECHNUNGSHOF EUROPÄISCHER RECHNUNGSHOF 12, rue Alcide De Gasperi 1615 Luxemburg LUXEMBURG Tel. (+352) 4398-1 Kontaktformular: eca.europa.eu/de/Pages/ContactForm.aspx Website: eca.europa.eu Twitter: @EUAuditorsECA Zahlreiche weitere Informationen zur Europäischen Union sind verfügbar über Internet, Server Europa (http://europa.eu). Luxemburg: Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union, 2016 Print PDF EPUB ISBN 978-92-872-5508-2 ISBN 978-92-872-5474-0 ISBN 978-92-872-5476-4 ISSN 1831-080X ISSN 1977-5644 ISSN 1977-5644 doi:10.2865/05222 doi:10.2865/39914 doi:10.2865/47724 QJ-AB-16-020-DE-C QJ-AB-16-020-DE-N QJ-AB-16-020-DE-E © Europäische Union, 2016 Nachdruck mit Quellenangabe gestattet. Die Genehmigung zur Wiedergabe oder Vervielfältigung der Abbildungen 1, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14 und 15 sowie der Abbildung in Anhang VII muss direkt beim Copyright-Inhaber eingeholt werden. DE 2016 Sonderbericht Nr. 22 Hilfsprogramme der EU für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen in Litauen, Bulgarien und der Slowakei: Seit 2011 wurden Fortschritte erzielt, doch stehen kritische Herausforderungen bevor (gemäß Artikel 287 Absatz 4 Unterabsatz 2 AEUV) Prüferteam 02 Die Sonderberichte des Hofes enthalten die Ergebnisse seiner Wirtschaftlichkeits- und Compliance-Prüfungen zu spezifischen Haushaltsbereichen oder Managementthemen. Bei der Auswahl und Gestaltung dieser Prüfungsaufgaben ist der Hof darauf bedacht, maximale Wirkung dadurch zu erzielen, dass er die Risiken für die Wirtschaftlichkeit oder Compliance, die Höhe der betreffenden Einnahmen oder Ausgaben, künftige Entwicklungen sowie das politische und öffentliche Interesse abwägt. Diese Wirtschaftlichkeitsprüfung wurde von Prüfungskammer II – Ausgabenbereiche „Strukturpolitische Maßnahmen, Verkehr und Energie“ – unter Vorsitz von Henri Grethen, Mitglied des Hofes, durchgeführt. Leitung und Berichterstattung für diese Prüfung fielen in die Zuständigkeit von Phil Wynn Owen, Mitglied des Hofes. Herr Wynn Owen wurde von einem Prüferteam der Kammer II unterstützt. Inhalt 03 Ziffer Glossar Abkürzungen I – X Zusammenfassung 1 – 28 Einleitung 4 – 10 Die Hilfsprogramme der EU für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen 11 – 17 Was versteht man unter der Stilllegung kerntechnischer Anlagen? 18 – 19 Entsorgung radioaktiver Abfälle 20 Das Verursacherprinzip als EU-weiter und internationaler Grundsatz 21 – 27 Rollen und Zuständigkeiten der verschiedenen Akteure im Rahmen der Hilfsprogramme der EU für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen 28 Vorangegangener Sonderbericht des Europäischen Rechnungshofs über die Stilllegung kerntechnischer Anlagen 29 – 35 Prüfungsumfang und Prüfungsansatz 36 – 106 Bemerkungen 36 – 71 Seit 2011 wurden bei der Stilllegung Fortschritte erzielt, doch stehen kritische Herausforderungen bevor 37 – 58 In den nicht kontrollierten Bereichen wurden Fortschritte erzielt, aber die Stilllegungsarbeiten an den Reaktorgebäuden haben noch nicht begonnen, und die Infrastruktur für die Entsorgung radioaktiver Abfälle ist nur teilweise fertiggestellt 59 – 71 Bei nahezu allen wichtigen Projekten zur Schaffung der Stilllegungsinfrastruktur sind Verzögerungen aufgetreten 72 – 106 Die geschätzten Stilllegungskosten belaufen sich auf mindestens 5,7 Milliarden Euro bzw. das Doppelte, wenn die Kosten für die Endlagerung ebenfalls berücksichtigt werden 73 – 74 Die geschätzten Gesamtkosten der Stilllegung haben sich seit 2010 um 40 % auf 5,7 Milliarden Euro erhöht 75 – 85 Die Mitgliedstaaten, insbesondere Litauen, stehen finanziellen Herausforderungen gegenüber 86 – 88 Die Prüfung der Finanzierungs- und Stilllegungspläne durch die Kommission war unzulänglich 89 – 92 Der Großteil der Kosten wird in allen drei Mitgliedstaaten aus dem EU-Haushalt finanziert 04 Inhalt 93 – 99 Bei Berücksichtigung der Kosten für die Endlagerung hoch radioaktiver Abfälle würden sich die geschätzten Gesamtkosten verdoppeln 100 – 106 Verbindlichkeiten für zukünftige Kosten werden in den drei Mitgliedstaaten nicht ordnungsgemäß bilanziert 107 – 120 Schlussfolgerungen und Empfehlungen Anhang I — Kernreaktoren, die im Rahmen des Hilfsprogramms für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen der EU stillgelegt werden Anhang II — Überblick über die Rechtsgrundlagen zu den Hilfsprogrammen für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen Anhang III — Kernreaktoren in den Mitgliedstaaten und deren Status zum 31. Dezember 2015 Anhang IV — Überblick über die Akteure der Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen Anhang V — Im Rahmen der Prüfung untersuchte von der EU finanzierte Projekte Anhang VI — Verzögerungen und Kostenüberschreitungen bei einer Stichprobe von 18 für die Stilllegung wichtigen Infrastruktur- und Unterstützungsprojekten, die seit 2001 durch die Hilfsprogramme der EU finanziert werden Anhang VII — Bau des geologischen Tiefenlagers zur Endlagerung abgebrannter Kernbrennstoffe in Olkiluoto in Finnland Antworten der Kommission Glossar 05 Abgebrannte Kernbrennstoffe: Kernbrennstoffe, die in einem Reaktor bestrahlt wurden und das Ende ihrer Nutzungsdauer erreicht haben. Abschwächungsmaßnahmen: Vorhaben, die einen Teil der Auswirkungen der infolge der vorzeitigen Abschaltung verloren gegangenen Energieerzeugungskapazität eines Landes abmildern sollen. Aktivierung: Der Vorgang, bei dem Neutronenbestrahlung dazu führt, dass Radioaktivität unbeabsichtigt in Moderatoren, Kühlmittel sowie Struktur- und Abschirmmaterialien gelangt. Brachfläche: Obwohl es für diesen Begriff keine international einheitliche Definition gibt, bezeichnet er im vorliegenden Bericht den Endzustand des Geländes eines stillgelegten Kernkraftwerks, das nicht den Status der „grünen Wiese“ erreicht. Ein als Brachfläche eingestuftes Gelände unterliegt weiterhin behördlicher Kontrolle; für Wiedernutzung und Sanierung der Fläche gelten gewisse Einschränkungen. Endgültiger Stilllegungsplan: Ein Dokument, das vom Betreiber eines Kernkraftwerks bei der Abschaltung einer Anlage erstellt und als Teil des Antrags auf Stilllegungsgenehmigung eingereicht wird. Darin sind alle erforderlichen Aktivitäten sowie die entsprechenden Zeitpläne und geschätzten Kosten aufgeführt. Zudem umfasst es einen Finanzierungsplan. Das Dokument kann im Verlauf der Stilllegung abgeändert werden. Endlagerung: Der letzte Schritt im Verfahren zur Behandlung radioaktiver Abfälle. Hierfür stehen verschiedene Optionen zur Verfügung, darunter die Lagerung in einem geologischen Tieflager für hoch radioaktive Abfälle. Eventualverbindlichkeit: In der Rechnungslegung handelt es sich hierbei um eine gegenwärtige Verpflichtung, deren Zahlung unwahrscheinlich ist oder deren Höhe nicht verlässlich bestimmt werden kann, oder um eine mögliche Verpflichtung, die vom Eintreten eines ungewissen künftigen Ereignisses abhängt. Ex-ante-Bedingungen: Hierbei handelt es sich um Bedingungen für die wirksame und effiziente Nutzung der Unterstützung der Union. Die Ex-ante-Bedingungen für die Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen sind in den Verordnungen (Euratom) Nr. 1368/20131 und (Euratom) Nr. 1369/20132 des Rates festgelegt. Litauen, Bulgarien und die Slowakei mussten spätestens bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Kommission ihren Finanzierungsbeschluss zum Jahresarbeitsprogramm 2014 annahm, geeignete Maßnahmen zur Erfüllung dieser Bedingungen ergriffen haben. Genehmigungen: Alle während der Lebensdauer eines Kernkraftwerks durchgeführten Aktivitäten, einschließlich der Stilllegung, werden reguliert und erfordern die Genehmigung einer nationalen Behörde. Für die Arbeit im Kontrollbereich muss die Betriebsgenehmigung in eine Stilllegungsgenehmigung umgewandelt werden. Geologisches Tiefenlager: Ein unterirdisches Endlager in einer geologisch beständigen Formation zum Zwecke des langfristigen Einschlusses (für Tausende Jahre oder mehr) langlebiger radioaktiver Abfälle und ihrer Isolierung von der zugänglichen Biosphäre. Lagerung bedeutet, dass eine Rückholung der Abfälle nicht beabsichtigt ist, obwohl diese Möglichkeit nicht ausgeschlossen ist. Geologische Lagerung ist eine Methode zur Entsorgung vor allem hoch radioaktiver Abfälle. 1 Verordnung (Euratom) Nr. 1368/2013 des Rates vom 13. Dezember 2013 über die Unterstützung der Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen in Bulgarien und der Slowakei durch die Union und zur Aufhebung der Verordnungen (Euratom) Nr. 549/2007 und (Euratom) Nr. 647/2010 (ABl. L 346 vom 20.12.2013, S. 1). 2 Verordnung (Euratom) Nr. 1369/2013 des Rates vom 13. Dezember 2013 über die Unterstützung des Hilfsprogramms für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen in Litauen durch die Union und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1990/2006 (ABl. 346 vom 20.12.2013, S. 7). Glossar 06 „Grüne Wiese“: Obwohl es für diesen Begriff keine international einheitliche Definition gibt, bezeichnet er im vorliegenden Bericht den Endzustand des Geländes eines stillgelegten Kernkraftwerks, der die Entlassung des Geländes aus der behördlichen Kontrolle erlaubt. Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen: EU-Programme zur finanziellen Unterstützung Litauens, Bulgariens und der Slowakei bei der Abschaltung und Stilllegung von Kernreaktoren sowjetischer Bauart, die nicht wirtschaftlich auf westliche Sicherheitsstandards nachgerüstet werden konnten, in den Kraftwerken Ignalina, Kosloduj bzw. Bohunice, gemäß den entsprechenden Bedingungen in den Beitrittsverträgen dieser Länder. Indirekte Mittelverwaltung: Eine der drei Arten des EU-Haushaltsvollzugs. Bei dieser Art der Verwaltung trägt die Kommission die Gesamtverantwortung für den Haushalt, betraut jedoch ein Partnerland oder mehrere Partnerländer, internationale Organisationen, Agenturen der Mitgliedstaaten oder sonstige Einrichtungen mit Haushaltsvollzugsaufgaben. Internationale Fonds zur Unterstützung der Stilllegung: Die von der EBWE verwalteten Fonds zur Unterstützung der Stilllegungsprozesse in Litauen über den Internationalen Fonds zur Unterstützung der Stilllegung des Kernkraftwerks Ignalina (IIDSF), in Bulgarien über den Internationalen Fonds zur Unterstützung der Stilllegung des Kernkraftwerks Kosloduj (KIDSF) und in der Slowakei über den Internationalen Fonds zur Unterstützung des Kernkraftwerks Bohunice (BIDSF). Kernkraftwerk: Ein Kraftwerk, in dem spaltbares Material als Brennstoff verwendet wird. Kernreaktor: Ein System auf dem Gelände eines Kernkraftwerks, in dem Kernspaltungsreaktionen kontinuierlich und kontrolliert als Kettenreaktionen stattfinden. Kontaminierung: Das unbeabsichtigte und unerwünschte Vorhandensein einer radioaktiven Substanz auf Oberflächen oder in Festkörpern oder der Vorgang, der zum Vorhandensein von Radioaktivität an diesen Orten führt. Kontrollbereich: Ein Bereich, dessen Zugang geregelt ist und der aus Gründen des Schutzes vor ionisierender Strahlung und zur Verhinderung der Ausbreitung einer radioaktiven Kontamination besonderen Vorschriften unterliegt. Mehrjähriger Finanzrahmen (MFR): Im MFR sind die Ausgabenprioritäten und Höchstbeträge festgelegt, die die EU in bestimmten Bereichen in einem festen mehrjährigen Zeitraum ausgeben kann. Die in der MFR-Verordnung festgelegten Ausgabenobergrenzen entsprechen nicht denen des EU-Haushalts, die stets niedriger sind. Der MFR umfasst zudem Einnahmequellen für den EU-Haushalt sowie Korrekturmechanismen für den fraglichen Zeitraum (derzeit 2014-2020). Nasslagerung abgebrannter Kernbrennstoffe: Die abgebrannten Kernbrennstoffe werden in Becken gelagert. Dies ist neben der „Trockenlagerung“ eine der beiden Möglichkeiten für die Zwischenlagerung abgebrannter Brennelemente. Radioaktive Abfälle: Material, das im Zuge des Kraftwerksbetriebs und der Stilllegungsprozesse entsteht und radioaktiv kontaminiert oder aktiviert ist. Diese Kategorie kann entsprechend dem Grad der Radioaktivität der Abfälle weiter unterteilt werden (freigegeben, sehr kurzlebig, sehr schwach, schwach, mittel oder hoch). Reaktorgebäude: Gebäude, in dem sich der Reaktor und andere wesentliche Bauteile befinden und das Teil des Kontrollbereichs ist. Rückstellung: In der Rechnungslegung handelt es sich hierbei um eine in der Bilanz erfasste Verbindlichkeit, deren Fälligkeit oder Höhe ungewiss ist. Stilllegung kerntechnischer Anlagen: Das Verfahren zum Rückbau eines Kernkraftwerks und zur Reinigung des Geländes bis zu einem zuvor festgelegten Endstatus. Glossar 07 Stilllegungsmaßnahmen: Vorhaben, die Mitgliedstaaten bei der Stilllegung ihrer Kraftwerke finanziell etwas entlasten sollen. Technische Stilllegung: Im vorliegenden Bericht bezeichnet dieser Begriff die Methoden, Technologien und Arbeiten im Zusammenhang mit der Dekontaminierung, dem Rückbau und der Fragmentierung radiologisch aktivierter/kontaminierter Strukturen und Systeme sowie deren angemessene Entsorgung. Trockenlagerung abgebrannter Kernbrennstoffe: Die abgebrannten Kernbrennstoffe werden in einer dafür bestimmten Anlage in Lagerbehälter eingeschlossen. Dies ist neben der „Nasslagerung“ eine der beiden Möglichkeiten für die Zwischenlagerung abgebrannter Brennstoffe. Verbindlichkeit: In der Rechnungslegung handelt es sich hierbei um eine gegenwärtige Verpflichtung, die aus Ereignissen der Vergangenheit resultiert. Verursacherprinzip: Eine in der Umweltpolitik allgemein akzeptierte Praxis, wonach die Verursacher der Verschmutzung die Kosten für deren Beseitigung tragen sollten. Abkürzungen 08 AWP: Annual Work Programme (Jahresarbeitsprogramm) BNPP: Bohunice nuclear power plant (Kernkraftwerk Bohunice in der Slowakei) CPMA: Central Project Management Agency (Zentrale Agentur für Projektverwaltung in Litauen) EBWE: Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung IAEO: Internationale Atomenergie-Organisation IAS: Internal Audit Service (Interner Auditdienst der Europäischen Kommission) INPP: Ignalina nuclear power plant (Kernkraftwerk Ignalina in Litauen) JAVYS a.s.: Slowakisches Staatsunternehmen für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen und die Entsorgung radioaktiver Abfälle KNPP: Kozloduy nuclear power plant (Kernkraftwerk Kosloduj in Bulgarien) KPI: Key performance indicator (Zentraler Leistungsindikator) NDAP: Nuclear decommissioning assistance programmes (Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen) RBMK-1500: Hochleistungs-Reaktor mit Kanälen (wie in Litauen) SERAW: Bulgarisches Staatsunternehmen für die Entsorgung radioaktiver Abfälle WWER 440/230: Wasser-Wasser-Energie-Reaktor (wie in Bulgarien und der Slowakei) Zusammenfassung 09 I Als Litauen, Bulgarien und die Slowakei Bewerberländer für einen Beitritt zur Europäischen Union (EU) waren, wurden die Abschaltung und anschließende Stilllegung von acht Kernreaktoren der ersten Generation nach sowjetischer Bauart in drei Kernkraftwerken zu einer Bedingung für den Beitritt dieser Länder gemacht. II Die Abschaltung und anschließende Stilllegung dieser Kernreaktoren vor dem Ende ihrer Auslegungslebensdauer stellte eine erhebliche finanzielle und wirtschaftliche Belastung für die drei betroffenen Mitgliedstaaten dar. Daher erklärte sich die EU bereit, ab 1999 finanzielle Unterstützung bereitzustellen. Bis 2020 wird sich die Unterstützung der EU auf insgesamt 3,8 Milliarden Euro belaufen, wobei der größte Anteil auf Litauen entfällt, gefolgt von Bulgarien und schließlich der Slowakei. III Anhand dieser Prüfung sollte festgestellt werden, ob seit dem Jahr 2011, als der Hof seinen vorangegangenen Bericht zu diesem Thema veröffentlichte, Fortschritte bei der Umsetzung der Hilfsprogramme der EU für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen für Litauen, Bulgarien und die Slowakei erzielt wurden. IV Die speziellen Finanzierungsprogramme der EU für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen haben nicht die richtigen Anreize für eine fristgerechte und kosteneffiziente Stilllegung geschaffen. V Seit 2011 wurden Fortschritte bei der Stilllegung der Kernkraftwerke Ignalina in Litauen, Kosloduj in Bulgarien und Bohunice in der Slowakei erzielt. Wesentliche Bauteile in den nicht kontrollierten Bereichen der Kraftwerke wurden zurückgebaut, doch die kritischen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Arbeit in den kontrollierten Bereichen, einschließlich der Reaktorgebäude, stehen in allen drei Mitgliedstaaten noch bevor. Wenngleich die Behörden der Mitgliedstaaten angeben, dass die Kraftwerke unumkehrbar abgeschaltet wurden, wurden nicht alle erwarteten Outputs, die die Kommission zur Bewertung der Fortschritte auf dem Weg zu einer unumkehrbaren Abschaltung heranzieht, vollständig erzielt. VI Die drei Mitgliedstaaten haben zwar Fortschritte bei der Schaffung von Infrastrukturen für die Entsorgung radioaktiver Abfälle erzielt, doch sind bei zahlreichen wichtigen Infrastrukturprojekten im Zeitraum 2011-2015 Verzögerungen aufgetreten. Die längsten Verzögerungen waren in Litauen zu verzeichnen, wo der endgültige Stilllegungstermin seit 2011 um weitere neun Jahre auf 2038 verschoben wurde. In allen drei Mitgliedstaaten gilt es auch weiterhin Herausforderungen zu bewältigen, etwa die Abhängigkeit von externen Sachverständigen sowie den Umgang mit neuartigen technischen Lösungen. Zusammenfassung 10 Empfehlung 1: Die drei betroffenen Mitgliedstaaten sollten a) ihre Projektmanagementverfahren weiter verbessern, damit die für die Entsorgung von Abfällen und abgebrannten Brennstoffen erforderliche Infrastruktur zum geplanten Zeitpunkt verfügbar ist; b) Maßnahmen zum Aufbau ihrer eigenen technischen Kapazitäten ergreifen, um ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen internem und externem Sachverstand zu erzielen; c) bessere Wege zum Austausch bewährter Verfahren und technischen Wissens sowohl untereinander als auch mit anderen Akteuren finden, die in der EU und in Drittländern im Bereich der Stilllegung kerntechnischer Anlagen tätig sind. Die Kommission sollte dies auf kosteneffiziente Weise fördern. VII Über potenzielle Endlagerlösungen für hoch radioaktive Abfälle und abgebrannte Kernbrennstoffe, bei denen es sich um nationale, regionale oder andere EU-interne Lösungen handeln kann, werden in den drei Mitgliedstaaten noch immer lediglich Grundsatzdebatten geführt, obwohl die Umsetzung solcher Lösungen mehrere Jahrzehnte in Anspruch nimmt. Empfehlung 2 a) Die Kommission sollte zusammen mit allen betroffenen EU-Mitgliedstaaten Möglichkeiten für die Lagerung abgebrannter Kernbrennstoffe und hoch radioaktiver Abfälle ausloten, wozu auch regionale und andere EU-interne Lösungen zählen. Dabei sind die Sicherheit und Kosteneffizienz der jeweiligen Alternativen gebührend zu berücksichtigen. Die Kommission sollte eine Analyse dieser Frage in ihren ersten an das Europäische Parlament und den Rat gerichteten Bericht über die Umsetzung der Richtlinie über radioaktive Abfälle aufnehmen. b) Die drei Mitgliedstaaten sollten parallel dazu mit ihrer Planung für die Endlagerung fortfahren, um umfassendere Kostenschätzungen und Finanzierungspläne für die Lagerung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle zu erstellen, wie dies in der Richtlinie über radioaktive Abfälle gefordert ist. VIII Die Stilllegungskosten für die drei Kraftwerke werden schätzungsweise insgesamt mindestens 5,7 Milliarden Euro betragen bzw. das Doppelte, wenn die Kosten für die Endlagerung ebenfalls berücksichtigt werden. In Litauen hat sich die Finanzierungslücke bei den Stilllegungsmaßnahmen seit der letzten Prüfung des Hofes vergrößert, sodass die Kosten nun die verfügbaren Mittel um 1,6 Milliarden Euro überschreiten. Bulgarien und die Slowakei schätzen ihre jeweiligen Finanzierungslücken derzeit auf 28 Millionen Euro bzw. 92 Millionen Euro. Obwohl letztlich die drei Mitgliedstaaten sicherstellen müssen, dass ausreichende Finanzmittel sowohl für die Stilllegung als auch für die Endlagerung zur Verfügung stehen, ist ihr Kofinanzierungsanteil an den Stilllegungsprogrammen der EU nach wie vor sehr begrenzt. Die Kommission hat keine klaren Leitlinien zu den Kofinanzierungspflichten herausgegeben. Zwar ist der Personalbestand in allen drei Kraftwerken zurückgegangen, seitdem sie nicht mehr vollständig in Betrieb sind, doch werden EU-Mittel verwendet, um die Kosten für die Mitarbeiter zu decken, die für die Aufrechterhaltung der Sicherheit der Kraftwerke zuständig sind. Im Jahr 2011 wies die Kommission darauf hin, dass eine Verlängerung der finanziellen Unterstützung durch die EU über das Jahr 2020 hinaus nicht vorgesehen ist. Empfehlung 3: Die drei Mitgliedstaaten sollten ihre eigene Rolle anerkennen, wenn es darum geht, die Einhaltung des Verursacherprinzips sicherzustellen. Zudem sollten sie bereit sein, sowohl im laufenden Finanzierungszeitraum als auch danach nationale Mittel für die Deckung der Stilllegungskosten sowie der Endlagerungskosten einzusetzen. Zusammenfassung 11 Empfehlung 4: Die Kommission sollte eine Erhöhung der nationalen Kofinanzierung im Finanzierungszeitraum 2014-2020 anstreben. Sie sollte – beispielsweise in einem Kommissionsbeschluss – die „gebührend begründeten Ausnahmefälle“ klar definieren, in denen Projekte im Rahmen der Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen vollständig von der EU finanziert werden können. Empfehlung 5: Die speziellen Finanzierungsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen in Litauen, Bulgarien und der Slowakei sollten nach 2020 eingestellt werden. Stellt sich heraus, dass in einem oder mehreren dieser drei Mitgliedstaaten nach 2020 unbedingt EU-Mittel benötigt werden, sollte jede von der Kommission vorgeschlagene und vom Gesetzgeber genehmigte EU-Finanzierung die richtigen Anreize für eine Fortsetzung der Stilllegung umfassen, unter anderem indem sie zeitlich begrenzt und von einer angemessenen Kofinanzierung der Mitgliedstaaten abhängig gemacht wird. Eine Möglichkeit hierfür bestünde darin, den Zugang zu den Europäischen Struktur- und Investitionsfonds auszuweiten, sodass auch Maßnahmen zur Stilllegung kerntechnischer Anlagen finanziert werden können, wenn diese Bedingungen erfüllt sind. Empfehlung 6: Die Kommission sollte den Einsatz von EU-Finanzmitteln im Rahmen der Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen nur für die Finanzierung der Kosten für Personal gestatten, das ausschließlich mit Stilllegungsmaßnahmen befasst ist. IX Die von der Kommission vorgenommene Bewertung, ob die Finanzierungs- und Stilllegungspläne die Ex-ante-Bedingungen erfüllen, war unzureichend. Empfehlung 7: Die Kommission sollte ihre Bewertung der Ex-ante-Bedingungen abschließen. X Zukünftige Kosten werden nicht immer als Rückstellungen ausgewiesen und/oder in den Anhang zum Abschluss aufgenommen. Dies verringert die Transparenz und hindert die zuständigen Behörden daran, angemessen zu planen, wie die zukünftigen Kosten für die Stilllegung und die Endlagerung abgebrannter Kernbrennstoffe gedeckt werden können. Empfehlung 8: Die Kommission sollte sich gemeinsam mit allen betroffenen Mitgliedstaaten darum bemühen, dass sämtliche zukünftigen Kosten im Zusammenhang mit der Stilllegung kerntechnischer Anlagen und der Endlagerung abgebrannter Brennstoffe ordnungsgemäß, transparent und in Einklang mit den einschlägigen Rechnungslegungsstandards bilanziert werden. 12 Einleitung 01 Abbildung 1 Als Litauen, Bulgarien und die Slowakei Bewerberländer für einen Beitritt zur Europäischen Union (EU) waren, wurden die Abschaltung und anschließende Stilllegung von acht Kernreaktoren der ersten Generation nach sowjetischer Bauart in drei Kernkraftwerken3 zu einer Bedingung für den Beitritt dieser Länder gemacht (siehe Abbildung 1 und Anhang I). Da eine Nachrüstung der Reaktoren auf westliche Sicherheitsstandards als unwirtschaftlich angesehen wurde, wurde im Zuge der Beitrittsverhandlungen vereinbart, diese Reaktoren vor dem Ende ihrer Auslegungslebensdauer abzuschalten4. Die drei Standorte werden von staatlichen Unternehmen betrieben. Die Kernkraftwerke in Litauen, Bulgarien und der Slowakei, die Gegenstand der EU-Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen sind Kernkraftwerk Bohunice V1 in der Slowakei Reaktortyp: Wasser-Wasser-Energie-Reaktor (WWER 440/230) Kernkraftwerk Ignalina in Litauen Blöcke 1 und 2 mit jeweils einem Reaktor Reaktortyp: Hochleistungs-Reaktor mit Kanälen (RBMK-1500) Kernkraftwerk Kosloduj in Bulgarien Blöcke 1 bis 4 mit jeweils einem Reaktor Reaktortyp: Wasser-Wasser-Energie-Reaktor (WWER 440/230) Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage von Informationen der Kernkraftwerksbetreiber. Fotos © Kernkraftwerk Bohunice (BNPP), Kernkraftwerk Kosloduj (KNPP), Kernkraftwerk Ignalina (INPP). 3 In den Kraftwerken Kosloduj in Bulgarien und Bohunice in der Slowakei sind Reaktoren in Betrieb, die an die Reaktoren angrenzen, die stillgelegt werden. Im vorliegenden Bericht bezeichnet der Begriff „Kraftwerk“ nur die Reaktoren, die derzeit stillgelegt werden. 4 DOC/97/8 Brüssel/Straßburg, den 15.7.1997, Agenda 2000 – Zusammenfassungen und Schlussfolgerungen der Stellungnahmen der Kommission zu den Beitrittsanträgen zur Europäischen Union der Beitrittsländer; Verband der westeuropäischen Aufsichtsbehörden im Nuklearbereich (WENRA), Nuclear Safety in EU Candidate Countries (Nukleare Sicherheit in den EU-Bewerberländern), Oktober 2000. 13 Einleitung 02 Abbildung 2 Die Kernkraftwerke Bohunice V1 in der Slowakei und Kosloduj in Bulgarien arbeiten mit Wasser-Wasser-Energie-Reaktoren (WWER), einer Unterkategorie von Druckwasserreaktoren (siehe Abbildung 2). Dieser Reaktortyp wurde zuvor bereits an anderen Standorten in Europa stillgelegt. Darstellung eines Kernkraftwerks mit Druckwasserreaktor (WWER-440/230) Primärkreislauf in der Reaktorhalle, Teil des Kontrollbereichs Sekundärkreislauf in der Turbinenhalle Druckhalter Umschaltwerk Dampfgenerator Stromnetz Turbine Reaktor Generator Transformator Kernbrennstoff Zulaufpumpe Reaktorkühlmittelpumpe Kondensator Kühlwasser in den/ aus dem Fluss bzw. See Kühltürme Der Reaktor und Teile des primären Kühlkreislaufs im Reaktorgebäude bilden den aktivierten und kontaminierten Primärkreislauf. Die Turbine und der Kondensator bilden den Sekundärkreislauf. In Bohunice V1 sowie in den Blöcken 1-4 in Kosloduj gibt es keine massive Schutzhülle aus Stahl und Beton, die bei einem Unfall im Reaktor und Teilen des Primärkreislaufs als letzter Schutz gegen die massive Freisetzung von Strahlung fungieren würde. Quelle: Europäischer Rechnungshof. 14 Einleitung 03 Abbildung 3 Der Reaktor im Kernkraftwerk Ignalina in Litauen ist ein graphitmoderierter (RBMK-1500) Reaktor – eine Unterkategorie von Siedewasserreaktoren –, der gemeinhin auch als Reaktor vom Typ Tschernobyl bezeichnet wird (siehe Abbildung 3). Dies ist das erste Mal, dass ein graphitmoderierter Reaktor stillgelegt wird5. 5 Die Reaktorblöcke in Tschernobyl wurden zwar abgeschaltet, jedoch nicht stillgelegt. Nach dem Unfall im Jahr 1986 wurde Reaktorblock 4 in einen „Sarkophag“ eingeschlossen. Darstellung eines Kernkraftwerks mit graphitmoderiertem Reaktor (RMBK-1500) Reaktorhalle/-gebäude, Teil des Kontrollbereichs Turbinenhalle Umschaltwerk Dampfabscheider in Trommelform Stromnetz Turbine Generator Transformator Brennelemente Kondensator Kühlwasser aus dem/zurück in den See Reaktor Steuerstäbe aus Graphit Hauptumwälzpumpe Hauptumwälzpumpe Der Reaktor und die Teile des Hauptkühlkreislaufs im Reaktorgebäude bilden den aktivierten und kontaminierten Kreislauf, der direkt mit der Turbine und dem Kondensator in der Turbinenhalle verbunden ist. In den Blöcken 1 und 2 des Kernkraftwerks Ignalina gibt es keine massive Schutzhülle aus Stahl und Beton, die bei einem Unfall im Reaktor und in Teilen des Hauptkühlkreislaufs als letzter Schutz gegen die massive Freisetzung von Strahlung fungieren würde. Quelle: Europäischer Rechnungshof. 15 Einleitung Die Hilfsprogramme der EU für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen 6 Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen, Nuclear Decommissioning Assistance Programme data (Daten zum Hilfsprogramm für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen) (SEC(2011) 914 final). 7 Zusätzlich zur Unterstützung durch die EU erhielten Litauen und Bulgarien auch gesonderte Zuschüsse von den Konten „Nukleare Sicherheit“, die von der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) für die Betriebssicherheit von Kernkraftwerken verwaltet werden. 04 Die Abschaltung und anschließende Stilllegung dieser Kernkraftwerke vor dem Ende ihrer Auslegungslebensdauer stellte für die drei betroffenen Mitgliedstaaten eine erhebliche finanzielle und wirtschaftliche Belastung dar, und dies umso mehr, als sie weder nationale Mittel zur Deckung der gesamten Stilllegungskosten zurückgelegt hatten noch über die notwendige Infrastruktur zur Entsorgung der Abfälle verfügten 6. 05 Die EU erklärte sich bereit, ab 1999 finanzielle Unterstützung bereitzustellen. Diese Unterstützung lief im Rahmen des Programms PHARE an, einem Heranführungsinstrument, das dafür bestimmt war, Bewerberländern in Mittel- und Osteuropa finanzielle sowie technische Hilfe zukommen zu lassen. Als die drei Länder der EU beitraten, wurde die Unterstützung im Rahmen der Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen (NDAP) auf der Grundlage der in den einzelnen Beitrittsverträgen sowie in den Verordnungen des Rates festgelegten Bestimmungen fortgesetzt (siehe Überblick in Anhang II)7. Für jedes Land wurde ein eigenes spezielles Hilfsprogramm aufgelegt. 06 Vom Start im Jahr 1999 bis zum Jahr 2013 umfassten diese Hilfsprogramme folgende Komponenten: οο Stilllegungsmaßnahmen, um die Mitgliedstaaten zu Beginn der Stilllegung ihrer Kraftwerke finanziell etwas zu entlasten; οο Maßnahmen, um einen Teil der Auswirkungen der infolge der vorzeitigen Abschaltung verloren gegangenen Energieerzeugungskapazität eines Landes abzuschwächen. 07 Im aktuellen Zeitraum 2014-2020 können im Rahmen der Hilfsprogramme der EU für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen nur noch Stilllegungsmaßnahmen8 finanziert werden, die der Verfolgung der in Tabelle 1 aufgeführten spezifischen Ziele dienen. 8Abschwächungsmaßnahmen, einschließlich Energieeffizienz und erneuerbare Energieträger, kommen für Förderungen aus den Europäischen Struktur- und Investitionsfonds in Betracht, die alle drei Mitgliedstaaten in Anspruch nehmen können. 16 Tabelle 1 Einleitung Spezifische Ziele der Hilfsprogramme der EU für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen für 2014-2020 Programm Spezifische Ziele Entnahme des Brennstoffs aus dem Reaktorkern des Blocks 2 und aus den Reaktorbrennelementebecken der Blöcke 1 und 2 und Verbringung in das Trockenlager für abgebrannte Brennelemente Aufrechterhaltung eines sicheren Zustands der Reaktorblöcke Ignalina, Litauen Durchführung des Rückbaus in der Turbinenhalle und in anderen Nebengebäuden Sichere Entsorgung des bei der Stilllegung anfallenden Abfalls gemäß einem detaillierten Abfallentsorgungsplan Durchführung des Rückbaus in den Turbinenhallen der Blöcke 1 bis 4 und in Nebengebäuden Kosloduj, Bulgarien Rückbau großer Bauteile und Anlagen in den Reaktorgebäuden der Blöcke 1 bis 4 Sichere Entsorgung des bei der Stilllegung anfallenden Abfalls gemäß einem detaillierten Abfallentsorgungsplan Rückbauarbeiten in der Turbinenhalle und in Nebengebäuden des Reaktors V1 Bohunice, Slowakei Rückbau großer Bauteile und Anlagen in den Gebäuden des Reaktors V1 Sichere Entsorgung des bei der Stilllegung anfallenden Abfalls gemäß einem detaillierten Abfallentsorgungsplan Mögliche Maßnahmen zur Aufrechterhaltung eines hohen Sicherheitsniveaus an den stillzulegenden Blöcken, darunter auch Unterstützung für Kernkraftwerkspersonal Alle Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage der Verordnungen (Euratom) Nr. 1368/2013 und Nr. 1369/2013 des Rates. 08 Abbildung 4 Bis 2020 wird sich die Unterstützung der EU auf insgesamt 3,8 Milliarden Euro belaufen (siehe Abbildung 4). Die Hilfe der EU für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen in Litauen, Bulgarien und der Slowakei von 1999 bis 2020 Millionen Euro 900 800 700 600 500 400 300 200 100 0 837 530 510 340 Ignalina, Litauen 423 451 Kosloduj, Bulgarien 293 201 1999-2006 (8 Jahre) 2007-2013 (7 Jahre) 225 Bohunice, Slowakei 2014-2020 (7 Jahre) Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage von Daten der Europäischen Kommission. 17 Einleitung 09 Abbildung 5 Der größte Anteil der Unterstützung entfiel auf Litauen, gefolgt von Bulgarien und schließlich der Slowakei (siehe Abbildung 5)9. Anteil der einzelnen Mitgliedstaaten an der gesamten Hilfe der EU für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen von 1999 bis 2020 Ignalina, Litauen 1 818 Millionen Euro 48 % Kosloduj, Bulgarien 1 143 Millionen Euro 30 % Bohunice, Slowakei 849 Millionen Euro 22 % Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage von Daten der Europäischen Kommission. 10 In ihrer Folgenabschätzung für den Finanzierungszeitraum 2014-2020 gab die Kommission an, dass eine Verlängerung der finanziellen Unterstützung durch die EU über das Jahr 2020 hinaus nicht vorgesehen ist10. Was versteht man unter der Stilllegung kerntechnischer Anlagen? 11 Die Stilllegung ist der letzte Schritt im Lebenszyklus eines Kernkraftwerks. In ganz Europa befinden sich immer mehr Kernkraftwerke bereits in der Stilllegungsphase oder werden in Kürze oder mittelfristig stillgelegt. Ende 2015 waren in der EU 129 Kernreaktoren in Betrieb; weitere 91 waren abgeschaltet und drei von diesen 91 Reaktoren waren vollständig stillgelegt worden (siehe Anhang III). Man geht davon aus, dass mehr als 50 der 129 in Betrieb befindlichen Reaktoren bis 2025 abgeschaltet werden11. 9 Im vorliegenden Bericht werden die Mitgliedstaaten in der Reihenfolge des Umfangs ihrer jeweiligen Programme folgendermaßen aufgeführt: Litauen, Bulgarien und Slowakei. 10 SEC(2011) 1387 final, Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen, Folgenabschätzung. 11 COM(2016) 177 final vom 4. April 2016, S. 8, Hinweisendes Nuklearprogramm – Vorlage gemäß Artikel 40 des Euratom-Vertrags zur Stellungnahme durch den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, im Folgenden als „Hinweisendes Nuklearprogramm der Kommission von 2016“ bezeichnet. 18 Abbildung 6 Einleitung Status der Kernreaktoren in der EU zum 31. Dezember 2015 Im Bau: 4 Reaktoren Abgeschaltet: 91 Reaktoren (davon 3 vollständig stillgelegt) In Betrieb: 129 Reaktoren Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage von Daten der Europäischen Kommission und des Informationssystems für Reaktoren der IAEO (Power Reactor Information System – PRIS). 12 Die Stilllegung kerntechnischer Anlagen umfasst eine Reihe bestimmter Prozesse, die zum Teil parallel ablaufen. Sie ist abgeschlossen, sobald der Standort so weit gereinigt wurde, dass das Gelände – gemäß den nationalen Rechtsvorschriften – entweder uneingeschränkt (Status „grüne Wiese“) oder unter gewissen Einschränkungen (Status „Brachfläche“) wiedergenutzt oder saniert werden kann. Alle drei Standorte in Litauen, Bulgarien und der Slowakei sollen nach der Stilllegung den Status „Brachfläche“ erreichen. 13 Alle drei Mitgliedstaaten entschieden sich für die Stilllegungsstrategie des „sofortigen Rückbaus“ und damit gegen die Strategien des „verzögerten Rückbaus“ oder des „langfristigen sicheren Einschlusses“. Beim sofortigen Rückbau beginnt die Stilllegung kurz nach der endgültigen Abschaltung des Kraftwerks. Bei der Alternativstrategie des verzögerten Rückbaus wird eine Anlage, die radioaktives Material enthält, nach der Entnahme der abgebrannten Kernbrennstoffe entweder vollständig oder teilweise behandelt oder so lange in einem sicheren Zustand gehalten, bis sie zu einem späteren Zeitpunkt dekontaminiert und/oder zurückgebaut wird12. 14 Die Stilllegung umfasst sowohl herkömmliche industrielle Stilllegungsarbeiten, wie den Abriss der Turbinenhalle, als auch hoch spezialisierte Tätigkeiten beim Umgang mit den radioaktiven Materialien am Standort. Dabei ist es von entscheidender Bedeutung, die richtige Abfolge der Tätigkeiten zu planen und die Verfahren und Methoden zu ermitteln, die zu befolgen sind. 12 Sicherheitsstandards der IAEO, Decommissioning of Facilities, General Safety Requirements No. GSR Part 6 (Die Stilllegung von Anlagen, Allgemeine Sicherheitsanforderungen Nr. GSR Teil 6), 2014. 19 Einleitung 15 Abbildung 7 Abbildung 7 zeigt die wesentlichen Prozesse, die bei der Stilllegung eines Kernkraftwerks ablaufen. Wesentliche Prozesse bei der Stilllegung eines Kernkraftwerks Stilllegungsprozesse Laufende Arbeiten am Standort: • Erstellung und Aktualisierung des radiologischen Bestandsverzeichnisses und der radiologischen Charakterisierung der Anlage • Einrichtung, Instandhaltung und Anpassung der Einschlusssysteme • Dekontaminierung Entlassung aus der behördlichen Überwachung Nicht kontrollierter Bereich (hauptsächlich außerhalb des Reaktorgebäudes): • Dekontaminierung, Rückbau und Entfernung der Systeme, Strukturen und Maschinen • Entfernung und Einschluss von kontaminiertem bzw. aktiviertem Material • Entfernung bzw. Lagerung von schwach und mittel radioaktiven Abfällen Entnahme der Brennelemente und der abgebrannten Brennelemente aus dem Reaktor Kontrollbereich (hauptsächlich innerhalb des Reaktorgebäudes): • Dekontaminierung, Rückbau und Entfernung der Systeme, Strukturen und Maschinen • Entfernung und Einschluss von kontaminiertem bzw. aktiviertem Material • Entfernung und Lagerung von schwach, mittel und hoch radioaktiven Abfällen Standort wird wie vorab festgelegt als Brachfläche oder „grüne Wiese“ hinterlassen Quelle: Europäischer Rechnungshof. 16 Die Betreiber einer kerntechnischen Anlage müssen einen endgültigen Stilllegungsplan erstellen und jeweils auf den neusten Stand bringen, der einen Finanzierungsplan und eine Auflistung aller erforderlichen Maßnahmen sowie deren Zeitpläne und geschätzte Kosten enthält13. Die Unterstützung der EU muss in Einklang mit diesen Plänen und unter ständiger Einhaltung höchster Sicherheitsstandards umgesetzt werden14. 17 Alle während der Lebensdauer eines Kernkraftwerks durchgeführten Aktivitäten, einschließlich der Stilllegung, werden reguliert und erfordern die Genehmigung einer nationalen Behörde. 13 Sicherheitsstandards der IAEO, General Safety Requirements Part 6 (Allgemeine Sicherheitsanforderungen Teil 6), S. 15-16. 14 Artikel 2 Absatz 1 der Verordnungen (Euratom) Nr. 1368/2013 und Nr. 1369/2013 des Rates. 20 Einleitung Entsorgung radioaktiver Abfälle 18 Tabelle 2 In allen Phasen des Kernbrennstoffkreislaufs entstehen radioaktive Abfälle. Gemäß dem Klassifizierungssystem der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) können je nach Grad der Radioaktivität sechs Klassen von radioaktiven Abfällen unterschieden werden, wie in Tabelle 2 dargestellt. Klassen von radioaktiven Abfällen sowie deren Entsorgung und Lagerung Klasse Beschreibung Entsorgung und Lagerung (die Tiefenangaben sind lediglich Richtwerte) Freigegeben (exempt waste) Diese Abfälle enthalten so geringe Konzentrationen an Radionukliden, dass sie keinen Strahlenschutzbeoberirdisch stimmungen unterliegen und aus der behördlichen Kontrolle entlassen werden können. Freigabe, Abfalldeponie Sehr kurzlebig (very short-lived waste) Diese Abfälle enthalten nur Radionuklide mit einer sehr kurzen Halbwertszeit, wobei die Aktivitätskonzentrationen über den Freigabewerten liegen. Abklinglagerung Sehr schwach radioaktive Abfälle (very low-level waste) Diese Abfälle erfüllen nicht zwangsläufig die Kriterien für freigegebene Abfälle, erfordern jedoch keine oberirdisch hohe Einschluss- und Isolationsstufe. Deponie Schwach radioaktive Abfälle (low-level waste) Diese Abfälle weisen begrenzte Mengen an langlebigen Radionukliden auf. Sie müssen für Zeiträume von bis zu mehreren Hundert Jahren sicher isoliert und eingeschlossen werden. unterirdisch oberflächennah (< 30 Meter) Diese Abfälle erfordern aufgrund ihres Inhalts – Mittel radioaktive Abfälle insbesondere langlebige Radionuklide – eine höhere unterirdisch (intermediate-level waste) Einschlussstufe, jedoch keine oder nur begrenzte Vorrichtungen zur Wärmeableitung. mittlere Tiefe (30-100 Meter) Hoch radioaktive Abfälle (high-level waste) oberirdisch Diese Abfälle weisen eine Aktivitätskonzentration auf, die hoch genug ist, um erhebliche Wärmemengen zu erzeugen, oder enthalten große Mengen an unterirdisch langlebigen Radionukliden. In diese Kategorie fallen abgebrannte Kernbrennstoffe. geologische Lagerung (> 400 Meter) Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage der Sicherheitsstandards der IAEO, General Safety Guide No GSG-1, Classification of Radioactive Waste (Allgemeiner Sicherheitsleitfaden Nr. GSG-1, Klassifizierung radioaktiver Abfälle), 2009. Einleitung 19 Jede Klasse erfordert unterschiedliche Technologien und Methoden für den sicheren Einschluss und die sichere Entsorgung der Abfälle. Die am unteren Ende des Spektrums angesiedelten freigegebenen Abfälle können einfach mit Haushaltsabfällen entsorgt werden. Am oberen Ende des Spektrums befinden sich die hoch radioaktiven Abfälle wie abgebrannte Kernbrennstoffe, die aufgrund ihrer hohen Radioaktivität die höchste Einschluss- und Isolationsstufe erfordern, um langfristige Sicherheit zu gewährleisten. Die Lagerung in einem mehrere Hundert Meter unter der Erde ausgehobenen geologischen Tiefenlager gilt im Allgemeinen als die bevorzugte Option für die Endlagerung hoch radioaktiver Abfälle15. Gemäß den Sicherheitsstandards der IAEO ist die Abfallentsorgung mit Ende der Stilllegung einer kerntechnischen Anlage noch nicht abgeschlossen, da die hoch radioaktiven Abfälle noch nicht in einem Endlager entsorgt wurden16. Das Verursacherprinzip als EU-weiter und internationaler Grundsatz 20 Die Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle ist in der Europäischen Union durch die „Richtlinie über radioaktive Abfälle“17 geregelt. Die darin enthaltenen Anforderungen basieren auf einem Übereinkommen der IAEO aus dem Jahr 1997, das von Litauen, Bulgarien und der Slowakei unterzeichnet wurde18. Gemäß diesem Übereinkommen sind die Vertragsparteien verpflichtet, das Verursacherprinzip anzuwenden, wonach die Erzeuger von Abfällen für die Kosten ihrer Entsorgung aufkommen sollten, um Gesundheits- und Umweltschäden zu vermeiden19. Ein weiterer wesentlicher Grundsatz dieses Übereinkommens besagt, dass künftigen Generationen keine unangemessenen Lasten im Zusammenhang mit der Entsorgung nuklearer Abfälle auferlegt werden dürfen. Dies spiegelt sich in der Richtlinie über radioaktive Abfälle wider, in der es heißt: „Es sollte eine ethische Pflicht jedes Mitgliedstaats sein zu vermeiden, künftigen Generationen unangemessene Lasten hinsichtlich abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle einschließlich radioaktive Abfälle, die aus der Stilllegung bestehender kerntechnischer Anlagen zu erwarten sind, aufzubürden“20. Rollen und Zuständigkeiten der verschiedenen Akteure im Rahmen der Hilfsprogramme der EU für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen 21 In Einklang mit den einschlägigen Rechtsvorschriften hat sich die Europäische Kommission dafür entschieden, auf die Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen die indirekte Mittelverwaltung21 anzuwenden. Bei dieser Art der Mittelverwaltung überträgt die Kommission Haushaltsvollzugsaufgaben an Durchführungsstellen (siehe Anhang IV), ist jedoch weiterhin in vollem Umfang für die Ausführung des EU-Haushalts verantwortlich und rechenschaftspflichtig. Die Kommission muss daher sicherstellen, dass die Durchführungsstellen über angemessene Kontroll- und Überwachungsstrukturen verfügen. Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) fungiert für alle drei Programme als Durchführungsstelle. 21 15 Sicherheitsstandards der IAEO, General Safety Guide No GSG-1, Classification of Radioactive Waste (Allgemeiner Sicherheitsleitfaden Nr. GSG-1, Klassifizierung radioaktiver Abfälle), 2009, S. 6. 16 Sicherheitsstandards der IAEO, General Safety Guide No GSG-1, Classification of Radioactive Waste (Allgemeiner Sicherheitsleitfaden Nr. GSG-1, Klassifizierung radioaktiver Abfälle), 2009, S. 3. 17 Richtlinie 2011/70/Euratom des Rates vom 19. Juli 2011 über einen Gemeinschaftsrahmen für die verantwortungsvolle und sichere Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle (ABl. L 199 vom 2.8.2011, S. 48). 18 IAEO, Gemeinsames Übereinkommen über die Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente und über die Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfälle. 19 Artikel 21 des Gemeinsamen Übereinkommens der IAEO über die Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente und über die Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfälle lautet folgendermaßen: „Jede Vertragspartei stellt sicher, dass die Verantwortung für die Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente oder radioaktiver Abfälle in erster Linie dem jeweiligen Genehmigungsinhaber obliegt, und trifft die geeigneten Maßnahmen, um sicherzustellen, dass jeder Inhaber einer solchen Genehmigung seiner Verantwortung nachkommt.“ 20 Erwägungsgrund 24 der Richtlinie 2011/70/Euratom des Rates. 21 Artikel 58 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union und zur Aufhebung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates (ABl. L 298 vom 26.10.2012, S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EU, Euratom) 2015/1929 vom 28. Oktober 2015. Einleitung 22 Darüber hinaus fungiert in Litauen die Zentrale Agentur für Projektverwaltung, eine nationale öffentliche Einrichtung, als zweite Durchführungsstelle und erfüllt die gleichen Aufgaben wie die EBWE bei den von ihr verwalteten Projekten22. Zum Zeitpunkt der Prüfung liefen alle neuen Projekte über die Zentrale Agentur für Projektverwaltung. Die EBWE bleibt weiterhin für die Projekte zuständig, für die ihr zuvor die Verantwortung übertragen wurde. 23 Die drei Mitgliedstaaten sind verpflichtet, angemessene nationale Strukturen für die Programmumsetzung zu schaffen und alle notwendigen Schritte zu unternehmen, um rechtliche oder administrative Hindernisse für die ordnungsgemäße Abwicklung ihrer jeweiligen Stilllegungsprogramme zu beseitigen23. Die Mitgliedstaaten benennen aus den Reihen des für die Energiepolitik zuständigen Ministeriums einen Programmkoordinator, der die Gesamtverantwortung für die Planung, Koordinierung und Überwachung der jeweiligen Stilllegungsprogramme auf nationaler Ebene übernimmt. 24 Litauen hat daneben das Finanzministerium als Finanzkoordinator benannt, der für die Finanzaufsicht der Zentralen Agentur für Projektverwaltung zuständig ist. 25 Die Hauptbegünstigten der Programme sind die Kernkraftwerksbetreiber und/ oder die Inhaber der Stilllegungsgenehmigungen, bei denen es sich um staatliche Unternehmen handelt. Sie sind für die Durchführung der Projekte zuständig, sobald die entsprechenden Vorschläge genehmigt wurden. 26 Die Mitgliedstaaten schlagen jedes Jahr ein Jahresarbeitsprogramm vor, in dem sie die geplante Verwendung der Finanzmittel darlegen. Daraufhin genehmigt die Kommission nach Konsultation des Ausschusses für das Hilfsprogramm für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen, der aus Vertretern der 28 EU-Mitgliedstaaten besteht, die Finanzierungsbeschlüsse. Zudem genehmigt sie die Dokumentation zu den einzelnen mit EU-Hilfe zu finanzierenden Projekten, die von der Durchführungsstelle ausgewählt wurden. Nach der Koordinierung auf nationaler Ebene legt der Programmkoordinator der EBWE und in Litauen der Zentralen Agentur für Projektverwaltung die neuen Projektvorschläge zur Genehmigung vor. Nach Überprüfung werden die Projektvorschläge von den Durchführungsstellen der Kommission übermittelt. 22 22 Die Slowakei hat die Einrichtung einer zweiten nationalen Durchführungsstelle – in Gestalt der slowakischen Agentur für Innovation und Energie – neben der EBWE förmlich vorgeschlagen. 23 Artikel 4 des Durchführungsbeschlusses C(2014) 5449 final der Kommission vom 7.8.2014 zu den Regeln für die Anwendung der Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen in Bulgarien, Litauen und der Slowakei im Zeitraum 2014-2020. Einleitung 27 Gemäß den vertraglichen Vereinbarungen überweist die Kommission daraufhin die entsprechenden Mittel an die EBWE sowie im Fall von Litauen an die Zentrale Agentur für Projektverwaltung. Diese Einrichtungen überwachen dann die Projektumsetzung. Vorangegangener Sonderbericht des Europäischen Rechnungshofs über die Stilllegung kerntechnischer Anlagen 28 Der Europäische Rechnungshof befasste sich in einem Sonderbericht aus dem Jahr 2011 schon einmal mit der finanziellen Unterstützung der EU für die Stilllegung von Kernkraftwerken in Bulgarien, Litauen und der Slowakei24. 23 24 Sonderbericht Nr. 16/2011 – Finanzielle Unterstützung der EU für die Stilllegung von Kernkraftwerken in Bulgarien, Litauen und der Slowakei: bisherige Erfolge und künftige Herausforderungen (http:// eca.europa.eu). Prüfungsumfang und Prüfungsansatz 29 Anhand dieser Prüfung sollte festgestellt werden, ob seit dem Jahr 2011, als der Hof seinen vorangegangenen Bericht25 zu diesem Thema veröffentlichte, Fortschritte bei der Umsetzung der Hilfsprogramme der EU für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen für Litauen, Bulgarien und die Slowakei erzielt wurden. 30 Geprüft wurde insbesondere, ob im Rahmen der Programme Fortschritte in den folgenden Bereichen erzielt wurden: – Rückbau der Kraftwerke, Einholung der erforderlichen Genehmigungen und Einrichtung einer Infrastruktur zur Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle; – Einrichtung eines zuverlässigen Systems zur Bewertung der Kosten und Sicherung der für den Abschluss der Stilllegung erforderlichen Finanzmittel. 31 In allen drei Mitgliedstaaten besuchten Vertreter des Hofes die betroffenen Standorte, analysierten die Programm- und Projektdokumentation und befragten Beamte der Mitgliedstaaten, Betreiber von Kernkraftwerken, Inhaber nationaler Genehmigungen zur Entsorgung radioaktiver Abfälle, Regulierungsbehörden sowie Beamte der Durchführungsstellen und der Europäischen Kommission. 32 Zur Bewertung der Fortschritte auf Projektebene wurden in den drei Mitgliedstaaten 17 EU-finanzierte Projekte zur Stilllegung kerntechnischer Anlagen ausgewählt; dabei handelte es sich sowohl um Infrastrukturprojekte als auch um Projekte, die nicht die Infrastruktur betrafen (siehe Anhang V). Ausgewählt wurden Projekte, zu denen sich der Hof in seinem vorangegangenen Bericht besonders kritisch geäußert hatte, sowie Projekte, die für die Stilllegung entscheidend sind. Zudem wurden Daten über die Verzögerungen und Kostenüberschreitungen bei 18 laufenden wichtigen Infrastrukturprojekten gesammelt (Anhang VI). 33 Darüber hinaus wurden nach Möglichkeit Beispiele für sich abzeichnende praktische Verbesserungen in den drei Mitgliedstaaten sowie für allgemein zukunftsorientiertes Denken ermittelt. Zu diesem Zweck wurde zusätzlich die Baustelle des weltweit ersten geologischen Tiefenlagers in Finnland besucht (siehe Anhang VII). 24 25 Sonderbericht Nr. 16/2011. Prüfungsumfang und Prüfungsansatz 34 Die Prüfungsarbeiten wurden im Zeitraum April 2015 bis April 2016 durchgeführt. 35 Die Prüfung erstreckte sich weder auf die Übereinstimmung der Projektausgaben mit fondsspezifischen Vorschriften noch auf Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge. Auch die radioaktive Sicherheit oder die Sicherheit der Anlagen wurden nicht bewertet, da dafür die einschlägigen nationalen Behörden zuständig sind. Keineswegs bestand die Absicht, Argumente für oder gegen die Kernenergie vorzubringen oder Schlussfolgerungen zum Energiemix in der EU zu ziehen; derlei Fragen sind nicht Gegenstand dieses Berichts. 25 Bemerkungen Seit 2011 wurden bei der Stilllegung Fortschritte erzielt, doch stehen kritische Herausforderungen bevor 36 Dieser Abschnitt enthält die Feststellungen des Hofes zu den Fortschritten, die seit 2011 bei der durch die Hilfsprogramme der EU unterstützten Stilllegung erzielt wurden, wobei insbesondere auf Verzögerungen bei wichtigen Infrastrukturprojekten eingegangen wird. In den nicht kontrollierten Bereichen wurden Fortschritte erzielt, aber die Stilllegungsarbeiten an den Reaktorgebäuden haben noch nicht begonnen, und die Infrastruktur für die Entsorgung radioaktiver Abfälle ist nur teilweise fertiggestellt 37 Für jedes der drei Kernkraftwerke prüfte der Hof – inwieweit die Abschaltung der Kernkraftwerke unumkehrbar ist; – die beim Rückbau der nicht kontrollierten Bereiche sowie der Kontrollbereiche erzielten Fortschritte; – die Verfügbarkeit der Infrastruktur für abgebrannte Brennelemente und Abfallentsorgung, die für die Stilllegungs- und Rückbautätigkeiten erforderlich ist. Den nationalen Behörden zufolge ist die Abschaltung der Kraftwerke jetzt unumkehrbar, aber die von der Kommission erwarteten Outputs wurden noch nicht erzielt 38 Im Jahr 2011 nannte die Kommission vier erwartete Outputs, die erzielt sein müssen, bevor die Abschaltung eines Kernkraftwerks als unumkehrbar betrachtet werden kann26. Tabelle 3 zeigt, inwieweit diese erwarteten Outputs nach Einschätzung des Hofes in Litauen, Bulgarien und der Slowakei erzielt wurden. 39 Den Behörden in Litauen, Bulgarien und der Slowakei zufolge ist die Abschaltung aufgrund der erzielten Fortschritte nun tatsächlich unumkehrbar, weil eine Wiederinbetriebnahme technisch nicht mehr durchführbar oder nicht kosteneffizient wäre27. 26 26 SEK(2011) 1387 endgültig vom 24. November 2011, Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen, Folgenabschätzung – Begleitunterlage zum Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Rates über die Unterstützung der Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen in Bulgarien, Litauen und der Slowakei durch die Union. 27 Laut den vom Betreiber des Kernkraftwerks Ignalina bereitgestellten Informationen erreichte Block 1 im Jahr 2007 den Status einer unumkehrbaren Abschaltung, als seine Betriebsgenehmigung geändert und die Bedingungen für die Durchführung der Stilllegungsarbeiten gebilligt wurden. Am 16. Juni 2014 wurde ein Gesetz aufgehoben, das die unumkehrbare Beendigung des Betriebs von Block 1 untersagte, bis die Finanzierung aller Arbeiten in Bezug auf die Stilllegungsphase der Anlage sichergestellt war. Die Genehmigung für Block 2 wurde in den Jahren 2012 und 2014 geändert. Der bulgarische Energieminister erklärte während einer Plenarsitzung des bulgarischen Parlaments am 6. Februar 2015, dass die Stilllegung der vier betroffenen Reaktorblöcke unumkehrbar sei. Nach Auffassung der slowakischen Behörden kommt die Erteilung der Stilllegungsgenehmigung dem Status der Unumkehrbarkeit gleich. 27 Tabelle 3 Bemerkungen Erzielung der erwarteten Outputs, die auf eine unumkehrbare Abschaltung der drei Kernkraftwerke hindeuten – Einschätzung des Europäischen Rechnungshofs zum 31. Dezember 2015 Erwartete Outputs Ignalina, Litauen Kosloduj, Bulgarien Bohunice, Slowakei 1. Aufrechterhaltung eines sicheren Zustands des abgeschalteten Kernkraftwerks bis zur vollständigen Entnahme des Brennstoffs Teilweise erzielt Sicherer Zustand wird aufrechterhalten. Brennstoff aus Reaktor 1 vollständig entnommen. Brennstoff aus Reaktor 2 noch nicht vollständig entnommen. Erzielt Brennstoff vollständig aus Reaktoren und Brennelement lagerbecken entnommen. Erzielt Brennstoff vollständig aus Reaktoren und Brennelementlagerbecken entnommen. 2. Vorliegen der Stilllegungsgenehmigung Nicht erzielt Genehmigung noch nicht erteilt. Teilweise erzielt Genehmigung für Blöcke 1-2 erteilt, für Blöcke 3-4 für das Jahr 2016 erwartet. Erzielt Genehmigung im Jahr 2015 erteilt. 3. Abschluss der technischen Planung für den Rückbau des Reaktorkerns/Primärkreislaufs Teilweise erzielt Technische Planung des Rückbaus noch nicht abgeschlossen, Studie im Gange (siehe Anhang V, Projekt 6). Teilweise erzielt Projekt zur technischen Planung des Rückbauprozesses befindet sich in der Phase der Auftragsvergabe. Teilweise erzielt Projekt zur technischen Planung des Rückbauprozesses ist noch im Gange (siehe Anhang V, Projekt 16). 4. Beginn des Reaktorgebäuderückbaus Teilweise erzielt Bislang nur unbedeutende Maßnahmen im Reaktorgebäude. Teilweise erzielt Bislang nur unbedeutende Maßnahmen im Reaktorgebäude. Teilweise erzielt Bislang nur unbedeutende Maßnahmen im Reaktorgebäude. Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage von Informationen der nationalen Behörden. 40 Ein erwarteter Output für die Beurteilung, ob der Prozess zur Stilllegung kerntechnischer Anlagen den Status der Unumkehrbarkeit erreicht hat, ist jedoch das Vorliegen einer Stilllegungsgenehmigung, die erforderlich ist, bevor Arbeiten im Kontrollbereich beginnen können. Während sowohl in Bulgarien als auch in der Slowakei seit 2011 die Betriebsgenehmigung für die betroffenen Kraftwerke in eine Stilllegungsgenehmigung geändert werden konnte, ist dies in Litauen nicht der Fall. – Für Ignalina in Litauen muss die Stilllegungsgenehmigung noch erteilt werden, was nun erst für 2022 vorgesehen ist, 10 Jahre später als ursprünglich geplant und 18 Jahre nachdem Block 1 die Stromerzeugung eingestellt hat. – Für Kosloduj in Bulgarien wurde am 27. November 2014 eine zehnjährige Stilllegungsgenehmigung für die ersten beiden Blöcke erteilt. Für die Blöcke 3 und 4 wird die Erteilung der Stilllegungsgenehmigung im Jahr 2016 erwartet. Für die Durchführung umfangreicher Rückbauarbeiten an den kritischen Reaktorsystemen und am Reaktor selbst könnten jedoch zusätzliche Genehmigungen erforderlich sein. – Bohunice in der Slowakei erhielt die aktuell gültige Stilllegungsgenehmigung am 23. Dezember 2014 und hat somit grünes Licht für den Beginn des Rückbauprozesses im Reaktorgebäude. Die Einleitung umfangreicher Rückbauarbeiten war im Stilllegungsplan erst für Ende 2015 vorgesehen. Diese Arbeiten haben noch nicht begonnen. 28 Bemerkungen Fortschritte beim Rückbau im nicht kontrollierten Bereich 41 Wie aus Tabelle 3 ersichtlich ist, wurden noch bei keinem der drei Kraftwerke die technische Planung für den Rückbau der Reaktorkerne bzw. Primärkreisläufe abgeschlossen oder mehr als unbedeutende Arbeiten im Reaktorgebäude durchgeführt. Somit stehen die kritischen Herausforderungen in Zusammenhang mit den Arbeiten im Kontrollbereich, einschließlich des Reaktorgebäudes, in allen drei Mitgliedstaaten noch bevor. 42 Abbildungen 8 und 9 Fortschritte wurden jedoch beim Rückbau im nicht kontrollierten Bereich erzielt. Seit dem vorangegangenen Bericht des Hofes ist an allen drei Standorten der Rückbau bestimmter wesentlicher Bauteile, wie der Turbinenhallen im nicht kontrollierten Bereich, vorangekommen (siehe Beispiel in den Abbildungen 8 und 9). In Litauen begann der Rückbau später als geplant, geht seit 2014 aber voran. Fotos, die den Fortschritt beim Rückbau der wesentlichen Bauteile in der Turbinenhalle des Kernkraftwerks Bohunice V1 in der Slowakei zeigen Abbildung 8 – Vor dem Rückbau Abbildung 9 – Nach dem Rückbau 2011: Turbinenhalle mit Turbinen 2015: Turbinenhalle ohne Turbinen © Javys. © Javys. Bemerkungen Zwar wurden Fortschritte bei der Infrastruktur für die Abfallentsorgung erzielt, doch Einrichtungen für die Endlagerung abgebrannter Brennelemente befinden sich erst in der Konzeptphase 43 Eine Genehmigung zur Fortsetzung des Stilllegungsprozesses wird nur erteilt, wenn es unter anderem angemessene Lösungen für die Abfallentsorgung gibt und die entsprechende Infrastruktur bereitsteht. Da die verschiedenen erzeugten Abfallarten unterschiedlich behandelt werden (siehe Tabelle 2), sind eine hinreichend vollständige Aufnahme des radiologischen Bestands und eine radiologische Charakterisierung der Einrichtung und des radioaktiven Abfalls erforderlich, um die Methoden und Techniken genau festlegen zu können, die für die Dekontaminierung, den Rückbau und die Zerlegung der Systeme und Gebäude notwendig sind, und um die geeignetsten Lösungen zur Abfallentsorgung auszuwählen. Seit der letzten Prüfung durch den Hof haben alle drei Mitgliedstaaten diesbezüglich Fortschritte erzielt. Obwohl im Allgemeinen alles wie in den Stilllegungsplänen vorgesehen verläuft, wurde noch für keines der drei Kraftwerke eine umfassende radiologische Charakterisierung der Reaktorgebäude erstellt. 44 Hinsichtlich des sehr schwach bis mittel radioaktiven Abfalls (siehe Tabelle 4) haben alle drei Mitgliedstaaten Fortschritte beim Bau der wichtigsten für die Abfallentsorgung erforderlichen Infrastruktur erzielt. Die bestehende Infrastruktur wird dem derzeitigen Bedarf in der gegenwärtigen Phase des Stilllegungsprozesses gerecht. Folglich besteht bei keinem der drei Kraftwerke ein unmittelbares Risiko, dass der Stilllegungsprozess wegen unzureichender Infrastrukturkapazitäten für die Abfallentsorgung ausgesetzt werden muss. Mehrere Projekte zur Behandlung von Abfällen mit höherer Radioaktivität oder künftig erhöhten Mengen unterliegen jedoch Verzögerungen, und einige befinden sich weiterhin in der Planungsphase (siehe Tabelle 4 und Ziffern 60-71). 45 Hoch radioaktive Abfälle kommen hauptsächlich in zwei Formen vor: abgebrannte Kernbrennstoffe für die Lagerung oder Abfallmaterialien, die nach der Wiederaufbereitung abgebrannter Kernbrennstoffe zurückbleiben. Im Allgemeinen machen abgebrannte Kernbrennstoffe 95 % der hoch radioaktiven Abfälle aus und weisen zwischen 95 % und 99 % der gesamten Radioaktivität des Kernkraftwerks auf. Sobald die abgebrannten Kernbrennstoffe aus dem Reaktor entfernt wurden (siehe Abbildung 10), werden sie entweder wiederaufbereitet oder für etwa 50 Jahre in einem Zwischenlager deponiert. 29 30 Tabelle 4 Bemerkungen Fortschritte beim Aufbau der Infrastruktur zur Entsorgung von sehr schwach bis mittel radioaktiven Abfällen, 2011 und 2015 2011 Ignalina, Litauen Kosloduj, Bulgarien 2015 Arbeiten am „Zwischenlager“ der Deponie für sehr schwach radioaktive Abfälle im Gange. Zwischenlager fertiggestellt und zu 80 % seiner derzeitigen Kapazitäten ausgelastet. Bau des oberirdischen Lagers noch nicht begonnen. Bau des oberirdischen Lagers noch nicht begonnen, weil sich das Ausschreibungsverfahren wegen Änderungen in der technischen Planung verzögert. Oberflächennahes Lager für kurzlebige schwach und mittel radioaktive Abfälle in der Planungsphase. Oberflächennahes Lager noch immer in der Planungsphase; Verzögerung um ein Jahr. Verzögerung von dreieinhalb Jahren bei der Anlage zur Behandlung und Lagerung langlebiger mittel radioaktiver Feststoffabfälle. Verzögerung von neun Jahren bei der Anlage zur Behandlung und Lagerung von Feststoffabfällen. Betriebsgenehmigung für 2018 geplant. Keine Möglichkeit zur Lagerung von Reaktorrückbauabfällen vorhanden, obwohl ein entsprechendes Projekt angelaufen ist. Nutzung bestehender Lager- und Aufbereitungsanlagen vor Ort, für künftige Stilllegungsarbeiten werden jedoch zusätzliche Lager- und Aufbereitungskapazitäten benötigt. Gemäß einer Schätzung des Inhabers der Stilllegungsgenehmigung, dem bulgarischen Staatsunternehmen für die Entsorgung radioaktiver Abfälle (State Enterprise Radioactive Waste Management – SERAW) sollten die Kapazitäten der bestehenden Zwischenlager für radioaktive Abfälle bis 2022 ausreichend sein. Verzögerung beim nationalen Endlager für schwach bis mittel radioaktive Nationales Endlager für schwach bis mittel radioaktive Abfälle, dem wichtigsten fehlenden Teil, um sechs Jahre. Erwartete FertigAbfälle sollte bis Ende 2015 errichtet sein. stellung im Jahr 2021 (siehe Ziffer 56). Bohunice, Slowakei Nutzung bestehender Lager und Aufbereitungsanlagen vor Ort. Zusätzliche Lager- und Aufbereitungskapazitäten für künftige Stilllegungsarbeiten benötigt. Laufendes Projekt zur Steigerung der Kapazitäten des nationalen Zwischenlagers für sehr schwach radioaktive Abfälle soll im Jahr 2018 abgeschlossen sein. Abbildung 10 Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage von Informationen der nationalen Behörden. Lagerbehälter für abgebrannte Brennelemente der Reaktoren des Typs WWER 440/230 © Javys. 31 Bemerkungen 46 Tabelle 5 Während die Entnahme des Brennstoffs in Bulgarien und der Slowakei vollständig abgeschlossen ist, enthält Block 2 in Litauen teilweise nach wie vor Brennstoff, und die Lagerbecken in Block 1 sind immer noch mit abgebrannten Kernbrennstoffen gefüllt. In Bulgarien und der Slowakei sind die abgebrannten Kernbrennstoffe immer noch als Material für eine potenzielle künftige Nutzung eingestuft, obwohl einiges davon unausweichlich der Endlagerung zugeführt werden muss. Tabelle 5 bietet einen Überblick über die Klassifizierung der abgebrannten Kernbrennstoffe, ihren derzeitigen Lagerort und die Art ihrer Lagerung sowie den Status der Infrastruktur für die Zwischenlagerung der abgebrannten Kernbrennstoffe. Überblick über Lagerung und Klassifizierung der abgebrannten Kernbrennstoffe Brennstoff Brennstoff vollständig aus vollständig aus Reaktorkern und Reaktorkern Lagerbecken entnommen? entnommen? Ignalina, Litauen Klassifizierung der abgebrannten Kernbrennstoffe Derzeitiger Standort der abgebrannten Kernbrennstoffe Endlager für abgebrannte Kernbrennstoffe verfügbar? Im Reaktorbecken von Block 1 und im Trockenzwischenlager für abgebrannte Brennelemente vor Ort Nein Block 1 Ja Nein Hoch radioaktiver Abfall Block 2 Nein Nein Hoch radioaktiver Abfall Im Reaktorkern und in den Reaktorbecken von Block 2 Nein Trocken- und Nasszwischenlager für abgebrannte Brenn elemente vor Ort, teilweise Verbringung nach Russland Nein Nasszwischenlager für abgebrannte Brennelemente vor Ort Nein Kosloduj, Bulgarien Ja Ja Material für potenzielle künftige Nutzung Bohunice V1, Slowakei Ja Ja Material für potenzielle künftige Nutzung Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage von Informationen der nationalen Behörden. 47 Tabelle 6 bietet einen Überblick über die seit 2011 bei der Infrastruktur für die Zwischenlagerung von abgebrannten Kernbrennstoffen erzielten Fortschritte. Insbesondere in Litauen wurden die Fortschritte durch Verzögerungen beim Bau der Zwischenlager für abgebrannte Brennelemente gebremst. 32 Tabelle 6 Bemerkungen Fortschritte bei der Infrastruktur für die Zwischenlagerung von abgebrannten Kernbrennstoffen, 2011 und 2015 2011 2015 Ignalina, Litauen Der Brennstoff konnte erst vollständig aus den Blöcken entnommen werden, als das Zwischenlager für abgebrannte Brennelemente betriebsbereit war, aber dieses Projekt lag im Zeitplan vier Jahre zurück. Der Bau des Zwischenlagers für abgebrannte Brennelemente verzögerte sich um weitere sechs Jahre und liegt somit bezogen auf den Plan über die endgültige Stilllegung von 2005 um 10 Jahre hinter dem Zeitplan. Seine Fertigstellung ist eine Voraussetzung für die Erteilung einer Stilllegungsgenehmigung. Kosloduj, Bulgarien Erhebliche Verzögerungen und Budgetüberschreitungen mit Auswirkungen auf die technische Planung und den Bau eines Trockenzwischenlagers für Behälter mit abgebrannten Brennelementen. Die Übernahmebescheinigung wurde im März 2013 ausgestellt, und bis 2015 wurden sechs der geplanten 34 befüllten Behälter eingelagert. Am 29. Januar 2016 wurde eine zehnjährige Betriebsgenehmigung für das Lager erteilt. Ein Nasszwischenlager für abgebrannte Brennelemente ist vorhanden. Abgebrannte Brennelemente aus dem Kernkraftwerk V1 werden im Zwischenlager vor Ort gelagert. Die Lagerkapazität wird bis 2024 ausreichen, wenn abgebrannte Kernbrennstoffe aus anderen Kraftwerken einbezogen werden. Da über die Endlagerung nicht entschieden ist, bestehen Pläne für den Bau eines Trockenzwischenlagers für abgebrannte Brennelemente. Bohunice, Slowakei Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage von Informationen der nationalen Behörden. 48 Die Zwischenlagerung von abgebrannten Kernbrennstoffen ist eine Übergangslösung vor der Endlagerung. Die Endlagerung in einem geologischen Tiefenlager, normalerweise mindestens mehrere Hundert Meter unter der Oberfläche, gilt allgemein als die bevorzugte Option für die Lagerung hoch radioaktiver Abfälle (siehe Beispiel in Anhang VII). Grundsätzlich sollte jedes Land mit einem Nuklearprogramm ein Programm zum Bau eines adäquaten Endlagers ausarbeiten28. Einige Länder könnten jedoch geringe Mengen an radioaktivem Abfall produzieren, über begrenzte finanzielle Mittel oder nicht über die geeigneten geologischen Voraussetzungen verfügen29. Wie aus Tabelle 5 hervorgeht, hat nicht einer der drei betroffenen Mitgliedstaaten derzeit Zugang zu einem entsprechenden Endlager. Andere EU-Mitgliedstaaten stehen vor den gleichen Herausforderungen. 49 Für den Zugang zu einem Endlager könnte durch multinationale Zusammenarbeit gesorgt werden. Mit einem „multinationalen Lager“ wird Abfall aus mehreren Ländern in einem gemeinsamen Endlager entsorgt. Handelt es sich bei den beteiligten Ländern um Nachbarländer, wird das Endlager oftmals als „regionales Lager“30 bezeichnet. 28IAEO, Developing multinational radioactive waste repositories: Infrastructural framework and scenarios for cooperation (Entwicklung multinationaler Lager für radioaktive Abfälle: Infrastrukturelle Rahmenbedingungen und Szenarien für die Zusammenarbeit), Oktober 2004. IAEO, Gemeinsames Übereinkommen über die Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente und über die Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfälle. 29IAEO, Developing multinational radioactive waste repositories: Infrastructural framework and scenarios for cooperation (Entwicklung multinationaler Lager für radioaktive Abfälle: Infrastrukturelle Rahmenbedingungen und Szenarien für die Zusammenarbeit), Oktober 2004. IAEO, Gemeinsames Übereinkommen über die Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente und über die Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfälle. 30IAEO, Developing multinational radioactive waste repositories: Infrastructural framework and Bemerkungen 50 In der EU-Richtlinie über radioaktive Abfälle wird die Möglichkeit einer regionalen Zusammenarbeit in diesem Bereich eröffnet und ausdrücklich erwähnt, dass „einige Mitgliedstaaten […] die gemeinsame Nutzung von Anlagen zur Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle, einschließlich Endlagern, als eine potenziell nützliche, sichere und kostengünstige Option [ansehen]“31. Der Import von Nuklearabfällen wird jedoch in einigen Mitgliedstaaten durch deren einzelstaatliche Rechtsvorschriften eingeschränkt. Zum Beispiel: –In Litauen ist die Einfuhr radioaktiver Abfälle und abgebrannter Kernbrennstoffe verboten, ausgenommen a) die Durchfuhr radioaktiver Abfälle und abgebrannter Kernbrennstoffe durch Litauen und b) die Wiedereinfuhr radioaktiver Abfälle und abgebrannter Brennelemente, die im Ausland wiederaufbereitet wurden32. –In Bulgarien ist Einfuhr radioaktiver Abfälle verboten, ausgenommen a) bei der Wiedereinfuhr versiegelter gebrauchter Quellen von in Bulgarien erzeugter ionisierender Strahlung und b) radioaktive Abfälle, die im Rahmen einer Dienstleistung für Bulgarien wiederaufbereitet wurden33. – In der Slowakei ist die Einfuhr radioaktiver Abfälle verboten, ausgenommen a) der Transport durch das Land und b) Einfuhren radioaktiver Abfälle zur Wiederaufbereitung und Weiterbehandlung34. 51 In der gesamten EU befindet sich derzeit nur ein geologisches Tiefenlager im Bau, und zwar in Finnland (siehe Anhang VII). Von der Verabschiedung des ersten Beschlusses der finnischen Regierung über den Umsetzungszeitplan und dem Beginn der Standortsuche im Jahr 1983 werden fast 40 Jahre vergangen sein, bevor mit der Endlagerung begonnen werden kann (der Zeitplan des Projekts ist Abbildung 11 zu entnehmen). Mit der Lagerung abgebrannter Brennelemente soll laut Plan in den frühen 2020er-Jahren begonnen werden. 33 scenarios for cooperation (Entwicklung multinationaler Lager für radioaktive Abfälle: Infrastrukturelle Rahmenbedingungen und Szenarien für die Zusammenarbeit), Oktober 2004, S. 5. 31 Siehe Erwägungsgrund 33 der Richtlinie 2011/70/Euratom des Rates. Zu den Einfuhr- und Ausfuhrbedingungen siehe Artikel 4 Absatz 4 der Richtlinie über radioaktive Abfälle und Richtlinie 2006/117/Euratom des Rates vom 20. November 2006 über die Überwachung und Kontrolle der Verbringungen radioaktiver Abfälle und abgebrannter Brennelemente (ABl. L 337 vom 5.12.2006, S. 21). 32 Siehe Artikel 24 des litauischen Gesetzes Nr. VIII-1190 vom 20. Mai 1999 über die Behandlung radioaktiver Abfälle. 33 Siehe Artikel 17 des bulgarischen Gesetzes über die sichere Nutzung der Kernenergie (zuletzt geändert am 28. November 2014). 34 Siehe das slowakische Gesetz 541/2004 Slg. über die friedliche Nutzung der Kernenergie, Art. 21 „Einfuhren radioaktiver Abfälle“. 34 Abbildung 11 Bemerkungen Zeitlicher Ablauf beim geologischen Tiefenlager in Finnland ZEITRAHMEN – ENDLAGERUNG Wahl von Olkiluoto als Standort für das Endlager Beginn der geologischen Erkundung für das Endlager 2015 2012 Standortcharakterisierung 2001 Beginn der Lagerung Anfang der 2020er-Jahre Antrag auf Betriebsgenehmigung Baugenehmigung Antrag auf Baugenehmigung 1983 1978 Bau des Endlagers Bau von Onkalo und Einleitung der Studien zur Standortbestätigung in Olkiluoto Vorbetriebliche Prüfung und Beauftragung Grundsatzentscheidung der Regierung und des Parlaments Regierungsbeschluss zum Gesamtzeitplan © Posiva Oy. 52 Andere Mitgliedstaaten, die derzeit ebenfalls geologische Tiefenlager vorbereiten, befinden sich in unterschiedlichen Phasen dieses Zeitablaufs. –In Schweden prüft die schwedische Strahlenschutzbehörde derzeit einen Antrag für den Bau eines geologischen Tiefenlagers am ausgewählten Standort Forsmark. Die Fertigstellung des Baus und die Inbetriebnahme sollen im Jahr 2028 erfolgen35. –In Frankreich könnte im Jahr 2017 bzw. 2018 ein Bauantrag eingereicht werden. Der Pilotbetrieb soll zwischen 2025 und 2035 stattfinden, und die kommerzielle Nutzung soll nach 2035 beginnen36. 35 SWD(2016) 102 final vom 4. April 2016, Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen, Begleitunterlage zur Mitteilung der Kommission „Hinweisendes Nuklearprogramm – Vorlage gemäß Artikel 40 des Euratom-Vertrags zur Stellungnahme durch den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss“, S. 30. 36 http://www.developpementdurable.gouv.fr/Calendrier-duprojet.html. Bemerkungen –In Deutschland wurde die „Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe“ beauftragt, bis Ende 2016 zur Vorbereitung des Standortauswahlprozesses einen Bericht zu erarbeiten. Eine Entscheidung nach deutschem Recht über die Standortauswahl sollte bis zum Jahr 2031 ergehen. Die Endlagerung könnte frühestens zwischen 2045 und 2050 beginnen37. 53 Gemäß der Richtlinie der EU über radioaktive Abfälle aus dem Jahr 2011 mussten die Mitgliedstaaten ihre nationalen Programme, einschließlich ihrer Pläne für die Endlagerung, bis August 2015 aufstellen. Die Kommission ist ihrer Verpflichtung, dem Parlament und dem Rat über die Umsetzung dieser Richtlinie Bericht zu erstatten, noch nicht nachgekommen38. 54 Der Hof untersuchte die jeweiligen nationalen Programme der drei Mitgliedstaaten und kam zu dem Schluss, dass die Gespräche über potenzielle Lösungen für die Endlagerung in Litauen, Bulgarien und der Slowakei soeben erst begonnen haben und es sich somit noch um Grundsatzdebatten handelt. 55 Im nationalen Programm Bulgariens sind drei Optionen für die Behandlung des hoch radioaktiven Abfalls, einschließlich der abgebrannten Brennelemente, aufgeführt: – Wiederaufbereitung in anderen Ländern; – Beteiligung an regionalen oder internationalen Lösungen zur Endlagerung, ohne die Umsetzung des nationalen Programms zu gefährden; – Endlagerung des hoch radioaktiven Abfalls in Bulgarien. Die während der Prüfung befragten bulgarischen Behörden brachten aufgrund von Bedenken in Bezug auf die geringen Kernenergiekapazitäten des Landes, seine geologischen und klimatischen Bedingungen, die Rechtsvorschriften, die öffentliche Meinung, die finanzielle Leistungsfähigkeit und die Menge an hoch radioaktivem Abfall zum Ausdruck, dass die zweite, regionale Option bevorzugt wird. Eine endgültige Entscheidung für eine dieser Optionen soll bis 2030 gefällt werden. Als Übergangslösung sieht das nationale Programm den Bau eines Zwischenlagers vor. 35 37 Prozesswege zu einer sicheren Lagerung hoch radioaktiver Abfälle unter Aspekten der Rückholbarkeit/Bergbarkeit/ Reversibilität, Papier der Vorsitzenden unter Einbeziehung von Kommentaren weiterer Mitglieder der AG 3, online: www.endlagerbericht.de, eingesehen am 11. April 2016, S. 4. 38 Artikel 14 Absatz 1 der Richtlinie 2011/70/Euratom des Rates. Bemerkungen 56 In Litauen soll dem im Dezember 2015 verabschiedeten nationalen Programm zufolge ein Endlager gebaut werden. Dennoch äußerten die befragten litauischen Behörden die gleichen Bedenken wie die bulgarischen Behörden und sprachen sich ebenfalls für ein regionales Konzept aus. 57 In der Slowakei bestehen gemäß dem nationalen Programm zwei Optionen: – Endlagerung in einem geologischen Tiefenlager in der Slowakei, für das im Programm eine Kostenschätzung enthalten ist; – Begleitung und Unterstützung des Baus eines internationalen Endlagers. 58 Keiner der drei Mitgliedstaaten gab an, welche Region oder welche Länder für eine potenzielle regionale Lösung oder eine andere EU-interne Lösung in Betracht kämen. Bei nahezu allen wichtigen Projekten zur Schaffung der Stilllegungsinfrastruktur sind Verzögerungen aufgetreten 59 Um die seit 2011 bei der Stilllegung erzielten Fortschritte zu ermitteln, sammelte der Hof Daten zu einer Stichprobe von 18 für die Stilllegung wichtigen Infrastruktur- und Unterstützungsprojekten in jedem der drei Mitgliedstaaten, die im Rahmen der Hilfsprogramme der EU finanziert werden (siehe Anhang VI)39. 60 Bei fast allen wichtigen Projekten zur Schaffung der Stilllegungsinfrastruktur aus der Stichprobe traten zwischen 2011 und 2015 Verzögerungen auf. Wie aus Anhang VI ersichtlich ist, waren die Verzögerungen bei den Projekten vom Beginn der Umsetzung bis Ende 2015 auf bis zu 10 Jahre angewachsen. Diese Verzögerungen sind einer der Hauptgründe dafür, dass Litauen den Abschlusstermin für die endgültige Stilllegung seit dem vorangegangenen Bericht des Hofes im Jahr 2011 um weitere neun Jahre verschoben hat. Der Abschlusstermin für die Stilllegung in Litauen ist nun das Jahr 2038. 36 39 Auf diese 18 Projekte entfallen 587 Millionen Euro der EU-Beteiligung an Stilllegungsmaßnahmen bzw. rund 37 % der seit 2011 vertraglich vereinbarten EU-Finanzierung (mit Ausnahme der Abschwächungsmaßnahmen). 37 Bemerkungen 61 Abbildung 12 In Bezug auf Litauen wurde im Bericht des Hofes aus dem Jahr 2011 darauf hingewiesen, dass die Umsetzung des Projekts zum Bau eines Zwischenlagers für abgebrannte Brennelemente (siehe Abbildung 12), wie in Tabelle 6 angegeben, mehr als vier Jahre hinter dem Zeitplan lag. Seitdem sind weitere sechs Jahre hinzugekommen. Das Projekt kam zwischen 2011 und 2014 besonders langsam voran. Erst Anfang 2013 wurden Beschlüsse gefasst, um eine Kehrtwende einzuleiten. Die Verzögerungen bei diesem Projekt haben eine Entnahme des Brennstoffs aus dem Reaktor verhindert (siehe Projekt 1 in Anhang V). Zwischenlager für abgebrannte Brennelemente im Kernkraftwerk Ignalina, Litauen © INPP. 62 Ein weiteres Schlüsselprojekt in Litauen, die Anlage für die Behandlung und Lagerung fester Abfälle, ist seit der letzten Prüfung durch den Hof um weitere fünf Jahre hinter den Zeitplan zurückgefallen, was insgesamt eine Verzögerung von neun Jahren bedeutet. Die damit verbundenen wirtschaftlichen Streitigkeiten mit dem Auftragnehmer wurden beigelegt und über das Hilfsprogramm der EU Entschädigungszahlungen in Höhe von 55 Millionen Euro geleistet. Für zu erwartende Risiken sind weitere 17,9 Millionen Euro vorgesehen. 63 Zu den wichtigsten Gründen für die Verzögerungen in Litauen zählten Vertragsstreitigkeiten, unzulängliche Informationen über die Bauweise des Kraftwerks, unvollständige Daten über die Anlage und über die abgebrannten Brennelemente sowie eine unzureichende Koordinierung und Überwachung der Arbeit der Unterauftragnehmer. © INPP. Bemerkungen 64 Verzögerungen bei den Projekten traten zwar auch in Bulgarien und der Slowakei auf, führten jedoch nicht zu einer Verschiebung des geplanten Abschlusstermins für die Stilllegung. In der Slowakei ist als Abschlusstermin weiterhin das Jahr 2025 vorgesehen. In Bulgarien wurde dieser Termin sogar um fünf Jahre vorverlegt, und zwar von 2035 auf 2030. Dies hängt allerdings mit der nationalen Strategie zur Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle von 2011 zusammen, in der im Hinblick auf den Endzustand offiziell zugunsten der Option „Brachfläche“ und somit gegen die zeitaufwendigere Option „grüne Wiese“ entschieden wurde. 65 Als Beispiele für Verzögerungen bei den Projekten in Bulgarien lassen sich nennen: Abbildung 13 – Der Bau einer wichtigen Anlage zur Entsorgung radioaktiver Abfälle, des nationalen Endlagers für schwach und mittel radioaktive Abfälle, sollte 2015 fertiggestellt werden (siehe Tabelle 4 und Abbildung 13). Der geplante Ablauf hat sich jedoch – hauptsächlich wegen der Ablehnung der Umweltverträglichkeitsprüfung, die wieder aufgenommen werden musste und noch im Gange ist – um sechs Jahre verzögert. Die Frist für die Fertigstellung dieser Anlage ist nun das Jahr 2021 (siehe Projekt 11 in Anhang V). Vorgesehener Standort für das nationale Endlager für schwach und mittel radioaktive Abfälle in Bulgarien © SERAW. – Der Bau der Plasmaschmelzanlage, einer Anlage zur Behandlung und Konditionierung von Feststoffabfällen mit einem hohen Volumenreduktionsfaktor, liegt fast fünf Jahre hinter dem Zeitplan. Diese Verzögerungen entstanden durch Probleme bei der Festlegung neuartiger technischer Lösungen, Änderungen des Rechtsrahmens, die zu drei Überarbeitungen der Anlagenauslegung führten, und die Anfechtung der Umweltverträglichkeitsprüfung. Am 14. Mai 2015 wurde eine Baugenehmigung erteilt, und die Fertigstellung ist nun für Juni 2017 vorgesehen (siehe Abbildung 14 und Projekt 11 in Anhang V). 38 Abbildung 14 Bemerkungen Vorbereitungsarbeiten für die Errichtung der Plasmaschmelzanlage © SERAW. 66 Abbildung 15 In der Slowakei war die Vollendung des Projekts zur Dekontaminierung des Primärkreislaufs (siehe Abbildung 15), das abgeschlossen sein muss, bevor das Herzstück des Reaktorgebäudes zurückgebaut werden kann, ursprünglich für das Jahr 2014 vorgesehen. Da mehrere technische Probleme nach wie vor ungelöst sind, war der Termin für die endgültige Fertigstellung des Projekts Ende Januar 2016 immer noch unbekannt, und auch die Auswirkungen dieser Verzögerung auf die Kosten und den Zeitplan für die Stilllegungsarbeiten insgesamt waren noch nicht absehbar (siehe Projekt 16 in Anhang V). Ein Reaktor des Typs WWER 440/230 und die wichtigsten Komponenten des primären Kühlkreislaufs © Javys. 39 40 Bemerkungen 67 Die oben aufgeführten Beispiele zeigen, dass die in den drei Mitgliedstaaten aufgetretenen Verzögerungen verschiedene Ursachen hatten. Dazu zählen – Probleme bei der Festlegung und Umsetzung neuartiger technischer Lösungen; – unvollständige historische Betriebsdaten und unzulängliche Informationen über die Bauweise des Kraftwerks; – unvollständiges Bestandsverzeichnis und/oder unvollständige Charakterisierung der Abfälle, insbesondere in Bezug auf die Reaktorgebäude. 68 In einigen Fällen wurde der Projektfortschritt dadurch beeinträchtigt, dass Pläne grundlegend angepasst oder Projekte sogar vollständig eingestellt werden mussten, obwohl die entsprechenden Vorschläge bereits mehrere Prüfungsrunden durchlaufen hatten. Dies lässt darauf schließen, dass sich die Auswahl und Konzeption der Projekte schwierig gestaltete. Zudem ist dies ein Indiz für die Herausforderungen, vor denen die Ministerien, die nationalen Behörden und die Endbegünstigten stehen, wenn sich die Stilllegungsarbeiten der kritischen Phase des Rückbaus der Reaktorgebäude nähern, die spezifisches Fachwissen und Erfahrung erfordern, um Gebäudeteile und Komponenten aus dem Kontrollbereich abzubauen, zu bewegen und zu lagern. 69 Tabelle 7 Gleichzeitig stützten sich insbesondere die Inhaber der Stilllegungsgenehmigungen auf externe Sachverständige wie Berater, Ingenieure und Rechtsanwälte (zu den Kosten für externe Sachverständige siehe Tabelle 7). Der Einsatz externer Sachverständiger ist in den Regeln der EBWE zwar vorgeschrieben und war für die Planung sowie die frühen Phasen der Umsetzung unverzichtbar, sollte jedoch im Lauf der Jahre zurückgehen, wenn das entsprechende Wissen an lokale Mitarbeiter weitergegeben wird. Kosten für externe Sachverständige in den Jahren 2001-2015 und deren prozentualer Anteil an der EU-Unterstützung für Stilllegungsarbeiten Ignalina, Litauen 2001-2016 Kosloduj, Bulgarien 2001-20151 Bohunice, Slowakei 2003-2016 Millionen Euro % der EU-Unterstützung Millionen Euro % der EU-Unterstützung Millionen Euro % der EU-Unterstützung 75 9 99 20 45 9 1 Die Zahlen für Bulgarien umfassen einen von 2016 bis 2019 laufenden Vertrag für die Projektverwaltungseinheit. Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage von Projektdaten, die von den Durchführungsstellen bereitgestellt und aus Kontrollberichten über Projekte zur Stilllegung kerntechnischer Anlagen entnommen wurden. Bemerkungen 70 Zudem besteht ein Risiko dadurch, dass es in der ganzen EU zu wenig qualifizierte, erfahrene Ingenieure gibt. Dies macht sich besonders in Litauen bemerkbar, das sich beim Rückbau seines Reaktors vom Typ RBMK – der erste Reaktor dieses Typs, der stillgelegt werden soll (siehe Ziffer 2) – nicht auf internationale Erfahrung stützen kann40. 71 Die drei Mitgliedstaaten wollen ihre technischen Kompetenzen ausbauen und den Wissensaustausch verbessern. Zum Beispiel: –In Bulgarien wurden im April 2013 die zwei Projektverwaltungseinheiten, die für die Stilllegung und den Bau des nationalen Endlagers für schwach bis mittel radioaktive Abfälle zuständig sind, zusammengelegt und in das bulgarische Staatsunternehmen für die Entsorgung radioaktiver Abfälle (SERAW) eingegliedert, das Inhaber der Stilllegungsgenehmigung ist. Das externe Beratungsunternehmen, das diese integrierte Projektverwaltungseinheit unterstützt, ist in die Organisationsstruktur von SERAW eingebunden. Die vor Ort tätigen Mitarbeiter des externen Beratungsunternehmens arbeiten bei jedem Projekt paarweise mit ihren SERAW-Kollegen zusammen. Die Entscheidungsbefugnis liegt letztlich beim Leiter der Projektverwaltungseinheit, der ein lokaler Mitarbeiter von SERAW ist. Dies führte zu mehr Eigenverantwortung. – In der Slowakei wurde vom slowakischen Staatsunternehmen für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen und die Entsorgung radioaktiver Abfälle, JAVYS a.s., im März 2015 ein zweitägiges Seminar für den Wissensaustausch mit Vertretern der Kernkraftwerke Ignalina, Bohunice und Kosloduj, der EBWE, der Europäischen Kommission und des slowakischen Wirtschaftsministeriums veranstaltet. 41 40 Die Europäische Kommission wies in ihrem Bericht Putting into perspective the supply of and demand for nuclear experts by 2020 within the EU-27 Nuclear Energy Sector (Gegenüberstellung der bis 2020 im Kernkraftsektor der EU-27 verfügbaren und benötigten Atomsachverständigen) aus dem Jahr 2012 auf den Mangel an qualifizierten Ingenieuren hin. Bemerkungen Die geschätzten Stilllegungskosten belaufen sich auf mindestens 5,7 Milliarden Euro bzw. das Doppelte, wenn die Kosten für die Endlagerung ebenfalls berücksichtigt werden 72 In seinem vorangegangenen Bericht stellte der Hof fest, dass alle drei nationalen Stilllegungspläne und die darin enthaltenen Kostenschätzungen unvollständig waren. Es wurden erhebliche Finanzierungslücken aufgezeigt. Bei der aktuellen Prüfung wurde untersucht, wie sich die Stilllegungskosten und der Umfang der verfügbaren Finanzierung entwickelt haben, sowohl auf Unionsebene als auch auf nationaler Ebene. Ferner versuchte der Hof die Höhe der Kosten (Endlagerung eingeschlossen) zu schätzen, die auf die drei Mitgliedstaaten insgesamt zukommen, und er analysierte, wie Verbindlichkeiten für zukünftige Kosten erfasst werden. Die geschätzten Gesamtkosten der Stilllegung haben sich seit 2010 um 40 % auf 5,7 Milliarden Euro erhöht 73 In seinem vorangegangenen Bericht empfahl der Hof, eine umfassende Bewertung der mit der Stilllegung kerntechnischer Anlagen verbundenen Kosten vorzunehmen. Im Jahr 2014 brachten die Mitgliedstaaten die Kostenschätzungen für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen in den endgültigen Stilllegungsplänen, die sie der Kommission zuvor übermittelt hatten, auf den neuesten Stand. Die Slowakei nahm im Jahr 2015 weitere geringfügige Änderungen vor. In diesen Aktualisierungen, die ein vollständigeres Bild liefern sollten, fielen die Kostenschätzungen um 40 % höher aus (Anstieg von 4,1 Milliarden Euro im Jahr 2010 auf 5,7 Milliarden Euro im Jahr 2015). Besonders gravierend war der Kostenanstieg zwischen 2010 und 2011 (siehe Abbildung 16). Zwischen den drei Mitgliedstaaten bestanden erhebliche Unterschiede. Zu diesem Anstieg der geschätzten Kosten trug vor allem Litauen mit einer Erhöhung um 67 % zwischen 2010 und 2015 bei. Im gleichen Zeitraum erhöhte sich die Kostenschätzung für Bohunice in der Slowakei ebenfalls um 30 %. Die Kostenschätzung für Kosloduj in Bulgarien blieb weitgehend unverändert. Nach einem anfänglichen Anstieg im Jahr 2011 wurden die Kosten nach der Entscheidung über die Vorverlegung des Termins um 136 Millionen Euro niedriger geschätzt (siehe Ziffer 64). 74 Seit 2011 haben alle drei Mitgliedstaaten ihren Ansatz zur Schätzung der Kosten von Tätigkeiten zur Stilllegung kerntechnischer Anlagen in ihren endgültigen Stilllegungsplänen verbessert. Sie verwenden nun die neueste Methode, die als International Structure for Decommissioning Costing of Nuclear Installations (Internationales Konzept für die Berechnung der Stilllegungskosten kerntechnischer Anlagen) bekannt ist41. Unsicherheit besteht jedoch weiterhin hinsichtlich der vollständigen Liste der Tätigkeiten und der Kosten, die beim Rückbau der verschiedenen Reaktorgebäude anfallen, insbesondere weil noch an keinem der Standorte eine umfassende Bestandsaufnahme und eine radiologische Charakterisierung des Kontrollbereichs abgeschlossen wurden (siehe Ziffer 32). 42 41 Von der Europäischen Kommission, der IAEO und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gemeinsam entwickelt, um eine größere Harmonisierung bei der Berechnung der Kosten für Tätigkeiten zur Stilllegung kerntechnischer Anlagen zu erreichen. 43 Abbildung 16 Bemerkungen Geschätzte Stilllegungskosten für den Zeitraum 2010-2015 Millionen Euro 3 500 3 376 2 930 3 000 2 500 Ignalina, Litauen Bohunice, Slowakei 1 500 1 118 1 000 500 Kosloduj, Bulgarien 2 019 2 000 950 2010 1 243 1 239 1 146 1 107 2011 2012 2013 2014 2015 Quelle: Zahlen für 2010: Endgültige Stilllegungspläne. Zahlen für 2011: Aktualisierte Schätzungen, die dem Ausschuss für das Hilfsprogramm für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen in der Sitzung im März 2011 vorgelegt wurden. Zahlen für 2015: Aktualisierte endgültige Stilllegungspläne, Jahresarbeitsprogramme 2015 und für die Slowakei – aufgrund der Aktualisierung – der Entwurf des Jahresarbeitsprogramms 2016. Die Mitgliedstaaten, insbesondere Litauen, stehen vor finanziellen Herausforderungen 75 Für alle drei Mitgliedstaaten verglich der Hof die Kostenschätzungen und die verfügbaren Finanzmittel, die im Rahmen der vorangegangenen Prüfung ermittelt wurden, mit den jüngsten Zahlen, die zum Zeitpunkt dieser Prüfung zur Verfügung standen. Derzeit ist die EU-Finanzierung von Stilllegungstätigkeiten bis zum Jahr 2020 sichergestellt. Die auf nationaler und EU-Ebene verfügbaren Finanzmittel von 4,0 Milliarden Euro reichen jedoch für die Deckung der geschätzten Gesamtkosten in Höhe von 5,7 Milliarden Euro nicht aus, wobei die Kosten für die Endlagerung nicht eingerechnet sind (siehe Tabelle 8 und Abbildung 17). Somit besteht bis zum Abschluss des Stilllegungsprozesses eine Finanzierungslücke von 1,7 Milliarden Euro. Mit 93 % ist die Finanzierungslücke in Litauen am größten. 44 Tabelle 8 Bemerkungen Geschätzte Gesamtkosten der Stilllegung und Finanzierungslücke, 2011 und 2015 (Millionen Euro) Ignalina, Litauen Kosloduj, Bulgarien Bohunice, Slowakei Insgesamt 2011 2015 2011 2015 2011 2015 2011 2015 2 930 3 376 1 243 1 107 1 146 1 239 5 319 5 722 83 262 171 348 231 476 485 1 086 Zugewiesene EU-Finanzmittel 1 367 1 553 493 731 489 671 2 349 2 955 Finanzierungslücke 1 480 1 561 579 28 426 92 2 485 1 681 Geschätzte Kosten Zugewiesene nationale Finanzmittel1 1Die zugewiesenen nationalen Finanzmittel können sich aus speziellen Stilllegungsfonds, gebundenen öffentlichen Ausgaben oder anderen nationalen Quellen zusammensetzen. Abbildung 17 Quelle: 2011: Aktualisierte Schätzungen, die dem Ausschuss für das Hilfsprogramm für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen in der Sitzung im März 2011 vorgelegt wurden. 2015: Behörden der Mitgliedstaaten, aktualisierte endgültige Stilllegungspläne, Jahresarbeitsprogramme 2015 und für die Slowakei – aufgrund der Aktualisierung – der Entwurf des Jahresarbeitsprogramms 2016. Veranschaulichung der in den drei Mitgliedstaaten in den Jahren 2011 und 2015 bestehenden Finanzierungslücken Millionen Euro 3 000 46 % 2 000 51 % 7% 3% 1 000 47 % 37 % 2015 Ignalina, Litauen Quelle: Auf der Grundlage von Tabelle 8. 2011 2015 Kosloduj, Bulgarien 2011 EU-Finanzierung Finanzierungslücke 0 2011 Nationale Finanzierung 2015 Bohunice, Slowakei Bemerkungen In Litauen sind die Kostensteigerungen und die Finanzierungslücke erheblich 76 Litauen schätzte die gesamten Stilllegungskosten im Jahr 2015 auf 3,4 Milliarden Euro, die damit gegenüber 2011 um 15 %, aber gegenüber 2010 um 67 % angestiegen sind. Die litauischen Behörden führten diesen Anstieg auf Lohnkosten, die Verschiebung des Abschlusstermins für die Stilllegung und Kostenüberschreitungen bei wichtigen Projekten zur Schaffung der Stilllegungsinfrastruktur zurück. Die Kategorie „Inflationskosten“ machte 26 % der verbleibenden Stilllegungskosten bis 2038 bzw. 695 Millionen Euro aus. Diese Berechnung beruhte auf einer geschätzten jährlichen Inflationsrate von 3 %. Als die Berechnung vorgenommen wurde, setzte die Zentralbank der Republik Litauen die geschätzte durchschnittliche Inflationsrate für 2015, in der die Jahre 2013 und 2014 berücksichtigt sind, jedoch bei 1,5 % an. 77 Nach Auffassung des Hofes ist das Ausmaß der Kostensteigerung auch ein Indiz für eine unzulängliche ursprüngliche Planung. Die Aktualisierung des endgültigen Stilllegungsplans im Jahr 2014 umfasste zum Beispiel 15 Stilllegungsmaßnahmen, die zuvor nicht berücksichtigt worden waren und deren Gesamtkosten auf 318 Millionen Euro geschätzt wurden. 78 Der Hof analysierte wichtige Infrastrukturprojekte in Litauen vom Beginn ihrer Umsetzung bis Ende 2015 und fand dabei bestätigt, dass bei solchen Projekten größere Kostenüberschreitungen vorlagen (siehe Anhang VI). Diese zusätzlichen Kosten wurden zum Teil durch Verzögerungen bei der Umsetzung der Projekte verursacht. So wirkte sich etwa die Verzögerung bei der Umsetzung des Projekts zum Bau eines Zwischenlagers für abgebrannte Brennelemente auf den Fortschritt bei der Entnahme des Brennstoffs aus dem Reaktor aus und verursachte bis Ende 2014 zusätzliche Instandhaltungskosten von mehr als 61,3 Millionen Euro (siehe Ziffer 61). Außerdem trug sie zur Verschiebung des Abschlusstermins für die Stilllegung bei. 79 Bis der Brennstoff aus dem Reaktor entfernt ist, ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass der Personalbestand eines Kraftwerks, das stillgelegt wird, annähernd genauso hoch ist wie zur Zeit des aktiven Betriebs. Der Personalbestand sollte dann nach und nach in dem Maße abgebaut werden, in dem das Kraftwerk aus dem Betriebszustand genommen wird. 45 46 Bemerkungen 80 Tabelle 9 Der Personalbestand hat sich in allen Kraftwerken verringert (siehe Tabelle 9). Im Kraftwerk Ignalina in Litauen jedoch, wo der Brennstoff lediglich aus einem der zwei Reaktorkerne entnommen wurde und für das immer noch eine Betriebsgenehmigung besteht, bleiben der Personalbestand und somit die von der EU finanzierten Kosten hoch. Ein Drittel des Personals ist weiterhin mit der Aufrechterhaltung der Sicherheit des Kraftwerks beschäftigt. Sowohl in Bulgarien als auch in der Slowakei konnten Mitarbeiter auf demselben Gelände bei den anderen Kernreaktoren eingesetzt werden, die immer noch vollständig in Betrieb sind. In Litauen, wo keine Kernenergie mehr erzeugt wird, bestand diese Möglichkeit nicht. Personalbestand zum Zeitpunkt der Reaktorabschaltung und im Jahr 2015 Anzahl der Mitarbeiter Während des vollen Betriebs1 Im Jahr 2015 Gewährte EU-Unterstützung (Millionen Euro)3 Ignalina, Litauen (zwei Reaktorblöcke) 3 517 2 1272 171 Kosloduj, Bulgarien (vier Reaktorblöcke) 1 400 650 130 Bohunice, Slowakei (zwei Reaktorblöcke) 1 060 239 45 Insgesamt 5 977 3 016 346 1Zahlen für den vollen Betrieb für Ignalina zum 31.12.2004, für Kosloduj zum 31.12.2002 und für Bohunice zum 1.4.2006. 2Vom Personal in Ignalina waren 1 377 Mitarbeiter mit Stilllegungsarbeiten an der kerntechnischen Anlage und 701 mit der Aufrechterhaltung eines sicheren Zustands beschäftigt. 3Die Zahlen für Ignalina umfassen die EU-Unterstützung ab der Abschaltung des ersten Blocks im Jahr 2005 bis zum Jahr 2016, für Kosloduj von der Abschaltung des ersten Blocks im Jahr 2003 bis zum Jahr 2017 und für Bohunice von der Abschaltung des ersten Blocks im Jahr 2008 bis zum Jahr 2016. Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage von Zahlen der Behörden der Mitgliedstaaten. 81 In Ignalina hat sich das Personalmanagement seit dem vorangegangenen Bericht des Hofes verbessert. Die Leitung des Kernkraftwerks Ignalina hat beispielsweise eine Outsourcing-Strategie entwickelt. Im Rahmen dieser Strategie werden verschiedene Tätigkeiten, wie etwa die Instandhaltung der Anlagen und die Dekontaminierung von frei zugänglichen Gebäuden analysiert, und es wird entschieden, ob es kostengünstiger ist, die entsprechenden Dienstleistungen auszuschreiben oder sie von internen Mitarbeitern erledigen zu lassen. Bemerkungen 82 Ob der gegenwärtige Personalbestand angemessen ist, wurde noch nicht durch eine externe Validierung bestätigt, und ein ausführlicher Personaleinsatzplan für den gesamten Stilllegungsprozess ist immer noch nicht vorhanden. Aufgrund der mangelnden Kofinanzierung und der lokalen wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen, die mit den Stilllegungsarbeiten im litauischen Ignalina einhergehen, besteht ein Risiko, dass der Personalbestand den Bedarf des Stilllegungsprogramms übersteigt und die für die Stilllegungsarbeiten vorgesehenen Finanzmittel der EU zur Unterstützung dieser Beschäftigungsverhältnisse genutzt werden. 83 Wie in Tabelle 8 und Ziffer 76 angemerkt, hat sich die Finanzierungslücke in Litauen seit dem letzten Bericht des Hofes erheblich vergrößert. Vertreter Litauens verwiesen bei den Befragungen auf Protokoll Nr. 4, das dem Beitrittsvertrag des Landes zur EU als Anhang beigefügt ist, und auf die Auslegung Litauens, dass Kostensteigerungen beim Stilllegungsprojekt weiterhin von der EU finanziert werden42. Der Folgenabschätzung der Kommission aus dem Jahr 2011 zufolge sollte allen drei Mitgliedstaaten auf der Grundlage ihres Bedarfs für den Zeitraum 2014-2020 Unterstützung gewährt werden, aber über 2020 hinaus war seitens der Kommission keine weitere Verlängerung der finanziellen Unterstützung durch die EU vorgesehen (siehe Ziffer 10)43. In Bulgarien und der Slowakei besteht weiterhin eine geringfügige Finanzierungslücke, obwohl die Schätzungen im Zeitverlauf beträchtlich variierten 84 Mit der Zuweisung von EU-Finanzmitteln für den Zeitraum 2014-2020 haben sich die Finanzierungslücken in Bulgarien und der Slowakei, auf die im vorangegangenen Bericht des Hofes hingewiesen wurde, deutlich verringert, und zwar auf 28 Millionen Euro bzw. 92 Millionen Euro. Die Schätzungen der Kosten und der Finanzierungslücke variierten jedoch erheblich. Zum Beispiel: – Die Schätzung der Finanzierungslücke durch die bulgarischen Behörden verringerte sich deutlich von 230 Millionen Euro im September 2014 auf 28 Millionen Euro Ende 2015, hauptsächlich aufgrund der Berücksichtigung von Kosten für Maßnahmen zur Vorbereitung der Stilllegung, die vom Betreiber des Kernkraftwerks Kosloduj getragen werden. Diese Maßnahmen waren bei früheren Berechnungen nicht berücksichtigt worden. Im Gegensatz dazu belief sich die Lücke gemäß den Daten der Kommission Ende 2015 auf 150 Millionen Euro. – In der Slowakei betrug die Finanzierungslücke Ende Juni 2015 den Daten der Kommission zufolge 193 Millionen Euro, während sie im Entwurf des Jahresarbeitsprogramms 2016 mit 92 Millionen Euro beziffert ist. 47 42 Artikel 3 von Protokoll Nr. 4 über das Kernkraftwerk Ignalina in Litauen (ABl. L 236 vom 23.9.2003) besagt: „Da die Stilllegung des Kernkraftwerks Ignalina ein langfristiges Vorhaben und für Litauen eine außergewöhnliche finanzielle Belastung darstellt, die in keinem Verhältnis zur Größe und Wirtschaftskraft des Landes steht, stellt die Union in Solidarität mit Litauen angemessene zusätzliche Gemeinschaftshilfe für die Stilllegungsarbeiten auch über das Jahr 2006 hinaus zur Verfügung.“ Weiter heißt es in dem Protokoll: „Die durchschnittlichen Gesamtmittel im Rahmen des verlängerten IgnalinaProgramms sind für den Zeitraum der nächsten Finanziellen Vorausschau angemessen zu gestalten.“ 43 SEK(2011) 1387 endgültig vom 24. November 2011, Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen, Folgenabschätzung – Begleitunterlage zum Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Rates über die Unterstützung der Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen in Bulgarien, Litauen und der Slowakei durch die Union. Bemerkungen 85 Derartige Abweichungen zwischen den nationalen Daten und den Daten der Kommission werfen Fragen in Bezug auf die Zuverlässigkeit und Tragfähigkeit der verwendeten Berechnungsmethoden auf. Darüber hinaus lassen die erheblichen Überarbeitungen der Zahlen darauf schließen, dass die Schätzungen in den endgültigen Stilllegungsplänen zum Zeitpunkt der Prüfung des Hofes noch nicht eingehend überprüft worden waren, weder durch die nationalen Interessenträger noch durch die Kommission. 48 44 Siehe KOM(2011) 783 endgültig; Verordnungen (Euratom) Nr. 1368/2013 und Nr. 1369/2013 des Rates sowie Durchführungsbeschluss C(2014) 5449 der Kommission. Die Prüfung der Finanzierungs- und Stilllegungspläne durch die Kommission war unzulänglich 86 Kasten 1 Teilweise als Reaktion auf die Empfehlungen aus dem vorangegangenen Bericht des Hofes wurden mit dem Rechtsrahmen für den Finanzierungszeitraum 20142020 drei „Ex-ante-Bedingungen“44 eingeführt (siehe Kasten 1). Dabei handelt es sich um Voraussetzungen für die Auszahlung von neuen Finanzmitteln für Stilllegungsmaßnahmen im laufenden mehrjährigen Finanzrahmen, mit denen eine wirksame und wirtschaftliche Nutzung der EU-Mittel sichergestellt werden soll. Ex-ante-Bedingungen Die drei Mitgliedstaaten ergreifen bis zum 1. Januar 2014 die geeigneten Maßnahmen, um die folgenden Ex-ante-Bedingungen zu erfüllen: 1. Einhaltung der Bestimmungen des Euratom-Vertrags auf dem Gebiet der nuklearen Sicherheit, insbesondere hinsichtlich der Umsetzung der Richtlinien 2009/71/Euratom und 2011/70/Euratom in nationales Recht; 2. Aufstellung eines in einen nationalen Rechtsrahmen einbezogenen Finanzierungsplans, in dem alle Kosten und die geplanten Finanzierungsquellen angegeben sind, die für einen sicheren Abschluss der Stilllegungsarbeiten der Kernkraftwerksblöcke, wozu auch die Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle gehört, erforderlich sind; 3. Vorlage eines überarbeiteten detaillierten Stilllegungsplans bei der Kommission, der die Stilllegungsmaßnahmen, einschließlich eines Zeitplans und der entsprechenden Kostenstruktur – basierend auf international anerkannten Standards für Kostenschätzungen in Bezug auf Stilllegungen –, im Einzelnen aufschlüsselt. Quelle: Artikel 4 der Verordnungen (Euratom) Nr. 1368/2013 und Nr. 1369/2013 des Rates. Bemerkungen 87 Als die Kommission im Oktober 2014 ihren Finanzierungsbeschluss zum Jahresarbeitsprogramm 2014 fasste, hätte sie überprüfen müssen, ob die Mitgliedstaaten angemessene Maßnahmen ergriffen hatten, um diese Bedingungen zu erfüllen45. Die Bewertung der entsprechenden Finanzierungspläne und der detaillierten Stilllegungspläne durch die Kommission, d. h. der zweiten bzw. der dritten Ex-ante-Bedingung, war nach Auffassung des Hofes jedoch unzulänglich. Diese Einschätzung wurde im September 2015 in einem Bericht des Internen Auditdienstes der Kommission bestätigt. Der Hof stellte beispielsweise fest, dass an den Schätzungen der Gesamtkosten und den Finanzierungszahlen erhebliche Überarbeitungen vorgenommen wurden (siehe Ziffer 84), und in einigen Fällen keine ausführlichen Pläne für bestimmte Kosten oder Tätigkeiten vorhanden waren (siehe zum Beispiel Ziffer 79 über Personalkosten). Ein Vorbehalt zur Angemessenheit der von der Generaldirektion Energie im Jahr 2014 vorgenommenen Bewertung der Ex-ante-Bedingungen wurde in den Jährlichen Tätigkeitsbericht 2015 der Generaldirektion Energie aufgenommen46. 88 Die Generaldirektion Energie der Kommission erstellte einen Aktionsplan zur Beseitigung der vom Internen Auditdienst der Kommission ermittelten Schwachstellen, in dem Ende Oktober 2016 als Frist für den Abschluss der Bewertung der Ex-ante-Bedingungen festgelegt wurde. Es ist von größter Bedeutung, dass die Kommission diese Bewertung abschließt und sowohl die Finanzierungs- als auch die Stilllegungspläne der einzelnen Mitgliedstaaten sorgfältig analysiert, da diese Dokumente die Grundlage für die künftige Finanzierung bilden. Der Großteil der Kosten wird in allen drei Mitgliedstaaten aus dem EU-Haushalt finanziert 89 Alle drei Mitgliedstaaten haben spezielle Fonds eingerichtet, um ihre nationalen Strategien für die sichere Entsorgung und Endlagerung radioaktiver Abfälle und für die Stilllegung der kerntechnischen Anlagen zu finanzieren. Die Mittelausstattung dieser Fonds ist jedoch weiterhin begrenzt, insbesondere in Litauen. –In Litauen bestanden die Einnahmen des im Jahr 1995 eingerichteten nationalen Stilllegungsfonds (Lithuanian National Decommissioning Support Fund) bis zur Abschaltung des Kernkraftwerks Ende 2009 aus Beiträgen aus dessen Betrieb. Seitdem hängt der Fonds von Einnahmen aus dem Verkauf nicht benötigter Vermögenswerte sowie von externen Mitteln und den daraus erzielten Zinserträgen ab. In der Vergangenheit wurde der Fonds auch für die Finanzierung von Tätigkeiten, die nichts mit der Stilllegung zu tun hatten, genutzt, etwa für vergünstigte Strom- und Heizungstarife oder für die zusätzliche soziale Absicherung ehemaliger Arbeitnehmer. Einer Schätzung des Ministeriums für Energie zufolge lagen die Mittel des Fonds am 1. Januar 2016 bei 4 Millionen Euro 47. 49 45 Siehe Artikel 4 der Verordnungen (Euratom) Nr. 1368/2013 und Nr. 1369/2013 des Rates. 46 Generaldirektion Energie, Jährlicher Tätigkeitsbericht 2015, Ref. Ares(2016)1667891, 8.4.2016. 47 In SWD(2016) 102 final (S. 38) wird dieser Fonds nicht erwähnt, die insgesamt verfügbaren Finanzmittel werden aber mit 0,5 Milliarden Euro beziffert. Worauf sich diese Zahl genau bezieht, ist unklar. Bemerkungen – Bulgarien richtete im Jahr 1999 einen nationalen Fonds für radioaktive Abfälle und einen Fonds für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen ein. Beide Fonds betreffen alle kerntechnischen Anlagen in Bulgarien. Der erstgenannte Fonds wird hauptsächlich aus Beiträgen von Erzeugern radioaktiver Abfälle finanziert, wobei der größte Beitragszahler mit einem Anteil von 92 % das Kernkraftwerk Kosloduj ist. Aus dem Fonds wurden 34,8 Millionen Euro dafür ausgegeben, die Reaktorblöcke 1-4 als Einrichtungen für die Entsorgung radioaktiver Abfälle nutzbar zu machen. Ende 2015 befanden sich 61 Millio nen Euro im Fonds. Der zweite Fonds wird aus Beiträgen von Betreibern kerntechnischer Anlagen finanziert. Ende 2015 beliefen sich die kumulierten Mittel für die Blöcke 1-4 von Kosloduj auf 156 Millionen Euro. – In der Slowakei wurde im Jahr 2010 eine Abgabe für die Endverbraucher von Strom eingeführt, um das „historische Defizit“ auszugleichen und der Tatsache Rechnung zu tragen, dass die seit 1995 von den Kernkraftwerksbetreibern erhobenen Pflichtbeiträge nicht ausreichten, um die Kosten für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen und die Endlagerung abgebrannter Brennelemente zu decken. Ende 2014 waren 290 Millionen Euro der Mittel des nationalen Stilllegungsfonds für die Stilllegung des Kernkraftwerks Bohunice V1 bestimmt. 90 Die insgesamt verfügbaren nationalen Mittel, die sich aus den speziellen Fonds und sonstigen nationalen Quellen zusammensetzen, werden die gesamten Stilllegungskosten nicht decken (siehe Ziffer 67 und Tabelle 8). Die nationalen Mittel würden in Bulgarien nur 31 % und in der Slowakei 38 % der geschätzten Kosten decken, und in Litauen würden die nationalen Mittel im Rahmen des Programms für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen der EU weniger als 8 % der gesamten Stilllegungskosten decken. Bislang wurde der Fehlbetrag über die Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen durch den EU-Haushalt finanziert. 91 Derzeit sind die Mitgliedstaaten rechtlich nicht zur Kofinanzierung der Hilfen für die Stilllegung verpflichtet, ob auf Programmebene oder auf der Ebene einzelner Projekte. Im Gegensatz dazu müssen die Mitgliedstaaten bei den Europäischen Struktur- und Investitionsfonds 48 – aus eigenen Mitteln – einen bestimmten Prozentsatz zur Finanzierung kofinanzierter Programme oder Projekte beisteuern. Der Hof empfahl der Kommission in seinem vorangegangen Bericht für den Fall, dass sie für den Finanzrahmen 2014-2020 eine Finanzierung vorschlägt, andere EU-Finanzmittel, wie etwa die Strukturfonds, sowie die Bedingungen für die Auszahlung der Mittel zu berücksichtigen. Die Kommission kam dieser Empfehlung nach, indem sie die Unterstützung für Abschwächungsmaßnahmen über die Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESIF) weiterführt, beschloss aber, die spezielle Unterstützung für die Stilllegung getrennt zu behandeln und die eigentlichen Stilllegungsmaßnahmen vom Zugang zu den ESIF auszunehmen. 50 48 Zu den Europäischen Struktur- und Investitionsfonds gehören u. a. der Europäische Fonds für regionale Entwicklung, der Kohäsionsfonds und der Europäische Sozialfonds. Vor 2014 wurden diese als „Strukturfonds“ bezeichnet. Bemerkungen 92 Die Kofinanzierungspflicht ist wichtig, da für die Empfänger von EU-Mitteln aus finanzieller Sicht dadurch ein größerer Anreiz besteht, bei der Verwaltung von Projekten ein gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis und bei der Durchführung der Programme Fortschritte zu erzielen. In den einschlägigen Verordnungen des Rates über diese Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen wird die Bedeutung der Kofinanzierung anerkannt und ausgeführt, dass die vollständige Projektfinanzierung durch die EU nur „in gebührend begründeten Ausnahmefällen“49 genehmigt werden sollte. Die Kommission hat jedoch noch keine eindeutigen Leitlinien dafür festgelegt, was einen solchen Fall begründen würde. Dies wird durch den Bericht des Internen Auditdienstes der Kommission von September 2015 bestätigt. Dadurch hat die Kommission bislang die Gelegenheit nicht genutzt, Anreize für die Kofinanzierung zu schaffen und diese zu maximieren. Bei Berücksichtigung der Kosten für die Endlagerung hoch radioaktiver Abfälle würden sich die geschätzten Gesamtkosten verdoppeln 93 Keine der in den endgültigen Stilllegungsplänen enthaltenen Schätzungen der Finanzierungslücken bietet ein vollständiges Bild der nach Abschaltung eines Kernkraftwerks anfallenden Kosten, weil in keiner dieser Schätzungen die Kosten für die Endlagerung der abgebrannten Brennelemente berücksichtigt sind. 94 Gemäß dem international anerkannten Verursacherprinzip haben die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass der Betreiber seinen Verpflichtungen als Verursacher nachkommt und ausreichende finanzielle Mittel vorsieht, um die vollständigen Stilllegungskosten zu decken, einschließlich der Endlagerung der abgebrannten Brennelemente (siehe Ziffer 20). 95 Die Richtlinie über radioaktive Abfälle von 2011 orientiert sich an diesem Prinzip. Der Richtlinie zufolge müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass sämtliche Tätigkeiten in Bezug auf die Entsorgung radioaktiver Abfälle und abgebrannter Kernbrennstoffe, einschließlich der Endlagerung, ermittelt sowie deren Kosten vollständig berechnet werden und dass bei Bedarf angemessene Finanzmittel zur Verfügung stehen50. 96 Zudem besagt eine der Vorbedingungen für die Finanzierung im Rahmen des Hilfsprogramms für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen (siehe Ziffern 86-88), dass die Mitgliedstaaten einen „in einen nationalen Rechtsrahmen einbezogenen [Finanzierungsplan aufstellen], in dem alle Kosten und die geplanten Finanzierungsquellen angegeben sind, die für einen sicheren Abschluss der Stilllegungsarbeiten der Kernkraftwerksblöcke, wozu auch die Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle gehört, erforderlich sind“51. 51 49 Erwägungsgrund 17 der Verordnung (Euratom) Nr. 1368/2013 des Rates und Erwägungsgrund 15 der Verordnung (Euratom) Nr. 1369/2013 des Rates. 50 Siehe insbesondere Artikel 12 der Richtlinie 2011/70/Euratom des Rates. 51 Siehe Artikel 4 der Verordnungen (Euratom) Nr. 1368/2013 und Nr. 1369/2013 des Rates. 52 Bemerkungen 97 Der Hof erstellte eine Schätzung der Kosten für die Endlagerung, um ein vollständigeres Bild der Kosten zu bieten, die bei der Stilllegung der einzelnen Kraftwerke anfallen. 98 Tabelle 10 Wie Tabelle 10 zeigt, ergab diese Schätzung, dass sich die Gesamtkosten der Stilllegung verdoppeln könnten, wenn die mit der Endlagerung verbundenen Kosten berücksichtigt werden, was zu einem Gesamtbetrag von 11,4 Milliarden Euro für alle drei Mitgliedstaaten führen würde. Schätzung der Stilllegungskosten einschließlich der Endlagerung hoch radioaktiver Abfälle und abgebrannter Kernbrennstoffe (Millionen Euro) Ignalina, Litauen Kosloduj, Bulgarien Bohunice, Slowakei Insgesamt Kostenschätzung von 2015 ohne die Endlagerung hoch radioaktiver Abfälle und abgebrannter Kernbrennstoffe 3 376 1 107 1 239 5 722 Kostenschätzung für die Endlagerung hoch radioaktiver Abfälle und abgebrannter Kernbrennstoffe aus diesen acht Reaktoren1 2 610 1 590 1 466 5 666 Kostenschätzung einschließlich der Endlagerung hoch radioaktiver Abfälle und abgebrannter Kernbrennstoffe 5 986 2 697 2 705 11 388 Nationale Finanzierung 262 348 476 1 086 EU-Finanzierung 1 553 731 671 2 955 Finanzierungslücke 4 171 1 618 1 558 7 347 1 Anmerkung zu den Schätzungen der Kosten für die Endlagerung. Für Ignalina (Litauen) beruht die Schätzung des Hofes von 2,61 Milliarden Euro auf den Zahlen aus dem nationalen Programm, die auch im hinweisenden Nuklearprogramm der Kommission von 2016 aufgeführt sind. Für Kosloduj (Bulgarien) sind im nationalen Programm Bulgariens keine Zahlen angegeben. Die vom Hof errechneten 1,59 Milliarden Euro beruhen auf den für ein nationales Endlager geschätzten Gesamtkosten von 3 Milliarden Euro. Diese Zahl basiert auf Gesprächen, die im Zuge der Prüfung mit den nationalen bulgarischen Behörden über das finnische Endlager geführt wurden. Um dem Anteil der Blöcke 1-4 und der in Betrieb befindlichen Blöcke 5 und 6 Rechnung zu tragen, wurden diese 3 Milliarden Euro halbiert. Pläne für künftige Blöcke oder Kraftwerke wurden nicht berücksichtigt, weil dazu noch keine konkreten Angaben vorlagen. Für Bohunice (Slowakei) beruht die Schätzung des Hofes von 1,46 Milliarden Euro auf den von den slowakischen Behörden geschätzten Kosten von 4,4 Milliarden Euro für die Endlagerung, wobei das konservativere Szenario zugrunde gelegt wurde, bei dem die Betriebsdauer der verbleibenden Kernkraftwerke in der Slowakei mit 60 Jahren veranschlagt wurde. Die 4,4 Milliarden Euro wurden durch drei geteilt, um die Kosten gleichmäßig auf die zwei Blöcke, die stillgelegt werden, und die vier derzeit in Betrieb befindlichen Blöcke aufzuteilen. Im Gegensatz zum nationalen Programm der Slowakei wurden die zwei in Mochovce geplanten Blöcke wegen der Verzögerungen bei ihrem Bau nicht berücksichtigt. Bei Berücksichtigung dieser zwei Blöcke würden auf die im Stilllegungsprozess befindlichen Blöcke 16,3 % der 4,4 Milliarden Euro entfallen, was 717 Millionen Euro entspricht. Im hinweisenden Nuklearprogramm der Kommission von 2016 ist ein Betrag von 3,7 Milliarden Euro aufgeführt, der sich offenbar auf das weniger konservative Szenario einer Betriebsdauer von 40 Jahren bezieht. Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage von Daten der Kommission, der Jahresarbeitsprogramme 2015 und 2016 und der nationalen Interessenträger. 53 Bemerkungen 99 Abbildung 18 Werden sowohl die Stilllegung als auch die Endlagerung berücksichtigt, entfällt der größte Teil des Fehlbetrags von insgesamt 7,4 Milliarden Euro auf Litauen. Beträchtliche Finanzierungslücken würden sich aber auch für Bulgarien und die Slowakei ergeben (siehe Abbildung 18). Finanzierungslücken bei Berücksichtigung von Stilllegung und Endlagerung Millionen Euro 6 000 5 000 4 000 70 % Nationale Finanzierung 3 000 2 000 60 % 58 % Kosloduj, Bulgarien Bohunice, Slowakei 1 000 EU-Finanzierung Finanzierungslücke 0 Ignalina, Litauen Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage von Tabelle 10. Verbindlichkeiten für zukünftige Kosten werden in den drei Mitgliedstaaten nicht ordnungsgemäß bilanziert 100 In Übereinstimmung mit den internationalen Rechnungslegungsstandards52 müssen Verbindlichkeiten, die künftig zu erwarten sind, in der Bilanz der zu ihrer Zahlung verpflichteten Organisation als Rückstellungen ausgewiesen werden, wenn – eine gegenwärtige rechtliche oder faktische Verpflichtung aus Ereignissen der Vergangenheit entsteht53; – eine Zahlung wahrscheinlich ist, d. h. mehr Gründe dafür- als dagegensprechen; – die Höhe zuverlässig geschätzt werden kann54. 52 IAS 37 „Rückstellungen, Eventualschulden und Eventualforderungen“ sowie IPSAS 19. Einen eigenen internationalen Rechnungslegungsstandard für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen gibt es nicht. Das Europäische System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG) umfasst einen Standard für die Berechnung statistischer Daten zu Stilllegungskosten, in dem die Erfassung von Verbindlichkeiten für zukünftige Kosten nicht verlangt wird. 53 Gemäß IAS 37.10 ist ein verpflichtendes Ereignis ein Ereignis, das eine rechtliche oder faktische Verpflichtung schafft (z. B. Bau eines Kernkraftwerks, durch den eine Verpflichtung zur Stilllegung kerntechnischer Anlagen entsteht), aufgrund derer das Unternehmen keine realistische Alternative zur Erfüllung der Verpflichtung hat. 54 Gemäß IAS 37.40 werden Rückstellungen für einmalige Ereignisse (Restrukturierung, Beseitigung von Umweltschäden, Beilegung eines Rechtsstreits) zum wahrscheinlichsten Betrag angesetzt. Bemerkungen 101 Sind diese drei Voraussetzungen nicht erfüllt, dann werden die Verbindlichkeiten als „Eventualverbindlichkeiten“ bezeichnet und außerhalb der Bilanz offengelegt, zum Beispiel im Anhang zum Jahresabschluss, es sei denn, die Zahlung ist unwahrscheinlich, in welchem Fall keine Angaben im Anhang erforderlich sind55. 102 Demzufolge sollten Kosten für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen und für die Endlagerung abgebrannter Brennelemente durch die zu ihrer Zahlung verpflichteten Organisation als Verbindlichkeiten ausgewiesen werden, wenn entsprechende Zahlungen wahrscheinlich sind und ihre Höhe zuverlässig geschätzt werden kann. Kostenschätzungen könnten beispielsweise auf einem Plan zur Stilllegung kerntechnischer Anlagen beruhen. Die genaue Bilanzierungsmethode hängt von der rechtlichen Lage in Bezug auf die Zahlungspflicht sowie von den Rechnungslegungsverfahren des Mitgliedstaats oder der Organisation ab56. 103 Der Hof ersuchte die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, Informationen darüber bereitzustellen, wie die Verbindlichkeiten für mit Stilllegungsarbeiten und der Endlagerung abgebrannter Kernbrennstoffe verbundene Kosten ausgewiesen werden. 104 Wie aus Tabelle 11 hervorgeht, unterschieden sich die Bilanzierungsmethoden der drei Mitgliedstaaten voneinander und danach, ob die Kosten mit Stilllegungsarbeiten oder der Endlagerung in Zusammenhang stehen. Die Kosten für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen werden in Litauen in keiner Bilanz als Rückstellungen ausgewiesen, und offengelegt werden nur geringfügige Eventualverbindlichkeiten. Die Stilllegungskosten werden im Jahresabschluss des Kernkraftwerks Kosloduj in Bulgarien gar nicht ausgewiesen und für das Kernkraftwerk Bohunice in der Slowakei nur teilweise. 105 Was die Kosten für die Endlagerung betrifft, haben die zuständigen Organisationen in Litauen und Bulgarien weder Rückstellungen für solche Kosten in der Bilanz ausgewiesen noch Angaben dazu im Anhang zum Jahresabschluss gemacht. Nur in der Slowakei haben die zuständigen Organisationen eine Rückstellung für die Kosten der Endlagerung ausgewiesen, und zwar in einem Unterkonto des nationalen Fonds für Kernenergie. 54 55 Gemäß IAS 37 sind keine Angaben erforderlich, wenn die Zahlung unwahrscheinlich ist. 56 Manche Organisationen müssen nach internationalen Rechnungslegungsstandards bilanzieren, während andere Organisationen auf nationaler Ebene festgelegte Rechnungslegungsstandards anwenden dürfen. 55 Tabelle 11 Bemerkungen Bilanzierung von Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit der Stilllegung kerntechnischer Anlagen und der Endlagerung abgebrannter Brennelemente Jahresabschlüsse der Kernkraftwerke (ohne Endlagerung der abgebrannten Kernbrennstoffe) Rechnungslegung Fonds/Ministerium/Staat (einschließlich Endlagerung der abgebrannten Kernbrennstoffe) Ignalina, Litauen Keine Rückstellungen ausgewiesen. Gemäß Erläuterung ist keine zuverlässige Schätzung für den Rückbau verfügbar. Daher wurden keine Eventualverbindlich keiten angegeben. Keine Rückstellungen ausgewiesen. Geringfügige Eventualverbindlichkeiten im Zusammenhang mit der Stilllegung kerntechnischer Anlagen sind außerbilanziell ausgewiesen (13 Millionen Euro), und zwar für die zusätzliche soziale Absicherung ehemaliger Angestellter von Kernkraftwerken. Kosloduj, Bulgarien Keine Ausweisung von Rückstellungen für Kosten für Stilllegungsarbeiten oder für die Lagerung und Entsorgung von abgebrannten Brennelementen. Der unabhängige Prüfer gab zum Jahresabschluss 2014 deshalb ein eingeschränktes Prüfungsurteil ab. Die Einnahmen und Ausgaben der nationalen Fonds für Stilllegungsarbeiten und radioaktive Abfälle sind in den jährlichen Haushaltsrechnungen des Ministeriums für Energie enthalten. Nicht genutzte Teile der kumulierten Finanzmittel, einschließlich der Mittel aus Vorjahren, werden außerhalb der Bilanz offengelegt. Bohunice, Slowakei Teilweise ausgewiesen, aber nicht für Bohunice V1 zweckbestimmt. Vorläufige Informationen zur Endlagerung sind in einem Unterkonto des nationalen Fonds für Kernenergie enthalten. Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage von Informationen der nationalen Behörden. 106 Die Tatsache, dass zukünftige Kosten nicht systematisch als Rückstellungen ausgewiesen und/oder in den Anhang zum Jahresabschluss aufgenommen werden, verringert die Transparenz und erschwert den zuständigen Behörden eine angemessene Planung, wie die zukünftigen Stilllegungs- und Endlagerungskosten gedeckt werden können. Schlussfolgerungen und Empfehlungen 107 Die speziellen Finanzierungsprogramme der EU für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen haben nicht die richtigen Anreize für eine fristgerechte und kosteneffiziente Stilllegung geschaffen. Seit der Veröffentlichung des vorangegangenen Berichts des Hofes im Jahr 2011 wurden Fortschritte bei der Stilllegung der Kernkraftwerke Ignalina in Litauen, Kosloduj in Bulgarien und Bohunice in der Slowakei erzielt. Wesentliche Bauteile in den nicht kontrollierten Bereichen der Kraftwerke wurden zurückgebaut. Bei fast allen wichtigen Projekten zur Schaffung der Stilllegungsinfrastruktur traten jedoch Verzögerungen auf, und die kritischen Herausforderungen in Zusammenhang mit den Arbeiten im Kontrollbereich stehen in allen drei Mitgliedstaaten noch bevor. Den Behörden der Mitgliedstaaten zufolge ist die Abschaltung der Kraftwerke unumkehrbar. Allerdings wurden nicht alle erwarteten Outputs, die die Kommission zur Bewertung der Fortschritte auf dem Weg zu einer unumkehrbaren Abschaltung heranzieht, vollständig erzielt. Die Finanzierungslücke in Litauen hat sich seit der letzten Prüfung durch den Hof vergrößert und liegt nun bei 1,6 Milliarden Euro. Die Stilllegungskosten für die drei Kraftwerke werden schätzungsweise insgesamt mindestens 5,7 Milliarden Euro betragen bzw. 11,4 Milliarden Euro, wenn die Kosten für die Endlagerung ebenfalls berücksichtigt werden. Seit 2011 wurden bei der Stilllegung Fortschritte erzielt, doch stehen kritische Herausforderungen noch bevor 108 Seit 2011 haben die drei Mitgliedstaaten wesentliche Bauteile im nicht kontrollierten Bereich zurückgebaut. Zudem wurden – außer im Fall von Litauen – Fortschritte beim Erhalt der für den Beginn der Arbeiten im Kontrollbereich relevanten Genehmigungen erzielt. In Litauen liegt noch keine entsprechende Genehmigung vor, die nun 2022 erteilt werden soll, 10 Jahre später als ursprünglich geplant (siehe Ziffern 40 und 42). 109 Allen nationalen Behörden zufolge bedeuten die erzielten Fortschritte, dass die Abschaltung jetzt tatsächlich unumkehrbar ist. Die erwarteten Outputs, auf die sich die Kommission bei der Beurteilung der Fortschritte in Richtung einer unumkehrbaren Abschaltung stützt, wurden jedoch bisher in keinem der drei Kraftwerke vollständig erzielt. Die technische Planung für den Rückbau der Reaktorkerne bzw. der Primärkreisläufe ist noch nicht abgeschlossen, und im Reaktorgebäude wurden bislang nur unbedeutende Maßnahmen durchgeführt. Die kritischen Herausforderungen im Zusammenhang mit den Arbeiten in den Kontrollbereichen, einschließlich der Reaktorgebäude, stehen folglich in allen drei Mitgliedstaaten noch bevor (siehe Ziffern 38-42). 110 Bei der Schaffung von Infrastrukturen für die Abfallentsorgung wurden einige Fortschritte erzielt, aber bei vielen wichtigen Infrastrukturprojekten traten in den drei Mitgliedstaaten im Zeitraum 2011-2015 Verzögerungen auf (siehe Ziffern 43 und 59-71). Die längsten Verzögerungen waren in Litauen zu verzeichnen, wo der Abschlusstermin für die Stilllegung seit 2011 um weitere neun Jahre auf 2038 verschoben wurde (siehe Ziffern 59-63). 56 Schlussfolgerungen und Empfehlungen 111 In allen drei Mitgliedstaaten gilt es auch weiterhin Herausforderungen zu bewältigen, etwa die Abhängigkeit von externen Sachverständigen (siehe Ziffer 69) sowie den Umgang mit neuartigen technischen Lösungen (siehe Ziffern 67-68). Der EU-weite Mangel an qualifizierten, erfahrenen Ingenieuren stellt ein Risiko dar, insbesondere in Litauen (siehe Ziffer 70). Empfehlung 1 – Sicherstellung von Fortschritten bei der Stilllegung Die drei betroffenen Mitgliedstaaten sollten a) ihre Projektmanagementverfahren weiter verbessern, damit die für die Entsorgung von Abfällen und abgebrannten Brennstoffen erforderliche Infrastruktur zum geplanten Zeitpunkt verfügbar ist; b) Maßnahmen zum Aufbau ihrer eigenen technischen Kapazitäten ergreifen, um ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen internem und externem Sachverstand zu erzielen; c) bessere Wege zum Austausch bewährter Verfahren und technischen Wissens sowohl untereinander als auch mit anderen Akteuren finden, die in der EU und in Drittländern im Bereich der Stilllegung kerntechnischer Anlagen tätig sind. Die Kommission sollte dies auf kosteneffiziente Weise fördern. Zieldatum für die Umsetzung: bis Ende 2017. 112 Die im Rahmen der Hilfsprogramme der EU für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen finanzierten Projekte betreffen nicht die Endlagerung, sondern nur die Zwischenlagerung der abgebrannten Kernbrennstoffe. Die Einrichtung eines Endlagers für abgebrannte Kernbrennstoffe kann mehrere Jahrzehnte dauern und einen hohen finanziellen Einsatz erfordern. Dies könnte für einige Länder, die geringe Mengen an radioaktivem Abfall produzieren, über begrenzte finanzielle Mittel oder nicht über die geeigneten geologischen Voraussetzungen verfügen, schwierig sein. Über potenzielle Endlagerlösungen für hoch radioaktive Abfälle und abgebrannte Kernbrennstoffe, bei denen es sich um nationale oder regionale Lösungen handeln kann, werden in den drei Mitgliedstaaten noch immer lediglich Grundsatzdebatten geführt (siehe Ziffern 48-58). Die Kommission muss über die Pläne der Mitgliedstaaten auf diesem Gebiet Bericht erstatten, hat dies aber noch nicht getan (siehe Ziffer 53). 57 Schlussfolgerungen und Empfehlungen Empfehlung 2 – Lösungen für die Endlagerung der abgebrannten Kernbrennstoffe a) Die Kommission sollte zusammen mit allen betroffenen EU-Mitgliedstaaten Möglichkeiten für die Lagerung abgebrannter Kernbrennstoffe und hoch radioaktiver Abfälle ausloten, wozu auch regionale und andere EU-interne Lösungen zählen. Dabei sind die Sicherheit und Kosteneffizienz der jeweiligen Alternativen gebührend zu berücksichtigen. Die Kommission sollte eine Analyse dieser Frage in ihren ersten Bericht an das Europäische Parlament und den Rat gerichteten Bericht über die Umsetzung der Richtlinie über radioaktive Abfälle aufnehmen. Zieldatum für die Umsetzung: sofortiger Beginn; Veröffentlichung des Berichts bis spätestens Mitte 2017. b) Die drei Mitgliedstaaten sollten parallel dazu mit ihrer Planung für die Endlagerung fortfahren, um umfassendere Kostenschätzungen und Finanzierungspläne für die Lagerung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle zu erstellen, wie dies in der Richtlinie über radioaktive Abfälle gefordert ist. Zieldatum für die Umsetzung: bis Mitte 2017. Die geschätzten Stilllegungskosten belaufen sich auf mindestens 5,7 Milliarden Euro bzw. das Doppelte, wenn die Kosten für die Endlagerung ebenfalls berücksichtigt werden 113 Die Schätzungen der gesamten Stilllegungskosten stiegen für die drei Programme zwischen 2010 und 2015 um 40 % von 4,1 Milliarden Euro auf 5,7 Milliarden Euro (siehe Ziffern 73-74). Werden die Kosten für die Endlagerung der abgebrannten Kernbrennstoffe eingerechnet, könnten sich die Gesamtkosten auf 11,4 Milliarden Euro verdoppeln (siehe Ziffern 93-99). 114 Die derzeit auf nationaler und EU-Ebene verfügbaren Finanzmittel von 4,0 Milliarden Euro reichen für die Deckung der geschätzten Gesamtkosten in Höhe von 5,7 Milliarden Euro nicht aus, wobei die Kosten für die Endlagerung nicht eingerechnet sind. Daher besteht bis zum Abschluss des Stilllegungsprozesses eine Finanzierungslücke von 1,7 Milliarden Euro. Mit 93 % bzw. 1,6 Milliarden Euro entfällt der größte Teil dieser Finanzierungslücke auf Litauen (siehe Ziffern 7385). Die von Bulgarien und der Slowakei geschätzten Finanzierungslücken liegen derzeit bei 28 bzw. 92 Millionen Euro (siehe Ziffer 84). 58 Schlussfolgerungen und Empfehlungen 115 Gemäß dem international anerkannten Verursacherprinzip haben die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass die Kernkraftwerksbetreiber ihren Verpflichtungen als Verursacher nachkommen und ausreichende finanzielle Mittel vorsehen, um die vollständigen Kosten der Stilllegung und der Endlagerung zu decken (siehe Ziffern 20 und 93). Die drei Standorte werden von staatlichen Unternehmen betrieben. Alle drei Mitgliedstaaten haben spezielle Fonds eingerichtet, um ihre nationalen Strategien für die sichere Entsorgung und Endlagerung der radioaktiven Abfälle und für die Stilllegung der kerntechnischen Anlagen zu finanzieren. Bislang wurden die nationalen Fonds bei den drei Programmen zur Stilllegung kerntechnischer Anlagen jedoch kaum genutzt, und die Mittel dieser Fonds sind, insbesondere in Litauen, begrenzt (siehe Ziffern 89-92). 116 Folglich stellte die Kofinanzierung der Projekte mit nationalen Mitteln nicht die Regel, sondern die Ausnahme dar. Obwohl – anders als bei anderen EU-Mitteln – die Kofinanzierung der Projekte nicht in den Programmen vorgeschrieben ist, besagt die Rechtsgrundlage, dass eine vollständige Projektfinanzierung durch die EU nur „in gebührend begründeten Ausnahmefällen“57 genehmigt werden sollte. Die Kommission hat jedoch noch keine eindeutigen Leitlinien dafür festgelegt, was einen solchen Fall begründen würde. Hätte sie dies getan, wäre die Schaffung der richtigen Anreize für eine höhere nationale Beteiligung an der Stilllegung wirksamer verlaufen (siehe Ziffer 92). 117 Letztlich müssen die drei Mitgliedstaaten sicherstellen, dass ausreichende Finanzmittel sowohl für die Stilllegung als auch die Endlagerung zur Verfügung stehen (siehe Ziffern 20 und 95). Auf Grundlage einer Bewertung des Bedarfs der Mitgliedstaaten kam die Kommission in ihrer Folgenabschätzung von 2011 zu dem Schluss, dass die finanzielle Unterstützung durch die EU nicht über das Jahr 2020 hinaus verlängert werden sollte (siehe Ziffer 10). Diesbezüglich wiesen die Vertreter Litauens bei der Prüfung des Hofes insbesondere auf die einschlägigen Protokolle zum Beitrittsvertrag hin (siehe Ziffer 83 und Fußnote 42). Empfehlung 3 – Achtung des Verursacherprinzips durch Erhöhung der nationalen Finanzierung für 2014-2020 und danach Die drei Mitgliedstaaten sollten ihre eigene Rolle anerkennen, wenn es darum geht, die Einhaltung des Verursacherprinzips sicherzustellen. Zudem sollten sie bereit sein, sowohl im laufenden Finanzierungszeitraum als auch danach nationale Mittel für die Deckung der Stilllegungskosten sowie der Endlagerungskosten einzusetzen. Zieldatum für die Umsetzung: beginnend mit einer Erhöhung der nationalen Kofinanzierung ab den Jahresarbeitsprogrammen 2017. 59 57 Erwägungsgrund 17 der Verordnung (Euratom) Nr. 1368/2013 des Rates und Erwägungsgrund 15 der Verordnung (Euratom) Nr. 1369/2013 des Rates. Schlussfolgerungen und Empfehlungen Empfehlung 4 – Erhöhung der nationalen Kofinanzierung im Finanzierungszeitraum 2014-2020 Die Kommission sollte eine Erhöhung der nationalen Kofinanzierung im Finanzierungszeitraum 2014-2020 anstreben. Sie sollte – beispielsweise in einem Kommissionsbeschluss – die „gebührend begründeten Ausnahmefälle“ klar definieren, in denen Projekte im Rahmen der Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen vollständig von der EU finanziert werden können. Zieldatum für die Umsetzung: bis Ende Dezember 2017. Empfehlung 5 – Einstellung der speziellen Finanzierungsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen in Litauen, Bulgarien und der Slowakei nach 2020 Die speziellen Finanzierungsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen in Litauen, Bulgarien und der Slowakei sollten nach 2020 eingestellt werden. Stellt sich heraus, dass in einem oder mehreren dieser drei Mitgliedstaaten nach 2020 unbedingt EU-Mittel benötigt werden, sollte jede von der Kommission vorgeschlagene und vom Gesetzgeber genehmigte EU-Finanzierung die richtigen Anreize für eine Fortsetzung der Stilllegung umfassen, unter anderem indem sie zeitlich begrenzt und von einer angemessenen Kofinanzierung der Mitgliedstaaten abhängig gemacht wird. Eine Möglichkeit hierfür bestünde darin, den Zugang zu den Europäischen Struktur- und Investitionsfonds auszuweiten, sodass auch Maßnahmen zur Stilllegung kerntechnischer Anlagen finanziert werden können, wenn diese Bedingungen erfüllt sind. Zieldatum für die Umsetzung: falls erforderlich bis Ende 2018. 118 Der Personalbestand hat sich in allen drei Kraftwerken verringert. Am Kraftwerk Ignalina in Litauen, wo der Brennstoff nur aus einem der zwei Reaktorkerne entnommen wurde und für das immer noch eine Betriebsgenehmigung besteht, bleiben der Personalbestand und somit die von der EU finanzierten Kosten hoch. Ein Drittel des Personals ist weiterhin mit der Aufrechterhaltung der Sicherheit der Anlage beschäftigt. Aufgrund der mangelnden Kofinanzierung und der lokalen wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen, die mit den Stilllegungsarbeiten im litauischen Ignalina einhergehen, besteht ein Risiko, dass der Personalbestand den Bedarf des Stilllegungsprogramms übersteigt und die für die Stilllegungsarbeiten vorgesehenen Finanzmittel der EU zur Unterstützung dieser Beschäftigungsverhältnisse genutzt werden (siehe Ziffern 80-81). 60 Schlussfolgerungen und Empfehlungen Empfehlung 6 – EU-Finanzmittel nur für Stilllegungskosten Die Kommission sollte den Einsatz von EU-Finanzmitteln im Rahmen der Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen nur für die Finanzierung der Kosten für Personal gestatten, das ausschließlich mit Stilllegungsmaßnahmen befasst ist. Zieldatum für die Umsetzung: ab den Jahresarbeitsprogrammen 2017 und danach. 119 Die von der Kommission vorgenommene Bewertung, ob die Finanzierungs- und Stilllegungspläne die Ex-ante-Bedingungen erfüllen, war unzulänglich (siehe Ziffern 86-88). Empfehlung 7 – Verbesserung der Überwachung durch die Kommission Die Kommission sollte ihre Bewertung der Ex-ante-Bedingungen abschließen. Zieldatum für die Umsetzung: bis Ende Oktober 2016. 120 Die Bilanzierung von Verbindlichkeiten und Eventualverbindlichkeiten für zukünftige Kosten, die mit der Stilllegung kerntechnischer Anlagen und der Endlagerung abgebrannter Kernbrennstoffe in Zusammenhang stehen, wird von den drei Mitgliedstaaten unterschiedlich gehandhabt. Die Tatsache, dass zukünftige Kosten nicht immer als Rückstellungen ausgewiesen und/oder in den Anhang zum Jahresabschluss aufgenommen werden, verringert die Transparenz und erschwert den zuständigen Behörden eine angemessene Planung, wie die zukünftigen Stilllegungs- und Endlagerungskosten gedeckt werden können (siehe Ziffern 100-103). 61 Schlussfolgerungen und Empfehlungen Empfehlung 8 – Bilanzierung Die Kommission sollte sich gemeinsam mit allen betroffenen Mitgliedstaaten darum bemühen, dass sämtliche zukünftigen Kosten im Zusammenhang mit der Stilllegung kerntechnischer Anlagen und der Endlagerung abgebrannter Brennstoffe ordnungsgemäß, transparent und im Einklang mit den einschlägigen Rechnungslegungsstandards bilanziert werden. Zieldatum für die Umsetzung: bis Ende Dezember 2017. Dieser Bericht wurde von Kammer II unter Vorsitz von Herrn Henri GRETHEN, Mitglied des Rechnungshofs, in ihrer Sitzung vom 14. Juli 2016 in Luxemburg angenommen. Für den Rechnungshof Vítor Manuel da SILVA CALDEIRA Präsident 62 63 Anhang I Anhänge Kernreaktoren, die im Rahmen des Hilfsprogramms für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen der EU stillgelegt werden Geplantes Datum für den Abschluss der Stilllegungsarbeiten Kommerzieller Betrieb TWh Litauen Bulgarien Slowakei Betriebsbeginn Abschaltung Jahre In % der 30-jährigen Lebensdauer Ignalina 1 86 Mai 1985 Dez. 2004 20 65 Ignalina 2 155 Dez. 1987 Dez. 2009 22 73 Kosloduj 1 61 Okt. 1974 Dez. 2002 28 94 Kosloduj 2 63 Nov. 1975 Dez. 2002 27 90 Kosloduj 3 63 Jan. 1981 Dez. 2006 26 86 Kosloduj 4 61 Juni 1982 Dez. 2006 25 82 Bohunice V1, Reaktor 1 72 Apr. 1980 Dez. 2006 27 89 Bohunice V1, Reaktor 2 77 Jan. 1981 Dez. 2008 28 93 Quelle: IAEO, Pris-Datenbank. Gemäß dem Bericht des Hofes von 2011 Stand: Dez. 2015 2029 2038 2035 2030 2025 2025 64 Anhang II Anhänge Überblick über die Rechtsgrundlagen zu den Hilfsprogrammen für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen Ignalina, Litauen Kosloduj, Bulgarien Bohunice, Slowakei Vor dem Beitritt Verordnung (EWG) Nr. 3906/1989 des Rates vom 18. Dezember 1989 Verordnung (EG) Nr. 1266/1999 des Rates vom 21. Juni 1999 (PHARE-Programm) Beitrittsverträge Protokoll Nr. 4 über das Kernkraftwerk Ignalina in Litauen, das der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Litauen und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge beigefügt ist (ABl. L 236 vom 23.9.2003, S. 944-945) Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Bulgarien und Rumäniens (ABl. L 157 vom 21.6.2005, S. 203) Protokoll Nr. 9 zur Akte über die Bedingungen des Beitritts der Slowakischen Republik und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge (Bohunice V1 NPP) (ABl. L 236 vom 23.9.2003, S. 954) Verordnung (EG) Nr. 1990/2006 des Rates vom 21. Dezember 2006 über die Durchführung des Protokolls Nr. 4 über das Kernkraftwerk Ignalina Verordnung (Euratom) Nr. 647/2010 des Rates vom 13. Juli 2010 Verordnung (Euratom) Nr. 549/2007 des Rates vom 14. Mai 2007 über die Durchführung des Protokolls Nr. 9 über die Reaktoren 1 und 2 des Kernkraftwerks Bohunice V1 in der Slowakei zur Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik Verordnung (Euratom) Nr. 1369/2013 des Rates vom 13. Dezember 2013 über die Unterstützung des Hilfsprogramms für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen in Litauen durch die Union und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1990/2006 Verordnung (Euratom) Nr. 1368/2013 des Rates vom 13. Dezember 2013 über die Unterstützung der Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen in Bulgarien und der Slowakei durch die Union und zur Aufhebung der Verordnungen (Euratom) Nr. 549/2007 und (Euratom) Nr. 647/2010 Nach dem Beitritt 65 Anhang III Anhänge Kernreaktoren in den Mitgliedstaaten und deren Status zum 31. Dezember 2015 Vereinigtes Königreich Abgeschaltet in Betrieb im Bau Insgesamt Niederlande Abgeschaltet in Betrieb im Bau Status Abgeschaltet in Betrieb im Bau 30 15 – 45 Finnland Abgeschaltet in Betrieb im Bau 91 129 4 Insgesamt 224 Insgesamt Insgesamt Insgesamt 28 8 – 36 Insgesamt 12 58 1 71 Frankreich Abgeschaltet in Betrieb im Bau Spanien Abgeschaltet in Betrieb im Bau Insgesamt Insgesamt 2 – – 2 Tschechische Republik Abgeschaltet in Betrieb im Bau Insgesamt – 6 – 6 2 1 7 – 8 Deutschland Abgeschaltet in Betrieb im Bau Insgesamt 3 10 – 13 Schweden Abgeschaltet in Betrieb im Bau 1 1 Belgien Abgeschaltet in Betrieb im Bau Insgesamt – 4 1 5 Litauen Abgeschaltet in Betrieb im Bau Slowakei Abgeschaltet in Betrieb im Bau Insgesamt 3 4 2 9 Insgesamt – 2 – 2 Insgesamt 4 2 – 6 Rumänien Abgeschaltet in Betrieb im Bau 3 7 – 10 Italien Abgeschaltet in Betrieb im Bau Insgesamt 4 – – 4 Slowenien (gemeinsam mit Kroatien genutzt) Abgeschaltet in Betrieb im Bau Insgesamt – 1 – 1 Ungarn Abgeschaltet in Betrieb im Bau Insgesamt – 4 – 4 Bulgarien Abgeschaltet in Betrieb im Bau Anmerkung: Für die beiden Reaktorblöcke in Ignalina in Litauen besteht immer noch eine Betriebsgenehmigung (siehe Ziffer 40). Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage von Daten der Europäischen Kommission und des Informationssystems für Reaktoren der IAEO (Power Reactor Information System – PRIS). 66 Anhang IV Anhänge Überblick über die Akteure der Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen Hilfsprogramm für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen mit zwei Durchführungsstellen in Litauen Europäische Kommission, unterstützt durch den Ausschuss des Hilfsprogramms für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen Über die EBWE Litauen Rahmenvereinbarung Jährliche Übertragungsverfügung Beg Rahmenvereinbarung Internationaler Fonds zur Unterstützung der Stilllegung von Ignalina – geleitet von der Versammlung der Beitragszahler – verwaltet von der EBWE (Durchführungsstelle) leit un g Begleitung Über die nationale Agentur Rahmenvereinbarung Jährliche Übertragungsverfügung Vereinbarung über die Mittelüberweisung Begleitung Programmbegleitausschuss Benennung Nationale Agentur (CPMA) Begleitung Programmkoodinierung Finanzministerium Prüfung und finanzielle Aufsicht Finanzielle Koordinierung Finanzierungsvereinbarung Genehmigung der Finanzhilfevereinbarungen Überwachung Überwachung Begünstigter Begünstigter Auszahlung Litauen Vertrag Vertrag Auftragnehmer Projekt Auftragnehmer Projekt EUIm Jahr 2015 war die EBWE für die folgenden Finanzierung laufenden Stilllegungsprojekte verantwortlich: (Millionen Euro) Zwischenlagerung von abgebrannten Brennelementen des Kernkraftwerks Ignalina Anlagen zur Behandlung und Lagerung von Feststoffabfällen Projektverwaltungseinheit – Phasen 1-5 (2001-2015) Oberflächennahes Lager für kurzlebige schwach und mittel radioaktive Abfälle (technische Planung) Gesamtbetrag für 2015 Abgeschlossene und laufende Stilllegungsprojekte der EBWE von 1999 bis Ende 2015, insgesamt Auszahlung 205,97 184,02 51,81 10,63 452,43 522,91 EUIm Jahr 2015 war die CPMA für die folgenden Finanzierung laufenden Stilllegungsprojekte verantwortlich: (Millionen Euro) Jährliche Stilllegungstätigkeiten am Kernkraftwerk 50,50 Ignalina und damit verbundene Kosten im Jahr 2015 Bau einer Deponie für sehr schwach radioaktive 8,42 Abfälle (Deponie – Phase 3) Technische Hilfe für VATESI, die staatliche Aufsichts1,80 behörde für nukleare Sicherheit (Phase 6) Zementcontainer für Abfälle 1,00 Errichtung der Anlage zur Behandlung radioaktiver 0,96 Metalle Gesamtbetrag für 2015 62,68 Abgeschlossene und laufende Stilllegungsprojekte 465,97 der CPMA von 1999 bis Ende 2015, insgesamt 67 Anhang IV Anhänge Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen mit einer Durchführungsstelle in Bulgarien und der Slowakei Über die EBWE leitu Beg Europäische Kommission, unterstützt durch den Ausschuss des Hilfsprogramms für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen ng g un gleit Be Programmbegleitausschüsse für Kosloduj und Bohunice Bulgarien Slowakei Rahmenvereinbar Jährliche Übertragungsvereinbarung Begleit ung Internationaler Fonds zur Unterstützung der Stilllegung von Kosloduj und von Bohunice – geleitet von der Versammlung der Beitragszahler – verwaltet von der EBWE (Durchführungsstelle) Genehmigung der Finanzhilfevereinbarungen Überwachung Begünstigter Vertrag Auszahlung Auftragnehmer Projekt Anhang V Anhänge 68 Im Rahmen der Prüfung untersuchte von der EU finanzierte Projekte Ignalina, Litauen Projekt Bewertung des Europäischen Rechnungshofs Die erheblichen Verzögerungen werden sich deutlich auf die nukleare Sicherheit (bis alle 1. Zwischenlager für abgebrannte Bericht des abgebrannten Brennelemente in Behältern deponiert sind) sowie auf die Betriebskosten des Brennelemente Hofes von 2011 Kraftwerks auswirken. Ursprüngliches Budget: 165 Millionen Der Bau des Zwischenlagers verzögerte sich um weitere sechs Jahre und liegt somit bezogen Euro auf den Plan über die endgültige Stilllegung von 2005 um 10 Jahre hinter dem Zeitplan. Die Aktuelles Budget: 206 Millionen Euro Stand: Dez. 2015 zusätzlichen Instandhaltungskosten des Zwischenlagers in Zusammenhang mit dem Projekt B1 Ursprüngliche Frist: Aug. 2008 haben 61 Millionen Euro überschritten. Aktuelle Frist: Okt. 2017 Die bei dem Projekt aufgetretenen erheblichen Verzögerungen sind kritisch, weil Möglichkeiten zur Abfallentsorgung benötigt werden, um bei Projekten zum Rückbau und zur Dekontami2. Anlage zur Behandlung und Bericht des nierung Fortschritte zu erzielen. Voraussichtlich wird eine zusätzliche Finanzierung durch den Lagerung von Feststoffabfällen Hofes von 2011 Internationalen Fonds zur Unterstützung der Stilllegung des Kernkraftwerks Ignalina (Ignalina Ursprüngliches Budget: 120 Millionen International Decommissioning Support Fund – IIDSF) benötigt. Euro Das Projekt verzögert sich um neun Jahre, von denen fünf auf den Zeitraum 2011-2014 zurückAktuelles Budget: 184 Millionen Euro zuführen sind. Damit verbundene wirtschaftliche Streitigkeiten zwischen dem Auftragnehmer Stand: Ursprüngliche Frist: Nov. 2009 und dem Kernkraftwerk Ignalina sowie dem litauischen Ministerium für Energie wurden durch Dez. 2015 Aktuelle Frist: Nov. 2018 Zahlung von 55 Millionen Euro an Entschädigungsleistungen beigelegt. Für die zu erwartenden Risiken sind weitere 17,9 Millionen Euro vorgesehen. 3. Technische und organisaDie Entscheidung, Projekttätigkeiten auszulagern, beruhte nicht auf einer angemessenen BeurBericht des torische Planung und Genehteilung der vor Ort verfügbaren notwendigen technischen Ressourcen oder der Kosteneffizienz Hofes von 2011 migung von Rückbau- und dieser Option. Dekontaminierungstätigkeiten Die Ausarbeitung der Dokumente verzögerte sich um 30 Monate, da die Ressourcen des AuftragUrsprüngliches Budget des Projekts: Stand: nehmers überschätzt wurden und aufgrund der Zeit, die erforderlich war, um die Dokumente 8 Millionen Euro Dez. 2015 von den Kraftwerks- und Regulierungseinrichtungen genehmigen zu lassen. Drei Jahre VerzögeDerzeit ist für das Projekt weder ein rung aufgrund der Übertragung von Werkzeugbeschaffungsprojekten vom IIDSF auf die CPMA. Budget noch ein Zeitplan festgelegt. Der Berater der Projektverwaltungseinheit trug erheblich zu Fortschritten bei, aber die Verwal4. Unterstützung für die Projekt- Bericht des tungskosten sind hoch, und in Bezug auf die Organisationsstruktur vor Ort war die Entwicklung Hofes von 2011 verwaltungseinheit im Bereich unzureichend. Verwaltung und technische Das vom Berater der Projektverwaltungseinheit eingesetzte Personal wurde seit 2010 reduziert. Planung Diese Mitarbeiter sind verstärkt mit Stilllegungstätigkeiten beschäftigt, haben wichtige Infrastrukturprojekte verwaltet und die Personalentwicklung am Kraftwerk vor Ort unterstützt. Viele Ursprüngliches Budget: 45 Millionen Stand: Dez. 2015 der Tätigkeiten des Beraters konzentrieren sich jedoch weiterhin auf die Bereiche der allgemeiEuro nen Projektverwaltung und der Beschaffung anstatt auf Aufgaben im Zusammenhang mit der Aktuelles Budget: 54 Millionen Euro Stilllegung kerntechnischer Anlagen. Bericht des 5. Projekte in Bezug auf die direk- Hofes von 2011 Nicht untersucht. te Unterstützung von Tätigkeiten Im Zusammenhang mit den Arbeitskräften gab es Schwierigkeiten bei der Rechtfertigung des des Personals des Kernkraftwerks Personalbestands sowie eine unklare Betriebsbuchführung und Probleme bei der Zuordnung von Ignalina, externe Leistungen Personalkosten zu Aufgaben. Am Kernkraftwerk Ignalina wurde eine neue Berechnungsmethode Stand: Dez. 2015 für das Personal des Kraftwerks eingeführt, für Arbeiten eine Kostenstruktur entwickelt und die Budget: 198 Millionen Euro Fertigstellungswertmethode eingeführt. Bei der Rechtfertigung des Personalbestands und der Frist: laufendes jährliches Projekt Umsetzung einer Auslagerungsstrategie wurden jedoch nur begrenzte Fortschritte erzielt. 6. Studie über den Reaktorrückbau Bericht des Nicht untersucht. Hofes von 2011 Ursprüngliches Budget: 5 Millionen Im Jahr 2009 wurde unter der Leitung des IIDSF mit einer Machbarkeitsstudie über den ReakEuro torrückbau begonnen, die aber abgebrochen und im Jahr 2010 an die CPMA übertragen wurde. Stand: (nur Machbarkeitsstudie) Bei einem neuen Projekt unter der Leitung der CPMA traten seither Verzögerungen auf. Für den Dez. 2015 Aktuelles Budget: 70 Millionen Euro Rückbau dieses Reaktortyps fehlen Erfahrungswerte, was den Fortschritt weiter erschweren (technische Planung und Umsetzung) könnte. Daher bleibt unklar, ob der Rückbau des Reaktors bis zur Frist im Jahr 2038 machbar ist. 69 Anhang V Anhänge Kosloduj, Bulgarien Projekt Bewertung des Europäischen Rechnungshofs Der Berater war unterstützend an der Anpassung der Stilllegungsstrategie beteiligt, aber es gab Bericht Probleme in Form von Projektverzögerungen sowie mit Kostenschätzungen, der Ermittlung von 7. Beratungsleistungen der Projekt- des Hofes notwendigen Stilllegungsarbeiten und Abfallverzeichnissen. Die Schwerpunkte des Beraters verwaltungseinheit – allgemein von 2011 lagen mehr auf Verwaltungstätigkeiten als auf den Stilllegungsarbeiten. Zeitraum 2006-2013 Ursprüngliches Budget: 8 Millionen Euro Aktuelles Budget: 45 Millionen Euro Ursprüngliche Frist: Dez. 2006 Seit 2013 ist die Projektverwaltungseinheit als einzige Stelle für die Stilllegung und den Bau des Aktuelle Frist: Juli 2013 nationalen Endlagers zuständig. Der Berater ist nun in die Organisationsstruktur eingebunden, Stand: Zeitraum 2014-2016 wodurch die Entscheidungsbefugnisse bei SERAW liegen. Der Berater beteiligt sich zunehmend Ursprüngliches Budget: 14 Millionen Euro Dez. 2015 an der Arbeit, und es gibt keine Anzeichen dafür, dass die Beteiligung schrittweise beendet Aktuelles Budget: 32 Millionen Euro werden soll. Ursprüngliche Frist: Jan. 2016 Aktuelle Frist: Jan. 2019 8. Technische Planung und Bau eines Bericht des Hofes Trockenzwischenlagers für abgevon 2011 brannte Brennelemente Ursprüngliches Budget: 49 Millionen Euro Stand: Aktuelles Budget: 73 Millionen Euro Dez. 2015 Ursprüngliche Frist: Dez. 2008 Aktuelle Frist: März 2013 9. Plasmaschmelzanlage zur Behandlung und Konditionierung von Feststoffabfällen Bericht des Hofes von 2011 Ursprüngliches Budget: 21 Millionen Euro Stand: Aktuelles Budget: 21 Millionen Euro Dez. 2015 Ursprüngliche Frist: März 2013 Aktuelle Frist: Juni 2017 10. Förderung eines effizienten Einsatzes von Humanressourcen Bericht Zeitraum bis 2009 des Hofes Ursprüngliches Budget: 20 Millionen Euro von 2011 Aktuelles Budget: 84 Millionen Euro Ursprüngliche Frist: Sept. 2009 Aktuelle Frist: März 2014 Zeitraum bis 2015 Ursprüngliches Budget: 35 Millionen Euro Stand: Aktuelles Budget: 46 Millionen Euro Dez. 2015 Ursprüngliche Frist: Dez. 2015 Aktuelle Frist: Dez. 2017 11. Bau des nationalen Endlagers für schwach bis mittel radioaktive Abfälle Bericht des Hofes von 2011 Ursprüngliches Budget: 66 Millionen Euro Stand: Ursprüngliche Frist: Dez. 2015 Dez. 2015 Aktuelle Frist: Jan. 2021 Die Fertigstellung der Einrichtung verzögert sich um zweieinhalb Jahre. Überarbeitungen der ursprünglichen Anforderungen führten zu Kostensteigerungen und einer angepassten Preisgrundlage für den Vertrag, was eine Überschreitung des Budgets um 19 % zur Folge hatte. Das Projekt war in zwei Phasen unterteilt, nämlich den Bau der Einrichtung sowie die Lagerung von Brennelementen in 34 Behältern und den Ausbau der Einrichtung für bis zu 72 Behälter. Die geplanten Lagerkapazitäten werden nicht vollständig für die abgebrannten Kernbrennstoffe aus den Blöcken 1-4 genutzt werden. Die Nutzung der Einrichtung für die Lagerung anderer Materialien würde die Zustimmung der Regulierungsbehörde erfordern. Es wurde eine neuartige Technologie ausgewählt, ohne einen angemessenen Nachweis ihrer Wirksamkeit und eine gebührende Kostenbetrachtung. Es besteht ein Risiko, dass die Kosten überschritten werden. Aufgrund von aufsichtsrechtlichen Änderungen musste die technische Planung überarbeitet werden. Der Bau der Anlage liegt hinter dem Zeitplan zurück, hauptsächlich aufgrund eines Einspruchs gegen die Umweltverträglichkeitsprüfung sowie einiger kommerzieller und administrativer Probleme, einschließlich einer fehlenden Entschädigungsvereinbarung für den Nuklearbereich. Da die Anlage noch nicht getestet wurde, ist die Betriebsfähigkeit noch nicht nachgewiesen. Die Fertigstellung ist jetzt für Juni 2017 vorgesehen. Organisatorische Änderungen, die eine klare Abgrenzung des Personals ermöglichen, das an der Überführung von einer operationellen Organisation zu einer Stilllegungsorganisation arbeitet, haben nicht stattgefunden. Eine angemessene Überwachung der vorbereitenden Tätigkeiten für die Stilllegung war nicht gegeben. Es wird weiterhin auf den Internationalen Fonds zur Unterstützung der Stilllegung des Kernkraftwerks Kosloduj (Kosloduj International Decommissioning Support Fund – KIDSF) zurückgegriffen, um Personal zu finanzieren, das an den Stilllegungstätigkeiten beteiligt ist. Eine seit 2011 bestehende positive Entwicklung ist, dass alle 650 Mitarbeiter, die bei SERAW angestellt sind, ausschließlich an Stilllegungstätigkeiten arbeiten. Nicht untersucht. Die Fertigstellung der Anlage war ursprünglich für 2015 vorgesehen. Der Prozess befindet sich jedoch sechs Jahre im Rückstand, hauptsächlich weil die Umweltverträglichkeitsprüfung abgelehnt wurde und erneut eingeleitet werden musste. Die derzeitige Frist ist das Jahr 2021. 70 Anhang V Anhänge Bohunice, Slowakei Projekt 12. Beratungsleistungen der Projektverwaltungseinheit – Projektumsetzung Zeitraum 2003-2007 Ursprüngliches Budget: 11 Millionen Euro Zeitraum 2015-2016 Aktuelles Budget: 45 Millionen Euro 13. Technische Planung und Errichtung von neuen Einrichtungen für die Lagerung von sehr schwach und schwach radioaktiven Abfällen aus dem Kernkraftwerk V1 im nationalen Endlager für radioaktive Abfälle (NRR) in Mochovce Budget: 22 Millionen Euro Frist: Juni 2018 14. Umsetzung des Stilllegungsprogramms mithilfe der verfügbaren Humanressourcen Budget für Phase 1: 1,5 Millionen Euro Budget für Phase 9: 50 Millionen Euro 15. Zwischenlagerung radioaktiver Abfälle am Standort Bohunice Budget: 11 Millionen Euro Ursprüngliche Frist: März 2016 Aktuelle Frist: Aug. 2017 16. Dekontaminierung des Primärkreislaufs Ursprüngliches Budget: 6 Millionen Euro Aktuelles Budget: 5 Millionen Euro Ursprüngliche Frist: Sept. 2014 Aktuelle Frist: Sept. 2016 (Entsorgung der radioaktiven Abfälle an JAVYS übertragen) Bewertung des Europäischen Rechnungshofs Der Berater war unterstützend an der Anpassung der Stilllegungsstrategie beteiligt, aber Bericht des bei der Festlegung und Umsetzung der Stilllegungsstrategie wurden keine ausreichenden Hofes von 2011 Fortschritte erzielt. Stand: Dez. 2015 Obwohl in großem Umfang Berater zum Einsatz kamen, ergaben sich Projektverzögerungen, die wiederum zu Kostenüberschreitungen führten. Seit 2015 hat sich der Arbeitsumfang des neuen Beraters verringert. Bericht des Bei der Machbarkeitsstudie ergab sich eine Verzögerung, weil die Kernkraftwerksbetreiber Hofes von 2011 die erforderlichen Informationen nicht zur Verfügung stellten. Das Lager befindet sich im Bau und wird mit nationalen Mittel kofinanziert. Der Bau einer dritten Doppelreihe, die vollständig vom Internationalen Fonds zur Unterstützung der Stand: Stilllegung des Kernkraftwerks Bohunice (Bohunice International Decommissioning Support Dez. 2015 Fund – BIDSF) finanziert wird, ist geplant. Die Aufteilung zwischen den Kosten für die Lagerung der Abfälle aus dem Kernkraftwerk V1 und denen für die Lagerung von Abfällen aus anderen Anlagen ist nicht klar. Organisatorische Änderungen, die eine klare Abgrenzung des Personals ermöglichen, das Bericht des an der Überführung von einer operationellen Organisation zu einer Stilllegungsorganisation Hofes von 2011 arbeitet, haben nicht stattgefunden. Eine angemessene Überwachung der vorbereitenden Tätigkeiten für die Stilllegung war nicht gegeben. Über das Projekt werden 246 Vollzeitäquivalente an JAVYS-Personal finanziert, das StillleStand: gungsarbeiten durchführt. JAVYS hat sich von einer operationellen Organisation zu einer Dez. 2015 Stilllegungsorganisation weiterentwickelt. Bericht des Nicht untersucht. Hofes von 2011 Die Umsetzung dieses Projekts war ursprünglich für den Zeitraum von März 2013 bis März 2016 vorgesehen. Die Bauarbeiten begannen im Jahr 2015. Das Projekt wird nun voraussichtlich im August 2017 fertiggestellt. Nach der Entscheidung, den Standort zu ändern, Stand: waren eine neue Umweltverträglichkeitsprüfung und eine Änderung der FinanzhilfevereinDez. 2015 barung erforderlich. Verzögerungen bei diesem Projekt werden nicht mehr zu Verzögerungen bei Rückbauprojekten führen, weil diese so geplant werden, dass mittel radioaktive Abfälle erst nach Fertigstellung des Zwischenlagers anfallen. Bericht des Nicht untersucht. Hofes von 2011 Stand: Dez. 2015 Die Arbeiten sollten im Jahr 2013 beginnen und bis Ende 2014 laufen. Verzögerungen und ungelöste technische Herausforderungen haben dazu geführt, dass das Projekt vorübergehend gestoppt wurde. Der Vertrag mit dem derzeitigen Zulieferer wurde gekündigt. Dieses Projekt muss abgeschlossen werden, bevor der Rückbau im Kontrollbereich beginnen kann, und daher können Verzögerungen bei diesem Projekt Auswirkungen auf den Abschlusstermin der Stilllegung haben. Bericht des 17. Stilllegungsdatenbank, einschließNicht untersucht. Hofes von 2011 lich Bestandsverzeichnis und radiologischer Charakterisierung Obwohl das Projekt im Jahr 2012 abgeschlossen wurde, müssen die Charakterisierung und Ursprüngliches Budget: 2,48 Millionen Euro Stand: das Bestandsverzeichnis regelmäßig aktualisiert werden. Bei mehreren Unterprojekten Aktuelles Budget: 3,5 Millionen Euro Dez. 2015 traten Verzögerungen und Kostenüberschreitungen aufgrund von unvollständigen InformaUrsprüngliche Frist: Mai 2012 tionen über das Bestandsverzeichnis und/oder die Charakterisierung von Abfällen auf. Aktuelle Frist: Dez. 2012 71 Anhang VI Anhänge Verzögerungen und Kostenüberschreitungen bei einer Stichprobe von 18 für die Stilllegung wichtigen Infrastruktur- und Unterstützungsprojekten, die seit 2001 durch die Hilfsprogramme der EU finanziert werden Projekt Zwischenlager für abgebrannte Brennelemente (siehe Anhang IV, Projekt 1) Anlagen zur Behandlung und Lagerung von Feststoffabfällen (siehe Anhang IV, Projekt 2) Ignalina, Litauen Kosloduj, Bulgarien Vertraglich vereinbarte GesamtFinanzierung ProjektkosKostenanverzögeten Mitglied- rung bis stieg bis EU (Millionen heute staat heute (Millionen Euro) (%) (Millionen (Jahre) Euro) Euro) 211 206 184 184 Deponie für sehr schwach radioaktive Abfälle (Zwischenlager für Phase 1) 7 6 Bau einer Deponie für sehr schwach radioaktive Abfälle (Phase 3) 8 Oberflächennahes Lager für kurzlebige schwach bis mittel radioaktive Abfälle (technische Planung) Gesamtbeträge für diese fünf Projekte Insgesamt für Stilllegungsarbeiten 2001-2014/15 vertraglich vereinbarte EU-Finanzierung Bereitstellung, Installation und Inbetriebnahme von Rückgewinnungs- und Konditionierungsgeräten für Ionenaustauschharze (ursprünglicher Umfang erweitert) Technische Planung und Bau eines Trockenzwischenlagers für abgebrannte Brennelemente (siehe Anhang IV, Projekt 8) Anlage zur Rückgewinnung und Aufbereitung verfestigter Verdampferkonzentrate (Phase 1 abgeschlossen, Phase 2 abgebrochen) Plasmaschmelzanlage (siehe Anhang IV, Projekt 9) Werkhallen zur Zerkleinerung und Dekontaminierung Bewertung des radiologischen Bestandsverzeichnisses Gesamtbeträge für diese sechs Projekte Insgesamt für Stilllegungsarbeiten 2001-2014 vertraglich vereinbarte EU-Finanzierung 5 9,2 25 % 9,0 53 % 2,8 0 % 8 1,0 12 % 11 11 1,0 3 % 421 415 10,9 132 % 1 6 989 6 5 73 73 4,3 50 % 10 10 4,6 keine 30 19 1 139 21 19 1 129 4,2 2,8 1,3 0 % 0 % keine 360 1 9 9 72 Anhang VI Anhänge Projekt Bohunice, Slowakei Insgesamt Behandlung von altem Klärschlamm und Sorptionsmitteln (abgeschlossen) Dekontaminierung des Primärkreislaufs (siehe Anhang IV, Projekt 16) (vorübergehend gestoppt) Anpassung des Energieversorgungsplans von JAVYS nach der endgültigen Abschaltung von V1 Kapazitätssteigerung der bestehenden Fragmentierungs- und Dekontaminierungseinrichtungen Behandlung von Altabfällen Rückbau technischer Anlagen in der Turbinenhalle von V1 Freigabe von Materialien, die bei der Stilllegung angefallen sind Gesamtbeträge für diese sieben Projekte Insgesamt für Stilllegungsarbeiten 2001-2014 vertraglich vereinbarte EU-Finanzierung Gesamtbeträge für diese 18 Projekte Insgesamt für Stilllegungsarbeiten 2001-2014 vertraglich vereinbarte EU-Finanzierung Vertraglich vereinbarte GesamtFinanzierung ProjektkosKostenanverzögeten Mitglied- rung bis stieg bis EU (Millionen heute staat heute (Millionen Euro) (%) (Millionen (Jahre) Euro) Euro) 11 11 3,0 38 % 4 4 2,0 0 % 11 11 1,5 21 % 2 2 1,2 13 % 6 8 3 45 4 8 3 43 0,4 – – 7 % 6 % 20 % 2 2 228 605 587 17 1 577 Quelle: Kommission, Entwürfe der Jahresarbeitsprogramme (AWP) 2016, Entwürfe der Kontrollberichte 2016. Die Daten wurden von der EBWE und der Central Project Management Agency (Zentrale Agentur für Projektverwaltung) zur Verfügung gestellt. Anhang VII Anhänge 73 Bau des geologischen Tiefenlagers zur Endlagerung von abgebrannten Kernbrennstoffen in Olkiluoto in Finnland In Olkiluoto an der Westküste Finnlands wird in der Nähe eines bestehenden Kernkraftwerks das weltweit erste geologische Tiefenlager zur Endlagerung von abgebrannten Kernbrennstoffen aus der zivilen Nutzung gebaut. Dort sollen die Abfälle aus den beiden finnischen Kernkraftwerken deponiert werden. Wie lange die Umsetzung eines solchen Vorhabens dauert, wird bei einem Blick auf den Entwicklungsprozess dieser Anlage deutlich. Im Jahr 1983 verabschiedete die finnische Regierung einen Grundsatzbeschluss über einen allgemeinen Zeitplan und eine allgemeine Strategie für die Entsorgung von Nuklearabfällen, und zur Suche nach potenziellen Standorten wurde eine geologische Erkundung eingeleitet. Im Jahr 2000 wurde Olkiluoto als Standort für die Endlagerung ausgewählt. Umfangreiche Ausschachtungs- und Forschungsarbeiten folgten, um in einer Tiefe von 400 bis 450 Metern die Endlagerung abgebrannter Kernbrennstoffe im felsigen Untergrund zu ermöglichen. Für diese Arbeiten wurden rund 150 Millionen Euro ausgegeben. Mit der Lagerung abgebrannter Brennelemente soll laut Plan in den frühen 2020er-Jahren begonnen werden. Die Gesamtausgaben werden sich auf etwa 3,5 Milliarden Euro belaufen, von denen rund 1 Milliarde Euro während der Bauphase und rund 2,5 Milliarden Euro für den Betrieb über einen Zeitraum von etwa 100 Jahren anfallen. Aus den Gebühren für erzeugten Strom werden hierfür im staatlichen Fonds für die Entsorgung von Nuklearabfällen entsprechende Mittel zurückgelegt. © Posiva Oy. Antworten der Kommission 74 Zusammenfassung I Im Zusammenhang mit den Verhandlungen zum Beitritt zur Europäischen Union verpflichteten sich Litauen, Bulgarien und die Slowakei zur Abschaltung und anschließenden Stilllegung von acht Kernreaktoren der ersten Generation nach sowjetischer Bauart, die nicht in wirtschaftlicher Form auf westliche Sicherheitsstandards gebracht werden konnten. II Die EU hatte sich bereit erklärt, die drei Länder dabei zu unterstützen, die durch das Stilllegungsverfahren entstehende finanzielle Belastung zu tragen. IV Die Kommission ist der Auffassung, dass die finanzielle Unterstützung der EU effektiv zu einer Milderung der wirtschaftlichen Folgen einer vorzeitigen Abschaltung beigetragen hat und dass der Stilllegungsprozess gut angelaufen ist. Sie merkt jedoch an, dass eine Stilllegung ein komplexer und langwieriger Vorgang ist, der sich in der Regel über zwei Jahrzehnte hinzieht und damit über den auf sieben Jahre angelegten mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) hinausgeht. Die im Rahmen des MFR 2014-2020 genehmigten aktualisierten Stilllegungspläne und zugehörigen Kostenschätzungen sind die Grundlage für die Programmplanung der drei Mitgliedstaaten. Auf dieser Planungsgrundlage beobachtet die Kommission genau den Fortschritt hinsichtlich der Erreichung des Stilllegungsendzustands unter Einhaltung höchster Sicherheitsstandards. V Eine Stilllegung erfolgt üblicherweise in zwei Hauptphasen: i) Nachbetriebsphase (d. h., die Betriebsgenehmigung besteht noch, da noch abgebrannte Brennelemente vorhanden sind) und ii) Stilllegung/Rückbau. Die Slowakei und Bulgarien sind in der zweiten Phase, während Litauen sich aufgrund des Vorhandenseins von abgebrannten Brennelementen in einem der Reaktoren weiterhin in der Nachbetriebsphase befindet. Die Kommission ist ebenso wie die Mitgliedstaaten der Auffassung, dass keine der Anlagen, die im Rahmen der Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen (NDAP) unterstützt werden, in wirtschaftlicher Weise wieder in Betrieb genommen werden kann. Sie räumt ein, dass die kritischen technischen Herausforderungen des Reaktorrückbaus, wie bereits bei anderen vergleichbaren Stilllegungstätigkeiten zu beobachten war, noch bevorstehen. VI In den drei Mitgliedstaaten sind die Stilllegungsprogramme unterschiedlich weit fortgeschritten. Den besten Fortschritt haben die Programme in Bohunice (SK) und Kozloduy (BG) zu verzeichnen, die planmäßig im Jahr 2025 bzw. 2030 abgeschlossen sein sollen. Die Laufzeit des letzteren Programms wurde bei seiner Überarbeitung im Jahr 2011 um fünf Jahre gekürzt. Die größten Herausforderungen sind in der Tat im Fall von Ignalina (LT) zu bewältigen, da hier zum ersten Mal ein Reaktor vom Typ Tschernobyl stillgelegt wird. Ungeachtet der bereits erzielten Fortschritte erkennt die Kommission an, dass bei den Stilllegungsprogrammen kontinuierlicher Verbesserungsbedarf besteht. Antworten der Kommission 75 Zu Empfehlung 1 Die Kommission merkt an, dass die Empfehlungen 1 a) und 1 b) an die Mitgliedstaaten gerichtet sind. Die Kommission akzeptiert Empfehlung 1 c), soweit sie davon betroffen ist. Sie befürwortet die Idee eines besseren Austauschs bewährter Verfahren und technischen Wissens und wird die drei Mitgliedstaaten dabei unterstützen. a) Die Kommission hat bereits Verbesserungen am aktuellen MFR vorgenommen, und zwar dahin gehend, dass ein umfassender Handlungsrahmen für die Programmplanung, das Projektmanagement und die Projektüberwachung geschaffen wurde, innerhalb dessen die Mitgliedstaaten agieren können. b) Sie erkennt die Notwendigkeit, fortlaufend Fachwissen und Kompetenzen aufzubauen, merkt jedoch an, dass der Rückgriff auf externe Sachverständige in bestimmten spezialisierten Bereichen von Vorteil ist. c) Die Kommission hat bereits Maßnahmen zur Förderung einer offenen und transparenten Umgebung, zur Erleichterung des Austauschs von Fachwissen und bewährten Verfahren und zur Unterstützung von Standardisierungsverfahren ergriffen, und zwar unter anderem mit dem Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit und die Sicherheit zu erhöhen. VII Der Kommission ist bewusst, wie wichtig eine verantwortungsvolle und sichere Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle ist. Die Kommission wird Stellungnahmen zu den nationalen Programmen vorlegen und im Laufe des Jahres 2016 dem Parlament und dem Rat hinsichtlich der Umsetzung der Richtlinie 2011/70 Euratom Bericht erstatten. Die Kommission merkt ferner an, dass die die Endlagerung hoch radioaktiver Abfälle und die Entsorgung abgebrannter Brennelemente betreffenden Punkte über den Geltungsbereich der Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen hinausgehen. Zu Empfehlung 2 a) Die Kommission akzeptiert die Empfehlung. Die Kommission wird die Richtung bereits in den Stellungnahmen vorgeben, die sie 2016/2017 im Einklang mit der Richtlinie 2011/70/Euratom zu den nationalen Programmen abgeben wird. Dies wird Gespräche über Möglichkeiten für die Lagerung in Gang bringen, die im Laufe des Jahres 2017 geführt und in deren Rahmen auch regionale und andere Lösungen auf EU-Ebene erörtert werden. Im Anschluss daran wird die Kommission eher in der Lage sein, bis 2018 politische Optionen zu formulieren und einen Fahrplan zu erstellen. b) Die Kommission merkt an, dass diese Empfehlung an die Mitgliedstaaten gerichtet ist und dass dieser Aspekt bereits im Rahmen der Prüfung der nationalen Programme und durch die Stellungnahmen abgedeckt ist, die die Kommission an die Mitgliedstaaten richten wird. VIII Die Kommission räumt ein, dass eine Mitfinanzierung auf Ebene der einzelnen Projekte nicht systematisch erreicht worden ist. Sie merkt an, dass das Thema Kofinanzierung in der aktuellen Rechtsgrundlage nicht klar definiert und auch kein Mindestsatz dafür angegeben ist. Die Kommission weist darauf hin, dass sich der Gesamtbeitrag von Litauen, Bulgarien und der Slowakei zu ihren jeweiligen Stilllegungsprogrammen wie vom Hof berichtet auf 1,09 Mrd. EUR beläuft. Zu Empfehlung 3 Die Kommission stellt fest, dass diese Empfehlung an die Mitgliedstaaten gerichtet ist. Sie wird die vom Hof empfohlene Maßnahme dahin gehend unterstützen, dass sie sich im Zusammenhang mit Hilfsprogrammen für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen um die Einführung eines eindeutig festgelegten Kofinanzierungssatzes bemühen wird, um dem Verursacherprinzip Rechnung zu tragen. Die Kommission wird diesbezüglich Gespräche mit den Mitgliedstaaten führen und den von den Mitgliedstaaten in den Jahresarbeitsprogrammen für 2017 vorgeschlagenen Kofinanzierungssatz kritisch prüfen. Antworten der Kommission 76 Zu Empfehlung 4 Die Kommission akzeptiert die Empfehlung. Ihr ist bewusst, dass die Mitfinanzierung dazu beiträgt, dass das Programm wirksam umgesetzt werden kann und dass die Eigenverantwortung der Mitgliedstaaten dadurch gestärkt wird. Sie wird Maßnahmen ergreifen, um die Bedeutung von „in gebührend begründeten Ausnahmefällen“ genauer zu spezifizieren, von denen derzeit in den Verordnungen die Rede ist, und den von den Mitgliedstaaten in den Jahresarbeitsprogrammen für 2017 vorgeschlagenen Kofinanzierungssatz kritisch prüfen. Zu Empfehlung 5 Die Kommission akzeptiert die Empfehlung teilweise. Die Kommission wird eine Folgenabschätzung durchführen, wie es im Einklang mit der Haushaltsordnung und laut Agenda für bessere Rechtsetzung bei Vorschlägen für neue Initiativen erforderlich ist. Im Rahmen dieser Folgenabschätzung wird geprüft, ob die Finanzierung fortgesetzt werden soll und, falls ja, welches die am besten geeigneten Finanzierungsmechanismen sind. Sollte sich aus der Folgenabschätzung ergeben, dass die Finanzierung innerhalb des nächsten MFR für die Zeit nach 2020 fortgesetzt werden muss, wird die Kommission die Empfehlung des Hofs berücksichtigen und sicherstellen, dass die Finanzierungsmechanismen Anreize zur Fortsetzung der Stilllegung umfassen, unter anderem indem sie zeitlich begrenzt und an eine angemessene Mitfinanzierung seitens der Mitgliedstaaten gekoppelt sind. Zu Empfehlung 6 Die Kommission akzeptiert die Empfehlung teilweise. Die Kommission ist gerade dabei, die Nebenkosten zu ermitteln, die abseits der Stilllegung anfallen. Dieser Vorgang wird mit der Halbzeitbewertung abgeschlossen, und es werden mögliche Maßnahmen für ein Auslaufen derartiger Kosten im Jahr 2018 vorgeschlagen. Die Kommission ist jedoch der Auffassung, dass einige grundlegende Bereiche, wie zum Beispiel die Sicherheit, nicht von der EU-Förderung ausgeschlossen werden sollten. Zu Empfehlung 7 Die Kommission akzeptiert die Empfehlung und merkt an, dass sie bereits entsprechende Maßnahmen ergriffen hat. Die Bewertung dauert noch an und wird bis Oktober 2016 abgeschlossen. Zu Empfehlung 8 Die Kommission akzeptiert die Empfehlung. Die Kommission bestätigt, dass dies ein wichtiges Thema ist. Sie hat begonnen, diese Empfehlung durch die Durchführung der Richtlinie über radioaktive Abfälle umzusetzen. Die Kommission prüft derzeit die nationalen Programme, die im Einklang mit der Richtlinie über radioaktive Abfälle vorgelegt wurden, und hat eine Reihe von Studien geplant, um Informationen zu sammeln und verstärkt einen Beitrag zur Validierung zu leisten. Antworten der Kommission 77 Einleitung 20 Im Bereich Kernkraft hat sich in der EU im vergangenen Jahrzehnt einiges getan: Es wurden grundlegende Rechtsvorschriften auf europäischer Ebene in den Bereichen nukleare Sicherheit, radioaktive Abfälle, Entsorgung abgebrannter Brennelemente und Strahlenschutz verabschiedet. Darüber hinaus hat die Kommission 2016 ein neues Hinweisendes Nuklearprogramm (PINC) vorgelegt, das erstmalig auch den Finanzierungsbedarf im Zusammenhang mit der Stilllegung von Kernkraftwerken und der Entsorgung radioaktiver Abfälle und abgebrannter Brennelemente umfasst, wozu auch die Finanzierung von langfristigen Lösungen wie des Baus geologischer Tiefenlager gehört. Mit der Richtlinie über radioaktive Abfälle (Richtlinie 2011/70/Euratom des Rates) wird ein Gemeinschaftsrahmen für die verantwortungsvolle und sichere Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle geschaffen, um zu vermeiden, dass künftigen Generationen unangemessene Lasten aufgebürdet werden. Die Richtlinie geht über das Gemeinsame Übereinkommen hinaus, da die Mitgliedstaaten über ein nationales Programm zur Umsetzung der Politik für die Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle verfügen müssen. Mit dem PINC und der Richtlinie über radioaktive Abfälle möchte die Kommission erstmalig einen umfassenden Überblick über die vollständigen Kosten, die im Zusammenhang mit Stilllegung und Entsorgung anfallen, sowie darüber ermöglichen, wie die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass eine Finanzierung nach dem Verursacherprinzip gewährleistet ist. Bemerkungen Gemeinsame Antwort der Kommission auf die Ziffern 38 bis 40 Die Kommission ist ebenso wie die Mitgliedstaaten der Auffassung, dass keine der Anlagen, die im Rahmen der Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen (NDAP) unterstützt werden, in wirtschaftlicher Weise wieder in Betrieb genommen werden kann. 40 Erster Gedankenstrich Die Kommission räumt ein, dass der erwartete Output, was den Genehmigungsaspekt anbelangt, für das Kernkraftwerk Ignalina nicht erreicht ist, da noch abgebrannte Brennelemente im Werk vorhanden sind. Sie möchte allerdings auch anmerken, dass die Unumkehrbarkeit des Stilllegungsprozesses bereits durch den Rückbau der Turbinenhalle von INPP definitiv sichergestellt ist. 40 Zweiter Gedankenstrich Was das Kernkraftwerk Kozloduy (BG) anbelangt, weist die Kommission darauf hin, dass die zusätzlichen Genehmigungen, die möglicherweise noch erforderlich sind, Arbeiten betreffen, die erst nach dem Zeitpunkt anfallen, an dem die Unumkehrbarkeit erreicht ist. 40 Dritter Gedankenstrich Bezüglich des Kernkraftwerks Bohunice (SK) entspricht der aktuelle Status dem Stilllegungsplan mit planmäßigem Endtermin im Jahr 2025. Gemeinsame Antwort der Kommission auf die Ziffern 41 und 42 Obgleich die Kommission einräumt, dass die wichtigsten Herausforderungen noch bevorstehen, möchte sie anmerken, dass der in Tabelle 3 abgebildete aktuelle Stand der Dinge bei allen drei Mitgliedstaaten den Stilllegungsplänen und den planmäßigen Endterminen entspricht. Die Hauptrückbauarbeiten im Reaktorgebäude können erst gegen Ende des Stilllegungsprozesses durchgeführt werden. Antworten der Kommission 78 Gemeinsame Antwort der Kommission auf die Ziffern 43 bis 46 Die Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen decken den Stilllegungsprozess und die Infrastruktur für die Abfallentsorgung einschließlich der sicheren langfristigen Lagerung der Abfälle und der Entsorgung schwach radio aktiver Abfälle ab. Schwach radioaktive Abfälle, für die ausgereifte Entsorgungslösungen zur Verfügung stehen, machen üblicherweise über 90 % des Abfallvolumens aus. Die Endlagerung abgebrannter Brennelemente und hoch radioaktiver Abfälle fällt im Einklang mit der Richtlinie über radioaktive Abfälle in den Verantwortungsbereich der Mitgliedstaaten. Dies gilt für alle derartigen Abfälle, die in einem Mitgliedstaat anfallen. 48 Die Mitgliedstaaten stellen im Einklang mit der Richtlinie 2011/70/Euratom sicher, dass ihre nationalen Programme für die Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle für alle Arten abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle unter ihrer Rechtshoheit sowie alle Stufen der Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radio aktiver Abfälle von der Erzeugung bis zur Endlagerung durchgeführt werden. Die Kommission erstellt erstmalig eine umfassende Übersicht über die Pläne der Mitgliedstaaten im Bereich Lagerung und damit verbundene Kosten. Gemeinsame Antwort der Kommission auf die Ziffern 49 bis 52 Die Kommission wird die Möglichkeit gemeinsamer Lager auf ihre wirtschaftlichen, rechtlichen und sozialen Auswirkungen hin überprüfen, da die gemeinsame Nutzung von Anlagen zur Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radio aktiver Abfälle, einschließlich Endlagern, als eine potenziell nützliche, sichere und kostengünstige Option angesehen werden kann. 53 Die Mitgliedstaaten notifizieren der Kommission den Inhalt ihres nationalen Programms erstmals bis spätestens August 2015. Innerhalb von sechs Monaten nach der Notifizierung kann die Kommission Erläuterungen anfordern und/oder eine Stellungnahme dazu abgeben, ob der Inhalt des nationalen Programms mit der Richtlinie im Einklang steht. Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission innerhalb von sechs Monaten nach ihrem Ersuchen die angeforderten Erläuterungen und/oder unterrichten sie über eine etwaige Überarbeitung der nationalen Programme. Darüber hinaus legen die Mitgliedstaaten der Kommission erstmals bis spätestens August 2015 und danach alle drei Jahre einen Bericht über die Durchführung dieser Richtlinie vor. Anhand der Berichte der Mitgliedstaaten legt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat Folgendes vor: a) einen Bericht über die bei der Durchführung dieser Richtlinie gemachten Fortschritte und b) eine Bestandsaufnahme der im Gebiet der Gemeinschaft vorhandenen radioaktiven Abfälle und abgebrannten Brenn elemente sowie Prognosen. Diese Praxis ist noch neu, und die Kommission beabsichtigt daher, aus diesem Prozess zu lernen, um die zukünftige Berichterstattung nach Möglichkeit zu verbessern und zu harmonisieren. Speziell für diesen Berichterstattungsdurchlauf musste die Kommission die nationalen Programme aller 28 Mitgliedstaaten sowie die nationalen Berichte berücksichtigen. In Anbetracht dieser Tatsache und um sich ein umfassendes Bild machen zu können, hat die Kommission das Prüfungsverfahren der nationalen Programme in ihren Zeitplan für die Berichterstattung an das Parlament und den Rat mit aufgenommen. Der Bericht wird voraussichtlich im vierten Quartal 2016 vorliegen. Antworten der Kommission 79 Gemeinsame Antwort der Kommission auf die Ziffern 60 bis 68 Die Kommission räumt ein, dass bei einer Reihe von Stilllegungsprojekten, insbesondere innerhalb des vorangegangenen MFR, Verzögerungen aufgetreten sind. Die Kommission hat für den Zeitraum 2014-2020 strengere Vorgaben für Planung, Überwachung und Berichterstattung eingeführt und beobachtet die Durchführung von Projekten engmaschig durch Aktenprüfungen und Vor-Ort-Kontrollen. Es ist anzumerken, dass die Verzögerungen in Bulgarien und der Slowakei derzeit keine Auswirkungen auf den Endtermin haben. 69 Die Kommission ist der Ansicht, dass es von äußerster Wichtigkeit ist, dass Kernkraftwerksbetreiber/Inhaber von Stilllegungsgenehmigungen Fachwissen und Kompetenzen aufbauen, insbesondere im Bereich Projektmanagement. Allerdings ist der Rückgriff auf externe Sachverständige in bestimmten spezialisierten Bereichen von Vorteil. Gemeinsame Antwort der Kommission auf die Ziffern 73 und 74 Innerhalb der letzten zehn Jahre hat sich die Kostenprognose im Bereich Stilllegung kerntechnischer Anlagen erheblich entwickelt. Die Kommission hat einen Beitrag zur Verbesserung der Kostenschätzung bei Stilllegungsprogrammen geleistet und gemeinsam mit der OECD/der Kernenergie-Agentur NEA im Jahr 2012 das Internationale Konzept für Stilllegungskosten kerntechnischer Anlagen (International Structure for Decommissioning Costing of Nuclear Installations, ISDC) erarbeitet. Die Optimierung der Kostenschätzung für Stilllegungsarbeiten ist noch nicht abgeschlossen; an einer weiteren Verbesserung besteht weltweit großes Interesse: Die OECD/die NEA und die IAEO sind nach wie vor relativ viel mit dem Thema Kostenschätzung und Unsicherheiten befasst. Die Kommission unterstützt diese Maßnahmen in vollem Umfang. Die Kommission merkt an, dass der Hauptanstieg bei den Kosten bis 2011 zu verzeichnen war, wie auch aus Abbildung 16 hervorgeht. Die Richtungsänderung der Kurve spiegelt die Verbesserungen wider, die im Anschluss an die vorherige Prüfung im Bereich Programmverwaltung, vor allem bei dem bulgarischen und dem slowakischen Programm, vorgenommen wurden. 75 Für den Zeitraum 2014-2020 ist keine Finanzierungslücke zu erwarten; gleichzeitig hat die Kommission ihre Programm überwachung und -prüfung verschärft. Die Kommission hat ferner eine eingehende Bewertung der Tragfähigkeit der Finanzierungspläne in die Wege geleitet, die voraussichtlich Ende Oktober 2016 abgeschlossen sein wird. Darüber hinaus hat die Kommission anhand des makroökonomischen Forschungs- und Analysemodells QUEST (auf das sie für Prognosezwecke zurückgreift) verschiedene Szenarien für die Programme für die Zeit nach 2020 durchgespielt. Das wichtigste Ergebnis war, dass die Mitgliedstaaten selbst im ungünstigsten Fall die Stilllegungsprogramme finanzieren könnten, ohne dass sich dies in merklicher bzw. nennenswerter Weise auf ihre makroökonomischen Parameter auswirken würde. Wenn die Ausarbeitung des Finanzrahmens für die Zeit nach 2020 ansteht, wird die Kommission eine Folgenabschätzung durchführen, wie es im Einklang mit der Haushaltsordnung und laut Agenda für bessere Rechtsetzung bei neuen Initiativen erforderlich ist – zum aktuellen Zeitpunkt kann sie keine definitive Aussage zur Finanzierung nach 2020 treffen. Im Rahmen dieser Folgenabschätzung wird geprüft, ob die Finanzierung fortgesetzt werden soll und, falls ja, welches die am besten geeigneten Finanzierungsmechanismen sind. Siehe die Antwort der Kommission auf Empfehlung 5. 77 Darüber hinaus hat die Kommission die Programmplanung im Rahmen des MFR 2014-2020 dahin gehend verbessert, dass die Vorlage von Stilllegungs- und Finanzierungsplänen zu einer Grundvoraussetzung erklärt wurde. Die Vollständigkeit und Tragfähigkeit dieser Pläne wird derzeit von einem unabhängigen externen Sachverständigen geprüft. Antworten der Kommission 80 80 Die Kommission hat eine eingehende Analyse des Personalbestands im Kraftwerk Ignalina in Auftrag gegeben, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Sicherheit des Standorts angesichts des Vorhandenseins von abgebrannten Brennelementen im Reaktor und des somit verhältnismäßig nach wie vor höheren Risikos nicht gefährdet werden darf. 82 Die Kommission ist sich des Risikos bewusst, dass unzureichende Anreize für die Beschränkung des Personalbestands auf das absolute Minimum zu höheren Kosten führen können. Seit mehreren Jahren laufen verschiedene Maßnahmen zur Minderung dieses Risikos. Dazu gehören auch eine systematische Bewertung der Vorteile der Auslagerung von Tätigkeiten und ein jährlicher quantitativer Personaleinsatzplan, der an den geplanten Tätigkeiten ausgerichtet ist. Es laufen zurzeit Gespräche darüber, inwiefern Kofinanzierungsregelungen in der Praxis dafür genutzt werden können, die Interessen der örtlichen Interessenträger mit denen der Kommission in Einklang zu bringen. 84 Die Kommission weist darauf hin, dass die Finanzierungslücken sowohl in Bulgarien als auch in der Slowakei immer kleiner werden. Grundlage der Bewertungen der Kommission sind die Stilllegungspläne und die verfügbaren Mittel. Sie werden anhand der Ergebnisse der Halbzeitbewertung erneut beurteilt. 85 Der Kommission ist bewusst, dass an der Kostenschätzung für die Stilllegungsarbeiten noch gearbeitet werden muss. Dies wird auch von anderen internationalen Organisationen wie der OECD/der NEA und der IAEO bestätigt. Die Kommission beobachtet die Entwicklung in diesem Bereich genau; zudem verfügt sie über eine Expertengruppe für Stilllegungsfinanzierung, in der ihre diesbezüglichen Bemühungen gebündelt werden. Was die fraglichen Programme anbelangt, verwendet die Kommission einen konservativeren, vorsichtigeren Ansatz als die Mitgliedstaaten. Allerdings geht der allgemein zu beobachtende Trend im Falle der Finanzierungslücken von Bulgarien und der Slowakei nach unten. Siehe auch die Antworten der Kommission auf Ziffer 75 und Empfehlung 5. 87 Der interne Auditdienst der Kommission hatte diese Schwächen im Management- und Kontrollsystem bereits erkannt. Folglich wurde 2015 ein Aktionsplan eingerichtet, der zurzeit umgesetzt wird. Der Abschluss der wichtigsten Maßnahmen, mit denen der vom Hof hervorgehobenen Problematik begegnet werden soll, wird für Ende Oktober 2016 erwartet, und ein weiteres beschlossenes Maßnahmenpaket ist auf Ende des Jahres terminiert. Gemeinsame Antwort auf die Ziffern 89 und 90 Wenn man berücksichtigt, dass diese Kernkraftwerke aufgrund einer politischen Entscheidung vorzeitig abgeschaltet wurden, ist es nur folgerichtig, dass die Fonds nicht die vollständigen Kosten für die Stilllegungsarbeiten abdecken können. Ausschlaggebend für die EU-Förderung war ja unter anderem die Minderung der daraus resultierenden finanziellen Belastung für die betroffenen Mitgliedstaaten. 91 In der Rechtsgrundlage sind keine Kofinanzierungssätze für die Mitfinanzierung durch die Mitgliedstaaten festgelegt. Es wird darin lediglich auf die Notwendigkeit verwiesen, die zuvor eingeführte Praxis der Kofinanzierung fortzusetzen. Obgleich dies auf der Ebene einzelner Projekte nicht durchgängig erreicht ist, gibt es eine Kofinanzierung auf Programmebene. Antworten der Kommission 81 Der Gesamtbeitrag von Litauen, Bulgarien und der Slowakei zu ihren jeweiligen Stilllegungsprogrammen beläuft sich auf 1,09 Mrd. EUR. 92 Die Kommission ist der Ansicht, dass die Verstärkung der Mitfinanzierung durch die Mitgliedstaaten ein wichtiges Ziel ist. Allerdings ist die Kommission in der aktuellen Phase nicht in der Lage, sich verbindlich auf die Umsetzung der Empfehlung des Hofs, die einzelstaatliche Mitfinanzierung bis Ende 2016 zu erhöhen, festzulegen. Die möglichen Optionen werden im Zuge der für 2017 angesetzten Halbzeitbewertung der Programme geprüft. 93 Die im Rahmen des MFR 2014-2020 genehmigten Stilllegungspläne und Kostenschätzungen sind die Grundlage für die Programmplanung der drei Mitgliedstaaten. Die Endlagerung abgebrannter Brennelemente und hoch radioaktiver Abfälle fällt im Einklang mit der Richtlinie über radioaktive Abfälle in den Verantwortungsbereich der Mitgliedstaaten und ist deshalb nicht Bestandteil der Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen. 94 Laut der Richtlinie 2011/70/Euratom werden die Kosten der Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle von denjenigen getragen, die dieses Material erzeugt haben (Artikel 4 Absatz 3 Buchstabe e); wird die Verantwortung an die an den einzelnen Stufen der Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle beteiligten Stellen eindeutig zugewiesen (Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe f) und stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass durch den nationalen Rahmen vorgeschrieben ist, dass angemessene Finanzmittel (...) insbesondere zur Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle zu dem Zeitpunkt zur Verfügung stehen, zu dem sie benötigt werden, wobei die Verantwortung der Erzeuger abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle angemessen zu berücksichtigen ist (Artikel 9). 95 Die Umsetzung der Richtlinie über radioaktive Abfälle durch die Mitgliedstaaten hat für die Kommission eine hohe Priorität. Die Überprüfung der nationalen Programme der Mitgliedstaaten läuft zurzeit, und bei dieser Gelegenheit wird auf alle diese Aspekte eingegangen. 96 Die Stilllegungspläne enthalten im Einklang mit den Verordnungen über Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen auch die Kosten für die Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle. Die Kosten für langfristige Endlagerungsvorhaben sind nicht enthalten, aber dafür die Kosten für Lagerungseinrichtungen zur Füllung dieser Lücke. Schlussfolgerungen und Empfehlungen 107 Seit der Prüfung im Jahr 2011 hat die Kommission einige wichtige Verbesserungen im Bereich Programmplanung und Projektmanagement eingeführt. Mit der Rechtsgrundlage für den Zeitraum 2014-2020 wurden spezifische Ziele eingeführt, deren Erreichung anhand von wesentlichen Leistungsindikatoren und eines neuen Rahmens für Überwachung und Berichterstattung gemessen wird. Die Kommission ist folglich der Auffassung, dass die finanzielle Unterstützung der EU effektiv zu einer Milderung der wirtschaftlichen Folgen der vorzeitigen Abschaltung beigetragen hat und dass der Stilllegungsprozess gut angelaufen ist. Sie merkt jedoch an, dass eine Stilllegung ein komplexer und langwieriger Vorgang ist, der sich in der Regel über zwei Jahrzehnte hinzieht und damit über den auf sieben Jahre angelegten MFR hinausgeht. Antworten der Kommission 82 Die im Rahmen des MFR 2014-2020 genehmigten aktualisierten Stilllegungspläne und zugehörigen Kostenschätzungen sind die Grundlage für die Programmplanung der drei Mitgliedstaaten. Auf dieser Planungsgrundlage beobachtet die Kommission genau den Fortschritt hinsichtlich der Erreichung des Stilllegungs-Endzustands unter Einhaltung höchster Sicherheitsstandards. Gemeinsame Antwort der Kommission auf die Ziffern 108 bis 111: Die Kommission überwacht die Erreichung der in den Verordnungen des Rates genannten Ziele in proaktiver Weise und erstattet dem Parlament und dem Rat jährlich Bericht. Eine Stilllegung erfolgt üblicherweise in zwei Hauptphasen: i) Nachbetriebsphase (d. h., die Betriebsgenehmigung be steht noch, da noch abgebrannte Brennelemente vorhanden sind) und ii) Stilllegung/Rückbau. Die Slowakei und Bulgarien sind in der zweiten Phase, während Litauen sich aufgrund des Vorhandenseins von abgebrannten Brennelementen in einem der Reaktoren weiterhin in der Nachbetriebsphase befindet. Die Kommission ist ebenso wie die Mitgliedstaaten der Auffassung, dass keine der Anlagen, die im Rahmen der Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen (NDAP) unterstützt werden, in wirtschaftlicher Weise wieder in Betrieb genommen werden kann. Sie räumt ein, dass die kritischen technischen Herausforderungen des Reaktorrückbaus, wie bereits bei anderen vergleichbaren Stilllegungstätigkeiten zu beobachten war, noch bevorstehen. Empfehlung 1 – Sicherstellung von Fortschritten bei der Stilllegung Die Kommission merkt an, dass die Empfehlungen 1 a) und 1 b) an die Mitgliedstaaten gerichtet sind. Die Kommission akzeptiert Empfehlung 1 c), soweit sie davon betroffen ist. Sie befürwortet die Idee eines besseren Austauschs bewährter Verfahren und technischen Wissens und wird die drei Mitgliedstaaten dabei unterstützen. a) Bei dem aktuellen MFR hat die Kommission der Schaffung eines allgemeinen Rahmens für die Arbeit der Mitgliedstaaten im Bereich Programmplanung, Projektmanagement und Projektüberwachung hohe Priorität eingeräumt. Darüber hinaus hat die Kommission ein Earned-Value-Management-System (EVM) eingeführt, um die Projektleistung und den Projektfortschritt objektiv messen zu können. Diese Änderungen werden ihre volle Wirkung voraussichtlich in den kommenden Jahren entfalten. b) Die Kommission ist der Ansicht, dass es von äußerster Wichtigkeit ist, dass Kernkraftwerksbetreiber/Inhaber von Stilllegungsgenehmigungen insbesondere im Bereich Projektmanagement Fachwissen und Kompetenzen aufbauen und Bereiche ermitteln, bei denen eine Auslagerung einen Mehrwert einbringt. Der Rückgriff auf externe Sachverständige ist in bestimmten spezialisierten Bereichen von Vorteil. c) Die Kommission versucht, eine offene und transparente Umgebung, den Austausch von Fachwissen und bewährten Verfahren und Standardisierungsverfahren zu fördern, und zwar unter anderem mit dem Ziel, den Wettbewerb anzuregen und die Sicherheit zu erhöhen. Um dieses Ziel zu erreichen, hat die Kommission im Jahr 2015 die Gruppe für Stilllegungsfinanzierung wieder einberufen, die aus nationalen Sachverständigen zusammengesetzt ist, die im Bereich Stilllegungskosten und Mittelverwaltung auf dem neuesten Kenntnisstand sind. Darüber hinaus wird die Kommission ihre Beteiligung an internationalen Foren und Arbeitsgruppen nutzen, um Erfahrungen auszutauschen, die im Rahmen der Verwaltung der Stilllegungsprogramme gewonnen wurden. Es werden insbesondere die Maßnahmen in Zusammenarbeit mit der IAEO und der OECD/der NEA weiterverfolgt. 112 Bezüglich der Berichterstattung zu den Plänen der Mitgliedstaaten siehe die Antwort der Kommission auf Ziffer 53. Antworten der Kommission 83 Die Kommission prüft aktuell die nationalen Programme aller 28 Mitgliedstaaten. Diese Praxis ist noch neu, und die Kommission beabsichtigt daher, aus diesem Prozess zu lernen, um die zukünftige Berichterstattung nach Möglichkeit zu verbessern und zu harmonisieren. Speziell für diesen Berichterstattungsdurchlauf musste die Kommission die nationalen Programme aller 28 Mitgliedstaaten sowie die nationalen Berichte berücksichtigen. In Anbetracht dieser Tatsache und um sich ein umfassendes Bild machen zu können, hat die Kommission das Prüfungsverfahren der nationalen Programme in ihren Zeitplan für die Berichterstattung an das Parlament und den Rat mit aufgenommen. Der Bericht wird voraussichtlich im vierten Quartal 2016 vorliegen. Empfehlung 2 – Lösungen für die Endlagerung der abgebrannten Brennelemente a) Die Kommission akzeptiert die Empfehlung. Die Kommission misst der sicheren und verantwortungsvollen Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle hohe Bedeutung bei, da somit vermieden werden kann, dass künftigen Generationen unangemessene Lasten aufgebürdet werden. In dieser Hinsicht wird die Kommission die Richtung bereits in den Stellungnahmen vorgeben, die sie 2016/2017 im Einklang mit der Richtlinie 2011/70/Euratom zu den nationalen Programmen abgeben wird. Dies wird Gespräche über Möglichkeiten für die Endlagerung in Gang bringen, die im Laufe des Jahres 2017 geführt und in deren Rahmen auch potenzielle regionale und andere Lösungen auf EU-Ebene in Betracht gezogen werden. Im Anschluss daran wird die Kommission eher in der Lage sein, bis 2018 politische Optionen zu formulieren und einen Fahrplan zu erstellen. b) Die Kommission stellt fest, dass diese Empfehlung an die Mitgliedstaaten gerichtet ist. Sie merkt des Weiteren an, dass dieser Aspekt bereits im Rahmen der Prüfung der nationalen Programme und durch die Stellungnahmen abgedeckt ist, die die Kommission an die Mitgliedstaaten richten wird. Die Kommission plant, 2017 eine Studie in Auftrag zu geben, in deren Rahmen die Kostenschätzungen der Mitgliedstaaten im Bereich Abfallbehandlung bewertet werden sollen. 113 Die im Rahmen des MFR 2014-2020 genehmigten Stilllegungspläne sind die Grundlage für die Programmplanung der drei Mitgliedstaaten. Die Kosten für die Endlagerung abgebrannter Brennelemente und hoch radioaktiver Abfälle sind nicht im Rahmen der Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen förderfähig und nicht Teil des Ausgangswerts. Die Endlagerung abgebrannter Brennelemente und hoch radioaktiver Abfälle fällt laut Richtlinie über radioaktive Abfälle in den Verantwortungsbereich der Mitgliedstaaten. Die Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen sollten entsprechend dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dazu dienen, die Komplementarität und Kohärenz der einschlägigen Maßnahmen der Union sicherzustellen. 114 Die Kommission betont, dass es im Rahmen des MFR 2014-2020 hinsichtlich der vereinbarten Ziele keine Finanzierungs lücke gibt. Empfehlung 3 – Achtung des Verursacherprinzips durch Erhöhung der einzelstaatlichen Finanzierung für 2014-2020 und darüber hinaus Die Kommission stellt fest, dass diese Empfehlung an die Mitgliedstaaten gerichtet ist. Sie wird die vom Hof empfohlene Maßnahme dahin gehend unterstützen, dass sie sich um die Einführung eines klar definierten Kofinanzierungssatzes bemühen wird, um dem Verursacherprinzip Rechnung zu tragen. Die Kommission wird diesbezüglich Gespräche mit den Mitgliedstaaten führen und den von den Mitgliedstaaten in den Jahresarbeitsprogrammen für 2017 vorgeschlagenen Kofinanzierungssatz kritisch prüfen. Empfehlung 4 – Erhöhung der einzelstaatlichen Mitfinanzierung im Finanzierungszeitraum 2014-2020 Die Kommission akzeptiert die Empfehlung. Antworten der Kommission 84 Ihr ist bewusst, dass die Mitfinanzierung dazu beiträgt, dass die Programme wirksam umgesetzt werden, und dass die Eigenverantwortung der Mitgliedstaaten dadurch gestärkt wird. Allerdings enthält die aktuelle Rechtsgrundlage keinen diesbezüglichen spezifischen Kofinanzierungssatz. Die Kommission wird daher in einem ersten Schritt Maßnahmen ergreifen, um die Bedeutung von „in gebührend begründeten Ausnahmefällen“ genauer zu spezifizieren, von denen derzeit in den Verordnungen die Rede ist, und den von den Mitgliedstaaten in den Jahresarbeitsprogrammen für 2017 vorgeschlagenen Kofinanzierungssatz kritisch prüfen. Empfehlung 5 – Einstellung der speziellen Finanzierungsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen in Litauen, Bulgarien und der Slowakei nach 2020 Die Kommission akzeptiert die Empfehlung teilweise. Die Kommission wird eine Folgenabschätzung durchführen, wie es im Einklang mit der Haushaltsordnung und laut Agenda für bessere Rechtsetzung bei Vorschlägen für neue Initiativen erforderlich ist. Im Rahmen dieser Folgenabschätzung wird geprüft, ob die Finanzierung fortgesetzt werden soll und, falls ja, welches die am besten geeigneten Finanzierungsmechanismen sind. Sollte sich aus der Folgenabschätzung ergeben, dass die Finanzierung innerhalb des nächsten MFR für die Zeit nach 2020 fortgesetzt werden muss, wird die Kommission die Empfehlung des Hofs berücksichtigen und sicherstellen, dass die Finanzierungsmechanismen Anreize zur Fortsetzung der Stilllegung umfassen, unter anderem indem sie zeitlich begrenzt und an eine angemessene Mitfinanzierung seitens der Mitgliedstaaten gekoppelt sind. 118 Die Kommission hat eine eingehende Analyse des Personalbestands im Kraftwerk Ignalina in Auftrag gegeben, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Sicherheit des Standorts nicht gefährdet werden darf: Aufgrund der noch in den Reaktorgebäuden vorhandenen abgebrannten Brennelemente und des damit einhergehenden Risikos müssen essenzielle Sicherheitsfunktionen aufrechterhalten werden. Empfehlung 6 – EU-Finanzmittel nur für Kosten der Stilllegungsarbeiten Die Kommission akzeptiert die Empfehlung teilweise. Die Kommission ist gerade dabei, die Nebenkosten zu ermitteln, die abseits der Stilllegung anfallen. Dieser Vorgang wird mit der Halbzeitbewertung abgeschlossen, und es werden mögliche Maßnahmen für ein Auslaufen derartiger Kosten im Jahr 2018 vorgeschlagen. Die Kommission ist jedoch der Auffassung, dass einige grundlegende Bereiche, wie zum Beispiel die Sicherheit, nicht von der EU-Förderung ausgeschlossen werden sollten. Empfehlung 7 – Verbesserung der Überwachung durch die Kommission Die Kommission akzeptiert die Empfehlung; entsprechende Maßnahmen wurden bereits ergriffen. Die Bewertung der Ex-ante-Bedingungen wird bis Oktober 2016 abgeschlossen. Empfehlung 8 – Bilanzierung Die Kommission akzeptiert die Empfehlung. Die Kommission bestätigt, dass dies ein wichtiges Thema ist. Sie hat begonnen, diese Empfehlung durch die Durchführung der Richtlinie über radioaktive Abfälle umzusetzen. Die Kommission prüft derzeit die nationalen Programme, die im Einklang mit der Richtlinie über radioaktive Abfälle vorgelegt wurden, und hat eine Reihe von Studien geplant, um Informationen zu sammeln und verstärkt einen Beitrag zur Validierung zu leisten. WO ERHALTE ICH EU-VERÖFFENTLICHUNGEN? Kostenlose Veröffentlichungen: • Einzelexemplar: über EU Bookshop (http://bookshop.europa.eu); • mehrere Exemplare/Poster/Karten: bei den Vertretungen der Europäischen Union (http://ec.europa.eu/represent_de.htm), bei den Delegationen in Ländern außerhalb der Europäischen Union (http://eeas.europa.eu/delegations/index_de.htm), über den Dienst Europe Direct (http://europa.eu/europedirect/index_de.htm) oder unter der gebührenfreien Rufnummer 00 800 6 7 8 9 10 11 (*). (*) Sie erhalten die bereitgestellten Informationen kostenlos, und in den meisten Fällen entstehen auch keine Gesprächsgebühren (außer bei bestimmten Telefonanbietern sowie für Gespräche aus Telefonzellen oder Hotels). Kostenpflichtige Veröffentlichungen: • über EU Bookshop (http://bookshop.europa.eu). Verfahrensschritt Datum Annahme des Prüfungsplans/Prüfungsbeginn 25.3.2015 Offizielle Übermittlung des Berichtsentwurfs an die Kommission (oder eine andere geprüfte Stelle) 2.5.2016 Annahme des endgültigen Berichts nach Abschluss des kontradiktorischen Verfahrens 14.7.2016 Eingang der offiziellen Antworten der Kommission (oder einer anderen geprüften Stelle) in allen Sprachen 15.7.2016 Die Stilllegung von acht Kernreaktoren sowjetischer Bauart in Litauen, Bulgarien und der Slowakei war Bedingung für den EU-Beitritt dieser Länder. Der Hof stellte fest, dass die von der EU zur Unterstützung der Erfüllung dieser Vorgabe aufgelegten Finanzierungsprogramme nicht die richtigen Anreize für eine fristgerechte und kosteneffiziente Stilllegung geschaffen haben. Es wurden zwar Fortschritte erzielt, doch bei wichtigen Infrastrukturprojekten traten Verzögerungen auf, und die kritischen Herausforderungen in Zusammenhang mit den Arbeiten im Kontrollbereich stehen noch bevor. Bis 2020 wird sich die EU-Unterstützung voraussichtlich auf insgesamt 3,8 Milliarden Euro belaufen. Die Stilllegungskosten werden insgesamt schätzungsweise mindestens 5,7 Milliarden Euro betragen. Bei Berücksichtigung der Kosten für die Endlagerung hoch radioaktiver Abfälle könnte dieser Gesamtbetrag doppelt so hoch ausfallen. EUROPÄISCHER RECHNUNGSHOF
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