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DE
2016
Sonderbericht
Nr. 22
Hilfsprogramme der
EU für die Stilllegung
kerntechnischer Anlagen
in Litauen, Bulgarien und
der Slowakei: Seit 2011
wurden Fortschritte erzielt,
doch stehen kritische
Herausforderungen bevor
EUROPÄISCHER
RECHNUNGSHOF
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Luxemburg: Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union, 2016
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EPUB
ISBN 978-92-872-5508-2
ISBN 978-92-872-5474-0
ISBN 978-92-872-5476-4
ISSN 1831-080X
ISSN 1977-5644
ISSN 1977-5644
doi:10.2865/05222
doi:10.2865/39914
doi:10.2865/47724
QJ-AB-16-020-DE-C
QJ-AB-16-020-DE-N
QJ-AB-16-020-DE-E
© Europäische Union, 2016
Nachdruck mit Quellenangabe gestattet.
Die Genehmigung zur Wiedergabe oder Vervielfältigung der Abbildungen 1, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14 und 15 sowie der
Abbildung in Anhang VII muss direkt beim Copyright-Inhaber eingeholt werden.
DE
2016
Sonderbericht
Nr. 22
Hilfsprogramme der
EU für die Stilllegung
kerntechnischer Anlagen
in Litauen, Bulgarien und
der Slowakei: Seit 2011
wurden Fortschritte erzielt,
doch stehen kritische
Herausforderungen bevor
(gemäß Artikel 287 Absatz 4 Unterabsatz 2 AEUV)
Prüferteam
02
Die Sonderberichte des Hofes enthalten die Ergebnisse seiner Wirtschaftlichkeits- und Compliance-Prüfungen zu spezifischen Haushaltsbereichen oder Managementthemen. Bei der Auswahl und Gestaltung dieser Prüfungsaufgaben ist der
Hof darauf bedacht, maximale Wirkung dadurch zu erzielen, dass er die Risiken für die Wirtschaftlichkeit oder Compliance, die Höhe der betreffenden Einnahmen oder Ausgaben, künftige Entwicklungen sowie das politische und öffentliche
Interesse abwägt.
Diese Wirtschaftlichkeitsprüfung wurde von Prüfungskammer II – Ausgabenbereiche „Strukturpolitische Maßnahmen,
Verkehr und Energie“ – unter Vorsitz von Henri Grethen, Mitglied des Hofes, durchgeführt. Leitung und Berichterstattung
für diese Prüfung fielen in die Zuständigkeit von Phil Wynn Owen, Mitglied des Hofes. Herr Wynn Owen wurde von einem
Prüferteam der Kammer II unterstützt.
Inhalt
03
Ziffer
Glossar
Abkürzungen
I – X
Zusammenfassung
1 – 28
Einleitung
4 – 10
Die Hilfsprogramme der EU für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen
11 – 17
Was versteht man unter der Stilllegung kerntechnischer Anlagen?
18 – 19
Entsorgung radioaktiver Abfälle
20
Das Verursacherprinzip als EU-weiter und internationaler Grundsatz
21 – 27
Rollen und Zuständigkeiten der verschiedenen Akteure im Rahmen der Hilfsprogramme der EU für
die Stilllegung kerntechnischer Anlagen
28
Vorangegangener Sonderbericht des Europäischen Rechnungshofs über die Stilllegung
kerntechnischer Anlagen
29 – 35
Prüfungsumfang und Prüfungsansatz
36 – 106
Bemerkungen
36 – 71
Seit 2011 wurden bei der Stilllegung Fortschritte erzielt, doch stehen kritische Herausforderungen
bevor
37 – 58
In den nicht kontrollierten Bereichen wurden Fortschritte erzielt, aber die Stilllegungsarbeiten an den
Reaktorgebäuden haben noch nicht begonnen, und die Infrastruktur für die Entsorgung radioaktiver
Abfälle ist nur teilweise fertiggestellt
59 – 71
Bei nahezu allen wichtigen Projekten zur Schaffung der Stilllegungsinfrastruktur sind Verzögerungen
aufgetreten
72 – 106 Die geschätzten Stilllegungskosten belaufen sich auf mindestens 5,7 Milliarden Euro bzw. das
Doppelte, wenn die Kosten für die Endlagerung ebenfalls berücksichtigt werden
73 – 74
Die geschätzten Gesamtkosten der Stilllegung haben sich seit 2010 um 40 % auf 5,7 Milliarden Euro erhöht
75 – 85
Die Mitgliedstaaten, insbesondere Litauen, stehen finanziellen Herausforderungen gegenüber
86 – 88
Die Prüfung der Finanzierungs- und Stilllegungspläne durch die Kommission war unzulänglich
89 – 92
Der Großteil der Kosten wird in allen drei Mitgliedstaaten aus dem EU-Haushalt finanziert
04
Inhalt
93 – 99
Bei Berücksichtigung der Kosten für die Endlagerung hoch radioaktiver Abfälle würden sich die
geschätzten Gesamtkosten verdoppeln
100 – 106 Verbindlichkeiten für zukünftige Kosten werden in den drei Mitgliedstaaten nicht ordnungsgemäß
bilanziert
107 – 120 Schlussfolgerungen und Empfehlungen
Anhang I
— Kernreaktoren, die im Rahmen des Hilfsprogramms für die Stilllegung
kerntechnischer Anlagen der EU stillgelegt werden
Anhang II
— Überblick über die Rechtsgrundlagen zu den Hilfsprogrammen für die Stilllegung
kerntechnischer Anlagen
Anhang III — Kernreaktoren in den Mitgliedstaaten und deren Status zum 31. Dezember 2015
Anhang IV — Überblick über die Akteure der Hilfsprogramme für die Stilllegung
kerntechnischer Anlagen
Anhang V — Im Rahmen der Prüfung untersuchte von der EU finanzierte Projekte
Anhang VI — Verzögerungen und Kostenüberschreitungen bei einer Stichprobe von 18 für die
Stilllegung wichtigen Infrastruktur- und Unterstützungsprojekten, die seit 2001
durch die Hilfsprogramme der EU finanziert werden
Anhang VII — Bau des geologischen Tiefenlagers zur Endlagerung abgebrannter
Kernbrennstoffe in Olkiluoto in Finnland
Antworten der Kommission
Glossar
05
Abgebrannte Kernbrennstoffe: Kernbrennstoffe, die in einem Reaktor bestrahlt wurden und das Ende ihrer
Nutzungsdauer erreicht haben.
Abschwächungsmaßnahmen: Vorhaben, die einen Teil der Auswirkungen der infolge der vorzeitigen Abschaltung
verloren gegangenen Energieerzeugungskapazität eines Landes abmildern sollen.
Aktivierung: Der Vorgang, bei dem Neutronenbestrahlung dazu führt, dass Radioaktivität unbeabsichtigt in
Moderatoren, Kühlmittel sowie Struktur- und Abschirmmaterialien gelangt.
Brachfläche: Obwohl es für diesen Begriff keine international einheitliche Definition gibt, bezeichnet er im
vorliegenden Bericht den Endzustand des Geländes eines stillgelegten Kernkraftwerks, das nicht den Status der
„grünen Wiese“ erreicht. Ein als Brachfläche eingestuftes Gelände unterliegt weiterhin behördlicher Kontrolle; für
Wiedernutzung und Sanierung der Fläche gelten gewisse Einschränkungen.
Endgültiger Stilllegungsplan: Ein Dokument, das vom Betreiber eines Kernkraftwerks bei der Abschaltung einer
Anlage erstellt und als Teil des Antrags auf Stilllegungsgenehmigung eingereicht wird. Darin sind alle erforderlichen
Aktivitäten sowie die entsprechenden Zeitpläne und geschätzten Kosten aufgeführt. Zudem umfasst es einen
Finanzierungsplan. Das Dokument kann im Verlauf der Stilllegung abgeändert werden.
Endlagerung: Der letzte Schritt im Verfahren zur Behandlung radioaktiver Abfälle. Hierfür stehen verschiedene
Optionen zur Verfügung, darunter die Lagerung in einem geologischen Tieflager für hoch radioaktive Abfälle.
Eventualverbindlichkeit: In der Rechnungslegung handelt es sich hierbei um eine gegenwärtige Verpflichtung,
deren Zahlung unwahrscheinlich ist oder deren Höhe nicht verlässlich bestimmt werden kann, oder um eine
mögliche Verpflichtung, die vom Eintreten eines ungewissen künftigen Ereignisses abhängt.
Ex-ante-Bedingungen: Hierbei handelt es sich um Bedingungen für die wirksame und effiziente Nutzung der
Unterstützung der Union. Die Ex-ante-Bedingungen für die Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer
Anlagen sind in den Verordnungen (Euratom) Nr. 1368/20131 und (Euratom) Nr. 1369/20132 des Rates festgelegt.
Litauen, Bulgarien und die Slowakei mussten spätestens bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Kommission ihren
Finanzierungsbeschluss zum Jahresarbeitsprogramm 2014 annahm, geeignete Maßnahmen zur Erfüllung dieser
Bedingungen ergriffen haben.
Genehmigungen: Alle während der Lebensdauer eines Kernkraftwerks durchgeführten Aktivitäten, einschließlich
der Stilllegung, werden reguliert und erfordern die Genehmigung einer nationalen Behörde. Für die Arbeit im
Kontrollbereich muss die Betriebsgenehmigung in eine Stilllegungsgenehmigung umgewandelt werden.
Geologisches Tiefenlager: Ein unterirdisches Endlager in einer geologisch beständigen Formation zum Zwecke
des langfristigen Einschlusses (für Tausende Jahre oder mehr) langlebiger radioaktiver Abfälle und ihrer Isolierung
von der zugänglichen Biosphäre. Lagerung bedeutet, dass eine Rückholung der Abfälle nicht beabsichtigt ist,
obwohl diese Möglichkeit nicht ausgeschlossen ist. Geologische Lagerung ist eine Methode zur Entsorgung vor
allem hoch radioaktiver Abfälle.
1
Verordnung (Euratom) Nr. 1368/2013 des Rates vom 13. Dezember 2013 über die Unterstützung der Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer
Anlagen in Bulgarien und der Slowakei durch die Union und zur Aufhebung der Verordnungen (Euratom) Nr. 549/2007 und (Euratom) Nr. 647/2010
(ABl. L 346 vom 20.12.2013, S. 1).
2
Verordnung (Euratom) Nr. 1369/2013 des Rates vom 13. Dezember 2013 über die Unterstützung des Hilfsprogramms für die Stilllegung kerntechnischer
Anlagen in Litauen durch die Union und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1990/2006 (ABl. 346 vom 20.12.2013, S. 7).
Glossar
06
„Grüne Wiese“: Obwohl es für diesen Begriff keine international einheitliche Definition gibt, bezeichnet er im
vorliegenden Bericht den Endzustand des Geländes eines stillgelegten Kernkraftwerks, der die Entlassung des
Geländes aus der behördlichen Kontrolle erlaubt.
Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen: EU-Programme zur finanziellen Unterstützung
Litauens, Bulgariens und der Slowakei bei der Abschaltung und Stilllegung von Kernreaktoren sowjetischer Bauart,
die nicht wirtschaftlich auf westliche Sicherheitsstandards nachgerüstet werden konnten, in den Kraftwerken
Ignalina, Kosloduj bzw. Bohunice, gemäß den entsprechenden Bedingungen in den Beitrittsverträgen dieser Länder.
Indirekte Mittelverwaltung: Eine der drei Arten des EU-Haushaltsvollzugs. Bei dieser Art der Verwaltung trägt
die Kommission die Gesamtverantwortung für den Haushalt, betraut jedoch ein Partnerland oder mehrere
Partnerländer, internationale Organisationen, Agenturen der Mitgliedstaaten oder sonstige Einrichtungen mit
Haushaltsvollzugsaufgaben.
Internationale Fonds zur Unterstützung der Stilllegung: Die von der EBWE verwalteten Fonds zur Unterstützung
der Stilllegungsprozesse in Litauen über den Internationalen Fonds zur Unterstützung der Stilllegung des
Kernkraftwerks Ignalina (IIDSF), in Bulgarien über den Internationalen Fonds zur Unterstützung der Stilllegung
des Kernkraftwerks Kosloduj (KIDSF) und in der Slowakei über den Internationalen Fonds zur Unterstützung des
Kernkraftwerks Bohunice (BIDSF).
Kernkraftwerk: Ein Kraftwerk, in dem spaltbares Material als Brennstoff verwendet wird.
Kernreaktor: Ein System auf dem Gelände eines Kernkraftwerks, in dem Kernspaltungsreaktionen kontinuierlich
und kontrolliert als Kettenreaktionen stattfinden.
Kontaminierung: Das unbeabsichtigte und unerwünschte Vorhandensein einer radioaktiven Substanz auf
Oberflächen oder in Festkörpern oder der Vorgang, der zum Vorhandensein von Radioaktivität an diesen Orten
führt.
Kontrollbereich: Ein Bereich, dessen Zugang geregelt ist und der aus Gründen des Schutzes vor ionisierender
Strahlung und zur Verhinderung der Ausbreitung einer radioaktiven Kontamination besonderen Vorschriften
unterliegt.
Mehrjähriger Finanzrahmen (MFR): Im MFR sind die Ausgabenprioritäten und Höchstbeträge festgelegt, die die
EU in bestimmten Bereichen in einem festen mehrjährigen Zeitraum ausgeben kann. Die in der MFR-Verordnung
festgelegten Ausgabenobergrenzen entsprechen nicht denen des EU-Haushalts, die stets niedriger sind. Der MFR
umfasst zudem Einnahmequellen für den EU-Haushalt sowie Korrekturmechanismen für den fraglichen Zeitraum
(derzeit 2014-2020).
Nasslagerung abgebrannter Kernbrennstoffe: Die abgebrannten Kernbrennstoffe werden in Becken gelagert.
Dies ist neben der „Trockenlagerung“ eine der beiden Möglichkeiten für die Zwischenlagerung abgebrannter
Brennelemente.
Radioaktive Abfälle: Material, das im Zuge des Kraftwerksbetriebs und der Stilllegungsprozesse entsteht und
radioaktiv kontaminiert oder aktiviert ist. Diese Kategorie kann entsprechend dem Grad der Radioaktivität der
Abfälle weiter unterteilt werden (freigegeben, sehr kurzlebig, sehr schwach, schwach, mittel oder hoch).
Reaktorgebäude: Gebäude, in dem sich der Reaktor und andere wesentliche Bauteile befinden und das Teil des
Kontrollbereichs ist.
Rückstellung: In der Rechnungslegung handelt es sich hierbei um eine in der Bilanz erfasste Verbindlichkeit, deren
Fälligkeit oder Höhe ungewiss ist.
Stilllegung kerntechnischer Anlagen: Das Verfahren zum Rückbau eines Kernkraftwerks und zur Reinigung des
Geländes bis zu einem zuvor festgelegten Endstatus.
Glossar
07
Stilllegungsmaßnahmen: Vorhaben, die Mitgliedstaaten bei der Stilllegung ihrer Kraftwerke finanziell etwas
entlasten sollen.
Technische Stilllegung: Im vorliegenden Bericht bezeichnet dieser Begriff die Methoden, Technologien und
Arbeiten im Zusammenhang mit der Dekontaminierung, dem Rückbau und der Fragmentierung radiologisch
aktivierter/kontaminierter Strukturen und Systeme sowie deren angemessene Entsorgung.
Trockenlagerung abgebrannter Kernbrennstoffe: Die abgebrannten Kernbrennstoffe werden in einer
dafür bestimmten Anlage in Lagerbehälter eingeschlossen. Dies ist neben der „Nasslagerung“ eine der beiden
Möglichkeiten für die Zwischenlagerung abgebrannter Brennstoffe.
Verbindlichkeit: In der Rechnungslegung handelt es sich hierbei um eine gegenwärtige Verpflichtung, die aus
Ereignissen der Vergangenheit resultiert.
Verursacherprinzip: Eine in der Umweltpolitik allgemein akzeptierte Praxis, wonach die Verursacher der
Verschmutzung die Kosten für deren Beseitigung tragen sollten.
Abkürzungen
08
AWP: Annual Work Programme (Jahresarbeitsprogramm)
BNPP: Bohunice nuclear power plant (Kernkraftwerk Bohunice in der Slowakei)
CPMA: Central Project Management Agency (Zentrale Agentur für Projektverwaltung in Litauen)
EBWE: Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung
IAEO: Internationale Atomenergie-Organisation
IAS: Internal Audit Service (Interner Auditdienst der Europäischen Kommission)
INPP: Ignalina nuclear power plant (Kernkraftwerk Ignalina in Litauen)
JAVYS a.s.: Slowakisches Staatsunternehmen für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen und die Entsorgung
radioaktiver Abfälle
KNPP: Kozloduy nuclear power plant (Kernkraftwerk Kosloduj in Bulgarien)
KPI: Key performance indicator (Zentraler Leistungsindikator)
NDAP: Nuclear decommissioning assistance programmes (Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer
Anlagen)
RBMK-1500: Hochleistungs-Reaktor mit Kanälen (wie in Litauen)
SERAW: Bulgarisches Staatsunternehmen für die Entsorgung radioaktiver Abfälle
WWER 440/230: Wasser-Wasser-Energie-Reaktor (wie in Bulgarien und der Slowakei)
Zusammenfassung
09
I
Als Litauen, Bulgarien und die Slowakei Bewerberländer für einen Beitritt zur Europäischen Union (EU) waren,
wurden die Abschaltung und anschließende Stilllegung von acht Kernreaktoren der ersten Generation nach sowjetischer Bauart in drei Kernkraftwerken zu einer Bedingung für den Beitritt dieser Länder gemacht.
II
Die Abschaltung und anschließende Stilllegung dieser Kernreaktoren vor dem Ende ihrer Auslegungslebensdauer
stellte eine erhebliche finanzielle und wirtschaftliche Belastung für die drei betroffenen Mitgliedstaaten dar. Daher
erklärte sich die EU bereit, ab 1999 finanzielle Unterstützung bereitzustellen. Bis 2020 wird sich die Unterstützung
der EU auf insgesamt 3,8 Milliarden Euro belaufen, wobei der größte Anteil auf Litauen entfällt, gefolgt von Bulgarien und schließlich der Slowakei.
III
Anhand dieser Prüfung sollte festgestellt werden, ob seit dem Jahr 2011, als der Hof seinen vorangegangenen
Bericht zu diesem Thema veröffentlichte, Fortschritte bei der Umsetzung der Hilfsprogramme der EU für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen für Litauen, Bulgarien und die Slowakei erzielt wurden.
IV
Die speziellen Finanzierungsprogramme der EU für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen haben nicht die richtigen Anreize für eine fristgerechte und kosteneffiziente Stilllegung geschaffen.
V
Seit 2011 wurden Fortschritte bei der Stilllegung der Kernkraftwerke Ignalina in Litauen, Kosloduj in Bulgarien und
Bohunice in der Slowakei erzielt. Wesentliche Bauteile in den nicht kontrollierten Bereichen der Kraftwerke wurden
zurückgebaut, doch die kritischen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Arbeit in den kontrollierten Bereichen, einschließlich der Reaktorgebäude, stehen in allen drei Mitgliedstaaten noch bevor. Wenngleich die Behörden
der Mitgliedstaaten angeben, dass die Kraftwerke unumkehrbar abgeschaltet wurden, wurden nicht alle erwarteten
Outputs, die die Kommission zur Bewertung der Fortschritte auf dem Weg zu einer unumkehrbaren Abschaltung
heranzieht, vollständig erzielt.
VI
Die drei Mitgliedstaaten haben zwar Fortschritte bei der Schaffung von Infrastrukturen für die Entsorgung radioaktiver Abfälle erzielt, doch sind bei zahlreichen wichtigen Infrastrukturprojekten im Zeitraum 2011-2015 Verzögerungen aufgetreten. Die längsten Verzögerungen waren in Litauen zu verzeichnen, wo der endgültige Stilllegungstermin seit 2011 um weitere neun Jahre auf 2038 verschoben wurde. In allen drei Mitgliedstaaten gilt es auch weiterhin
Herausforderungen zu bewältigen, etwa die Abhängigkeit von externen Sachverständigen sowie den Umgang mit
neuartigen technischen Lösungen.
Zusammenfassung
10
Empfehlung 1: Die drei betroffenen Mitgliedstaaten sollten
a) ihre Projektmanagementverfahren weiter verbessern, damit die für die Entsorgung von Abfällen und abgebrannten Brennstoffen erforderliche Infrastruktur zum geplanten Zeitpunkt verfügbar ist;
b) Maßnahmen zum Aufbau ihrer eigenen technischen Kapazitäten ergreifen, um ein ausgewogeneres Verhältnis
zwischen internem und externem Sachverstand zu erzielen;
c) bessere Wege zum Austausch bewährter Verfahren und technischen Wissens sowohl untereinander als auch mit
anderen Akteuren finden, die in der EU und in Drittländern im Bereich der Stilllegung kerntechnischer Anlagen
tätig sind. Die Kommission sollte dies auf kosteneffiziente Weise fördern.
VII
Über potenzielle Endlagerlösungen für hoch radioaktive Abfälle und abgebrannte Kernbrennstoffe, bei denen es
sich um nationale, regionale oder andere EU-interne Lösungen handeln kann, werden in den drei Mitgliedstaaten
noch immer lediglich Grundsatzdebatten geführt, obwohl die Umsetzung solcher Lösungen mehrere Jahrzehnte in
Anspruch nimmt.
Empfehlung 2
a) Die Kommission sollte zusammen mit allen betroffenen EU-Mitgliedstaaten Möglichkeiten für die Lagerung
abgebrannter Kernbrennstoffe und hoch radioaktiver Abfälle ausloten, wozu auch regionale und andere EU-interne Lösungen zählen. Dabei sind die Sicherheit und Kosteneffizienz der jeweiligen Alternativen gebührend zu
berücksichtigen. Die Kommission sollte eine Analyse dieser Frage in ihren ersten an das Europäische Parlament
und den Rat gerichteten Bericht über die Umsetzung der Richtlinie über radioaktive Abfälle aufnehmen.
b) Die drei Mitgliedstaaten sollten parallel dazu mit ihrer Planung für die Endlagerung fortfahren, um umfassendere Kostenschätzungen und Finanzierungspläne für die Lagerung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver
Abfälle zu erstellen, wie dies in der Richtlinie über radioaktive Abfälle gefordert ist.
VIII
Die Stilllegungskosten für die drei Kraftwerke werden schätzungsweise insgesamt mindestens 5,7 Milliarden Euro
betragen bzw. das Doppelte, wenn die Kosten für die Endlagerung ebenfalls berücksichtigt werden. In Litauen hat
sich die Finanzierungslücke bei den Stilllegungsmaßnahmen seit der letzten Prüfung des Hofes vergrößert, sodass
die Kosten nun die verfügbaren Mittel um 1,6 Milliarden Euro überschreiten. Bulgarien und die Slowakei schätzen
ihre jeweiligen Finanzierungslücken derzeit auf 28 Millionen Euro bzw. 92 Millionen Euro. Obwohl letztlich die drei
Mitgliedstaaten sicherstellen müssen, dass ausreichende Finanzmittel sowohl für die Stilllegung als auch für die
Endlagerung zur Verfügung stehen, ist ihr Kofinanzierungsanteil an den Stilllegungsprogrammen der EU nach wie
vor sehr begrenzt. Die Kommission hat keine klaren Leitlinien zu den Kofinanzierungspflichten herausgegeben.
Zwar ist der Personalbestand in allen drei Kraftwerken zurückgegangen, seitdem sie nicht mehr vollständig in
Betrieb sind, doch werden EU-Mittel verwendet, um die Kosten für die Mitarbeiter zu decken, die für die Aufrechterhaltung der Sicherheit der Kraftwerke zuständig sind. Im Jahr 2011 wies die Kommission darauf hin, dass eine
Verlängerung der finanziellen Unterstützung durch die EU über das Jahr 2020 hinaus nicht vorgesehen ist.
Empfehlung 3: Die drei Mitgliedstaaten sollten ihre eigene Rolle anerkennen, wenn es darum geht, die Einhaltung
des Verursacherprinzips sicherzustellen. Zudem sollten sie bereit sein, sowohl im laufenden Finanzierungszeitraum
als auch danach nationale Mittel für die Deckung der Stilllegungskosten sowie der Endlagerungskosten einzusetzen.
Zusammenfassung
11
Empfehlung 4: Die Kommission sollte eine Erhöhung der nationalen Kofinanzierung im Finanzierungszeitraum 2014-2020 anstreben. Sie sollte – beispielsweise in einem Kommissionsbeschluss – die „gebührend begründeten Ausnahmefälle“ klar definieren, in denen Projekte im Rahmen der Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen vollständig von der EU finanziert werden können.
Empfehlung 5: Die speziellen Finanzierungsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen in Litauen,
Bulgarien und der Slowakei sollten nach 2020 eingestellt werden. Stellt sich heraus, dass in einem oder mehreren dieser drei Mitgliedstaaten nach 2020 unbedingt EU-Mittel benötigt werden, sollte jede von der Kommission
vorgeschlagene und vom Gesetzgeber genehmigte EU-Finanzierung die richtigen Anreize für eine Fortsetzung der
Stilllegung umfassen, unter anderem indem sie zeitlich begrenzt und von einer angemessenen Kofinanzierung der
Mitgliedstaaten abhängig gemacht wird. Eine Möglichkeit hierfür bestünde darin, den Zugang zu den Europäischen
Struktur- und Investitionsfonds auszuweiten, sodass auch Maßnahmen zur Stilllegung kerntechnischer Anlagen
finanziert werden können, wenn diese Bedingungen erfüllt sind.
Empfehlung 6: Die Kommission sollte den Einsatz von EU-Finanzmitteln im Rahmen der Hilfsprogramme für die
Stilllegung kerntechnischer Anlagen nur für die Finanzierung der Kosten für Personal gestatten, das ausschließlich
mit Stilllegungsmaßnahmen befasst ist.
IX
Die von der Kommission vorgenommene Bewertung, ob die Finanzierungs- und Stilllegungspläne die Ex-ante-Bedingungen erfüllen, war unzureichend.
Empfehlung 7: Die Kommission sollte ihre Bewertung der Ex-ante-Bedingungen abschließen.
X
Zukünftige Kosten werden nicht immer als Rückstellungen ausgewiesen und/oder in den Anhang zum Abschluss
aufgenommen. Dies verringert die Transparenz und hindert die zuständigen Behörden daran, angemessen zu
planen, wie die zukünftigen Kosten für die Stilllegung und die Endlagerung abgebrannter Kernbrennstoffe gedeckt
werden können.
Empfehlung 8: Die Kommission sollte sich gemeinsam mit allen betroffenen Mitgliedstaaten darum bemühen, dass
sämtliche zukünftigen Kosten im Zusammenhang mit der Stilllegung kerntechnischer Anlagen und der Endlagerung
abgebrannter Brennstoffe ordnungsgemäß, transparent und in Einklang mit den einschlägigen Rechnungslegungsstandards bilanziert werden.
12
Einleitung
01
Abbildung 1
Als Litauen, Bulgarien und die Slowakei Bewerberländer für einen Beitritt zur
Europäischen Union (EU) waren, wurden die Abschaltung und anschließende
Stilllegung von acht Kernreaktoren der ersten Generation nach sowjetischer
Bauart in drei Kernkraftwerken3 zu einer Bedingung für den Beitritt dieser Länder
gemacht (siehe Abbildung 1 und Anhang I). Da eine Nachrüstung der Reaktoren
auf westliche Sicherheitsstandards als unwirtschaftlich angesehen wurde, wurde
im Zuge der Beitrittsverhandlungen vereinbart, diese Reaktoren vor dem Ende
ihrer Auslegungslebensdauer abzuschalten4. Die drei Standorte werden von
staatlichen Unternehmen betrieben.
Die Kernkraftwerke in Litauen, Bulgarien und der
Slowakei, die Gegenstand der EU-Hilfsprogramme für die
Stilllegung kerntechnischer Anlagen sind
Kernkraftwerk Bohunice V1 in der Slowakei
Reaktortyp: Wasser-Wasser-Energie-Reaktor
(WWER 440/230)
Kernkraftwerk Ignalina in Litauen
Blöcke 1 und 2 mit jeweils einem Reaktor
Reaktortyp: Hochleistungs-Reaktor mit
Kanälen (RBMK-1500)
Kernkraftwerk Kosloduj in Bulgarien
Blöcke 1 bis 4 mit jeweils einem Reaktor
Reaktortyp: Wasser-Wasser-Energie-Reaktor
(WWER 440/230)
Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage von Informationen der Kernkraftwerksbetreiber. Fotos © Kernkraftwerk Bohunice (BNPP), Kernkraftwerk Kosloduj (KNPP), Kernkraftwerk Ignalina
(INPP).
3
In den Kraftwerken Kosloduj in
Bulgarien und Bohunice in der
Slowakei sind Reaktoren in
Betrieb, die an die Reaktoren
angrenzen, die stillgelegt
werden. Im vorliegenden
Bericht bezeichnet der Begriff
„Kraftwerk“ nur die Reaktoren,
die derzeit stillgelegt werden.
4
DOC/97/8 Brüssel/Straßburg,
den 15.7.1997, Agenda
2000 – Zusammenfassungen
und Schlussfolgerungen der
Stellungnahmen der
Kommission zu den
Beitrittsanträgen zur
Europäischen Union der
Beitrittsländer; Verband der
westeuropäischen
Aufsichtsbehörden im
Nuklearbereich (WENRA),
Nuclear Safety in EU Candidate
Countries (Nukleare Sicherheit
in den EU-Bewerberländern),
Oktober 2000.
13
Einleitung
02
Abbildung 2
Die Kernkraftwerke Bohunice V1 in der Slowakei und Kosloduj in Bulgarien
arbeiten mit Wasser-Wasser-Energie-Reaktoren (WWER), einer Unterkategorie
von Druckwasserreaktoren (siehe Abbildung 2). Dieser Reaktortyp wurde zuvor
bereits an anderen Standorten in Europa stillgelegt.
Darstellung eines Kernkraftwerks mit Druckwasserreaktor (WWER-440/230)
Primärkreislauf in der
Reaktorhalle, Teil des
Kontrollbereichs
Sekundärkreislauf in der
Turbinenhalle
Druckhalter
Umschaltwerk
Dampfgenerator
Stromnetz
Turbine
Reaktor
Generator
Transformator
Kernbrennstoff
Zulaufpumpe
Reaktorkühlmittelpumpe
Kondensator
Kühlwasser in den/
aus dem Fluss bzw.
See Kühltürme
Der Reaktor und Teile des primären Kühlkreislaufs im Reaktorgebäude bilden den aktivierten und kontaminierten Primärkreislauf. Die Turbine und der Kondensator bilden den
Sekundärkreislauf. In Bohunice V1 sowie in den Blöcken 1-4 in Kosloduj gibt es keine massive Schutzhülle aus Stahl und Beton, die bei einem Unfall im Reaktor und Teilen des
Primärkreislaufs als letzter Schutz gegen die massive Freisetzung von Strahlung fungieren würde.
Quelle: Europäischer Rechnungshof.
14
Einleitung
03
Abbildung 3
Der Reaktor im Kernkraftwerk Ignalina in Litauen ist ein graphitmoderierter
(RBMK-1500) Reaktor – eine Unterkategorie von Siedewasserreaktoren –, der
gemeinhin auch als Reaktor vom Typ Tschernobyl bezeichnet wird (siehe Abbildung 3). Dies ist das erste Mal, dass ein graphitmoderierter Reaktor stillgelegt
wird5.
5
Die Reaktorblöcke in
Tschernobyl wurden zwar
abgeschaltet, jedoch nicht
stillgelegt. Nach dem Unfall im
Jahr 1986 wurde
Reaktorblock 4 in einen
„Sarkophag“ eingeschlossen.
Darstellung eines Kernkraftwerks mit graphitmoderiertem Reaktor (RMBK-1500)
Reaktorhalle/-gebäude,
Teil des Kontrollbereichs
Turbinenhalle
Umschaltwerk
Dampfabscheider in
Trommelform
Stromnetz
Turbine
Generator
Transformator
Brennelemente
Kondensator
Kühlwasser aus dem/zurück
in den See
Reaktor
Steuerstäbe aus
Graphit
Hauptumwälzpumpe
Hauptumwälzpumpe
Der Reaktor und die Teile des Hauptkühlkreislaufs im Reaktorgebäude bilden den aktivierten und kontaminierten Kreislauf, der direkt mit der Turbine und dem
Kondensator in der Turbinenhalle verbunden ist. In den Blöcken 1 und 2 des Kernkraftwerks Ignalina gibt es keine massive Schutzhülle aus Stahl und Beton, die bei einem
Unfall im Reaktor und in Teilen des Hauptkühlkreislaufs als letzter Schutz gegen die massive Freisetzung von Strahlung fungieren würde.
Quelle: Europäischer Rechnungshof.
15
Einleitung
Die Hilfsprogramme der EU für die Stilllegung
kerntechnischer Anlagen
6
Arbeitsunterlage der
Kommissionsdienststellen,
Nuclear Decommissioning
Assistance Programme data
(Daten zum Hilfsprogramm für
die Stilllegung
kerntechnischer Anlagen)
(SEC(2011) 914 final).
7
Zusätzlich zur Unterstützung
durch die EU erhielten Litauen
und Bulgarien auch
gesonderte Zuschüsse von
den Konten „Nukleare
Sicherheit“, die von der
Europäischen Bank für
Wiederaufbau und
Entwicklung (EBWE) für die
Betriebssicherheit von
Kernkraftwerken verwaltet
werden.
04
Die Abschaltung und anschließende Stilllegung dieser Kernkraftwerke vor dem
Ende ihrer Auslegungslebensdauer stellte für die drei betroffenen Mitgliedstaaten eine erhebliche finanzielle und wirtschaftliche Belastung dar, und dies umso
mehr, als sie weder nationale Mittel zur Deckung der gesamten Stilllegungskosten zurückgelegt hatten noch über die notwendige Infrastruktur zur Entsorgung
der Abfälle verfügten 6.
05
Die EU erklärte sich bereit, ab 1999 finanzielle Unterstützung bereitzustellen.
Diese Unterstützung lief im Rahmen des Programms PHARE an, einem Heranführungsinstrument, das dafür bestimmt war, Bewerberländern in Mittel- und Osteuropa finanzielle sowie technische Hilfe zukommen zu lassen. Als die drei Länder
der EU beitraten, wurde die Unterstützung im Rahmen der Hilfsprogramme für
die Stilllegung kerntechnischer Anlagen (NDAP) auf der Grundlage der in den
einzelnen Beitrittsverträgen sowie in den Verordnungen des Rates festgelegten
Bestimmungen fortgesetzt (siehe Überblick in Anhang II)7. Für jedes Land wurde
ein eigenes spezielles Hilfsprogramm aufgelegt.
06
Vom Start im Jahr 1999 bis zum Jahr 2013 umfassten diese Hilfsprogramme folgende Komponenten:
οο Stilllegungsmaßnahmen, um die Mitgliedstaaten zu Beginn der Stilllegung
ihrer Kraftwerke finanziell etwas zu entlasten;
οο Maßnahmen, um einen Teil der Auswirkungen der infolge der vorzeitigen
Abschaltung verloren gegangenen Energieerzeugungskapazität eines Landes
abzuschwächen.
07
Im aktuellen Zeitraum 2014-2020 können im Rahmen der Hilfsprogramme der EU
für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen nur noch Stilllegungsmaßnahmen8
finanziert werden, die der Verfolgung der in Tabelle 1 aufgeführten spezifischen
Ziele dienen.
8Abschwächungsmaßnahmen,
einschließlich Energieeffizienz
und erneuerbare
Energieträger, kommen für
Förderungen aus den
Europäischen Struktur- und
Investitionsfonds in Betracht,
die alle drei Mitgliedstaaten in
Anspruch nehmen können.
16
Tabelle 1
Einleitung
Spezifische Ziele der Hilfsprogramme der EU für die Stilllegung kerntechnischer
Anlagen für 2014-2020
Programm
Spezifische Ziele
Entnahme des Brennstoffs aus dem Reaktorkern des Blocks 2 und aus den Reaktorbrennelementebecken der Blöcke 1 und 2 und
Verbringung in das Trockenlager für abgebrannte Brennelemente
Aufrechterhaltung eines sicheren Zustands der Reaktorblöcke
Ignalina, Litauen
Durchführung des Rückbaus in der Turbinenhalle und in anderen Nebengebäuden
Sichere Entsorgung des bei der Stilllegung anfallenden Abfalls gemäß einem detaillierten Abfallentsorgungsplan
Durchführung des Rückbaus in den Turbinenhallen der Blöcke 1 bis 4 und in Nebengebäuden
Kosloduj, Bulgarien
Rückbau großer Bauteile und Anlagen in den Reaktorgebäuden der Blöcke 1 bis 4
Sichere Entsorgung des bei der Stilllegung anfallenden Abfalls gemäß einem detaillierten Abfallentsorgungsplan
Rückbauarbeiten in der Turbinenhalle und in Nebengebäuden des Reaktors V1
Bohunice, Slowakei
Rückbau großer Bauteile und Anlagen in den Gebäuden des Reaktors V1
Sichere Entsorgung des bei der Stilllegung anfallenden Abfalls gemäß einem detaillierten Abfallentsorgungsplan
Mögliche Maßnahmen zur Aufrechterhaltung eines hohen Sicherheitsniveaus an den stillzulegenden Blöcken, darunter auch
Unterstützung für Kernkraftwerkspersonal
Alle
Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage der Verordnungen (Euratom) Nr. 1368/2013 und Nr. 1369/2013 des Rates.
08
Abbildung 4
Bis 2020 wird sich die Unterstützung der EU auf insgesamt 3,8 Milliarden Euro
belaufen (siehe Abbildung 4).
Die Hilfe der EU für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen
in Litauen, Bulgarien und der Slowakei von 1999 bis 2020
Millionen Euro
900
800
700
600
500
400
300
200
100
0
837
530
510
340
Ignalina, Litauen
423
451
Kosloduj, Bulgarien
293
201
1999-2006
(8 Jahre)
2007-2013
(7 Jahre)
225
Bohunice, Slowakei
2014-2020
(7 Jahre)
Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage von Daten der Europäischen Kommission.
17
Einleitung
09
Abbildung 5
Der größte Anteil der Unterstützung entfiel auf Litauen, gefolgt von Bulgarien
und schließlich der Slowakei (siehe Abbildung 5)9.
Anteil der einzelnen Mitgliedstaaten an der gesamten
Hilfe der EU für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen
von 1999 bis 2020
Ignalina, Litauen
1 818 Millionen Euro
48 %
Kosloduj, Bulgarien
1 143 Millionen Euro
30 %
Bohunice, Slowakei
849 Millionen Euro
22 %
Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage von Daten der Europäischen Kommission.
10
In ihrer Folgenabschätzung für den Finanzierungszeitraum 2014-2020 gab die
Kommission an, dass eine Verlängerung der finanziellen Unterstützung durch die
EU über das Jahr 2020 hinaus nicht vorgesehen ist10.
Was versteht man unter der Stilllegung
kerntechnischer Anlagen?
11
Die Stilllegung ist der letzte Schritt im Lebenszyklus eines Kernkraftwerks. In
ganz Europa befinden sich immer mehr Kernkraftwerke bereits in der Stilllegungsphase oder werden in Kürze oder mittelfristig stillgelegt. Ende 2015 waren
in der EU 129 Kernreaktoren in Betrieb; weitere 91 waren abgeschaltet und drei
von diesen 91 Reaktoren waren vollständig stillgelegt worden (siehe Anhang III).
Man geht davon aus, dass mehr als 50 der 129 in Betrieb befindlichen Reaktoren
bis 2025 abgeschaltet werden11.
9
Im vorliegenden Bericht
werden die Mitgliedstaaten in
der Reihenfolge des Umfangs
ihrer jeweiligen Programme
folgendermaßen aufgeführt:
Litauen, Bulgarien und
Slowakei.
10 SEC(2011) 1387 final,
Arbeitsunterlage der
Kommissionsdienststellen,
Folgenabschätzung.
11 COM(2016) 177 final vom
4. April 2016, S. 8,
Hinweisendes
Nuklearprogramm – Vorlage
gemäß Artikel 40 des
Euratom-Vertrags zur
Stellungnahme durch den
Europäischen Wirtschafts- und
Sozialausschuss, im Folgenden
als „Hinweisendes
Nuklearprogramm der
Kommission von 2016“
bezeichnet.
18
Abbildung 6
Einleitung
Status der Kernreaktoren in der EU zum
31. Dezember 2015
Im Bau:
4 Reaktoren
Abgeschaltet:
91 Reaktoren
(davon 3 vollständig
stillgelegt)
In Betrieb:
129 Reaktoren
Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage von Daten der Europäischen Kommission
und des Informationssystems für Reaktoren der IAEO (Power Reactor Information System – PRIS).
12
Die Stilllegung kerntechnischer Anlagen umfasst eine Reihe bestimmter Prozesse,
die zum Teil parallel ablaufen. Sie ist abgeschlossen, sobald der Standort so weit
gereinigt wurde, dass das Gelände – gemäß den nationalen Rechtsvorschriften – entweder uneingeschränkt (Status „grüne Wiese“) oder unter gewissen
Einschränkungen (Status „Brachfläche“) wiedergenutzt oder saniert werden kann.
Alle drei Standorte in Litauen, Bulgarien und der Slowakei sollen nach der Stilllegung den Status „Brachfläche“ erreichen.
13
Alle drei Mitgliedstaaten entschieden sich für die Stilllegungsstrategie des „sofortigen Rückbaus“ und damit gegen die Strategien des „verzögerten Rückbaus“
oder des „langfristigen sicheren Einschlusses“. Beim sofortigen Rückbau beginnt
die Stilllegung kurz nach der endgültigen Abschaltung des Kraftwerks. Bei der
Alternativstrategie des verzögerten Rückbaus wird eine Anlage, die radioaktives
Material enthält, nach der Entnahme der abgebrannten Kernbrennstoffe entweder vollständig oder teilweise behandelt oder so lange in einem sicheren Zustand
gehalten, bis sie zu einem späteren Zeitpunkt dekontaminiert und/oder zurückgebaut wird12.
14
Die Stilllegung umfasst sowohl herkömmliche industrielle Stilllegungsarbeiten,
wie den Abriss der Turbinenhalle, als auch hoch spezialisierte Tätigkeiten beim
Umgang mit den radioaktiven Materialien am Standort. Dabei ist es von entscheidender Bedeutung, die richtige Abfolge der Tätigkeiten zu planen und die
Verfahren und Methoden zu ermitteln, die zu befolgen sind.
12 Sicherheitsstandards der IAEO,
Decommissioning of Facilities,
General Safety Requirements
No. GSR Part 6 (Die Stilllegung
von Anlagen, Allgemeine
Sicherheitsanforderungen Nr.
GSR Teil 6), 2014.
19
Einleitung
15
Abbildung 7
Abbildung 7 zeigt die wesentlichen Prozesse, die bei der Stilllegung eines Kernkraftwerks ablaufen.
Wesentliche Prozesse bei der Stilllegung eines Kernkraftwerks
Stilllegungsprozesse
Laufende Arbeiten am Standort:
• Erstellung und Aktualisierung des radiologischen Bestandsverzeichnisses und der radiologischen
Charakterisierung der Anlage
• Einrichtung, Instandhaltung und Anpassung der Einschlusssysteme
• Dekontaminierung
Entlassung
aus der
behördlichen
Überwachung
Nicht kontrollierter Bereich (hauptsächlich außerhalb des Reaktorgebäudes):
• Dekontaminierung, Rückbau und Entfernung der Systeme, Strukturen und Maschinen
• Entfernung und Einschluss von kontaminiertem bzw. aktiviertem Material
• Entfernung bzw. Lagerung von schwach und mittel radioaktiven Abfällen
Entnahme der
Brennelemente
und der
abgebrannten
Brennelemente
aus dem Reaktor
Kontrollbereich (hauptsächlich innerhalb des Reaktorgebäudes):
• Dekontaminierung, Rückbau und Entfernung der Systeme, Strukturen und Maschinen
• Entfernung und Einschluss von kontaminiertem bzw. aktiviertem Material
• Entfernung und Lagerung von schwach, mittel und hoch radioaktiven Abfällen
Standort wird
wie vorab
festgelegt als
Brachfläche
oder „grüne
Wiese“
hinterlassen
Quelle: Europäischer Rechnungshof.
16
Die Betreiber einer kerntechnischen Anlage müssen einen endgültigen Stilllegungsplan erstellen und jeweils auf den neusten Stand bringen, der einen
Finanzierungsplan und eine Auflistung aller erforderlichen Maßnahmen sowie
deren Zeitpläne und geschätzte Kosten enthält13. Die Unterstützung der EU muss
in Einklang mit diesen Plänen und unter ständiger Einhaltung höchster Sicherheitsstandards umgesetzt werden14.
17
Alle während der Lebensdauer eines Kernkraftwerks durchgeführten Aktivitäten,
einschließlich der Stilllegung, werden reguliert und erfordern die Genehmigung
einer nationalen Behörde.
13 Sicherheitsstandards der IAEO,
General Safety Requirements
Part 6 (Allgemeine
Sicherheitsanforderungen
Teil 6), S. 15-16.
14 Artikel 2 Absatz 1 der
Verordnungen (Euratom)
Nr. 1368/2013 und
Nr. 1369/2013 des Rates.
20
Einleitung
Entsorgung radioaktiver Abfälle
18
Tabelle 2
In allen Phasen des Kernbrennstoffkreislaufs entstehen radioaktive Abfälle. Gemäß dem Klassifizierungssystem der Internationalen Atomenergie-Organisation
(IAEO) können je nach Grad der Radioaktivität sechs Klassen von radioaktiven
Abfällen unterschieden werden, wie in Tabelle 2 dargestellt.
Klassen von radioaktiven Abfällen sowie deren Entsorgung und Lagerung
Klasse
Beschreibung
Entsorgung und Lagerung
(die Tiefenangaben sind lediglich Richtwerte)
Freigegeben
(exempt waste)
Diese Abfälle enthalten so geringe Konzentrationen
an Radionukliden, dass sie keinen Strahlenschutzbeoberirdisch
stimmungen unterliegen und aus der behördlichen
Kontrolle entlassen werden können.
Freigabe, Abfalldeponie
Sehr kurzlebig
(very short-lived waste)
Diese Abfälle enthalten nur Radionuklide mit einer
sehr kurzen Halbwertszeit, wobei die Aktivitätskonzentrationen über den Freigabewerten liegen.
Abklinglagerung
Sehr schwach radioaktive
Abfälle
(very low-level waste)
Diese Abfälle erfüllen nicht zwangsläufig die Kriterien für freigegebene Abfälle, erfordern jedoch keine oberirdisch
hohe Einschluss- und Isolationsstufe.
Deponie
Schwach radioaktive
Abfälle
(low-level waste)
Diese Abfälle weisen begrenzte Mengen an langlebigen Radionukliden auf. Sie müssen für Zeiträume
von bis zu mehreren Hundert Jahren sicher isoliert
und eingeschlossen werden.
unterirdisch
oberflächennah (< 30 Meter)
Diese Abfälle erfordern aufgrund ihres Inhalts –
Mittel radioaktive Abfälle insbesondere langlebige Radionuklide – eine höhere
unterirdisch
(intermediate-level waste) Einschlussstufe, jedoch keine oder nur begrenzte
Vorrichtungen zur Wärmeableitung.
mittlere Tiefe (30-100 Meter)
Hoch radioaktive Abfälle
(high-level waste)
oberirdisch
Diese Abfälle weisen eine Aktivitätskonzentration
auf, die hoch genug ist, um erhebliche Wärmemengen zu erzeugen, oder enthalten große Mengen an unterirdisch
langlebigen Radionukliden. In diese Kategorie fallen
abgebrannte Kernbrennstoffe.
geologische Lagerung (> 400 Meter)
Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage der Sicherheitsstandards der IAEO, General Safety Guide No GSG-1, Classification of Radioactive
Waste (Allgemeiner Sicherheitsleitfaden Nr. GSG-1, Klassifizierung radioaktiver Abfälle), 2009.
Einleitung
19
Jede Klasse erfordert unterschiedliche Technologien und Methoden für den
sicheren Einschluss und die sichere Entsorgung der Abfälle. Die am unteren Ende
des Spektrums angesiedelten freigegebenen Abfälle können einfach mit Haushaltsabfällen entsorgt werden. Am oberen Ende des Spektrums befinden sich die
hoch radioaktiven Abfälle wie abgebrannte Kernbrennstoffe, die aufgrund ihrer
hohen Radioaktivität die höchste Einschluss- und Isolationsstufe erfordern, um
langfristige Sicherheit zu gewährleisten. Die Lagerung in einem mehrere Hundert
Meter unter der Erde ausgehobenen geologischen Tiefenlager gilt im Allgemeinen als die bevorzugte Option für die Endlagerung hoch radioaktiver Abfälle15.
Gemäß den Sicherheitsstandards der IAEO ist die Abfallentsorgung mit Ende der
Stilllegung einer kerntechnischen Anlage noch nicht abgeschlossen, da die hoch
radioaktiven Abfälle noch nicht in einem Endlager entsorgt wurden16.
Das Verursacherprinzip als EU-weiter und
internationaler Grundsatz
20
Die Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle ist in der
Europäischen Union durch die „Richtlinie über radioaktive Abfälle“17 geregelt. Die
darin enthaltenen Anforderungen basieren auf einem Übereinkommen der IAEO
aus dem Jahr 1997, das von Litauen, Bulgarien und der Slowakei unterzeichnet
wurde18. Gemäß diesem Übereinkommen sind die Vertragsparteien verpflichtet,
das Verursacherprinzip anzuwenden, wonach die Erzeuger von Abfällen für die
Kosten ihrer Entsorgung aufkommen sollten, um Gesundheits- und Umweltschäden zu vermeiden19. Ein weiterer wesentlicher Grundsatz dieses Übereinkommens besagt, dass künftigen Generationen keine unangemessenen Lasten im
Zusammenhang mit der Entsorgung nuklearer Abfälle auferlegt werden dürfen.
Dies spiegelt sich in der Richtlinie über radioaktive Abfälle wider, in der es heißt:
„Es sollte eine ethische Pflicht jedes Mitgliedstaats sein zu vermeiden, künftigen
Generationen unangemessene Lasten hinsichtlich abgebrannter Brennelemente
und radioaktiver Abfälle einschließlich radioaktive Abfälle, die aus der Stilllegung
bestehender kerntechnischer Anlagen zu erwarten sind, aufzubürden“20.
Rollen und Zuständigkeiten der verschiedenen
Akteure im Rahmen der Hilfsprogramme der EU für die
Stilllegung kerntechnischer Anlagen
21
In Einklang mit den einschlägigen Rechtsvorschriften hat sich die Europäische
Kommission dafür entschieden, auf die Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen die indirekte Mittelverwaltung21 anzuwenden. Bei dieser Art
der Mittelverwaltung überträgt die Kommission Haushaltsvollzugsaufgaben an
Durchführungsstellen (siehe Anhang IV), ist jedoch weiterhin in vollem Umfang
für die Ausführung des EU-Haushalts verantwortlich und rechenschaftspflichtig.
Die Kommission muss daher sicherstellen, dass die Durchführungsstellen über
angemessene Kontroll- und Überwachungsstrukturen verfügen. Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) fungiert für alle drei
Programme als Durchführungsstelle.
21
15 Sicherheitsstandards der IAEO,
General Safety Guide No GSG-1,
Classification of Radioactive
Waste (Allgemeiner
Sicherheitsleitfaden Nr. GSG-1,
Klassifizierung radioaktiver
Abfälle), 2009, S. 6.
16 Sicherheitsstandards der IAEO,
General Safety Guide No GSG-1,
Classification of Radioactive
Waste (Allgemeiner
Sicherheitsleitfaden Nr. GSG-1,
Klassifizierung radioaktiver
Abfälle), 2009, S. 3.
17 Richtlinie 2011/70/Euratom des
Rates vom 19. Juli 2011 über
einen Gemeinschaftsrahmen
für die verantwortungsvolle
und sichere Entsorgung
abgebrannter Brennelemente
und radioaktiver Abfälle
(ABl. L 199 vom 2.8.2011, S. 48).
18 IAEO, Gemeinsames
Übereinkommen über die
Sicherheit der Behandlung
abgebrannter Brennelemente
und über die Sicherheit der
Behandlung radioaktiver
Abfälle.
19 Artikel 21 des Gemeinsamen
Übereinkommens der IAEO
über die Sicherheit der
Behandlung abgebrannter
Brennelemente und über die
Sicherheit der Behandlung
radioaktiver Abfälle lautet
folgendermaßen: „Jede
Vertragspartei stellt sicher, dass
die Verantwortung für die
Sicherheit der Behandlung
abgebrannter Brennelemente
oder radioaktiver Abfälle in
erster Linie dem jeweiligen
Genehmigungsinhaber obliegt,
und trifft die geeigneten
Maßnahmen, um
sicherzustellen, dass jeder
Inhaber einer solchen
Genehmigung seiner
Verantwortung nachkommt.“
20 Erwägungsgrund 24 der
Richtlinie 2011/70/Euratom des
Rates.
21 Artikel 58 Absatz 1
Buchstabe c der Verordnung
(EU, Euratom) Nr. 966/2012 des
Europäischen Parlaments und
des Rates vom 25. Oktober 2012
über die Haushaltsordnung für
den Gesamthaushaltsplan der
Union und zur Aufhebung der
Verordnung (EG, Euratom)
Nr. 1605/2002 des Rates
(ABl. L 298 vom 26.10.2012, S. 1),
zuletzt geändert durch die
Verordnung (EU,
Euratom) 2015/1929 vom
28. Oktober 2015.
Einleitung
22
Darüber hinaus fungiert in Litauen die Zentrale Agentur für Projektverwaltung, eine nationale öffentliche Einrichtung, als zweite Durchführungsstelle und
erfüllt die gleichen Aufgaben wie die EBWE bei den von ihr verwalteten Projekten22. Zum Zeitpunkt der Prüfung liefen alle neuen Projekte über die Zentrale
Agentur für Projektverwaltung. Die EBWE bleibt weiterhin für die Projekte zuständig, für die ihr zuvor die Verantwortung übertragen wurde.
23
Die drei Mitgliedstaaten sind verpflichtet, angemessene nationale Strukturen für die Programmumsetzung zu schaffen und alle notwendigen Schritte zu
unternehmen, um rechtliche oder administrative Hindernisse für die ordnungsgemäße Abwicklung ihrer jeweiligen Stilllegungsprogramme zu beseitigen23. Die
Mitgliedstaaten benennen aus den Reihen des für die Energiepolitik zuständigen
Ministeriums einen Programmkoordinator, der die Gesamtverantwortung für die
Planung, Koordinierung und Überwachung der jeweiligen Stilllegungsprogramme auf nationaler Ebene übernimmt.
24
Litauen hat daneben das Finanzministerium als Finanzkoordinator benannt, der
für die Finanzaufsicht der Zentralen Agentur für Projektverwaltung zuständig ist.
25
Die Hauptbegünstigten der Programme sind die Kernkraftwerksbetreiber und/
oder die Inhaber der Stilllegungsgenehmigungen, bei denen es sich um staatliche Unternehmen handelt. Sie sind für die Durchführung der Projekte zuständig,
sobald die entsprechenden Vorschläge genehmigt wurden.
26
Die Mitgliedstaaten schlagen jedes Jahr ein Jahresarbeitsprogramm vor, in dem
sie die geplante Verwendung der Finanzmittel darlegen. Daraufhin genehmigt
die Kommission nach Konsultation des Ausschusses für das Hilfsprogramm für die
Stilllegung kerntechnischer Anlagen, der aus Vertretern der 28 EU-Mitgliedstaaten besteht, die Finanzierungsbeschlüsse. Zudem genehmigt sie die Dokumentation zu den einzelnen mit EU-Hilfe zu finanzierenden Projekten, die von der
Durchführungsstelle ausgewählt wurden. Nach der Koordinierung auf nationaler
Ebene legt der Programmkoordinator der EBWE und in Litauen der Zentralen
Agentur für Projektverwaltung die neuen Projektvorschläge zur Genehmigung
vor. Nach Überprüfung werden die Projektvorschläge von den Durchführungsstellen der Kommission übermittelt.
22
22 Die Slowakei hat die
Einrichtung einer zweiten
nationalen
Durchführungsstelle – in
Gestalt der slowakischen
Agentur für Innovation und
Energie – neben der EBWE
förmlich vorgeschlagen.
23 Artikel 4 des
Durchführungsbeschlusses
C(2014) 5449 final der
Kommission vom 7.8.2014 zu
den Regeln für die
Anwendung der
Hilfsprogramme für die
Stilllegung kerntechnischer
Anlagen in Bulgarien, Litauen
und der Slowakei im
Zeitraum 2014-2020.
Einleitung
27
Gemäß den vertraglichen Vereinbarungen überweist die Kommission daraufhin
die entsprechenden Mittel an die EBWE sowie im Fall von Litauen an die Zentrale Agentur für Projektverwaltung. Diese Einrichtungen überwachen dann die
Projektumsetzung.
Vorangegangener Sonderbericht des Europäischen
Rechnungshofs über die Stilllegung kerntechnischer
Anlagen
28
Der Europäische Rechnungshof befasste sich in einem Sonderbericht aus dem
Jahr 2011 schon einmal mit der finanziellen Unterstützung der EU für die Stilllegung von Kernkraftwerken in Bulgarien, Litauen und der Slowakei24.
23
24 Sonderbericht Nr. 16/2011 –
Finanzielle Unterstützung der
EU für die Stilllegung von
Kernkraftwerken in Bulgarien,
Litauen und der Slowakei:
bisherige Erfolge und künftige
Herausforderungen (http://
eca.europa.eu).
Prüfungsumfang und
Prüfungsansatz
29
Anhand dieser Prüfung sollte festgestellt werden, ob seit dem Jahr 2011, als der
Hof seinen vorangegangenen Bericht25 zu diesem Thema veröffentlichte, Fortschritte bei der Umsetzung der Hilfsprogramme der EU für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen für Litauen, Bulgarien und die Slowakei erzielt wurden.
30
Geprüft wurde insbesondere, ob im Rahmen der Programme Fortschritte in den
folgenden Bereichen erzielt wurden:
– Rückbau der Kraftwerke, Einholung der erforderlichen Genehmigungen und
Einrichtung einer Infrastruktur zur Entsorgung abgebrannter Brennelemente
und radioaktiver Abfälle;
– Einrichtung eines zuverlässigen Systems zur Bewertung der Kosten und Sicherung der für den Abschluss der Stilllegung erforderlichen Finanzmittel.
31
In allen drei Mitgliedstaaten besuchten Vertreter des Hofes die betroffenen
Standorte, analysierten die Programm- und Projektdokumentation und befragten
Beamte der Mitgliedstaaten, Betreiber von Kernkraftwerken, Inhaber nationaler
Genehmigungen zur Entsorgung radioaktiver Abfälle, Regulierungsbehörden
sowie Beamte der Durchführungsstellen und der Europäischen Kommission.
32
Zur Bewertung der Fortschritte auf Projektebene wurden in den drei Mitgliedstaaten 17 EU-finanzierte Projekte zur Stilllegung kerntechnischer Anlagen ausgewählt; dabei handelte es sich sowohl um Infrastrukturprojekte als auch um Projekte, die nicht die Infrastruktur betrafen (siehe Anhang V). Ausgewählt wurden
Projekte, zu denen sich der Hof in seinem vorangegangenen Bericht besonders
kritisch geäußert hatte, sowie Projekte, die für die Stilllegung entscheidend sind.
Zudem wurden Daten über die Verzögerungen und Kostenüberschreitungen bei
18 laufenden wichtigen Infrastrukturprojekten gesammelt (Anhang VI).
33
Darüber hinaus wurden nach Möglichkeit Beispiele für sich abzeichnende praktische Verbesserungen in den drei Mitgliedstaaten sowie für allgemein zukunftsorientiertes Denken ermittelt. Zu diesem Zweck wurde zusätzlich die Baustelle
des weltweit ersten geologischen Tiefenlagers in Finnland besucht (siehe
Anhang VII).
24
25 Sonderbericht Nr. 16/2011.
Prüfungsumfang und Prüfungsansatz
34
Die Prüfungsarbeiten wurden im Zeitraum April 2015 bis April 2016 durchgeführt.
35
Die Prüfung erstreckte sich weder auf die Übereinstimmung der Projektausgaben
mit fondsspezifischen Vorschriften noch auf Verfahren zur Vergabe öffentlicher
Aufträge. Auch die radioaktive Sicherheit oder die Sicherheit der Anlagen wurden
nicht bewertet, da dafür die einschlägigen nationalen Behörden zuständig sind.
Keineswegs bestand die Absicht, Argumente für oder gegen die Kernenergie vorzubringen oder Schlussfolgerungen zum Energiemix in der EU zu ziehen; derlei
Fragen sind nicht Gegenstand dieses Berichts.
25
Bemerkungen
Seit 2011 wurden bei der Stilllegung Fortschritte
erzielt, doch stehen kritische Herausforderungen
bevor
36
Dieser Abschnitt enthält die Feststellungen des Hofes zu den Fortschritten, die
seit 2011 bei der durch die Hilfsprogramme der EU unterstützten Stilllegung
erzielt wurden, wobei insbesondere auf Verzögerungen bei wichtigen Infrastrukturprojekten eingegangen wird.
In den nicht kontrollierten Bereichen wurden
Fortschritte erzielt, aber die Stilllegungsarbeiten an den
Reaktorgebäuden haben noch nicht begonnen, und die
Infrastruktur für die Entsorgung radioaktiver Abfälle ist nur
teilweise fertiggestellt
37
Für jedes der drei Kernkraftwerke prüfte der Hof
– inwieweit die Abschaltung der Kernkraftwerke unumkehrbar ist;
– die beim Rückbau der nicht kontrollierten Bereiche sowie der Kontrollbereiche erzielten Fortschritte;
– die Verfügbarkeit der Infrastruktur für abgebrannte Brennelemente und Abfallentsorgung, die für die Stilllegungs- und Rückbautätigkeiten erforderlich
ist.
Den nationalen Behörden zufolge ist die Abschaltung der
Kraftwerke jetzt unumkehrbar, aber die von der Kommission
erwarteten Outputs wurden noch nicht erzielt
38
Im Jahr 2011 nannte die Kommission vier erwartete Outputs, die erzielt sein
müssen, bevor die Abschaltung eines Kernkraftwerks als unumkehrbar betrachtet
werden kann26. Tabelle 3 zeigt, inwieweit diese erwarteten Outputs nach Einschätzung des Hofes in Litauen, Bulgarien und der Slowakei erzielt wurden.
39
Den Behörden in Litauen, Bulgarien und der Slowakei zufolge ist die Abschaltung
aufgrund der erzielten Fortschritte nun tatsächlich unumkehrbar, weil eine Wiederinbetriebnahme technisch nicht mehr durchführbar oder nicht kosteneffizient
wäre27.
26
26 SEK(2011) 1387 endgültig vom
24. November 2011, Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen, Folgenabschätzung – Begleitunterlage zum
Vorschlag der Kommission für
eine Verordnung des Rates
über die Unterstützung der
Hilfsprogramme für die
Stilllegung kerntechnischer
Anlagen in Bulgarien, Litauen
und der Slowakei durch die
Union.
27 Laut den vom Betreiber des
Kernkraftwerks Ignalina
bereitgestellten
Informationen erreichte
Block 1 im Jahr 2007 den
Status einer unumkehrbaren
Abschaltung, als seine
Betriebsgenehmigung
geändert und die
Bedingungen für die
Durchführung der
Stilllegungsarbeiten gebilligt
wurden. Am 16. Juni 2014
wurde ein Gesetz aufgehoben,
das die unumkehrbare
Beendigung des Betriebs von
Block 1 untersagte, bis die
Finanzierung aller Arbeiten in
Bezug auf die
Stilllegungsphase der Anlage
sichergestellt war. Die
Genehmigung für Block 2
wurde in den Jahren 2012
und 2014 geändert. Der
bulgarische Energieminister
erklärte während einer
Plenarsitzung des
bulgarischen Parlaments am
6. Februar 2015, dass die
Stilllegung der vier
betroffenen Reaktorblöcke
unumkehrbar sei. Nach
Auffassung der slowakischen
Behörden kommt die
Erteilung der
Stilllegungsgenehmigung
dem Status der
Unumkehrbarkeit gleich.
27
Tabelle 3
Bemerkungen
Erzielung der erwarteten Outputs, die auf eine unumkehrbare Abschaltung der drei
Kernkraftwerke hindeuten – Einschätzung des Europäischen Rechnungshofs zum
31. Dezember 2015
Erwartete Outputs
Ignalina, Litauen
Kosloduj, Bulgarien
Bohunice, Slowakei
1. Aufrechterhaltung eines
sicheren Zustands des
abgeschalteten Kernkraftwerks
bis zur vollständigen Entnahme
des Brennstoffs
Teilweise erzielt
Sicherer Zustand wird aufrechterhalten.
Brennstoff aus Reaktor 1 vollständig
entnommen. Brennstoff aus Reaktor 2
noch nicht vollständig entnommen.
Erzielt
Brennstoff vollständig aus
Reaktoren und Brennelement­
lagerbecken entnommen.
Erzielt
Brennstoff vollständig aus Reaktoren und Brennelementlagerbecken
entnommen.
2. Vorliegen der
Stilllegungsgenehmigung
Nicht erzielt
Genehmigung noch nicht erteilt.
Teilweise erzielt
Genehmigung für Blöcke 1-2
erteilt, für Blöcke 3-4 für das
Jahr 2016 erwartet.
Erzielt
Genehmigung im Jahr 2015 erteilt.
3. Abschluss der technischen
Planung für den Rückbau des
Reaktorkerns/Primärkreislaufs
Teilweise erzielt
Technische Planung des Rückbaus noch
nicht abgeschlossen, Studie im Gange
(siehe Anhang V, Projekt 6).
Teilweise erzielt
Projekt zur technischen
Planung des Rückbauprozesses
befindet sich in der Phase der
Auftragsvergabe.
Teilweise erzielt
Projekt zur technischen Planung
des Rückbauprozesses ist noch
im Gange (siehe Anhang V,
Projekt 16).
4. Beginn des
Reaktorgebäuderückbaus
Teilweise erzielt
Bislang nur unbedeutende Maßnahmen
im Reaktorgebäude.
Teilweise erzielt
Bislang nur unbedeutende Maßnahmen im Reaktorgebäude.
Teilweise erzielt
Bislang nur unbedeutende Maßnahmen im Reaktorgebäude.
Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage von Informationen der nationalen Behörden.
40
Ein erwarteter Output für die Beurteilung, ob der Prozess zur Stilllegung kerntechnischer Anlagen den Status der Unumkehrbarkeit erreicht hat, ist jedoch das
Vorliegen einer Stilllegungsgenehmigung, die erforderlich ist, bevor Arbeiten im
Kontrollbereich beginnen können. Während sowohl in Bulgarien als auch in der
Slowakei seit 2011 die Betriebsgenehmigung für die betroffenen Kraftwerke in
eine Stilllegungsgenehmigung geändert werden konnte, ist dies in Litauen nicht
der Fall.
– Für Ignalina in Litauen muss die Stilllegungsgenehmigung noch erteilt werden, was nun erst für 2022 vorgesehen ist, 10 Jahre später als ursprünglich
geplant und 18 Jahre nachdem Block 1 die Stromerzeugung eingestellt hat.
– Für Kosloduj in Bulgarien wurde am 27. November 2014 eine zehnjährige
Stilllegungsgenehmigung für die ersten beiden Blöcke erteilt. Für die Blöcke 3 und 4 wird die Erteilung der Stilllegungsgenehmigung im Jahr 2016
erwartet. Für die Durchführung umfangreicher Rückbauarbeiten an den kritischen Reaktorsystemen und am Reaktor selbst könnten jedoch zusätzliche
Genehmigungen erforderlich sein.
– Bohunice in der Slowakei erhielt die aktuell gültige Stilllegungsgenehmigung am 23. Dezember 2014 und hat somit grünes Licht für den Beginn des
Rückbauprozesses im Reaktorgebäude. Die Einleitung umfangreicher Rückbauarbeiten war im Stilllegungsplan erst für Ende 2015 vorgesehen. Diese
Arbeiten haben noch nicht begonnen.
28
Bemerkungen
Fortschritte beim Rückbau im nicht kontrollierten Bereich
41
Wie aus Tabelle 3 ersichtlich ist, wurden noch bei keinem der drei Kraftwerke
die technische Planung für den Rückbau der Reaktorkerne bzw. Primärkreisläufe abgeschlossen oder mehr als unbedeutende Arbeiten im Reaktorgebäude
durchgeführt. Somit stehen die kritischen Herausforderungen in Zusammenhang
mit den Arbeiten im Kontrollbereich, einschließlich des Reaktorgebäudes, in allen
drei Mitgliedstaaten noch bevor.
42
Abbildungen 8 und 9
Fortschritte wurden jedoch beim Rückbau im nicht kontrollierten Bereich erzielt.
Seit dem vorangegangenen Bericht des Hofes ist an allen drei Standorten der
Rückbau bestimmter wesentlicher Bauteile, wie der Turbinenhallen im nicht kontrollierten Bereich, vorangekommen (siehe Beispiel in den Abbildungen 8 und 9).
In Litauen begann der Rückbau später als geplant, geht seit 2014 aber voran.
Fotos, die den Fortschritt beim Rückbau der wesentlichen Bauteile in der
Turbinenhalle des Kernkraftwerks Bohunice V1 in der Slowakei zeigen
Abbildung 8 – Vor dem Rückbau
Abbildung 9 – Nach dem Rückbau
2011: Turbinenhalle mit Turbinen
2015: Turbinenhalle ohne Turbinen
© Javys.
© Javys.
Bemerkungen
Zwar wurden Fortschritte bei der Infrastruktur für die
Abfallentsorgung erzielt, doch Einrichtungen für die Endlagerung
abgebrannter Brennelemente befinden sich erst in der
Konzeptphase
43
Eine Genehmigung zur Fortsetzung des Stilllegungsprozesses wird nur erteilt,
wenn es unter anderem angemessene Lösungen für die Abfallentsorgung gibt
und die entsprechende Infrastruktur bereitsteht. Da die verschiedenen erzeugten
Abfallarten unterschiedlich behandelt werden (siehe Tabelle 2), sind eine hinreichend vollständige Aufnahme des radiologischen Bestands und eine radiologische Charakterisierung der Einrichtung und des radioaktiven Abfalls erforderlich, um die Methoden und Techniken genau festlegen zu können, die für die
Dekontaminierung, den Rückbau und die Zerlegung der Systeme und Gebäude
notwendig sind, und um die geeignetsten Lösungen zur Abfallentsorgung auszuwählen. Seit der letzten Prüfung durch den Hof haben alle drei Mitgliedstaaten
diesbezüglich Fortschritte erzielt. Obwohl im Allgemeinen alles wie in den Stilllegungsplänen vorgesehen verläuft, wurde noch für keines der drei Kraftwerke
eine umfassende radiologische Charakterisierung der Reaktorgebäude erstellt.
44
Hinsichtlich des sehr schwach bis mittel radioaktiven Abfalls (siehe Tabelle 4)
haben alle drei Mitgliedstaaten Fortschritte beim Bau der wichtigsten für die
Abfallentsorgung erforderlichen Infrastruktur erzielt. Die bestehende Infrastruktur wird dem derzeitigen Bedarf in der gegenwärtigen Phase des Stilllegungsprozesses gerecht. Folglich besteht bei keinem der drei Kraftwerke ein unmittelbares
Risiko, dass der Stilllegungsprozess wegen unzureichender Infrastrukturkapazitäten für die Abfallentsorgung ausgesetzt werden muss. Mehrere Projekte
zur Behandlung von Abfällen mit höherer Radioaktivität oder künftig erhöhten
Mengen unterliegen jedoch Verzögerungen, und einige befinden sich weiterhin
in der Planungsphase (siehe Tabelle 4 und Ziffern 60-71).
45
Hoch radioaktive Abfälle kommen hauptsächlich in zwei Formen vor: abgebrannte Kernbrennstoffe für die Lagerung oder Abfallmaterialien, die nach der
Wiederaufbereitung abgebrannter Kernbrennstoffe zurückbleiben. Im Allgemeinen machen abgebrannte Kernbrennstoffe 95 % der hoch radioaktiven Abfälle
aus und weisen zwischen 95 % und 99 % der gesamten Radioaktivität des Kernkraftwerks auf. Sobald die abgebrannten Kernbrennstoffe aus dem Reaktor entfernt wurden (siehe Abbildung 10), werden sie entweder wiederaufbereitet oder
für etwa 50 Jahre in einem Zwischenlager deponiert.
29
30
Tabelle 4
Bemerkungen
Fortschritte beim Aufbau der Infrastruktur zur Entsorgung von sehr schwach bis
mittel radioaktiven Abfällen, 2011 und 2015
2011
Ignalina,
Litauen
Kosloduj,
Bulgarien
2015
Arbeiten am „Zwischenlager“ der Deponie für sehr
schwach radioaktive Abfälle im Gange.
Zwischenlager fertiggestellt und zu 80 % seiner derzeitigen Kapazitäten
ausgelastet.
Bau des oberirdischen Lagers noch nicht begonnen.
Bau des oberirdischen Lagers noch nicht begonnen, weil sich das Ausschreibungsverfahren wegen Änderungen in der technischen Planung verzögert.
Oberflächennahes Lager für kurzlebige schwach und
mittel radioaktive Abfälle in der Planungsphase.
Oberflächennahes Lager noch immer in der Planungsphase; Verzögerung
um ein Jahr.
Verzögerung von dreieinhalb Jahren bei der Anlage
zur Behandlung und Lagerung langlebiger mittel
radioaktiver Feststoffabfälle.
Verzögerung von neun Jahren bei der Anlage zur Behandlung und Lagerung
von Feststoffabfällen. Betriebsgenehmigung für 2018 geplant. Keine
Möglichkeit zur Lagerung von Reaktorrückbauabfällen vorhanden, obwohl
ein entsprechendes Projekt angelaufen ist.
Nutzung bestehender Lager- und Aufbereitungsanlagen vor Ort, für künftige Stilllegungsarbeiten werden
jedoch zusätzliche Lager- und Aufbereitungskapazitäten benötigt.
Gemäß einer Schätzung des Inhabers der Stilllegungsgenehmigung, dem
bulgarischen Staatsunternehmen für die Entsorgung radioaktiver Abfälle
(State Enterprise Radioactive Waste Management – SERAW) sollten die
Kapazitäten der bestehenden Zwischenlager für radioaktive Abfälle bis 2022
ausreichend sein.
Verzögerung beim nationalen Endlager für schwach bis mittel radioaktive
Nationales Endlager für schwach bis mittel radioaktive
Abfälle, dem wichtigsten fehlenden Teil, um sechs Jahre. Erwartete FertigAbfälle sollte bis Ende 2015 errichtet sein.
stellung im Jahr 2021 (siehe Ziffer 56).
Bohunice,
Slowakei
Nutzung bestehender Lager und Aufbereitungsanlagen vor Ort. Zusätzliche Lager- und Aufbereitungskapazitäten für künftige Stilllegungsarbeiten benötigt.
Laufendes Projekt zur Steigerung der Kapazitäten des nationalen Zwischenlagers für sehr schwach radioaktive Abfälle soll im Jahr 2018 abgeschlossen
sein.
Abbildung 10
Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage von Informationen der nationalen Behörden.
Lagerbehälter für abgebrannte
Brennelemente der Reaktoren des
Typs WWER 440/230
© Javys.
31
Bemerkungen
46
Tabelle 5
Während die Entnahme des Brennstoffs in Bulgarien und der Slowakei vollständig abgeschlossen ist, enthält Block 2 in Litauen teilweise nach wie vor
Brennstoff, und die Lagerbecken in Block 1 sind immer noch mit abgebrannten
Kernbrennstoffen gefüllt. In Bulgarien und der Slowakei sind die abgebrannten
Kernbrennstoffe immer noch als Material für eine potenzielle künftige Nutzung
eingestuft, obwohl einiges davon unausweichlich der Endlagerung zugeführt
werden muss. Tabelle 5 bietet einen Überblick über die Klassifizierung der abgebrannten Kernbrennstoffe, ihren derzeitigen Lagerort und die Art ihrer Lagerung
sowie den Status der Infrastruktur für die Zwischenlagerung der abgebrannten
Kernbrennstoffe.
Überblick über Lagerung und Klassifizierung der abgebrannten Kernbrennstoffe
Brennstoff
Brennstoff
vollständig aus
vollständig aus
Reaktorkern und
Reaktorkern
Lagerbecken
entnommen?
entnommen?
Ignalina,
Litauen
Klassifizierung der
abgebrannten
Kernbrennstoffe
Derzeitiger Standort
der abgebrannten
Kernbrennstoffe
Endlager für abgebrannte Kernbrennstoffe verfügbar?
Im Reaktorbecken von Block 1
und im Trockenzwischenlager
für abgebrannte Brennelemente vor Ort
Nein
Block 1
Ja
Nein
Hoch radioaktiver
Abfall
Block 2
Nein
Nein
Hoch radioaktiver
Abfall
Im Reaktorkern und in den
Reaktorbecken von Block 2
Nein
Trocken- und Nasszwischenlager für abgebrannte Brenn­
elemente vor Ort, teilweise
Verbringung nach Russland
Nein
Nasszwischenlager für
abgebrannte Brennelemente
vor Ort
Nein
Kosloduj, Bulgarien
Ja
Ja
Material für potenzielle künftige
Nutzung
Bohunice V1, Slowakei
Ja
Ja
Material für potenzielle künftige
Nutzung
Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage von Informationen der nationalen Behörden.
47
Tabelle 6 bietet einen Überblick über die seit 2011 bei der Infrastruktur für die
Zwischenlagerung von abgebrannten Kernbrennstoffen erzielten Fortschritte. Insbesondere in Litauen wurden die Fortschritte durch Verzögerungen beim
Bau der Zwischenlager für abgebrannte Brennelemente gebremst.
32
Tabelle 6
Bemerkungen
Fortschritte bei der Infrastruktur für die Zwischenlagerung von abgebrannten
Kernbrennstoffen, 2011 und 2015
2011
2015
Ignalina, Litauen
Der Brennstoff konnte erst vollständig aus den Blöcken
entnommen werden, als das Zwischenlager für abgebrannte Brennelemente betriebsbereit war, aber dieses
Projekt lag im Zeitplan vier Jahre zurück.
Der Bau des Zwischenlagers für abgebrannte Brennelemente verzögerte
sich um weitere sechs Jahre und liegt somit bezogen auf den Plan über
die endgültige Stilllegung von 2005 um 10 Jahre hinter dem Zeitplan.
Seine Fertigstellung ist eine Voraussetzung für die Erteilung einer
Stilllegungsgenehmigung.
Kosloduj,
Bulgarien
Erhebliche Verzögerungen und Budgetüberschreitungen mit Auswirkungen auf die technische Planung und
den Bau eines Trockenzwischenlagers für Behälter mit
abgebrannten Brennelementen.
Die Übernahmebescheinigung wurde im März 2013 ausgestellt, und
bis 2015 wurden sechs der geplanten 34 befüllten Behälter eingelagert.
Am 29. Januar 2016 wurde eine zehnjährige Betriebsgenehmigung für
das Lager erteilt.
Ein Nasszwischenlager für abgebrannte Brennelemente
ist vorhanden.
Abgebrannte Brennelemente aus dem Kernkraftwerk V1 werden im
Zwischenlager vor Ort gelagert. Die Lagerkapazität wird bis 2024 ausreichen, wenn abgebrannte Kernbrennstoffe aus anderen Kraftwerken
einbezogen werden. Da über die Endlagerung nicht entschieden ist,
bestehen Pläne für den Bau eines Trockenzwischenlagers für abgebrannte Brennelemente.
Bohunice,
Slowakei
Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage von Informationen der nationalen Behörden.
48
Die Zwischenlagerung von abgebrannten Kernbrennstoffen ist eine Übergangslösung vor der Endlagerung. Die Endlagerung in einem geologischen Tiefenlager, normalerweise mindestens mehrere Hundert Meter unter der Oberfläche,
gilt allgemein als die bevorzugte Option für die Lagerung hoch radioaktiver
Abfälle (siehe Beispiel in Anhang VII). Grundsätzlich sollte jedes Land mit einem Nuklearprogramm ein Programm zum Bau eines adäquaten Endlagers
ausarbeiten28. Einige Länder könnten jedoch geringe Mengen an radioaktivem
Abfall produzieren, über begrenzte finanzielle Mittel oder nicht über die geeigneten geologischen Voraussetzungen verfügen29. Wie aus Tabelle 5 hervorgeht,
hat nicht einer der drei betroffenen Mitgliedstaaten derzeit Zugang zu einem
entsprechenden Endlager. Andere EU-Mitgliedstaaten stehen vor den gleichen
Herausforderungen.
49
Für den Zugang zu einem Endlager könnte durch multinationale Zusammenarbeit gesorgt werden. Mit einem „multinationalen Lager“ wird Abfall aus mehreren Ländern in einem gemeinsamen Endlager entsorgt. Handelt es sich bei den
beteiligten Ländern um Nachbarländer, wird das Endlager oftmals als „regionales
Lager“30 bezeichnet.
28IAEO, Developing multinational
radioactive waste repositories:
Infrastructural framework and
scenarios for cooperation
(Entwicklung multinationaler
Lager für radioaktive Abfälle:
Infrastrukturelle
Rahmenbedingungen und
Szenarien für die
Zusammenarbeit),
Oktober 2004. IAEO,
Gemeinsames Übereinkommen
über die Sicherheit der
Behandlung abgebrannter
Brennelemente und über die
Sicherheit der Behandlung
radioaktiver Abfälle.
29IAEO, Developing multinational
radioactive waste repositories:
Infrastructural framework and
scenarios for cooperation
(Entwicklung multinationaler
Lager für radioaktive Abfälle:
Infrastrukturelle
Rahmenbedingungen und
Szenarien für die
Zusammenarbeit),
Oktober 2004. IAEO,
Gemeinsames Übereinkommen
über die Sicherheit der
Behandlung abgebrannter
Brennelemente und über die
Sicherheit der Behandlung
radioaktiver Abfälle.
30IAEO, Developing multinational
radioactive waste repositories:
Infrastructural framework and
Bemerkungen
50
In der EU-Richtlinie über radioaktive Abfälle wird die Möglichkeit einer regionalen Zusammenarbeit in diesem Bereich eröffnet und ausdrücklich erwähnt,
dass „einige Mitgliedstaaten […] die gemeinsame Nutzung von Anlagen zur
Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle, einschließlich
Endlagern, als eine potenziell nützliche, sichere und kostengünstige Option [ansehen]“31. Der Import von Nuklearabfällen wird jedoch in einigen Mitgliedstaaten
durch deren einzelstaatliche Rechtsvorschriften eingeschränkt. Zum Beispiel:
–In Litauen ist die Einfuhr radioaktiver Abfälle und abgebrannter Kernbrennstoffe verboten, ausgenommen a) die Durchfuhr radioaktiver Abfälle und
abgebrannter Kernbrennstoffe durch Litauen und b) die Wiedereinfuhr radioaktiver Abfälle und abgebrannter Brennelemente, die im Ausland wiederaufbereitet wurden32.
–In Bulgarien ist Einfuhr radioaktiver Abfälle verboten, ausgenommen a) bei
der Wiedereinfuhr versiegelter gebrauchter Quellen von in Bulgarien erzeugter ionisierender Strahlung und b) radioaktive Abfälle, die im Rahmen einer
Dienstleistung für Bulgarien wiederaufbereitet wurden33.
– In der Slowakei ist die Einfuhr radioaktiver Abfälle verboten, ausgenommen
a) der Transport durch das Land und b) Einfuhren radioaktiver Abfälle zur
Wiederaufbereitung und Weiterbehandlung34.
51
In der gesamten EU befindet sich derzeit nur ein geologisches Tiefenlager im
Bau, und zwar in Finnland (siehe Anhang VII). Von der Verabschiedung des ersten
Beschlusses der finnischen Regierung über den Umsetzungszeitplan und dem
Beginn der Standortsuche im Jahr 1983 werden fast 40 Jahre vergangen sein,
bevor mit der Endlagerung begonnen werden kann (der Zeitplan des Projekts ist
Abbildung 11 zu entnehmen). Mit der Lagerung abgebrannter Brennelemente
soll laut Plan in den frühen 2020er-Jahren begonnen werden.
33
scenarios for cooperation
(Entwicklung multinationaler
Lager für radioaktive Abfälle:
Infrastrukturelle
Rahmenbedingungen und
Szenarien für die
Zusammenarbeit),
Oktober 2004, S. 5.
31 Siehe Erwägungsgrund 33 der
Richtlinie 2011/70/Euratom des
Rates. Zu den Einfuhr- und
Ausfuhrbedingungen siehe
Artikel 4 Absatz 4 der Richtlinie
über radioaktive Abfälle und
Richtlinie 2006/117/Euratom des
Rates vom 20. November 2006
über die Überwachung und
Kontrolle der Verbringungen
radioaktiver Abfälle und
abgebrannter Brennelemente
(ABl. L 337 vom 5.12.2006, S. 21).
32 Siehe Artikel 24 des litauischen
Gesetzes Nr. VIII-1190 vom
20. Mai 1999 über die
Behandlung radioaktiver
Abfälle.
33 Siehe Artikel 17 des
bulgarischen Gesetzes über die
sichere Nutzung der
Kernenergie (zuletzt geändert
am 28. November 2014).
34 Siehe das slowakische
Gesetz 541/2004 Slg. über die
friedliche Nutzung der
Kernenergie, Art. 21 „Einfuhren
radioaktiver Abfälle“.
34
Abbildung 11
Bemerkungen
Zeitlicher Ablauf beim geologischen Tiefenlager in Finnland
ZEITRAHMEN – ENDLAGERUNG
Wahl von
Olkiluoto
als Standort
für das
Endlager
Beginn der
geologischen
Erkundung für
das Endlager
2015
2012
Standortcharakterisierung
2001
Beginn der
Lagerung Anfang
der 2020er-Jahre
Antrag auf
Betriebsgenehmigung
Baugenehmigung
Antrag auf
Baugenehmigung
1983
1978
Bau des
Endlagers
Bau von Onkalo
und Einleitung der
Studien zur
Standortbestätigung in Olkiluoto
Vorbetriebliche
Prüfung und
Beauftragung
Grundsatzentscheidung der
Regierung und
des Parlaments
Regierungsbeschluss
zum Gesamtzeitplan
© Posiva Oy.
52
Andere Mitgliedstaaten, die derzeit ebenfalls geologische Tiefenlager vorbereiten, befinden sich in unterschiedlichen Phasen dieses Zeitablaufs.
–In Schweden prüft die schwedische Strahlenschutzbehörde derzeit einen
Antrag für den Bau eines geologischen Tiefenlagers am ausgewählten Standort Forsmark. Die Fertigstellung des Baus und die Inbetriebnahme sollen im
Jahr 2028 erfolgen35.
–In Frankreich könnte im Jahr 2017 bzw. 2018 ein Bauantrag eingereicht
werden. Der Pilotbetrieb soll zwischen 2025 und 2035 stattfinden, und die
kommerzielle Nutzung soll nach 2035 beginnen36.
35 SWD(2016) 102 final
vom 4. April 2016,
Arbeitsunterlage der
Kommissionsdienststellen,
Begleitunterlage zur
Mitteilung der Kommission
„Hinweisendes
Nuklearprogramm – Vorlage
gemäß Artikel 40 des
Euratom-Vertrags zur
Stellungnahme durch den
Europäischen Wirtschafts- und
Sozialausschuss“, S. 30.
36 http://www.developpementdurable.gouv.fr/Calendrier-duprojet.html.
Bemerkungen
–In Deutschland wurde die „Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe“ beauftragt, bis Ende 2016 zur Vorbereitung des Standortauswahlprozesses einen Bericht zu erarbeiten. Eine Entscheidung nach deutschem Recht
über die Standortauswahl sollte bis zum Jahr 2031 ergehen. Die Endlagerung
könnte frühestens zwischen 2045 und 2050 beginnen37.
53
Gemäß der Richtlinie der EU über radioaktive Abfälle aus dem Jahr 2011 mussten
die Mitgliedstaaten ihre nationalen Programme, einschließlich ihrer Pläne für die
Endlagerung, bis August 2015 aufstellen. Die Kommission ist ihrer Verpflichtung,
dem Parlament und dem Rat über die Umsetzung dieser Richtlinie Bericht zu
erstatten, noch nicht nachgekommen38.
54
Der Hof untersuchte die jeweiligen nationalen Programme der drei Mitgliedstaaten und kam zu dem Schluss, dass die Gespräche über potenzielle Lösungen für
die Endlagerung in Litauen, Bulgarien und der Slowakei soeben erst begonnen
haben und es sich somit noch um Grundsatzdebatten handelt.
55
Im nationalen Programm Bulgariens sind drei Optionen für die Behandlung
des hoch radioaktiven Abfalls, einschließlich der abgebrannten Brennelemente,
aufgeführt:
– Wiederaufbereitung in anderen Ländern;
– Beteiligung an regionalen oder internationalen Lösungen zur Endlagerung,
ohne die Umsetzung des nationalen Programms zu gefährden;
– Endlagerung des hoch radioaktiven Abfalls in Bulgarien.
Die während der Prüfung befragten bulgarischen Behörden brachten aufgrund von Bedenken in Bezug auf die geringen Kernenergiekapazitäten des
Landes, seine geologischen und klimatischen Bedingungen, die Rechtsvorschriften, die öffentliche Meinung, die finanzielle Leistungsfähigkeit und die
Menge an hoch radioaktivem Abfall zum Ausdruck, dass die zweite, regionale
Option bevorzugt wird. Eine endgültige Entscheidung für eine dieser Optionen soll bis 2030 gefällt werden. Als Übergangslösung sieht das nationale
Programm den Bau eines Zwischenlagers vor.
35
37 Prozesswege zu einer sicheren
Lagerung hoch radioaktiver
Abfälle unter Aspekten der
Rückholbarkeit/Bergbarkeit/
Reversibilität, Papier der
Vorsitzenden unter
Einbeziehung von
Kommentaren weiterer
Mitglieder der AG 3, online:
www.endlagerbericht.de,
eingesehen am 11. April 2016,
S. 4.
38 Artikel 14 Absatz 1 der
Richtlinie 2011/70/Euratom
des Rates.
Bemerkungen
56
In Litauen soll dem im Dezember 2015 verabschiedeten nationalen Programm
zufolge ein Endlager gebaut werden. Dennoch äußerten die befragten litauischen Behörden die gleichen Bedenken wie die bulgarischen Behörden und
sprachen sich ebenfalls für ein regionales Konzept aus.
57
In der Slowakei bestehen gemäß dem nationalen Programm zwei Optionen:
– Endlagerung in einem geologischen Tiefenlager in der Slowakei, für das im
Programm eine Kostenschätzung enthalten ist;
– Begleitung und Unterstützung des Baus eines internationalen Endlagers.
58
Keiner der drei Mitgliedstaaten gab an, welche Region oder welche Länder für
eine potenzielle regionale Lösung oder eine andere EU-interne Lösung in Betracht kämen.
Bei nahezu allen wichtigen Projekten zur Schaffung der
Stilllegungsinfrastruktur sind Verzögerungen aufgetreten
59
Um die seit 2011 bei der Stilllegung erzielten Fortschritte zu ermitteln, sammelte
der Hof Daten zu einer Stichprobe von 18 für die Stilllegung wichtigen Infrastruktur- und Unterstützungsprojekten in jedem der drei Mitgliedstaaten, die im
Rahmen der Hilfsprogramme der EU finanziert werden (siehe Anhang VI)39.
60
Bei fast allen wichtigen Projekten zur Schaffung der Stilllegungsinfrastruktur aus
der Stichprobe traten zwischen 2011 und 2015 Verzögerungen auf. Wie aus Anhang VI ersichtlich ist, waren die Verzögerungen bei den Projekten vom Beginn
der Umsetzung bis Ende 2015 auf bis zu 10 Jahre angewachsen. Diese Verzögerungen sind einer der Hauptgründe dafür, dass Litauen den Abschlusstermin
für die endgültige Stilllegung seit dem vorangegangenen Bericht des Hofes im
Jahr 2011 um weitere neun Jahre verschoben hat. Der Abschlusstermin für die
Stilllegung in Litauen ist nun das Jahr 2038.
36
39 Auf diese 18 Projekte entfallen
587 Millionen Euro der
EU-Beteiligung an
Stilllegungsmaßnahmen bzw.
rund 37 % der seit 2011
vertraglich vereinbarten
EU-Finanzierung (mit
Ausnahme der
Abschwächungsmaßnahmen).
37
Bemerkungen
61
Abbildung 12
In Bezug auf Litauen wurde im Bericht des Hofes aus dem Jahr 2011 darauf
hingewiesen, dass die Umsetzung des Projekts zum Bau eines Zwischenlagers
für abgebrannte Brennelemente (siehe Abbildung 12), wie in Tabelle 6 angegeben, mehr als vier Jahre hinter dem Zeitplan lag. Seitdem sind weitere sechs
Jahre hinzugekommen. Das Projekt kam zwischen 2011 und 2014 besonders
langsam voran. Erst Anfang 2013 wurden Beschlüsse gefasst, um eine Kehrtwende einzuleiten. Die Verzögerungen bei diesem Projekt haben eine Entnahme des
Brennstoffs aus dem Reaktor verhindert (siehe Projekt 1 in Anhang V).
Zwischenlager für abgebrannte Brennelemente im Kernkraftwerk Ignalina, Litauen
© INPP.
62
Ein weiteres Schlüsselprojekt in Litauen, die Anlage für die Behandlung und
Lagerung fester Abfälle, ist seit der letzten Prüfung durch den Hof um weitere
fünf Jahre hinter den Zeitplan zurückgefallen, was insgesamt eine Verzögerung
von neun Jahren bedeutet. Die damit verbundenen wirtschaftlichen Streitigkeiten mit dem Auftragnehmer wurden beigelegt und über das Hilfsprogramm der
EU Entschädigungszahlungen in Höhe von 55 Millionen Euro geleistet. Für zu
erwartende Risiken sind weitere 17,9 Millionen Euro vorgesehen.
63
Zu den wichtigsten Gründen für die Verzögerungen in Litauen zählten Vertragsstreitigkeiten, unzulängliche Informationen über die Bauweise des Kraftwerks,
unvollständige Daten über die Anlage und über die abgebrannten Brennelemente sowie eine unzureichende Koordinierung und Überwachung der Arbeit der
Unterauftragnehmer.
© INPP.
Bemerkungen
64
Verzögerungen bei den Projekten traten zwar auch in Bulgarien und der Slowakei
auf, führten jedoch nicht zu einer Verschiebung des geplanten Abschlusstermins
für die Stilllegung. In der Slowakei ist als Abschlusstermin weiterhin das Jahr 2025
vorgesehen. In Bulgarien wurde dieser Termin sogar um fünf Jahre vorverlegt,
und zwar von 2035 auf 2030. Dies hängt allerdings mit der nationalen Strategie
zur Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle von 2011
zusammen, in der im Hinblick auf den Endzustand offiziell zugunsten der Option „Brachfläche“ und somit gegen die zeitaufwendigere Option „grüne Wiese“
entschieden wurde.
65
Als Beispiele für Verzögerungen bei den Projekten in Bulgarien lassen sich
nennen:
Abbildung 13
– Der Bau einer wichtigen Anlage zur Entsorgung radioaktiver Abfälle, des
nationalen Endlagers für schwach und mittel radioaktive Abfälle, sollte 2015 fertiggestellt werden (siehe Tabelle 4 und Abbildung 13). Der geplante Ablauf hat sich jedoch – hauptsächlich wegen der Ablehnung der Umweltverträglichkeitsprüfung, die wieder aufgenommen werden musste und noch
im Gange ist – um sechs Jahre verzögert. Die Frist für die Fertigstellung dieser
Anlage ist nun das Jahr 2021 (siehe Projekt 11 in Anhang V).
Vorgesehener Standort für das nationale Endlager für
schwach und mittel radioaktive Abfälle in Bulgarien
© SERAW.
– Der Bau der Plasmaschmelzanlage, einer Anlage zur Behandlung und Konditionierung von Feststoffabfällen mit einem hohen Volumenreduktionsfaktor, liegt fast fünf Jahre hinter dem Zeitplan. Diese Verzögerungen entstanden durch Probleme bei der Festlegung neuartiger technischer Lösungen,
Änderungen des Rechtsrahmens, die zu drei Überarbeitungen der Anlagenauslegung führten, und die Anfechtung der Umweltverträglichkeitsprüfung.
Am 14. Mai 2015 wurde eine Baugenehmigung erteilt, und die Fertigstellung
ist nun für Juni 2017 vorgesehen (siehe Abbildung 14 und Projekt 11 in
Anhang V).
38
Abbildung 14
Bemerkungen
Vorbereitungsarbeiten für die Errichtung der
Plasmaschmelzanlage
© SERAW.
66
Abbildung 15
In der Slowakei war die Vollendung des Projekts zur Dekontaminierung des
Primärkreislaufs (siehe Abbildung 15), das abgeschlossen sein muss, bevor das
Herzstück des Reaktorgebäudes zurückgebaut werden kann, ursprünglich für das
Jahr 2014 vorgesehen. Da mehrere technische Probleme nach wie vor ungelöst
sind, war der Termin für die endgültige Fertigstellung des Projekts Ende Januar 2016 immer noch unbekannt, und auch die Auswirkungen dieser Verzögerung
auf die Kosten und den Zeitplan für die Stilllegungsarbeiten insgesamt waren
noch nicht absehbar (siehe Projekt 16 in Anhang V).
Ein Reaktor des Typs WWER 440/230 und die
wichtigsten Komponenten des primären Kühlkreislaufs
© Javys.
39
40
Bemerkungen
67
Die oben aufgeführten Beispiele zeigen, dass die in den drei Mitgliedstaaten aufgetretenen Verzögerungen verschiedene Ursachen hatten. Dazu zählen
– Probleme bei der Festlegung und Umsetzung neuartiger technischer
Lösungen;
– unvollständige historische Betriebsdaten und unzulängliche Informationen
über die Bauweise des Kraftwerks;
– unvollständiges Bestandsverzeichnis und/oder unvollständige Charakterisierung der Abfälle, insbesondere in Bezug auf die Reaktorgebäude.
68
In einigen Fällen wurde der Projektfortschritt dadurch beeinträchtigt, dass Pläne
grundlegend angepasst oder Projekte sogar vollständig eingestellt werden
mussten, obwohl die entsprechenden Vorschläge bereits mehrere Prüfungsrunden durchlaufen hatten. Dies lässt darauf schließen, dass sich die Auswahl und
Konzeption der Projekte schwierig gestaltete. Zudem ist dies ein Indiz für die
Herausforderungen, vor denen die Ministerien, die nationalen Behörden und die
Endbegünstigten stehen, wenn sich die Stilllegungsarbeiten der kritischen Phase
des Rückbaus der Reaktorgebäude nähern, die spezifisches Fachwissen und Erfahrung erfordern, um Gebäudeteile und Komponenten aus dem Kontrollbereich
abzubauen, zu bewegen und zu lagern.
69
Tabelle 7
Gleichzeitig stützten sich insbesondere die Inhaber der Stilllegungsgenehmigungen auf externe Sachverständige wie Berater, Ingenieure und Rechtsanwälte (zu
den Kosten für externe Sachverständige siehe Tabelle 7). Der Einsatz externer
Sachverständiger ist in den Regeln der EBWE zwar vorgeschrieben und war für
die Planung sowie die frühen Phasen der Umsetzung unverzichtbar, sollte jedoch
im Lauf der Jahre zurückgehen, wenn das entsprechende Wissen an lokale Mitarbeiter weitergegeben wird.
Kosten für externe Sachverständige in den Jahren 2001-2015 und deren prozentualer
Anteil an der EU-Unterstützung für Stilllegungsarbeiten
Ignalina, Litauen
2001-2016
Kosloduj, Bulgarien
2001-20151
Bohunice, Slowakei
2003-2016
Millionen Euro
% der
EU-Unterstützung
Millionen Euro
% der
EU-Unterstützung
Millionen Euro
% der
EU-Unterstützung
75
9
99
20
45
9
1 Die Zahlen für Bulgarien umfassen einen von 2016 bis 2019 laufenden Vertrag für die Projektverwaltungseinheit.
Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage von Projektdaten, die von den Durchführungsstellen bereitgestellt und aus Kontrollberichten über Projekte zur Stilllegung kerntechnischer Anlagen entnommen wurden.
Bemerkungen
70
Zudem besteht ein Risiko dadurch, dass es in der ganzen EU zu wenig qualifizierte, erfahrene Ingenieure gibt. Dies macht sich besonders in Litauen bemerkbar,
das sich beim Rückbau seines Reaktors vom Typ RBMK – der erste Reaktor dieses
Typs, der stillgelegt werden soll (siehe Ziffer 2) – nicht auf internationale Erfahrung stützen kann40.
71
Die drei Mitgliedstaaten wollen ihre technischen Kompetenzen ausbauen und
den Wissensaustausch verbessern. Zum Beispiel:
–In Bulgarien wurden im April 2013 die zwei Projektverwaltungseinheiten,
die für die Stilllegung und den Bau des nationalen Endlagers für schwach bis
mittel radioaktive Abfälle zuständig sind, zusammengelegt und in das bulgarische Staatsunternehmen für die Entsorgung radioaktiver Abfälle (SERAW)
eingegliedert, das Inhaber der Stilllegungsgenehmigung ist. Das externe Beratungsunternehmen, das diese integrierte Projektverwaltungseinheit unterstützt, ist in die Organisationsstruktur von SERAW eingebunden. Die vor Ort
tätigen Mitarbeiter des externen Beratungsunternehmens arbeiten bei jedem
Projekt paarweise mit ihren SERAW-Kollegen zusammen. Die Entscheidungsbefugnis liegt letztlich beim Leiter der Projektverwaltungseinheit, der ein
lokaler Mitarbeiter von SERAW ist. Dies führte zu mehr Eigenverantwortung.
– In der Slowakei wurde vom slowakischen Staatsunternehmen für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen und die Entsorgung radioaktiver Abfälle, JAVYS a.s., im März 2015 ein zweitägiges Seminar für den Wissensaustausch mit
Vertretern der Kernkraftwerke Ignalina, Bohunice und Kosloduj, der EBWE,
der Europäischen Kommission und des slowakischen Wirtschaftsministeriums
veranstaltet.
41
40 Die Europäische Kommission
wies in ihrem Bericht Putting
into perspective the supply of
and demand for nuclear experts
by 2020 within the EU-27
Nuclear Energy Sector
(Gegenüberstellung der
bis 2020 im Kernkraftsektor
der EU-27 verfügbaren und
benötigten
Atomsachverständigen) aus
dem Jahr 2012 auf den Mangel
an qualifizierten Ingenieuren
hin.
Bemerkungen
Die geschätzten Stilllegungskosten belaufen sich auf
mindestens 5,7 Milliarden Euro bzw. das Doppelte,
wenn die Kosten für die Endlagerung ebenfalls
berücksichtigt werden
72
In seinem vorangegangenen Bericht stellte der Hof fest, dass alle drei nationalen
Stilllegungspläne und die darin enthaltenen Kostenschätzungen unvollständig
waren. Es wurden erhebliche Finanzierungslücken aufgezeigt. Bei der aktuellen
Prüfung wurde untersucht, wie sich die Stilllegungskosten und der Umfang der
verfügbaren Finanzierung entwickelt haben, sowohl auf Unionsebene als auch
auf nationaler Ebene. Ferner versuchte der Hof die Höhe der Kosten (Endlagerung
eingeschlossen) zu schätzen, die auf die drei Mitgliedstaaten insgesamt zukommen, und er analysierte, wie Verbindlichkeiten für zukünftige Kosten erfasst
werden.
Die geschätzten Gesamtkosten der Stilllegung haben sich
seit 2010 um 40 % auf 5,7 Milliarden Euro erhöht
73
In seinem vorangegangenen Bericht empfahl der Hof, eine umfassende Bewertung der mit der Stilllegung kerntechnischer Anlagen verbundenen Kosten
vorzunehmen. Im Jahr 2014 brachten die Mitgliedstaaten die Kostenschätzungen
für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen in den endgültigen Stilllegungsplänen, die sie der Kommission zuvor übermittelt hatten, auf den neuesten Stand.
Die Slowakei nahm im Jahr 2015 weitere geringfügige Änderungen vor. In diesen
Aktualisierungen, die ein vollständigeres Bild liefern sollten, fielen die Kostenschätzungen um 40 % höher aus (Anstieg von 4,1 Milliarden Euro im Jahr 2010 auf
5,7 Milliarden Euro im Jahr 2015). Besonders gravierend war der Kostenanstieg
zwischen 2010 und 2011 (siehe Abbildung 16). Zwischen den drei Mitgliedstaaten
bestanden erhebliche Unterschiede. Zu diesem Anstieg der geschätzten Kosten
trug vor allem Litauen mit einer Erhöhung um 67 % zwischen 2010 und 2015
bei. Im gleichen Zeitraum erhöhte sich die Kostenschätzung für Bohunice in der
Slowakei ebenfalls um 30 %. Die Kostenschätzung für Kosloduj in Bulgarien blieb
weitgehend unverändert. Nach einem anfänglichen Anstieg im Jahr 2011 wurden die Kosten nach der Entscheidung über die Vorverlegung des Termins um
136 Millionen Euro niedriger geschätzt (siehe Ziffer 64).
74
Seit 2011 haben alle drei Mitgliedstaaten ihren Ansatz zur Schätzung der Kosten
von Tätigkeiten zur Stilllegung kerntechnischer Anlagen in ihren endgültigen
Stilllegungsplänen verbessert. Sie verwenden nun die neueste Methode, die als
International Structure for Decommissioning Costing of Nuclear Installations (Internationales Konzept für die Berechnung der Stilllegungskosten kerntechnischer
Anlagen) bekannt ist41. Unsicherheit besteht jedoch weiterhin hinsichtlich der
vollständigen Liste der Tätigkeiten und der Kosten, die beim Rückbau der verschiedenen Reaktorgebäude anfallen, insbesondere weil noch an keinem der
Standorte eine umfassende Bestandsaufnahme und eine radiologische Charakterisierung des Kontrollbereichs abgeschlossen wurden (siehe Ziffer 32).
42
41 Von der Europäischen
Kommission, der IAEO und der
Organisation für
wirtschaftliche
Zusammenarbeit und
Entwicklung gemeinsam
entwickelt, um eine größere
Harmonisierung bei der
Berechnung der Kosten für
Tätigkeiten zur Stilllegung
kerntechnischer Anlagen zu
erreichen.
43
Abbildung 16
Bemerkungen
Geschätzte Stilllegungskosten für den Zeitraum 2010-2015
Millionen Euro
3 500
3 376
2 930
3 000
2 500
Ignalina, Litauen
Bohunice, Slowakei
1 500
1 118
1 000
500
Kosloduj, Bulgarien
2 019
2 000
950
2010
1 243
1 239
1 146
1 107
2011
2012
2013
2014
2015
Quelle: Zahlen für 2010: Endgültige Stilllegungspläne. Zahlen für 2011: Aktualisierte Schätzungen, die dem Ausschuss für das Hilfsprogramm für
die Stilllegung kerntechnischer Anlagen in der Sitzung im März 2011 vorgelegt wurden. Zahlen für 2015: Aktualisierte endgültige Stilllegungspläne, Jahresarbeitsprogramme 2015 und für die Slowakei – aufgrund der Aktualisierung – der Entwurf des Jahresarbeitsprogramms 2016.
Die Mitgliedstaaten, insbesondere Litauen, stehen vor
finanziellen Herausforderungen
75
Für alle drei Mitgliedstaaten verglich der Hof die Kostenschätzungen und die
verfügbaren Finanzmittel, die im Rahmen der vorangegangenen Prüfung ermittelt wurden, mit den jüngsten Zahlen, die zum Zeitpunkt dieser Prüfung zur
Verfügung standen. Derzeit ist die EU-Finanzierung von Stilllegungstätigkeiten
bis zum Jahr 2020 sichergestellt. Die auf nationaler und EU-Ebene verfügbaren Finanzmittel von 4,0 Milliarden Euro reichen jedoch für die Deckung der geschätzten Gesamtkosten in Höhe von 5,7 Milliarden Euro nicht aus, wobei die Kosten
für die Endlagerung nicht eingerechnet sind (siehe Tabelle 8 und Abbildung 17).
Somit besteht bis zum Abschluss des Stilllegungsprozesses eine Finanzierungslücke von 1,7 Milliarden Euro. Mit 93 % ist die Finanzierungslücke in Litauen am
größten.
44
Tabelle 8
Bemerkungen
Geschätzte Gesamtkosten der Stilllegung und Finanzierungslücke, 2011 und 2015
(Millionen Euro)
Ignalina,
Litauen
Kosloduj,
Bulgarien
Bohunice,
Slowakei
Insgesamt
2011
2015
2011
2015
2011
2015
2011
2015
2 930
3 376
1 243
1 107
1 146
1 239
5 319
5 722
83
262
171
348
231
476
485
1 086
Zugewiesene
EU-Finanzmittel
1 367
1 553
493
731
489
671
2 349
2 955
Finanzierungslücke
1 480
1 561
579
28
426
92
2 485
1 681
Geschätzte Kosten
Zugewiesene nationale
Finanzmittel1
1Die zugewiesenen nationalen Finanzmittel können sich aus speziellen Stilllegungsfonds, gebundenen öffentlichen Ausgaben oder anderen
nationalen Quellen zusammensetzen.
Abbildung 17
Quelle: 2011: Aktualisierte Schätzungen, die dem Ausschuss für das Hilfsprogramm für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen in der Sitzung im
März 2011 vorgelegt wurden.
2015: Behörden der Mitgliedstaaten, aktualisierte endgültige Stilllegungspläne, Jahresarbeitsprogramme 2015 und für die Slowakei – aufgrund
der Aktualisierung – der Entwurf des Jahresarbeitsprogramms 2016.
Veranschaulichung der in den drei Mitgliedstaaten in den Jahren 2011 und 2015
bestehenden Finanzierungslücken
Millionen Euro
3 000
46 %
2 000
51 %
7%
3%
1 000
47 %
37 %
2015
Ignalina, Litauen
Quelle: Auf der Grundlage von Tabelle 8.
2011
2015
Kosloduj, Bulgarien
2011
EU-Finanzierung
Finanzierungslücke
0
2011
Nationale Finanzierung
2015
Bohunice, Slowakei
Bemerkungen
In Litauen sind die Kostensteigerungen und die
Finanzierungslücke erheblich
76
Litauen schätzte die gesamten Stilllegungskosten im Jahr 2015 auf 3,4 Milliarden
Euro, die damit gegenüber 2011 um 15 %, aber gegenüber 2010 um 67 % angestiegen sind. Die litauischen Behörden führten diesen Anstieg auf Lohnkosten,
die Verschiebung des Abschlusstermins für die Stilllegung und Kostenüberschreitungen bei wichtigen Projekten zur Schaffung der Stilllegungsinfrastruktur
zurück. Die Kategorie „Inflationskosten“ machte 26 % der verbleibenden Stilllegungskosten bis 2038 bzw. 695 Millionen Euro aus. Diese Berechnung beruhte auf
einer geschätzten jährlichen Inflationsrate von 3 %. Als die Berechnung vorgenommen wurde, setzte die Zentralbank der Republik Litauen die geschätzte
durchschnittliche Inflationsrate für 2015, in der die Jahre 2013 und 2014 berücksichtigt sind, jedoch bei 1,5 % an.
77
Nach Auffassung des Hofes ist das Ausmaß der Kostensteigerung auch ein Indiz
für eine unzulängliche ursprüngliche Planung. Die Aktualisierung des endgültigen Stilllegungsplans im Jahr 2014 umfasste zum Beispiel 15 Stilllegungsmaßnahmen, die zuvor nicht berücksichtigt worden waren und deren Gesamtkosten auf
318 Millionen Euro geschätzt wurden.
78
Der Hof analysierte wichtige Infrastrukturprojekte in Litauen vom Beginn ihrer
Umsetzung bis Ende 2015 und fand dabei bestätigt, dass bei solchen Projekten
größere Kostenüberschreitungen vorlagen (siehe Anhang VI). Diese zusätzlichen
Kosten wurden zum Teil durch Verzögerungen bei der Umsetzung der Projekte
verursacht. So wirkte sich etwa die Verzögerung bei der Umsetzung des Projekts
zum Bau eines Zwischenlagers für abgebrannte Brennelemente auf den Fortschritt bei der Entnahme des Brennstoffs aus dem Reaktor aus und verursachte
bis Ende 2014 zusätzliche Instandhaltungskosten von mehr als 61,3 Millionen Euro
(siehe Ziffer 61). Außerdem trug sie zur Verschiebung des Abschlusstermins für
die Stilllegung bei.
79
Bis der Brennstoff aus dem Reaktor entfernt ist, ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass der Personalbestand eines Kraftwerks, das stillgelegt wird, annähernd genauso hoch ist wie zur Zeit des aktiven Betriebs. Der Personalbestand
sollte dann nach und nach in dem Maße abgebaut werden, in dem das Kraftwerk
aus dem Betriebszustand genommen wird.
45
46
Bemerkungen
80
Tabelle 9
Der Personalbestand hat sich in allen Kraftwerken verringert (siehe Tabelle 9).
Im Kraftwerk Ignalina in Litauen jedoch, wo der Brennstoff lediglich aus einem
der zwei Reaktorkerne entnommen wurde und für das immer noch eine Betriebsgenehmigung besteht, bleiben der Personalbestand und somit die von der EU
finanzierten Kosten hoch. Ein Drittel des Personals ist weiterhin mit der Aufrechterhaltung der Sicherheit des Kraftwerks beschäftigt. Sowohl in Bulgarien als auch
in der Slowakei konnten Mitarbeiter auf demselben Gelände bei den anderen
Kernreaktoren eingesetzt werden, die immer noch vollständig in Betrieb sind.
In Litauen, wo keine Kernenergie mehr erzeugt wird, bestand diese Möglichkeit
nicht.
Personalbestand zum Zeitpunkt der Reaktorabschaltung
und im Jahr 2015
Anzahl der Mitarbeiter
Während des
vollen Betriebs1
Im Jahr 2015
Gewährte
EU-Unterstützung
(Millionen Euro)3
Ignalina, Litauen
(zwei Reaktorblöcke)
3 517
2 1272
171
Kosloduj, Bulgarien
(vier Reaktorblöcke)
1 400
650
130
Bohunice, Slowakei
(zwei Reaktorblöcke)
1 060
239
45
Insgesamt
5 977
3 016
346
1Zahlen für den vollen Betrieb für Ignalina zum 31.12.2004, für Kosloduj zum 31.12.2002 und
für Bohunice zum 1.4.2006.
2Vom Personal in Ignalina waren 1 377 Mitarbeiter mit Stilllegungsarbeiten an der kerntechnischen Anlage und 701 mit der Aufrechterhaltung eines sicheren Zustands beschäftigt.
3Die Zahlen für Ignalina umfassen die EU-Unterstützung ab der Abschaltung des ersten
Blocks im Jahr 2005 bis zum Jahr 2016, für Kosloduj von der Abschaltung des ersten Blocks
im Jahr 2003 bis zum Jahr 2017 und für Bohunice von der Abschaltung des ersten Blocks
im Jahr 2008 bis zum Jahr 2016.
Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage von Zahlen der Behörden der
Mitgliedstaaten.
81
In Ignalina hat sich das Personalmanagement seit dem vorangegangenen Bericht
des Hofes verbessert. Die Leitung des Kernkraftwerks Ignalina hat beispielsweise eine Outsourcing-Strategie entwickelt. Im Rahmen dieser Strategie werden
verschiedene Tätigkeiten, wie etwa die Instandhaltung der Anlagen und die
Dekontaminierung von frei zugänglichen Gebäuden analysiert, und es wird
entschieden, ob es kostengünstiger ist, die entsprechenden Dienstleistungen
auszuschreiben oder sie von internen Mitarbeitern erledigen zu lassen.
Bemerkungen
82
Ob der gegenwärtige Personalbestand angemessen ist, wurde noch nicht durch
eine externe Validierung bestätigt, und ein ausführlicher Personaleinsatzplan für
den gesamten Stilllegungsprozess ist immer noch nicht vorhanden. Aufgrund
der mangelnden Kofinanzierung und der lokalen wirtschaftlichen und sozialen
Herausforderungen, die mit den Stilllegungsarbeiten im litauischen Ignalina
einhergehen, besteht ein Risiko, dass der Personalbestand den Bedarf des Stilllegungsprogramms übersteigt und die für die Stilllegungsarbeiten vorgesehenen
Finanzmittel der EU zur Unterstützung dieser Beschäftigungsverhältnisse genutzt
werden.
83
Wie in Tabelle 8 und Ziffer 76 angemerkt, hat sich die Finanzierungslücke in Litauen seit dem letzten Bericht des Hofes erheblich vergrößert. Vertreter Litauens
verwiesen bei den Befragungen auf Protokoll Nr. 4, das dem Beitrittsvertrag des
Landes zur EU als Anhang beigefügt ist, und auf die Auslegung Litauens, dass
Kostensteigerungen beim Stilllegungsprojekt weiterhin von der EU finanziert
werden42. Der Folgenabschätzung der Kommission aus dem Jahr 2011 zufolge
sollte allen drei Mitgliedstaaten auf der Grundlage ihres Bedarfs für den Zeitraum 2014-2020 Unterstützung gewährt werden, aber über 2020 hinaus war seitens der Kommission keine weitere Verlängerung der finanziellen Unterstützung
durch die EU vorgesehen (siehe Ziffer 10)43.
In Bulgarien und der Slowakei besteht weiterhin eine geringfügige
Finanzierungslücke, obwohl die Schätzungen im Zeitverlauf
beträchtlich variierten
84
Mit der Zuweisung von EU-Finanzmitteln für den Zeitraum 2014-2020 haben sich
die Finanzierungslücken in Bulgarien und der Slowakei, auf die im vorangegangenen Bericht des Hofes hingewiesen wurde, deutlich verringert, und zwar auf
28 Millionen Euro bzw. 92 Millionen Euro. Die Schätzungen der Kosten und der
Finanzierungslücke variierten jedoch erheblich. Zum Beispiel:
– Die Schätzung der Finanzierungslücke durch die bulgarischen Behörden
verringerte sich deutlich von 230 Millionen Euro im September 2014 auf
28 Millionen Euro Ende 2015, hauptsächlich aufgrund der Berücksichtigung
von Kosten für Maßnahmen zur Vorbereitung der Stilllegung, die vom Betreiber des Kernkraftwerks Kosloduj getragen werden. Diese Maßnahmen waren
bei früheren Berechnungen nicht berücksichtigt worden. Im Gegensatz
dazu belief sich die Lücke gemäß den Daten der Kommission Ende 2015 auf
150 Millionen Euro.
– In der Slowakei betrug die Finanzierungslücke Ende Juni 2015 den Daten der
Kommission zufolge 193 Millionen Euro, während sie im Entwurf des Jahresarbeitsprogramms 2016 mit 92 Millionen Euro beziffert ist.
47
42 Artikel 3 von Protokoll Nr. 4
über das Kernkraftwerk
Ignalina in Litauen (ABl. L 236
vom 23.9.2003) besagt: „Da die
Stilllegung des Kernkraftwerks
Ignalina ein langfristiges
Vorhaben und für Litauen eine
außergewöhnliche finanzielle
Belastung darstellt, die in
keinem Verhältnis zur Größe
und Wirtschaftskraft des
Landes steht, stellt die Union
in Solidarität mit Litauen
angemessene zusätzliche
Gemeinschaftshilfe für die
Stilllegungsarbeiten auch über
das Jahr 2006 hinaus zur
Verfügung.“ Weiter heißt es in
dem Protokoll: „Die
durchschnittlichen
Gesamtmittel im Rahmen des
verlängerten IgnalinaProgramms sind für den
Zeitraum der nächsten
Finanziellen Vorausschau
angemessen zu gestalten.“
43 SEK(2011) 1387 endgültig vom
24. November 2011, Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen, Folgenabschätzung – Begleitunterlage zum
Vorschlag der Kommission für
eine Verordnung des Rates
über die Unterstützung der
Hilfsprogramme für die
Stilllegung kerntechnischer
Anlagen in Bulgarien, Litauen
und der Slowakei durch die
Union.
Bemerkungen
85
Derartige Abweichungen zwischen den nationalen Daten und den Daten der
Kommission werfen Fragen in Bezug auf die Zuverlässigkeit und Tragfähigkeit
der verwendeten Berechnungsmethoden auf. Darüber hinaus lassen die erheblichen Überarbeitungen der Zahlen darauf schließen, dass die Schätzungen in den
endgültigen Stilllegungsplänen zum Zeitpunkt der Prüfung des Hofes noch nicht
eingehend überprüft worden waren, weder durch die nationalen Interessenträger noch durch die Kommission.
48
44 Siehe KOM(2011) 783 endgültig; Verordnungen (Euratom)
Nr. 1368/2013 und
Nr. 1369/2013 des Rates sowie
Durchführungsbeschluss C(2014) 5449 der
Kommission.
Die Prüfung der Finanzierungs- und Stilllegungspläne durch
die Kommission war unzulänglich
86
Kasten 1
Teilweise als Reaktion auf die Empfehlungen aus dem vorangegangenen Bericht
des Hofes wurden mit dem Rechtsrahmen für den Finanzierungszeitraum 20142020 drei „Ex-ante-Bedingungen“44 eingeführt (siehe Kasten 1). Dabei handelt es
sich um Voraussetzungen für die Auszahlung von neuen Finanzmitteln für Stilllegungsmaßnahmen im laufenden mehrjährigen Finanzrahmen, mit denen eine
wirksame und wirtschaftliche Nutzung der EU-Mittel sichergestellt werden soll.
Ex-ante-Bedingungen
Die drei Mitgliedstaaten ergreifen bis zum 1. Januar 2014 die geeigneten Maßnahmen, um die folgenden
Ex-ante-Bedingungen zu erfüllen:
1.
Einhaltung der Bestimmungen des Euratom-Vertrags auf dem Gebiet der nuklearen Sicherheit, insbesondere hinsichtlich der Umsetzung der Richtlinien 2009/71/Euratom und 2011/70/Euratom in nationales
Recht;
2.
Aufstellung eines in einen nationalen Rechtsrahmen einbezogenen Finanzierungsplans, in dem alle
Kosten und die geplanten Finanzierungsquellen angegeben sind, die für einen sicheren Abschluss der
Stilllegungsarbeiten der Kernkraftwerksblöcke, wozu auch die Entsorgung abgebrannter Brennelemente
und radioaktiver Abfälle gehört, erforderlich sind;
3.
Vorlage eines überarbeiteten detaillierten Stilllegungsplans bei der Kommission, der die Stilllegungsmaßnahmen, einschließlich eines Zeitplans und der entsprechenden Kostenstruktur – basierend auf
international anerkannten Standards für Kostenschätzungen in Bezug auf Stilllegungen –, im Einzelnen
aufschlüsselt.
Quelle: Artikel 4 der Verordnungen (Euratom) Nr. 1368/2013 und Nr. 1369/2013 des Rates.
Bemerkungen
87
Als die Kommission im Oktober 2014 ihren Finanzierungsbeschluss zum Jahresarbeitsprogramm 2014 fasste, hätte sie überprüfen müssen, ob die Mitgliedstaaten
angemessene Maßnahmen ergriffen hatten, um diese Bedingungen zu erfüllen45.
Die Bewertung der entsprechenden Finanzierungspläne und der detaillierten
Stilllegungspläne durch die Kommission, d. h. der zweiten bzw. der dritten Ex-ante-Bedingung, war nach Auffassung des Hofes jedoch unzulänglich. Diese Einschätzung wurde im September 2015 in einem Bericht des Internen Auditdienstes
der Kommission bestätigt. Der Hof stellte beispielsweise fest, dass an den Schätzungen der Gesamtkosten und den Finanzierungszahlen erhebliche Überarbeitungen vorgenommen wurden (siehe Ziffer 84), und in einigen Fällen keine ausführlichen Pläne für bestimmte Kosten oder Tätigkeiten vorhanden waren (siehe
zum Beispiel Ziffer 79 über Personalkosten). Ein Vorbehalt zur Angemessenheit
der von der Generaldirektion Energie im Jahr 2014 vorgenommenen Bewertung
der Ex-ante-Bedingungen wurde in den Jährlichen Tätigkeitsbericht 2015 der
Generaldirektion Energie aufgenommen46.
88
Die Generaldirektion Energie der Kommission erstellte einen Aktionsplan zur
Beseitigung der vom Internen Auditdienst der Kommission ermittelten Schwachstellen, in dem Ende Oktober 2016 als Frist für den Abschluss der Bewertung der
Ex-ante-Bedingungen festgelegt wurde. Es ist von größter Bedeutung, dass die
Kommission diese Bewertung abschließt und sowohl die Finanzierungs- als auch
die Stilllegungspläne der einzelnen Mitgliedstaaten sorgfältig analysiert, da diese
Dokumente die Grundlage für die künftige Finanzierung bilden.
Der Großteil der Kosten wird in allen drei Mitgliedstaaten aus
dem EU-Haushalt finanziert
89
Alle drei Mitgliedstaaten haben spezielle Fonds eingerichtet, um ihre nationalen
Strategien für die sichere Entsorgung und Endlagerung radioaktiver Abfälle und
für die Stilllegung der kerntechnischen Anlagen zu finanzieren. Die Mittelausstattung dieser Fonds ist jedoch weiterhin begrenzt, insbesondere in Litauen.
–In Litauen bestanden die Einnahmen des im Jahr 1995 eingerichteten nationalen Stilllegungsfonds (Lithuanian National Decommissioning Support Fund)
bis zur Abschaltung des Kernkraftwerks Ende 2009 aus Beiträgen aus dessen
Betrieb. Seitdem hängt der Fonds von Einnahmen aus dem Verkauf nicht
benötigter Vermögenswerte sowie von externen Mitteln und den daraus
erzielten Zinserträgen ab. In der Vergangenheit wurde der Fonds auch für
die Finanzierung von Tätigkeiten, die nichts mit der Stilllegung zu tun hatten,
genutzt, etwa für vergünstigte Strom- und Heizungstarife oder für die zusätzliche soziale Absicherung ehemaliger Arbeitnehmer. Einer Schätzung des
Ministeriums für Energie zufolge lagen die Mittel des Fonds am 1. Januar 2016
bei 4 Millionen Euro 47.
49
45 Siehe Artikel 4 der
Verordnungen (Euratom)
Nr. 1368/2013 und
Nr. 1369/2013 des Rates.
46 Generaldirektion Energie,
Jährlicher
Tätigkeitsbericht 2015, Ref.
Ares(2016)1667891, 8.4.2016.
47 In SWD(2016) 102 final (S. 38)
wird dieser Fonds nicht
erwähnt, die insgesamt
verfügbaren Finanzmittel
werden aber mit
0,5 Milliarden Euro beziffert.
Worauf sich diese Zahl genau
bezieht, ist unklar.
Bemerkungen
– Bulgarien richtete im Jahr 1999 einen nationalen Fonds für radioaktive Abfälle und einen Fonds für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen ein. Beide
Fonds betreffen alle kerntechnischen Anlagen in Bulgarien. Der erstgenannte
Fonds wird hauptsächlich aus Beiträgen von Erzeugern radioaktiver Abfälle
finanziert, wobei der größte Beitragszahler mit einem Anteil von 92 % das
Kernkraftwerk Kosloduj ist. Aus dem Fonds wurden 34,8 Millionen Euro dafür
ausgegeben, die Reaktorblöcke 1-4 als Einrichtungen für die Entsorgung
radioaktiver Abfälle nutzbar zu machen. Ende 2015 befanden sich 61 Millio­
nen Euro im Fonds. Der zweite Fonds wird aus Beiträgen von Betreibern
kerntechnischer Anlagen finanziert. Ende 2015 beliefen sich die kumulierten
Mittel für die Blöcke 1-4 von Kosloduj auf 156 Millionen Euro.
– In der Slowakei wurde im Jahr 2010 eine Abgabe für die Endverbraucher
von Strom eingeführt, um das „historische Defizit“ auszugleichen und der
Tatsache Rechnung zu tragen, dass die seit 1995 von den Kernkraftwerksbetreibern erhobenen Pflichtbeiträge nicht ausreichten, um die Kosten für
die Stilllegung kerntechnischer Anlagen und die Endlagerung abgebrannter
Brennelemente zu decken. Ende 2014 waren 290 Millionen Euro der Mittel
des nationalen Stilllegungsfonds für die Stilllegung des Kernkraftwerks Bohunice V1 bestimmt.
90
Die insgesamt verfügbaren nationalen Mittel, die sich aus den speziellen Fonds
und sonstigen nationalen Quellen zusammensetzen, werden die gesamten Stilllegungskosten nicht decken (siehe Ziffer 67 und Tabelle 8). Die nationalen Mittel
würden in Bulgarien nur 31 % und in der Slowakei 38 % der geschätzten Kosten
decken, und in Litauen würden die nationalen Mittel im Rahmen des Programms
für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen der EU weniger als 8 % der gesamten
Stilllegungskosten decken. Bislang wurde der Fehlbetrag über die Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen durch den EU-Haushalt finanziert.
91
Derzeit sind die Mitgliedstaaten rechtlich nicht zur Kofinanzierung der Hilfen für
die Stilllegung verpflichtet, ob auf Programmebene oder auf der Ebene einzelner
Projekte. Im Gegensatz dazu müssen die Mitgliedstaaten bei den Europäischen
Struktur- und Investitionsfonds 48 – aus eigenen Mitteln – einen bestimmten Prozentsatz zur Finanzierung kofinanzierter Programme oder Projekte beisteuern.
Der Hof empfahl der Kommission in seinem vorangegangen Bericht für den Fall,
dass sie für den Finanzrahmen 2014-2020 eine Finanzierung vorschlägt, andere
EU-Finanzmittel, wie etwa die Strukturfonds, sowie die Bedingungen für die
Auszahlung der Mittel zu berücksichtigen. Die Kommission kam dieser Empfehlung nach, indem sie die Unterstützung für Abschwächungsmaßnahmen über die
Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESIF) weiterführt, beschloss aber,
die spezielle Unterstützung für die Stilllegung getrennt zu behandeln und die
eigentlichen Stilllegungsmaßnahmen vom Zugang zu den ESIF auszunehmen.
50
48 Zu den Europäischen
Struktur- und
Investitionsfonds gehören u. a.
der Europäische Fonds für
regionale Entwicklung, der
Kohäsionsfonds und der
Europäische Sozialfonds.
Vor 2014 wurden diese als
„Strukturfonds“ bezeichnet.
Bemerkungen
92
Die Kofinanzierungspflicht ist wichtig, da für die Empfänger von EU-Mitteln aus
finanzieller Sicht dadurch ein größerer Anreiz besteht, bei der Verwaltung von
Projekten ein gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis und bei der Durchführung der Programme Fortschritte zu erzielen. In den einschlägigen Verordnungen des Rates
über diese Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen wird die
Bedeutung der Kofinanzierung anerkannt und ausgeführt, dass die vollständige
Projektfinanzierung durch die EU nur „in gebührend begründeten Ausnahmefällen“49 genehmigt werden sollte. Die Kommission hat jedoch noch keine eindeutigen Leitlinien dafür festgelegt, was einen solchen Fall begründen würde. Dies
wird durch den Bericht des Internen Auditdienstes der Kommission von September 2015 bestätigt. Dadurch hat die Kommission bislang die Gelegenheit nicht
genutzt, Anreize für die Kofinanzierung zu schaffen und diese zu maximieren.
Bei Berücksichtigung der Kosten für die Endlagerung
hoch radioaktiver Abfälle würden sich die geschätzten
Gesamtkosten verdoppeln
93
Keine der in den endgültigen Stilllegungsplänen enthaltenen Schätzungen der
Finanzierungslücken bietet ein vollständiges Bild der nach Abschaltung eines
Kernkraftwerks anfallenden Kosten, weil in keiner dieser Schätzungen die Kosten
für die Endlagerung der abgebrannten Brennelemente berücksichtigt sind.
94
Gemäß dem international anerkannten Verursacherprinzip haben die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass der Betreiber seinen Verpflichtungen als
Verursacher nachkommt und ausreichende finanzielle Mittel vorsieht, um die
vollständigen Stilllegungskosten zu decken, einschließlich der Endlagerung der
abgebrannten Brennelemente (siehe Ziffer 20).
95
Die Richtlinie über radioaktive Abfälle von 2011 orientiert sich an diesem Prinzip.
Der Richtlinie zufolge müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass sämtliche
Tätigkeiten in Bezug auf die Entsorgung radioaktiver Abfälle und abgebrannter
Kernbrennstoffe, einschließlich der Endlagerung, ermittelt sowie deren Kosten
vollständig berechnet werden und dass bei Bedarf angemessene Finanzmittel zur
Verfügung stehen50.
96
Zudem besagt eine der Vorbedingungen für die Finanzierung im Rahmen des
Hilfsprogramms für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen (siehe Ziffern 86-88),
dass die Mitgliedstaaten einen „in einen nationalen Rechtsrahmen einbezogenen
[Finanzierungsplan aufstellen], in dem alle Kosten und die geplanten Finanzierungsquellen angegeben sind, die für einen sicheren Abschluss der Stilllegungsarbeiten der Kernkraftwerksblöcke, wozu auch die Entsorgung abgebrannter
Brennelemente und radioaktiver Abfälle gehört, erforderlich sind“51.
51
49 Erwägungsgrund 17 der
Verordnung (Euratom)
Nr. 1368/2013 des Rates und
Erwägungsgrund 15 der
Verordnung
(Euratom) Nr. 1369/2013 des
Rates.
50 Siehe insbesondere Artikel 12
der Richtlinie 2011/70/Euratom
des Rates.
51 Siehe Artikel 4 der
Verordnungen (Euratom)
Nr. 1368/2013
und Nr. 1369/2013 des Rates.
52
Bemerkungen
97
Der Hof erstellte eine Schätzung der Kosten für die Endlagerung, um ein vollständigeres Bild der Kosten zu bieten, die bei der Stilllegung der einzelnen Kraftwerke anfallen.
98
Tabelle 10
Wie Tabelle 10 zeigt, ergab diese Schätzung, dass sich die Gesamtkosten der Stilllegung verdoppeln könnten, wenn die mit der Endlagerung verbundenen Kosten
berücksichtigt werden, was zu einem Gesamtbetrag von 11,4 Milliarden Euro für
alle drei Mitgliedstaaten führen würde.
Schätzung der Stilllegungskosten einschließlich der Endlagerung hoch radioaktiver
Abfälle und abgebrannter Kernbrennstoffe
(Millionen Euro)
Ignalina, Litauen
Kosloduj,
Bulgarien
Bohunice,
Slowakei
Insgesamt
Kostenschätzung von 2015 ohne die Endlagerung hoch
radioaktiver Abfälle und abgebrannter Kernbrennstoffe
3 376
1 107
1 239
5 722
Kostenschätzung für die Endlagerung hoch radioaktiver
Abfälle und abgebrannter Kernbrennstoffe aus diesen
acht Reaktoren1
2 610
1 590
1 466
5 666
Kostenschätzung einschließlich der Endlagerung hoch
radioaktiver Abfälle und abgebrannter Kernbrennstoffe
5 986
2 697
2 705
11 388
Nationale Finanzierung
262
348
476
1 086
EU-Finanzierung
1 553
731
671
2 955
Finanzierungslücke
4 171
1 618
1 558
7 347
1 Anmerkung zu den Schätzungen der Kosten für die Endlagerung.
Für Ignalina (Litauen) beruht die Schätzung des Hofes von 2,61 Milliarden Euro auf den Zahlen aus dem nationalen Programm, die auch im
hinweisenden Nuklearprogramm der Kommission von 2016 aufgeführt sind.
Für Kosloduj (Bulgarien) sind im nationalen Programm Bulgariens keine Zahlen angegeben. Die vom Hof errechneten 1,59 Milliarden Euro
beruhen auf den für ein nationales Endlager geschätzten Gesamtkosten von 3 Milliarden Euro. Diese Zahl basiert auf Gesprächen, die im Zuge
der Prüfung mit den nationalen bulgarischen Behörden über das finnische Endlager geführt wurden. Um dem Anteil der Blöcke 1-4 und der
in Betrieb befindlichen Blöcke 5 und 6 Rechnung zu tragen, wurden diese 3 Milliarden Euro halbiert. Pläne für künftige Blöcke oder Kraftwerke wurden nicht berücksichtigt, weil dazu noch keine konkreten Angaben vorlagen.
Für Bohunice (Slowakei) beruht die Schätzung des Hofes von 1,46 Milliarden Euro auf den von den slowakischen Behörden geschätzten
Kosten von 4,4 Milliarden Euro für die Endlagerung, wobei das konservativere Szenario zugrunde gelegt wurde, bei dem die Betriebsdauer
der verbleibenden Kernkraftwerke in der Slowakei mit 60 Jahren veranschlagt wurde. Die 4,4 Milliarden Euro wurden durch drei geteilt,
um die Kosten gleichmäßig auf die zwei Blöcke, die stillgelegt werden, und die vier derzeit in Betrieb befindlichen Blöcke aufzuteilen. Im
Gegensatz zum nationalen Programm der Slowakei wurden die zwei in Mochovce geplanten Blöcke wegen der Verzögerungen bei ihrem Bau
nicht berücksichtigt. Bei Berücksichtigung dieser zwei Blöcke würden auf die im Stilllegungsprozess befindlichen Blöcke 16,3 % der 4,4 Milliarden Euro entfallen, was 717 Millionen Euro entspricht. Im hinweisenden Nuklearprogramm der Kommission von 2016 ist ein Betrag von
3,7 Milliarden Euro aufgeführt, der sich offenbar auf das weniger konservative Szenario einer Betriebsdauer von 40 Jahren bezieht.
Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage von Daten der Kommission, der Jahresarbeitsprogramme 2015 und 2016 und der nationalen Interessenträger.
53
Bemerkungen
99
Abbildung 18
Werden sowohl die Stilllegung als auch die Endlagerung berücksichtigt, entfällt
der größte Teil des Fehlbetrags von insgesamt 7,4 Milliarden Euro auf Litauen.
Beträchtliche Finanzierungslücken würden sich aber auch für Bulgarien und die
Slowakei ergeben (siehe Abbildung 18).
Finanzierungslücken bei Berücksichtigung von Stilllegung
und Endlagerung
Millionen Euro
6 000
5 000
4 000
70 %
Nationale Finanzierung
3 000
2 000
60 %
58 %
Kosloduj, Bulgarien
Bohunice, Slowakei
1 000
EU-Finanzierung
Finanzierungslücke
0
Ignalina, Litauen
Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage von Tabelle 10.
Verbindlichkeiten für zukünftige Kosten werden in den drei
Mitgliedstaaten nicht ordnungsgemäß bilanziert
100
In Übereinstimmung mit den internationalen Rechnungslegungsstandards52
müssen Verbindlichkeiten, die künftig zu erwarten sind, in der Bilanz der zu ihrer
Zahlung verpflichteten Organisation als Rückstellungen ausgewiesen werden,
wenn
– eine gegenwärtige rechtliche oder faktische Verpflichtung aus Ereignissen
der Vergangenheit entsteht53;
– eine Zahlung wahrscheinlich ist, d. h. mehr Gründe dafür- als
dagegen­­sprechen;
– die Höhe zuverlässig geschätzt werden kann54.
52 IAS 37 „Rückstellungen,
Eventualschulden und
Eventualforderungen“ sowie
IPSAS 19. Einen eigenen
internationalen
Rechnungslegungsstandard
für die Stilllegung
kerntechnischer Anlagen gibt
es nicht. Das Europäische
System Volkswirtschaftlicher
Gesamtrechnungen (ESVG)
umfasst einen Standard für die
Berechnung statistischer
Daten zu Stilllegungskosten, in
dem die Erfassung von
Verbindlichkeiten für
zukünftige Kosten nicht
verlangt wird.
53 Gemäß IAS 37.10 ist ein
verpflichtendes Ereignis ein
Ereignis, das eine rechtliche
oder faktische Verpflichtung
schafft (z. B. Bau eines
Kernkraftwerks, durch den
eine Verpflichtung zur
Stilllegung kerntechnischer
Anlagen entsteht), aufgrund
derer das Unternehmen keine
realistische Alternative zur
Erfüllung der Verpflichtung
hat.
54 Gemäß IAS 37.40 werden
Rückstellungen für einmalige
Ereignisse (Restrukturierung,
Beseitigung von
Umweltschäden, Beilegung
eines Rechtsstreits) zum
wahrscheinlichsten Betrag
angesetzt.
Bemerkungen
101
Sind diese drei Voraussetzungen nicht erfüllt, dann werden die Verbindlichkeiten
als „Eventualverbindlichkeiten“ bezeichnet und außerhalb der Bilanz offengelegt, zum Beispiel im Anhang zum Jahresabschluss, es sei denn, die Zahlung ist
unwahrscheinlich, in welchem Fall keine Angaben im Anhang erforderlich sind55.
102
Demzufolge sollten Kosten für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen und für
die Endlagerung abgebrannter Brennelemente durch die zu ihrer Zahlung verpflichteten Organisation als Verbindlichkeiten ausgewiesen werden, wenn entsprechende Zahlungen wahrscheinlich sind und ihre Höhe zuverlässig geschätzt
werden kann. Kostenschätzungen könnten beispielsweise auf einem Plan zur
Stilllegung kerntechnischer Anlagen beruhen. Die genaue Bilanzierungsmethode
hängt von der rechtlichen Lage in Bezug auf die Zahlungspflicht sowie von den
Rechnungslegungsverfahren des Mitgliedstaats oder der Organisation ab56.
103
Der Hof ersuchte die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, Informationen
darüber bereitzustellen, wie die Verbindlichkeiten für mit Stilllegungsarbeiten
und der Endlagerung abgebrannter Kernbrennstoffe verbundene Kosten ausgewiesen werden.
104
Wie aus Tabelle 11 hervorgeht, unterschieden sich die Bilanzierungsmethoden
der drei Mitgliedstaaten voneinander und danach, ob die Kosten mit Stilllegungsarbeiten oder der Endlagerung in Zusammenhang stehen. Die Kosten für die
Stilllegung kerntechnischer Anlagen werden in Litauen in keiner Bilanz als Rückstellungen ausgewiesen, und offengelegt werden nur geringfügige Eventualverbindlichkeiten. Die Stilllegungskosten werden im Jahresabschluss des Kernkraftwerks Kosloduj in Bulgarien gar nicht ausgewiesen und für das Kernkraftwerk
Bohunice in der Slowakei nur teilweise.
105
Was die Kosten für die Endlagerung betrifft, haben die zuständigen Organisationen in Litauen und Bulgarien weder Rückstellungen für solche Kosten in der Bilanz ausgewiesen noch Angaben dazu im Anhang zum Jahresabschluss gemacht.
Nur in der Slowakei haben die zuständigen Organisationen eine Rückstellung
für die Kosten der Endlagerung ausgewiesen, und zwar in einem Unterkonto des
nationalen Fonds für Kernenergie.
54
55 Gemäß IAS 37 sind keine
Angaben erforderlich, wenn
die Zahlung unwahrscheinlich
ist.
56 Manche Organisationen
müssen nach internationalen
Rechnungslegungsstandards
bilanzieren, während andere
Organisationen auf nationaler
Ebene festgelegte
Rechnungslegungsstandards
anwenden dürfen.
55
Tabelle 11
Bemerkungen
Bilanzierung von Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit der Stilllegung
kerntechnischer Anlagen und der Endlagerung abgebrannter Brennelemente
Jahresabschlüsse der Kernkraftwerke (ohne Endlagerung
der abgebrannten Kernbrennstoffe)
Rechnungslegung Fonds/Ministerium/Staat
(einschließlich Endlagerung der abgebrannten
Kernbrennstoffe)
Ignalina,
Litauen
Keine Rückstellungen ausgewiesen.
Gemäß Erläuterung ist keine zuverlässige Schätzung für den
Rückbau verfügbar. Daher wurden keine Eventualverbindlich­
keiten angegeben.
Keine Rückstellungen ausgewiesen.
Geringfügige Eventualverbindlichkeiten im Zusammenhang mit
der Stilllegung kerntechnischer Anlagen sind außerbilanziell ausgewiesen (13 Millionen Euro), und zwar für die zusätzliche soziale
Absicherung ehemaliger Angestellter von Kernkraftwerken.
Kosloduj,
Bulgarien
Keine Ausweisung von Rückstellungen für Kosten für Stilllegungsarbeiten oder für die Lagerung und Entsorgung von abgebrannten Brennelementen. Der unabhängige Prüfer gab zum
Jahresabschluss 2014 deshalb ein eingeschränktes Prüfungsurteil
ab.
Die Einnahmen und Ausgaben der nationalen Fonds für Stilllegungsarbeiten und radioaktive Abfälle sind in den jährlichen
Haushaltsrechnungen des Ministeriums für Energie enthalten. Nicht
genutzte Teile der kumulierten Finanzmittel, einschließlich der
Mittel aus Vorjahren, werden außerhalb der Bilanz offengelegt.
Bohunice,
Slowakei
Teilweise ausgewiesen, aber nicht für Bohunice V1
zweckbestimmt.
Vorläufige Informationen zur Endlagerung sind in einem Unterkonto des nationalen Fonds für Kernenergie enthalten.
Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage von Informationen der nationalen Behörden.
106
Die Tatsache, dass zukünftige Kosten nicht systematisch als Rückstellungen ausgewiesen und/oder in den Anhang zum Jahresabschluss aufgenommen werden,
verringert die Transparenz und erschwert den zuständigen Behörden eine angemessene Planung, wie die zukünftigen Stilllegungs- und Endlagerungskosten
gedeckt werden können.
Schlussfolgerungen und
Empfehlungen
107
Die speziellen Finanzierungsprogramme der EU für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen haben nicht die richtigen Anreize für eine fristgerechte und
kosteneffiziente Stilllegung geschaffen. Seit der Veröffentlichung des vorangegangenen Berichts des Hofes im Jahr 2011 wurden Fortschritte bei der Stilllegung
der Kernkraftwerke Ignalina in Litauen, Kosloduj in Bulgarien und Bohunice in
der Slowakei erzielt. Wesentliche Bauteile in den nicht kontrollierten Bereichen
der Kraftwerke wurden zurückgebaut. Bei fast allen wichtigen Projekten zur
Schaffung der Stilllegungsinfrastruktur traten jedoch Verzögerungen auf, und die
kritischen Herausforderungen in Zusammenhang mit den Arbeiten im Kontrollbereich stehen in allen drei Mitgliedstaaten noch bevor. Den Behörden der Mitgliedstaaten zufolge ist die Abschaltung der Kraftwerke unumkehrbar. Allerdings
wurden nicht alle erwarteten Outputs, die die Kommission zur Bewertung der
Fortschritte auf dem Weg zu einer unumkehrbaren Abschaltung heranzieht, vollständig erzielt. Die Finanzierungslücke in Litauen hat sich seit der letzten Prüfung
durch den Hof vergrößert und liegt nun bei 1,6 Milliarden Euro. Die Stilllegungskosten für die drei Kraftwerke werden schätzungsweise insgesamt mindestens
5,7 Milliarden Euro betragen bzw. 11,4 Milliarden Euro, wenn die Kosten für die
Endlagerung ebenfalls berücksichtigt werden.
Seit 2011 wurden bei der Stilllegung Fortschritte erzielt, doch
stehen kritische Herausforderungen noch bevor
108
Seit 2011 haben die drei Mitgliedstaaten wesentliche Bauteile im nicht kontrollierten Bereich zurückgebaut. Zudem wurden – außer im Fall von Litauen –
Fortschritte beim Erhalt der für den Beginn der Arbeiten im Kontrollbereich
relevanten Genehmigungen erzielt. In Litauen liegt noch keine entsprechende
Genehmigung vor, die nun 2022 erteilt werden soll, 10 Jahre später als ursprünglich geplant (siehe Ziffern 40 und 42).
109
Allen nationalen Behörden zufolge bedeuten die erzielten Fortschritte, dass die
Abschaltung jetzt tatsächlich unumkehrbar ist. Die erwarteten Outputs, auf die
sich die Kommission bei der Beurteilung der Fortschritte in Richtung einer unumkehrbaren Abschaltung stützt, wurden jedoch bisher in keinem der drei Kraftwerke vollständig erzielt. Die technische Planung für den Rückbau der Reaktorkerne
bzw. der Primärkreisläufe ist noch nicht abgeschlossen, und im Reaktorgebäude
wurden bislang nur unbedeutende Maßnahmen durchgeführt. Die kritischen Herausforderungen im Zusammenhang mit den Arbeiten in den Kontrollbereichen,
einschließlich der Reaktorgebäude, stehen folglich in allen drei Mitgliedstaaten
noch bevor (siehe Ziffern 38-42).
110
Bei der Schaffung von Infrastrukturen für die Abfallentsorgung wurden einige
Fortschritte erzielt, aber bei vielen wichtigen Infrastrukturprojekten traten in den
drei Mitgliedstaaten im Zeitraum 2011-2015 Verzögerungen auf (siehe Ziffern 43
und 59-71). Die längsten Verzögerungen waren in Litauen zu verzeichnen, wo
der Abschlusstermin für die Stilllegung seit 2011 um weitere neun Jahre auf 2038
verschoben wurde (siehe Ziffern 59-63).
56
Schlussfolgerungen und Empfehlungen
111
In allen drei Mitgliedstaaten gilt es auch weiterhin Herausforderungen zu bewältigen, etwa die Abhängigkeit von externen Sachverständigen (siehe Ziffer 69)
sowie den Umgang mit neuartigen technischen Lösungen (siehe Ziffern 67-68).
Der EU-weite Mangel an qualifizierten, erfahrenen Ingenieuren stellt ein Risiko
dar, insbesondere in Litauen (siehe Ziffer 70).
Empfehlung 1 – Sicherstellung von Fortschritten bei der
Stilllegung
Die drei betroffenen Mitgliedstaaten sollten
a) ihre Projektmanagementverfahren weiter verbessern, damit die für die Entsorgung von Abfällen und abgebrannten Brennstoffen erforderliche Infrastruktur zum geplanten Zeitpunkt verfügbar ist;
b) Maßnahmen zum Aufbau ihrer eigenen technischen Kapazitäten ergreifen,
um ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen internem und externem Sachverstand zu erzielen;
c) bessere Wege zum Austausch bewährter Verfahren und technischen Wissens
sowohl untereinander als auch mit anderen Akteuren finden, die in der EU
und in Drittländern im Bereich der Stilllegung kerntechnischer Anlagen tätig
sind. Die Kommission sollte dies auf kosteneffiziente Weise fördern.
Zieldatum für die Umsetzung: bis Ende 2017.
112
Die im Rahmen der Hilfsprogramme der EU für die Stilllegung kerntechnischer
Anlagen finanzierten Projekte betreffen nicht die Endlagerung, sondern nur die
Zwischenlagerung der abgebrannten Kernbrennstoffe. Die Einrichtung eines Endlagers für abgebrannte Kernbrennstoffe kann mehrere Jahrzehnte dauern und
einen hohen finanziellen Einsatz erfordern. Dies könnte für einige Länder, die
geringe Mengen an radioaktivem Abfall produzieren, über begrenzte finanzielle
Mittel oder nicht über die geeigneten geologischen Voraussetzungen verfügen,
schwierig sein. Über potenzielle Endlagerlösungen für hoch radioaktive Abfälle
und abgebrannte Kernbrennstoffe, bei denen es sich um nationale oder regionale Lösungen handeln kann, werden in den drei Mitgliedstaaten noch immer
lediglich Grundsatzdebatten geführt (siehe Ziffern 48-58). Die Kommission muss
über die Pläne der Mitgliedstaaten auf diesem Gebiet Bericht erstatten, hat dies
aber noch nicht getan (siehe Ziffer 53).
57
Schlussfolgerungen und Empfehlungen
Empfehlung 2 – Lösungen für die Endlagerung der
abgebrannten Kernbrennstoffe
a) Die Kommission sollte zusammen mit allen betroffenen EU-Mitgliedstaaten
Möglichkeiten für die Lagerung abgebrannter Kernbrennstoffe und hoch
radioaktiver Abfälle ausloten, wozu auch regionale und andere EU-interne
Lösungen zählen. Dabei sind die Sicherheit und Kosteneffizienz der jeweiligen Alternativen gebührend zu berücksichtigen. Die Kommission sollte eine
Analyse dieser Frage in ihren ersten Bericht an das Europäische Parlament
und den Rat gerichteten Bericht über die Umsetzung der Richtlinie über radioaktive Abfälle aufnehmen.
Zieldatum für die Umsetzung: sofortiger Beginn; Veröffentlichung des Berichts bis spätestens Mitte 2017.
b) Die drei Mitgliedstaaten sollten parallel dazu mit ihrer Planung für die
Endlagerung fortfahren, um umfassendere Kostenschätzungen und Finanzierungspläne für die Lagerung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver
Abfälle zu erstellen, wie dies in der Richtlinie über radioaktive Abfälle gefordert ist.
Zieldatum für die Umsetzung: bis Mitte 2017.
Die geschätzten Stilllegungskosten belaufen sich auf
mindestens 5,7 Milliarden Euro bzw. das Doppelte,
wenn die Kosten für die Endlagerung ebenfalls
berücksichtigt werden
113
Die Schätzungen der gesamten Stilllegungskosten stiegen für die drei Programme zwischen 2010 und 2015 um 40 % von 4,1 Milliarden Euro auf 5,7 Milliarden Euro (siehe Ziffern 73-74). Werden die Kosten für die Endlagerung der
abgebrannten Kernbrennstoffe eingerechnet, könnten sich die Gesamtkosten auf
11,4 Milliarden Euro verdoppeln (siehe Ziffern 93-99).
114
Die derzeit auf nationaler und EU-Ebene verfügbaren Finanzmittel von 4,0 Milliarden Euro reichen für die Deckung der geschätzten Gesamtkosten in Höhe
von 5,7 Milliarden Euro nicht aus, wobei die Kosten für die Endlagerung nicht
eingerechnet sind. Daher besteht bis zum Abschluss des Stilllegungsprozesses
eine Finanzierungslücke von 1,7 Milliarden Euro. Mit 93 % bzw. 1,6 Milliarden Euro
entfällt der größte Teil dieser Finanzierungslücke auf Litauen (siehe Ziffern 7385). Die von Bulgarien und der Slowakei geschätzten Finanzierungslücken liegen
derzeit bei 28 bzw. 92 Millionen Euro (siehe Ziffer 84).
58
Schlussfolgerungen und Empfehlungen
115
Gemäß dem international anerkannten Verursacherprinzip haben die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass die Kernkraftwerksbetreiber ihren Verpflichtungen
als Verursacher nachkommen und ausreichende finanzielle Mittel vorsehen, um
die vollständigen Kosten der Stilllegung und der Endlagerung zu decken (siehe Ziffern 20 und 93). Die drei Standorte werden von staatlichen Unternehmen
betrieben. Alle drei Mitgliedstaaten haben spezielle Fonds eingerichtet, um ihre
nationalen Strategien für die sichere Entsorgung und Endlagerung der radioaktiven Abfälle und für die Stilllegung der kerntechnischen Anlagen zu finanzieren.
Bislang wurden die nationalen Fonds bei den drei Programmen zur Stilllegung
kerntechnischer Anlagen jedoch kaum genutzt, und die Mittel dieser Fonds sind,
insbesondere in Litauen, begrenzt (siehe Ziffern 89-92).
116
Folglich stellte die Kofinanzierung der Projekte mit nationalen Mitteln nicht die
Regel, sondern die Ausnahme dar. Obwohl – anders als bei anderen EU-Mitteln –
die Kofinanzierung der Projekte nicht in den Programmen vorgeschrieben ist,
besagt die Rechtsgrundlage, dass eine vollständige Projektfinanzierung durch
die EU nur „in gebührend begründeten Ausnahmefällen“57 genehmigt werden sollte. Die Kommission hat jedoch noch keine eindeutigen Leitlinien dafür
festgelegt, was einen solchen Fall begründen würde. Hätte sie dies getan, wäre
die Schaffung der richtigen Anreize für eine höhere nationale Beteiligung an der
Stilllegung wirksamer verlaufen (siehe Ziffer 92).
117
Letztlich müssen die drei Mitgliedstaaten sicherstellen, dass ausreichende
Finanzmittel sowohl für die Stilllegung als auch die Endlagerung zur Verfügung
stehen (siehe Ziffern 20 und 95). Auf Grundlage einer Bewertung des Bedarfs
der Mitgliedstaaten kam die Kommission in ihrer Folgenabschätzung von 2011
zu dem Schluss, dass die finanzielle Unterstützung durch die EU nicht über das
Jahr 2020 hinaus verlängert werden sollte (siehe Ziffer 10). Diesbezüglich wiesen
die Vertreter Litauens bei der Prüfung des Hofes insbesondere auf die einschlägigen Protokolle zum Beitrittsvertrag hin (siehe Ziffer 83 und Fußnote 42).
Empfehlung 3 – Achtung des Verursacherprinzips durch
Erhöhung der nationalen Finanzierung für 2014-2020 und
danach
Die drei Mitgliedstaaten sollten ihre eigene Rolle anerkennen, wenn es darum
geht, die Einhaltung des Verursacherprinzips sicherzustellen. Zudem sollten sie
bereit sein, sowohl im laufenden Finanzierungszeitraum als auch danach nationale Mittel für die Deckung der Stilllegungskosten sowie der Endlagerungskosten
einzusetzen.
Zieldatum für die Umsetzung: beginnend mit einer Erhöhung der nationalen
Kofinanzierung ab den Jahresarbeitsprogrammen 2017.
59
57 Erwägungsgrund 17 der
Verordnung (Euratom)
Nr. 1368/2013 des Rates und
Erwägungsgrund 15 der
Verordnung
(Euratom) Nr. 1369/2013 des
Rates.
Schlussfolgerungen und Empfehlungen
Empfehlung 4 – Erhöhung der nationalen Kofinanzierung im
Finanzierungszeitraum 2014-2020
Die Kommission sollte eine Erhöhung der nationalen Kofinanzierung im Finanzierungszeitraum 2014-2020 anstreben. Sie sollte – beispielsweise in einem
Kommissionsbeschluss – die „gebührend begründeten Ausnahmefälle“ klar
definieren, in denen Projekte im Rahmen der Hilfsprogramme für die Stilllegung
kerntechnischer Anlagen vollständig von der EU finanziert werden können.
Zieldatum für die Umsetzung: bis Ende Dezember 2017.
Empfehlung 5 – Einstellung der speziellen
Finanzierungsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer
Anlagen in Litauen, Bulgarien und der Slowakei nach 2020
Die speziellen Finanzierungsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer
Anlagen in Litauen, Bulgarien und der Slowakei sollten nach 2020 eingestellt werden. Stellt sich heraus, dass in einem oder mehreren dieser drei Mitgliedstaaten
nach 2020 unbedingt EU-Mittel benötigt werden, sollte jede von der Kommission
vorgeschlagene und vom Gesetzgeber genehmigte EU-Finanzierung die richtigen Anreize für eine Fortsetzung der Stilllegung umfassen, unter anderem indem
sie zeitlich begrenzt und von einer angemessenen Kofinanzierung der Mitgliedstaaten abhängig gemacht wird. Eine Möglichkeit hierfür bestünde darin, den
Zugang zu den Europäischen Struktur- und Investitionsfonds auszuweiten, sodass
auch Maßnahmen zur Stilllegung kerntechnischer Anlagen finanziert werden
können, wenn diese Bedingungen erfüllt sind.
Zieldatum für die Umsetzung: falls erforderlich bis Ende 2018.
118
Der Personalbestand hat sich in allen drei Kraftwerken verringert. Am Kraftwerk
Ignalina in Litauen, wo der Brennstoff nur aus einem der zwei Reaktorkerne
entnommen wurde und für das immer noch eine Betriebsgenehmigung besteht,
bleiben der Personalbestand und somit die von der EU finanzierten Kosten hoch.
Ein Drittel des Personals ist weiterhin mit der Aufrechterhaltung der Sicherheit
der Anlage beschäftigt. Aufgrund der mangelnden Kofinanzierung und der lokalen wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen, die mit den Stilllegungsarbeiten im litauischen Ignalina einhergehen, besteht ein Risiko, dass der Personalbestand den Bedarf des Stilllegungsprogramms übersteigt und die für die
Stilllegungsarbeiten vorgesehenen Finanzmittel der EU zur Unterstützung dieser
Beschäftigungsverhältnisse genutzt werden (siehe Ziffern 80-81).
60
Schlussfolgerungen und Empfehlungen
Empfehlung 6 – EU-Finanzmittel nur für Stilllegungskosten
Die Kommission sollte den Einsatz von EU-Finanzmitteln im Rahmen der Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen nur für die Finanzierung
der Kosten für Personal gestatten, das ausschließlich mit Stilllegungsmaßnahmen
befasst ist.
Zieldatum für die Umsetzung: ab den Jahresarbeitsprogrammen 2017 und
danach.
119
Die von der Kommission vorgenommene Bewertung, ob die Finanzierungs- und
Stilllegungspläne die Ex-ante-Bedingungen erfüllen, war unzulänglich (siehe
Ziffern 86-88).
Empfehlung 7 – Verbesserung der Überwachung durch die
Kommission
Die Kommission sollte ihre Bewertung der Ex-ante-Bedingungen abschließen.
Zieldatum für die Umsetzung: bis Ende Oktober 2016.
120
Die Bilanzierung von Verbindlichkeiten und Eventualverbindlichkeiten für zukünftige Kosten, die mit der Stilllegung kerntechnischer Anlagen und der Endlagerung abgebrannter Kernbrennstoffe in Zusammenhang stehen, wird von den
drei Mitgliedstaaten unterschiedlich gehandhabt. Die Tatsache, dass zukünftige
Kosten nicht immer als Rückstellungen ausgewiesen und/oder in den Anhang
zum Jahresabschluss aufgenommen werden, verringert die Transparenz und
erschwert den zuständigen Behörden eine angemessene Planung, wie die zukünftigen Stilllegungs- und Endlagerungskosten gedeckt werden können (siehe
Ziffern 100-103).
61
Schlussfolgerungen und Empfehlungen
Empfehlung 8 – Bilanzierung
Die Kommission sollte sich gemeinsam mit allen betroffenen Mitgliedstaaten
darum bemühen, dass sämtliche zukünftigen Kosten im Zusammenhang mit
der Stilllegung kerntechnischer Anlagen und der Endlagerung abgebrannter
Brennstoffe ordnungsgemäß, transparent und im Einklang mit den einschlägigen
Rechnungslegungsstandards bilanziert werden.
Zieldatum für die Umsetzung: bis Ende Dezember 2017.
Dieser Bericht wurde von Kammer II unter Vorsitz von Herrn Henri GRETHEN,
Mitglied des Rechnungshofs, in ihrer Sitzung vom 14. Juli 2016 in Luxemburg
angenommen.
Für den Rechnungshof
Vítor Manuel da SILVA CALDEIRA
Präsident
62
63
Anhang I
Anhänge
Kernreaktoren, die im Rahmen des Hilfsprogramms für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen der EU stillgelegt werden
Geplantes Datum für
den Abschluss der
Stilllegungsarbeiten
Kommerzieller Betrieb
TWh
Litauen
Bulgarien
Slowakei
Betriebsbeginn
Abschaltung
Jahre
In % der
30-jährigen
Lebensdauer
Ignalina 1
86
Mai 1985
Dez. 2004
20
65
Ignalina 2
155
Dez. 1987
Dez. 2009
22
73
Kosloduj 1
61
Okt. 1974
Dez. 2002
28
94
Kosloduj 2
63
Nov. 1975
Dez. 2002
27
90
Kosloduj 3
63
Jan. 1981
Dez. 2006
26
86
Kosloduj 4
61
Juni 1982
Dez. 2006
25
82
Bohunice V1,
Reaktor 1
72
Apr. 1980
Dez. 2006
27
89
Bohunice V1,
Reaktor 2
77
Jan. 1981
Dez. 2008
28
93
Quelle: IAEO, Pris-Datenbank.
Gemäß dem
Bericht
des Hofes
von 2011
Stand:
Dez. 2015
2029
2038
2035
2030
2025
2025
64
Anhang II
Anhänge
Überblick über die Rechtsgrundlagen zu den Hilfsprogrammen für die Stilllegung
kerntechnischer Anlagen
Ignalina, Litauen
Kosloduj, Bulgarien
Bohunice, Slowakei
Vor dem Beitritt
Verordnung (EWG) Nr. 3906/1989
des Rates vom 18. Dezember 1989
Verordnung (EG) Nr. 1266/1999 des Rates vom 21. Juni 1999 (PHARE-Programm)
Beitrittsverträge
Protokoll Nr. 4 über das Kernkraftwerk Ignalina in Litauen, das der
Akte über die Bedingungen des
Beitritts der Republik Litauen
und die Anpassungen der die
Europäische Union begründenden
Verträge beigefügt ist (ABl. L 236
vom 23.9.2003, S. 944-945)
Akte über die Bedingungen des Beitritts
der Republik Bulgarien und Rumäniens
(ABl. L 157 vom 21.6.2005, S. 203)
Protokoll Nr. 9 zur Akte über die Bedingungen
des Beitritts der Slowakischen Republik und die
Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge (Bohunice V1 NPP) (ABl. L 236
vom 23.9.2003, S. 954)
Verordnung (EG) Nr. 1990/2006
des Rates vom 21. Dezember 2006
über die Durchführung des Protokolls Nr. 4 über das Kernkraftwerk
Ignalina
Verordnung (Euratom) Nr. 647/2010 des
Rates vom 13. Juli 2010
Verordnung (Euratom) Nr. 549/2007 des Rates
vom 14. Mai 2007 über die Durchführung des
Protokolls Nr. 9 über die Reaktoren 1 und 2 des
Kernkraftwerks Bohunice V1 in der Slowakei
zur Akte über die Bedingungen des Beitritts der
Tschechischen Republik, der Republik Estland,
der Republik Zypern, der Republik Lettland,
der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der
Republik Malta, der Republik Polen, der Republik
Slowenien und der Slowakischen Republik
Verordnung (Euratom)
Nr. 1369/2013 des Rates vom
13. Dezember 2013 über die Unterstützung des Hilfsprogramms
für die Stilllegung kerntechnischer
Anlagen in Litauen durch die
Union und zur Aufhebung der
Verordnung (EG) Nr. 1990/2006
Verordnung (Euratom) Nr. 1368/2013 des Rates vom 13. Dezember 2013 über die Unterstützung der Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen in Bulgarien und der
Slowakei durch die Union und zur Aufhebung der Verordnungen (Euratom) Nr. 549/2007 und
(Euratom) Nr. 647/2010
Nach dem Beitritt
65
Anhang III
Anhänge
Kernreaktoren in den Mitgliedstaaten und deren Status zum 31. Dezember 2015
Vereinigtes Königreich
Abgeschaltet
in Betrieb
im Bau
Insgesamt
Niederlande
Abgeschaltet
in Betrieb
im Bau
Status
Abgeschaltet
in Betrieb
im Bau
30
15
–
45
Finnland
Abgeschaltet
in Betrieb
im Bau
91
129
4
Insgesamt 224
Insgesamt
Insgesamt
Insgesamt
28
8
–
36
Insgesamt
12
58
1
71
Frankreich
Abgeschaltet
in Betrieb
im Bau
Spanien
Abgeschaltet
in Betrieb
im Bau
Insgesamt
Insgesamt
2
–
–
2
Tschechische Republik
Abgeschaltet
in Betrieb
im Bau
Insgesamt
–
6
–
6
2
1
7
–
8
Deutschland
Abgeschaltet
in Betrieb
im Bau
Insgesamt
3
10
–
13
Schweden
Abgeschaltet
in Betrieb
im Bau
1
1
Belgien
Abgeschaltet
in Betrieb
im Bau
Insgesamt
–
4
1
5
Litauen
Abgeschaltet
in Betrieb
im Bau
Slowakei
Abgeschaltet
in Betrieb
im Bau
Insgesamt
3
4
2
9
Insgesamt
–
2
–
2
Insgesamt
4
2
–
6
Rumänien
Abgeschaltet
in Betrieb
im Bau
3
7
–
10
Italien
Abgeschaltet
in Betrieb
im Bau
Insgesamt
4
–
–
4
Slowenien (gemeinsam mit
Kroatien genutzt)
Abgeschaltet
in Betrieb
im Bau
Insgesamt
–
1
–
1
Ungarn
Abgeschaltet
in Betrieb
im Bau
Insgesamt
–
4
–
4
Bulgarien
Abgeschaltet
in Betrieb
im Bau
Anmerkung: Für die beiden Reaktorblöcke in Ignalina in Litauen besteht immer noch eine Betriebsgenehmigung (siehe Ziffer 40).
Quelle: Europäischer Rechnungshof auf der Grundlage von Daten der Europäischen Kommission und des Informationssystems für Reaktoren der
IAEO (Power Reactor Information System – PRIS).
66
Anhang IV
Anhänge
Überblick über die Akteure der Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer
Anlagen
Hilfsprogramm für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen mit zwei
Durchführungsstellen in Litauen
Europäische Kommission,
unterstützt durch den
Ausschuss des Hilfsprogramms für die Stilllegung
kerntechnischer Anlagen
Über die EBWE
Litauen
Rahmenvereinbarung
Jährliche Übertragungsverfügung
Beg
Rahmenvereinbarung
Internationaler Fonds zur
Unterstützung der
Stilllegung von Ignalina
– geleitet von der
Versammlung der
Beitragszahler
– verwaltet von der EBWE
(Durchführungsstelle)
leit
un
g
Begleitung
Über die nationale Agentur
Rahmenvereinbarung
Jährliche Übertragungsverfügung
Vereinbarung über die Mittelüberweisung
Begleitung
Programmbegleitausschuss
Benennung
Nationale Agentur
(CPMA)
Begleitung
Programmkoodinierung
Finanzministerium
Prüfung und
finanzielle
Aufsicht
Finanzielle
Koordinierung
Finanzierungsvereinbarung
Genehmigung der
Finanzhilfevereinbarungen
Überwachung
Überwachung
Begünstigter
Begünstigter
Auszahlung
Litauen
Vertrag
Vertrag
Auftragnehmer
Projekt
Auftragnehmer
Projekt
EUIm Jahr 2015 war die EBWE für die folgenden
Finanzierung
laufenden Stilllegungsprojekte verantwortlich: (Millionen
Euro)
Zwischenlagerung von abgebrannten Brennelementen des Kernkraftwerks Ignalina
Anlagen zur Behandlung und Lagerung von
Feststoffabfällen
Projektverwaltungseinheit – Phasen 1-5
(2001-2015)
Oberflächennahes Lager für kurzlebige schwach und
mittel radioaktive Abfälle (technische Planung)
Gesamtbetrag für 2015
Abgeschlossene und laufende Stilllegungsprojekte
der EBWE von 1999 bis Ende 2015, insgesamt
Auszahlung
205,97
184,02
51,81
10,63
452,43
522,91
EUIm Jahr 2015 war die CPMA für die folgenden
Finanzierung
laufenden Stilllegungsprojekte verantwortlich: (Millionen
Euro)
Jährliche Stilllegungstätigkeiten am Kernkraftwerk
50,50
Ignalina und damit verbundene Kosten im Jahr 2015
Bau einer Deponie für sehr schwach radioaktive
8,42
Abfälle (Deponie – Phase 3)
Technische Hilfe für VATESI, die staatliche Aufsichts1,80
behörde für nukleare Sicherheit (Phase 6)
Zementcontainer für Abfälle
1,00
Errichtung der Anlage zur Behandlung radioaktiver
0,96
Metalle
Gesamtbetrag für 2015
62,68
Abgeschlossene und laufende Stilllegungsprojekte
465,97
der CPMA von 1999 bis Ende 2015, insgesamt
67
Anhang IV
Anhänge
Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen mit einer
Durchführungsstelle in Bulgarien und der Slowakei
Über die EBWE
leitu
Beg
Europäische Kommission, unterstützt durch
den Ausschuss des
Hilfsprogramms für die
Stilllegung kerntechnischer Anlagen
ng
g
un
gleit
Be
Programmbegleitausschüsse für Kosloduj
und Bohunice
Bulgarien
Slowakei
Rahmenvereinbar
Jährliche Übertragungsvereinbarung
Begleit
ung
Internationaler Fonds zur
Unterstützung der Stilllegung von
Kosloduj und von Bohunice
– geleitet von der Versammlung der
Beitragszahler
– verwaltet von der EBWE
(Durchführungsstelle)
Genehmigung der Finanzhilfevereinbarungen
Überwachung
Begünstigter
Vertrag
Auszahlung
Auftragnehmer
Projekt
Anhang V
Anhänge
68
Im Rahmen der Prüfung untersuchte von der EU finanzierte Projekte
Ignalina, Litauen
Projekt
Bewertung des Europäischen Rechnungshofs
Die erheblichen Verzögerungen werden sich deutlich auf die nukleare Sicherheit (bis alle
1. Zwischenlager für abgebrannte
Bericht des
abgebrannten Brennelemente in Behältern deponiert sind) sowie auf die Betriebskosten des
Brennelemente
Hofes von 2011
Kraftwerks auswirken.
Ursprüngliches Budget: 165 Millionen
Der Bau des Zwischenlagers verzögerte sich um weitere sechs Jahre und liegt somit bezogen
Euro
auf den Plan über die endgültige Stilllegung von 2005 um 10 Jahre hinter dem Zeitplan. Die
Aktuelles Budget: 206 Millionen Euro Stand:
Dez. 2015
zusätzlichen Instandhaltungskosten des Zwischenlagers in Zusammenhang mit dem Projekt B1
Ursprüngliche Frist: Aug. 2008
haben 61 Millionen Euro überschritten.
Aktuelle Frist: Okt. 2017
Die bei dem Projekt aufgetretenen erheblichen Verzögerungen sind kritisch, weil Möglichkeiten
zur Abfallentsorgung benötigt werden, um bei Projekten zum Rückbau und zur Dekontami2. Anlage zur Behandlung und
Bericht des
nierung Fortschritte zu erzielen. Voraussichtlich wird eine zusätzliche Finanzierung durch den
Lagerung von Feststoffabfällen
Hofes von 2011
Internationalen Fonds zur Unterstützung der Stilllegung des Kernkraftwerks Ignalina (Ignalina
Ursprüngliches Budget: 120 Millionen
International Decommissioning Support Fund – IIDSF) benötigt.
Euro
Das Projekt verzögert sich um neun Jahre, von denen fünf auf den Zeitraum 2011-2014 zurückAktuelles Budget: 184 Millionen Euro
zuführen sind. Damit verbundene wirtschaftliche Streitigkeiten zwischen dem Auftragnehmer
Stand:
Ursprüngliche Frist: Nov. 2009
und dem Kernkraftwerk Ignalina sowie dem litauischen Ministerium für Energie wurden durch
Dez. 2015
Aktuelle Frist: Nov. 2018
Zahlung von 55 Millionen Euro an Entschädigungsleistungen beigelegt. Für die zu erwartenden
Risiken sind weitere 17,9 Millionen Euro vorgesehen.
3. Technische und organisaDie Entscheidung, Projekttätigkeiten auszulagern, beruhte nicht auf einer angemessenen BeurBericht des
torische Planung und Genehteilung der vor Ort verfügbaren notwendigen technischen Ressourcen oder der Kosteneffizienz
Hofes von 2011
migung von Rückbau- und
dieser Option.
Dekontaminierungstätigkeiten
Die Ausarbeitung der Dokumente verzögerte sich um 30 Monate, da die Ressourcen des AuftragUrsprüngliches Budget des Projekts:
Stand:
nehmers überschätzt wurden und aufgrund der Zeit, die erforderlich war, um die Dokumente
8 Millionen Euro
Dez. 2015
von den Kraftwerks- und Regulierungseinrichtungen genehmigen zu lassen. Drei Jahre VerzögeDerzeit ist für das Projekt weder ein
rung aufgrund der Übertragung von Werkzeugbeschaffungsprojekten vom IIDSF auf die CPMA.
Budget noch ein Zeitplan festgelegt.
Der Berater der Projektverwaltungseinheit trug erheblich zu Fortschritten bei, aber die Verwal4. Unterstützung für die Projekt- Bericht des
tungskosten sind hoch, und in Bezug auf die Organisationsstruktur vor Ort war die Entwicklung
Hofes von 2011
verwaltungseinheit im Bereich
unzureichend.
Verwaltung und technische
Das vom Berater der Projektverwaltungseinheit eingesetzte Personal wurde seit 2010 reduziert.
Planung
Diese Mitarbeiter sind verstärkt mit Stilllegungstätigkeiten beschäftigt, haben wichtige Infrastrukturprojekte verwaltet und die Personalentwicklung am Kraftwerk vor Ort unterstützt. Viele
Ursprüngliches Budget: 45 Millionen Stand:
Dez. 2015
der Tätigkeiten des Beraters konzentrieren sich jedoch weiterhin auf die Bereiche der allgemeiEuro
nen Projektverwaltung und der Beschaffung anstatt auf Aufgaben im Zusammenhang mit der
Aktuelles Budget: 54 Millionen Euro
Stilllegung kerntechnischer Anlagen.
Bericht des
5. Projekte in Bezug auf die direk- Hofes von 2011 Nicht untersucht.
te Unterstützung von Tätigkeiten
Im Zusammenhang mit den Arbeitskräften gab es Schwierigkeiten bei der Rechtfertigung des
des Personals des Kernkraftwerks
Personalbestands sowie eine unklare Betriebsbuchführung und Probleme bei der Zuordnung von
Ignalina, externe Leistungen
Personalkosten zu Aufgaben. Am Kernkraftwerk Ignalina wurde eine neue Berechnungsmethode
Stand:
Dez. 2015
für das Personal des Kraftwerks eingeführt, für Arbeiten eine Kostenstruktur entwickelt und die
Budget: 198 Millionen Euro
Fertigstellungswertmethode eingeführt. Bei der Rechtfertigung des Personalbestands und der
Frist: laufendes jährliches Projekt
Umsetzung einer Auslagerungsstrategie wurden jedoch nur begrenzte Fortschritte erzielt.
6. Studie über den Reaktorrückbau Bericht des
Nicht untersucht.
Hofes von 2011
Ursprüngliches Budget: 5 Millionen
Im Jahr 2009 wurde unter der Leitung des IIDSF mit einer Machbarkeitsstudie über den ReakEuro
torrückbau begonnen, die aber abgebrochen und im Jahr 2010 an die CPMA übertragen wurde.
Stand:
(nur Machbarkeitsstudie)
Bei einem neuen Projekt unter der Leitung der CPMA traten seither Verzögerungen auf. Für den
Dez. 2015
Aktuelles Budget: 70 Millionen Euro
Rückbau dieses Reaktortyps fehlen Erfahrungswerte, was den Fortschritt weiter erschweren
(technische Planung und Umsetzung)
könnte. Daher bleibt unklar, ob der Rückbau des Reaktors bis zur Frist im Jahr 2038 machbar ist.
69
Anhang V
Anhänge
Kosloduj, Bulgarien
Projekt
Bewertung des Europäischen Rechnungshofs
Der Berater war unterstützend an der Anpassung der Stilllegungsstrategie beteiligt, aber es gab
Bericht
Probleme in Form von Projektverzögerungen sowie mit Kostenschätzungen, der Ermittlung von
7. Beratungsleistungen der Projekt- des Hofes
notwendigen Stilllegungsarbeiten und Abfallverzeichnissen. Die Schwerpunkte des Beraters
verwaltungseinheit – allgemein
von 2011
lagen mehr auf Verwaltungstätigkeiten als auf den Stilllegungsarbeiten.
Zeitraum 2006-2013
Ursprüngliches Budget: 8 Millionen Euro
Aktuelles Budget: 45 Millionen Euro
Ursprüngliche Frist: Dez. 2006
Seit 2013 ist die Projektverwaltungseinheit als einzige Stelle für die Stilllegung und den Bau des
Aktuelle Frist: Juli 2013
nationalen Endlagers zuständig. Der Berater ist nun in die Organisationsstruktur eingebunden,
Stand:
Zeitraum 2014-2016
wodurch die Entscheidungsbefugnisse bei SERAW liegen. Der Berater beteiligt sich zunehmend
Ursprüngliches Budget: 14 Millionen Euro Dez. 2015
an der Arbeit, und es gibt keine Anzeichen dafür, dass die Beteiligung schrittweise beendet
Aktuelles Budget: 32 Millionen Euro
werden soll.
Ursprüngliche Frist: Jan. 2016
Aktuelle Frist: Jan. 2019
8. Technische Planung und Bau eines Bericht
des Hofes
Trockenzwischenlagers für abgevon 2011
brannte Brennelemente
Ursprüngliches Budget: 49 Millionen Euro
Stand:
Aktuelles Budget: 73 Millionen Euro
Dez. 2015
Ursprüngliche Frist: Dez. 2008
Aktuelle Frist: März 2013
9. Plasmaschmelzanlage zur Behandlung und Konditionierung von
Feststoffabfällen
Bericht
des Hofes
von 2011
Ursprüngliches Budget: 21 Millionen Euro
Stand:
Aktuelles Budget: 21 Millionen Euro
Dez. 2015
Ursprüngliche Frist: März 2013
Aktuelle Frist: Juni 2017
10. Förderung eines effizienten
Einsatzes von Humanressourcen
Bericht
Zeitraum bis 2009
des Hofes
Ursprüngliches Budget: 20 Millionen Euro von 2011
Aktuelles Budget: 84 Millionen Euro
Ursprüngliche Frist: Sept. 2009
Aktuelle Frist: März 2014
Zeitraum bis 2015
Ursprüngliches Budget: 35 Millionen Euro Stand:
Aktuelles Budget: 46 Millionen Euro
Dez. 2015
Ursprüngliche Frist: Dez. 2015
Aktuelle Frist: Dez. 2017
11. Bau des nationalen Endlagers
für schwach bis mittel radioaktive
Abfälle
Bericht
des Hofes
von 2011
Ursprüngliches Budget: 66 Millionen Euro Stand:
Ursprüngliche Frist: Dez. 2015
Dez. 2015
Aktuelle Frist: Jan. 2021
Die Fertigstellung der Einrichtung verzögert sich um zweieinhalb Jahre. Überarbeitungen der ursprünglichen Anforderungen führten zu Kostensteigerungen und einer angepassten Preisgrundlage für den Vertrag, was eine Überschreitung des Budgets um 19 % zur Folge hatte.
Das Projekt war in zwei Phasen unterteilt, nämlich den Bau der Einrichtung sowie die Lagerung
von Brennelementen in 34 Behältern und den Ausbau der Einrichtung für bis zu 72 Behälter. Die
geplanten Lagerkapazitäten werden nicht vollständig für die abgebrannten Kernbrennstoffe aus
den Blöcken 1-4 genutzt werden. Die Nutzung der Einrichtung für die Lagerung anderer Materialien würde die Zustimmung der Regulierungsbehörde erfordern.
Es wurde eine neuartige Technologie ausgewählt, ohne einen angemessenen Nachweis ihrer
Wirksamkeit und eine gebührende Kostenbetrachtung. Es besteht ein Risiko, dass die Kosten
überschritten werden.
Aufgrund von aufsichtsrechtlichen Änderungen musste die technische Planung überarbeitet
werden. Der Bau der Anlage liegt hinter dem Zeitplan zurück, hauptsächlich aufgrund eines
Einspruchs gegen die Umweltverträglichkeitsprüfung sowie einiger kommerzieller und
administrativer Probleme, einschließlich einer fehlenden Entschädigungsvereinbarung für den
Nuklearbereich. Da die Anlage noch nicht getestet wurde, ist die Betriebsfähigkeit noch nicht
nachgewiesen. Die Fertigstellung ist jetzt für Juni 2017 vorgesehen.
Organisatorische Änderungen, die eine klare Abgrenzung des Personals ermöglichen, das an der
Überführung von einer operationellen Organisation zu einer Stilllegungsorganisation arbeitet,
haben nicht stattgefunden. Eine angemessene Überwachung der vorbereitenden Tätigkeiten für
die Stilllegung war nicht gegeben.
Es wird weiterhin auf den Internationalen Fonds zur Unterstützung der Stilllegung des Kernkraftwerks Kosloduj (Kosloduj International Decommissioning Support Fund – KIDSF) zurückgegriffen, um Personal zu finanzieren, das an den Stilllegungstätigkeiten beteiligt ist. Eine seit 2011
bestehende positive Entwicklung ist, dass alle 650 Mitarbeiter, die bei SERAW angestellt sind,
ausschließlich an Stilllegungstätigkeiten arbeiten.
Nicht untersucht.
Die Fertigstellung der Anlage war ursprünglich für 2015 vorgesehen. Der Prozess befindet sich
jedoch sechs Jahre im Rückstand, hauptsächlich weil die Umweltverträglichkeitsprüfung abgelehnt wurde und erneut eingeleitet werden musste. Die derzeitige Frist ist das Jahr 2021.
70
Anhang V
Anhänge
Bohunice, Slowakei
Projekt
12. Beratungsleistungen der Projektverwaltungseinheit – Projektumsetzung
Zeitraum 2003-2007
Ursprüngliches Budget: 11 Millionen Euro
Zeitraum 2015-2016
Aktuelles Budget: 45 Millionen Euro
13. Technische Planung und Errichtung von neuen Einrichtungen für
die Lagerung von sehr schwach und
schwach radioaktiven Abfällen aus
dem Kernkraftwerk V1 im nationalen
Endlager für radioaktive Abfälle (NRR)
in Mochovce
Budget: 22 Millionen Euro
Frist: Juni 2018
14. Umsetzung des Stilllegungsprogramms mithilfe der verfügbaren
Humanressourcen
Budget für Phase 1: 1,5 Millionen Euro
Budget für Phase 9: 50 Millionen Euro
15. Zwischenlagerung radioaktiver
Abfälle am Standort Bohunice
Budget: 11 Millionen Euro
Ursprüngliche Frist: März 2016
Aktuelle Frist: Aug. 2017
16. Dekontaminierung des
Primärkreislaufs
Ursprüngliches Budget: 6 Millionen Euro
Aktuelles Budget: 5 Millionen Euro
Ursprüngliche Frist: Sept. 2014
Aktuelle Frist: Sept. 2016
(Entsorgung der radioaktiven Abfälle an
JAVYS übertragen)
Bewertung des Europäischen Rechnungshofs
Der Berater war unterstützend an der Anpassung der Stilllegungsstrategie beteiligt, aber
Bericht des
bei der Festlegung und Umsetzung der Stilllegungsstrategie wurden keine ausreichenden
Hofes von 2011
Fortschritte erzielt.
Stand:
Dez. 2015
Obwohl in großem Umfang Berater zum Einsatz kamen, ergaben sich Projektverzögerungen, die wiederum zu Kostenüberschreitungen führten. Seit 2015 hat sich der Arbeitsumfang des neuen Beraters verringert.
Bericht des
Bei der Machbarkeitsstudie ergab sich eine Verzögerung, weil die Kernkraftwerksbetreiber
Hofes von 2011 die erforderlichen Informationen nicht zur Verfügung stellten.
Das Lager befindet sich im Bau und wird mit nationalen Mittel kofinanziert. Der Bau einer
dritten Doppelreihe, die vollständig vom Internationalen Fonds zur Unterstützung der
Stand:
Stilllegung des Kernkraftwerks Bohunice (Bohunice International Decommissioning Support
Dez. 2015
Fund – BIDSF) finanziert wird, ist geplant. Die Aufteilung zwischen den Kosten für die
Lagerung der Abfälle aus dem Kernkraftwerk V1 und denen für die Lagerung von Abfällen
aus anderen Anlagen ist nicht klar.
Organisatorische Änderungen, die eine klare Abgrenzung des Personals ermöglichen, das
Bericht des
an der Überführung von einer operationellen Organisation zu einer Stilllegungsorganisation
Hofes von 2011 arbeitet, haben nicht stattgefunden. Eine angemessene Überwachung der vorbereitenden
Tätigkeiten für die Stilllegung war nicht gegeben.
Über das Projekt werden 246 Vollzeitäquivalente an JAVYS-Personal finanziert, das StillleStand:
gungsarbeiten durchführt. JAVYS hat sich von einer operationellen Organisation zu einer
Dez. 2015
Stilllegungsorganisation weiterentwickelt.
Bericht des
Nicht untersucht.
Hofes von 2011
Die Umsetzung dieses Projekts war ursprünglich für den Zeitraum von März 2013 bis
März 2016 vorgesehen. Die Bauarbeiten begannen im Jahr 2015. Das Projekt wird nun voraussichtlich im August 2017 fertiggestellt. Nach der Entscheidung, den Standort zu ändern,
Stand:
waren eine neue Umweltverträglichkeitsprüfung und eine Änderung der FinanzhilfevereinDez. 2015
barung erforderlich. Verzögerungen bei diesem Projekt werden nicht mehr zu Verzögerungen bei Rückbauprojekten führen, weil diese so geplant werden, dass mittel radioaktive
Abfälle erst nach Fertigstellung des Zwischenlagers anfallen.
Bericht des
Nicht untersucht.
Hofes von 2011
Stand:
Dez. 2015
Die Arbeiten sollten im Jahr 2013 beginnen und bis Ende 2014 laufen. Verzögerungen und
ungelöste technische Herausforderungen haben dazu geführt, dass das Projekt vorübergehend gestoppt wurde. Der Vertrag mit dem derzeitigen Zulieferer wurde gekündigt. Dieses
Projekt muss abgeschlossen werden, bevor der Rückbau im Kontrollbereich beginnen kann,
und daher können Verzögerungen bei diesem Projekt Auswirkungen auf den Abschlusstermin der Stilllegung haben.
Bericht des
17. Stilllegungsdatenbank, einschließNicht untersucht.
Hofes von 2011
lich Bestandsverzeichnis und radiologischer Charakterisierung
Obwohl das Projekt im Jahr 2012 abgeschlossen wurde, müssen die Charakterisierung und
Ursprüngliches Budget: 2,48 Millionen Euro Stand:
das Bestandsverzeichnis regelmäßig aktualisiert werden. Bei mehreren Unterprojekten
Aktuelles Budget: 3,5 Millionen Euro
Dez. 2015
traten Verzögerungen und Kostenüberschreitungen aufgrund von unvollständigen InformaUrsprüngliche Frist: Mai 2012
tionen über das Bestandsverzeichnis und/oder die Charakterisierung von Abfällen auf.
Aktuelle Frist: Dez. 2012
71
Anhang VI
Anhänge
Verzögerungen und Kostenüberschreitungen bei einer Stichprobe von 18 für die
Stilllegung wichtigen Infrastruktur- und Unterstützungsprojekten, die seit 2001
durch die Hilfsprogramme der EU finanziert werden
Projekt
Zwischenlager für abgebrannte Brennelemente
(siehe Anhang IV, Projekt 1)
Anlagen zur Behandlung und Lagerung von Feststoffabfällen
(siehe Anhang IV, Projekt 2)
Ignalina,
Litauen
Kosloduj,
Bulgarien
Vertraglich vereinbarte
GesamtFinanzierung
ProjektkosKostenanverzögeten
Mitglied- rung bis stieg bis
EU
(Millionen
heute
staat
heute
(Millionen
Euro)
(%)
(Millionen (Jahre)
Euro)
Euro)
211
206
184
184
Deponie für sehr schwach radioaktive Abfälle (Zwischenlager für
Phase 1)
7
6
Bau einer Deponie für sehr schwach radioaktive Abfälle (Phase 3)
8
Oberflächennahes Lager für kurzlebige schwach bis mittel radioaktive Abfälle (technische Planung)
Gesamtbeträge für diese fünf Projekte
Insgesamt für Stilllegungsarbeiten 2001-2014/15 vertraglich vereinbarte EU-Finanzierung
Bereitstellung, Installation und Inbetriebnahme von Rückgewinnungs- und Konditionierungsgeräten für Ionenaustauschharze
(ursprünglicher Umfang erweitert)
Technische Planung und Bau eines Trockenzwischenlagers für
abgebrannte Brennelemente (siehe Anhang IV, Projekt 8)
Anlage zur Rückgewinnung und Aufbereitung verfestigter
Verdampferkonzentrate (Phase 1 abgeschlossen, Phase 2
abgebrochen)
Plasmaschmelzanlage (siehe Anhang IV, Projekt 9)
Werkhallen zur Zerkleinerung und Dekontaminierung
Bewertung des radiologischen Bestandsverzeichnisses
Gesamtbeträge für diese sechs Projekte
Insgesamt für Stilllegungsarbeiten 2001-2014 vertraglich
vereinbarte EU-Finanzierung
5
9,2
25 %
9,0
53 %
2,8
0 %
8
1,0
12 %
11
11
1,0
3 %
421
415
10,9
132 %
1
6
989
6
5
73
73
4,3
50 %
10
10
4,6
keine
30
19
1
139
21
19
1
129
4,2
2,8
1,3
0 %
0 %
keine
360
1
9
9
72
Anhang VI
Anhänge
Projekt
Bohunice,
Slowakei
Insgesamt
Behandlung von altem Klärschlamm und Sorptionsmitteln
(abgeschlossen)
Dekontaminierung des Primärkreislaufs
(siehe Anhang IV, Projekt 16) (vorübergehend gestoppt)
Anpassung des Energieversorgungsplans von JAVYS nach der
endgültigen Abschaltung von V1
Kapazitätssteigerung der bestehenden Fragmentierungs- und
Dekontaminierungseinrichtungen
Behandlung von Altabfällen
Rückbau technischer Anlagen in der Turbinenhalle von V1
Freigabe von Materialien, die bei der Stilllegung angefallen sind
Gesamtbeträge für diese sieben Projekte
Insgesamt für Stilllegungsarbeiten 2001-2014 vertraglich
vereinbarte EU-Finanzierung
Gesamtbeträge für diese 18 Projekte
Insgesamt für Stilllegungsarbeiten 2001-2014 vertraglich
vereinbarte EU-Finanzierung
Vertraglich vereinbarte
GesamtFinanzierung
ProjektkosKostenanverzögeten
Mitglied- rung bis stieg bis
EU
(Millionen
heute
staat
heute
(Millionen
Euro)
(%)
(Millionen (Jahre)
Euro)
Euro)
11
11
3,0
38 %
4
4
2,0
0 %
11
11
1,5
21 %
2
2
1,2
13 %
6
8
3
45
4
8
3
43
0,4
–
–
7 %
6 %
20 %
2
2
228
605
587
17
1 577
Quelle: Kommission, Entwürfe der Jahresarbeitsprogramme (AWP) 2016, Entwürfe der Kontrollberichte 2016. Die Daten wurden von der EBWE
und der Central Project Management Agency (Zentrale Agentur für Projektverwaltung) zur Verfügung gestellt.
Anhang VII
Anhänge
73
Bau des geologischen Tiefenlagers zur Endlagerung von abgebrannten Kernbrennstoffen in Olkiluoto in Finnland
In Olkiluoto an der Westküste Finnlands wird in der Nähe eines bestehenden Kernkraftwerks das weltweit erste
geologische Tiefenlager zur Endlagerung von abgebrannten Kernbrennstoffen aus der zivilen Nutzung gebaut.
Dort sollen die Abfälle aus den beiden finnischen Kernkraftwerken deponiert werden.
Wie lange die Umsetzung eines solchen Vorhabens dauert, wird bei einem Blick auf den Entwicklungsprozess
dieser Anlage deutlich. Im Jahr 1983 verabschiedete die finnische Regierung einen Grundsatzbeschluss über einen allgemeinen Zeitplan und eine allgemeine Strategie für die Entsorgung von Nuklearabfällen, und zur Suche
nach potenziellen Standorten wurde eine geologische Erkundung eingeleitet. Im Jahr 2000 wurde Olkiluoto als
Standort für die Endlagerung ausgewählt. Umfangreiche Ausschachtungs- und Forschungsarbeiten folgten, um
in einer Tiefe von 400 bis 450 Metern die Endlagerung abgebrannter Kernbrennstoffe im felsigen Untergrund zu
ermöglichen. Für diese Arbeiten wurden rund 150 Millionen Euro ausgegeben. Mit der Lagerung abgebrannter
Brennelemente soll laut Plan in den frühen 2020er-Jahren begonnen werden.
Die Gesamtausgaben werden sich auf etwa 3,5 Milliarden Euro belaufen, von denen rund 1 Milliarde Euro
während der Bauphase und rund 2,5 Milliarden Euro für den Betrieb über einen Zeitraum von etwa 100 Jahren
anfallen. Aus den Gebühren für erzeugten Strom werden hierfür im staatlichen Fonds für die Entsorgung von
Nuklearabfällen entsprechende Mittel zurückgelegt.
© Posiva Oy.
Antworten der
Kommission
74
Zusammenfassung
I
Im Zusammenhang mit den Verhandlungen zum Beitritt zur Europäischen Union verpflichteten sich Litauen, Bulgarien
und die Slowakei zur Abschaltung und anschließenden Stilllegung von acht Kernreaktoren der ersten Generation nach
sowjetischer Bauart, die nicht in wirtschaftlicher Form auf westliche Sicherheitsstandards gebracht werden konnten.
II
Die EU hatte sich bereit erklärt, die drei Länder dabei zu unterstützen, die durch das Stilllegungsverfahren entstehende
finanzielle Belastung zu tragen.
IV
Die Kommission ist der Auffassung, dass die finanzielle Unterstützung der EU effektiv zu einer Milderung der wirtschaftlichen Folgen einer vorzeitigen Abschaltung beigetragen hat und dass der Stilllegungsprozess gut angelaufen ist. Sie
merkt jedoch an, dass eine Stilllegung ein komplexer und langwieriger Vorgang ist, der sich in der Regel über zwei Jahrzehnte hinzieht und damit über den auf sieben Jahre angelegten mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) hinausgeht.
Die im Rahmen des MFR 2014-2020 genehmigten aktualisierten Stilllegungspläne und zugehörigen Kostenschätzungen
sind die Grundlage für die Programmplanung der drei Mitgliedstaaten. Auf dieser Planungsgrundlage beobachtet die
Kommission genau den Fortschritt hinsichtlich der Erreichung des Stilllegungsendzustands unter Einhaltung höchster
Sicherheitsstandards.
V
Eine Stilllegung erfolgt üblicherweise in zwei Hauptphasen: i) Nachbetriebsphase (d. h., die Betriebsgenehmigung
besteht noch, da noch abgebrannte Brennelemente vorhanden sind) und ii) Stilllegung/Rückbau.
Die Slowakei und Bulgarien sind in der zweiten Phase, während Litauen sich aufgrund des Vorhandenseins von abgebrannten Brennelementen in einem der Reaktoren weiterhin in der Nachbetriebsphase befindet.
Die Kommission ist ebenso wie die Mitgliedstaaten der Auffassung, dass keine der Anlagen, die im Rahmen der Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen (NDAP) unterstützt werden, in wirtschaftlicher Weise wieder in
Betrieb genommen werden kann. Sie räumt ein, dass die kritischen technischen Herausforderungen des Reaktorrückbaus, wie bereits bei anderen vergleichbaren Stilllegungstätigkeiten zu beobachten war, noch bevorstehen.
VI
In den drei Mitgliedstaaten sind die Stilllegungsprogramme unterschiedlich weit fortgeschritten.
Den besten Fortschritt haben die Programme in Bohunice (SK) und Kozloduy (BG) zu verzeichnen, die planmäßig im
Jahr 2025 bzw. 2030 abgeschlossen sein sollen. Die Laufzeit des letzteren Programms wurde bei seiner Überarbeitung im
Jahr 2011 um fünf Jahre gekürzt.
Die größten Herausforderungen sind in der Tat im Fall von Ignalina (LT) zu bewältigen, da hier zum ersten Mal ein Reaktor
vom Typ Tschernobyl stillgelegt wird.
Ungeachtet der bereits erzielten Fortschritte erkennt die Kommission an, dass bei den Stilllegungsprogrammen kontinuierlicher Verbesserungsbedarf besteht.
Antworten der Kommission
75
Zu Empfehlung 1
Die Kommission merkt an, dass die Empfehlungen 1 a) und 1 b) an die Mitgliedstaaten gerichtet sind.
Die Kommission akzeptiert Empfehlung 1 c), soweit sie davon betroffen ist. Sie befürwortet die Idee eines besseren Austauschs bewährter Verfahren und technischen Wissens und wird die drei Mitgliedstaaten dabei unterstützen.
a) Die Kommission hat bereits Verbesserungen am aktuellen MFR vorgenommen, und zwar dahin gehend, dass ein umfassender Handlungsrahmen für die Programmplanung, das Projektmanagement und die Projektüberwachung geschaffen
wurde, innerhalb dessen die Mitgliedstaaten agieren können.
b) Sie erkennt die Notwendigkeit, fortlaufend Fachwissen und Kompetenzen aufzubauen, merkt jedoch an, dass der Rückgriff auf externe Sachverständige in bestimmten spezialisierten Bereichen von Vorteil ist.
c) Die Kommission hat bereits Maßnahmen zur Förderung einer offenen und transparenten Umgebung, zur Erleichterung
des Austauschs von Fachwissen und bewährten Verfahren und zur Unterstützung von Standardisierungsverfahren
ergriffen, und zwar unter anderem mit dem Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit und die Sicherheit zu erhöhen.
VII
Der Kommission ist bewusst, wie wichtig eine verantwortungsvolle und sichere Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle ist. Die Kommission wird Stellungnahmen zu den nationalen Programmen vorlegen und
im Laufe des Jahres 2016 dem Parlament und dem Rat hinsichtlich der Umsetzung der Richtlinie 2011/70 Euratom Bericht
erstatten.
Die Kommission merkt ferner an, dass die die Endlagerung hoch radioaktiver Abfälle und die Entsorgung abgebrannter
Brennelemente betreffenden Punkte über den Geltungsbereich der Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer
Anlagen hinausgehen.
Zu Empfehlung 2
a) Die Kommission akzeptiert die Empfehlung. Die Kommission wird die Richtung bereits in den Stellungnahmen vorgeben,
die sie 2016/2017 im Einklang mit der Richtlinie 2011/70/Euratom zu den nationalen Programmen abgeben wird. Dies
wird Gespräche über Möglichkeiten für die Lagerung in Gang bringen, die im Laufe des Jahres 2017 geführt und in deren
Rahmen auch regionale und andere Lösungen auf EU-Ebene erörtert werden. Im Anschluss daran wird die Kommission
eher in der Lage sein, bis 2018 politische Optionen zu formulieren und einen Fahrplan zu erstellen.
b) Die Kommission merkt an, dass diese Empfehlung an die Mitgliedstaaten gerichtet ist und dass dieser Aspekt bereits
im Rahmen der Prüfung der nationalen Programme und durch die Stellungnahmen abgedeckt ist, die die Kommission
an die Mitgliedstaaten richten wird.
VIII
Die Kommission räumt ein, dass eine Mitfinanzierung auf Ebene der einzelnen Projekte nicht systematisch erreicht worden ist. Sie merkt an, dass das Thema Kofinanzierung in der aktuellen Rechtsgrundlage nicht klar definiert und auch kein
Mindestsatz dafür angegeben ist. Die Kommission weist darauf hin, dass sich der Gesamtbeitrag von Litauen, Bulgarien
und der Slowakei zu ihren jeweiligen Stilllegungsprogrammen wie vom Hof berichtet auf 1,09 Mrd. EUR beläuft.
Zu Empfehlung 3
Die Kommission stellt fest, dass diese Empfehlung an die Mitgliedstaaten gerichtet ist. Sie wird die vom Hof empfohlene Maßnahme dahin gehend unterstützen, dass sie sich im Zusammenhang mit Hilfsprogrammen für die Stilllegung
kerntechnischer Anlagen um die Einführung eines eindeutig festgelegten Kofinanzierungssatzes bemühen wird, um dem
Verursacherprinzip Rechnung zu tragen. Die Kommission wird diesbezüglich Gespräche mit den Mitgliedstaaten führen und den von den Mitgliedstaaten in den Jahresarbeitsprogrammen für 2017 vorgeschlagenen Kofinanzierungssatz
kritisch prüfen.
Antworten der Kommission
76
Zu Empfehlung 4
Die Kommission akzeptiert die Empfehlung.
Ihr ist bewusst, dass die Mitfinanzierung dazu beiträgt, dass das Programm wirksam umgesetzt werden kann und dass
die Eigenverantwortung der Mitgliedstaaten dadurch gestärkt wird. Sie wird Maßnahmen ergreifen, um die Bedeutung
von „in gebührend begründeten Ausnahmefällen“ genauer zu spezifizieren, von denen derzeit in den Verordnungen die
Rede ist, und den von den Mitgliedstaaten in den Jahresarbeitsprogrammen für 2017 vorgeschlagenen Kofinanzierungssatz kritisch prüfen.
Zu Empfehlung 5
Die Kommission akzeptiert die Empfehlung teilweise. Die Kommission wird eine Folgenabschätzung durchführen, wie es
im Einklang mit der Haushaltsordnung und laut Agenda für bessere Rechtsetzung bei Vorschlägen für neue Initiativen
erforderlich ist. Im Rahmen dieser Folgenabschätzung wird geprüft, ob die Finanzierung fortgesetzt werden soll und, falls
ja, welches die am besten geeigneten Finanzierungsmechanismen sind. Sollte sich aus der Folgenabschätzung ergeben,
dass die Finanzierung innerhalb des nächsten MFR für die Zeit nach 2020 fortgesetzt werden muss, wird die Kommission
die Empfehlung des Hofs berücksichtigen und sicherstellen, dass die Finanzierungsmechanismen Anreize zur Fortsetzung der Stilllegung umfassen, unter anderem indem sie zeitlich begrenzt und an eine angemessene Mitfinanzierung
seitens der Mitgliedstaaten gekoppelt sind.
Zu Empfehlung 6
Die Kommission akzeptiert die Empfehlung teilweise.
Die Kommission ist gerade dabei, die Nebenkosten zu ermitteln, die abseits der Stilllegung anfallen. Dieser Vorgang wird
mit der Halbzeitbewertung abgeschlossen, und es werden mögliche Maßnahmen für ein Auslaufen derartiger Kosten im
Jahr 2018 vorgeschlagen.
Die Kommission ist jedoch der Auffassung, dass einige grundlegende Bereiche, wie zum Beispiel die Sicherheit, nicht von
der EU-Förderung ausgeschlossen werden sollten.
Zu Empfehlung 7
Die Kommission akzeptiert die Empfehlung und merkt an, dass sie bereits entsprechende Maßnahmen ergriffen hat. Die
Bewertung dauert noch an und wird bis Oktober 2016 abgeschlossen.
Zu Empfehlung 8
Die Kommission akzeptiert die Empfehlung. Die Kommission bestätigt, dass dies ein wichtiges Thema ist.
Sie hat begonnen, diese Empfehlung durch die Durchführung der Richtlinie über radioaktive Abfälle umzusetzen. Die
Kommission prüft derzeit die nationalen Programme, die im Einklang mit der Richtlinie über radioaktive Abfälle vorgelegt
wurden, und hat eine Reihe von Studien geplant, um Informationen zu sammeln und verstärkt einen Beitrag zur Validierung zu leisten.
Antworten der Kommission
77
Einleitung
20
Im Bereich Kernkraft hat sich in der EU im vergangenen Jahrzehnt einiges getan: Es wurden grundlegende Rechtsvorschriften auf europäischer Ebene in den Bereichen nukleare Sicherheit, radioaktive Abfälle, Entsorgung abgebrannter
Brennelemente und Strahlenschutz verabschiedet. Darüber hinaus hat die Kommission 2016 ein neues Hinweisendes
Nuklearprogramm (PINC) vorgelegt, das erstmalig auch den Finanzierungsbedarf im Zusammenhang mit der Stilllegung
von Kernkraftwerken und der Entsorgung radioaktiver Abfälle und abgebrannter Brennelemente umfasst, wozu auch die
Finanzierung von langfristigen Lösungen wie des Baus geologischer Tiefenlager gehört.
Mit der Richtlinie über radioaktive Abfälle (Richtlinie 2011/70/Euratom des Rates) wird ein Gemeinschaftsrahmen für die
verantwortungsvolle und sichere Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle geschaffen, um
zu vermeiden, dass künftigen Generationen unangemessene Lasten aufgebürdet werden. Die Richtlinie geht über das
Gemeinsame Übereinkommen hinaus, da die Mitgliedstaaten über ein nationales Programm zur Umsetzung der Politik
für die Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle verfügen müssen.
Mit dem PINC und der Richtlinie über radioaktive Abfälle möchte die Kommission erstmalig einen umfassenden Überblick
über die vollständigen Kosten, die im Zusammenhang mit Stilllegung und Entsorgung anfallen, sowie darüber ermöglichen, wie die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass eine Finanzierung nach dem Verursacherprinzip gewährleistet ist.
Bemerkungen
Gemeinsame Antwort der Kommission auf die Ziffern 38 bis 40
Die Kommission ist ebenso wie die Mitgliedstaaten der Auffassung, dass keine der Anlagen, die im Rahmen der Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen (NDAP) unterstützt werden, in wirtschaftlicher Weise wieder in
Betrieb genommen werden kann.
40 Erster Gedankenstrich
Die Kommission räumt ein, dass der erwartete Output, was den Genehmigungsaspekt anbelangt, für das Kernkraftwerk
Ignalina nicht erreicht ist, da noch abgebrannte Brennelemente im Werk vorhanden sind. Sie möchte allerdings auch
anmerken, dass die Unumkehrbarkeit des Stilllegungsprozesses bereits durch den Rückbau der Turbinenhalle von INPP
definitiv sichergestellt ist.
40 Zweiter Gedankenstrich
Was das Kernkraftwerk Kozloduy (BG) anbelangt, weist die Kommission darauf hin, dass die zusätzlichen Genehmigungen, die möglicherweise noch erforderlich sind, Arbeiten betreffen, die erst nach dem Zeitpunkt anfallen, an dem die
Unumkehrbarkeit erreicht ist.
40 Dritter Gedankenstrich
Bezüglich des Kernkraftwerks Bohunice (SK) entspricht der aktuelle Status dem Stilllegungsplan mit planmäßigem Endtermin im Jahr 2025.
Gemeinsame Antwort der Kommission auf die Ziffern 41 und 42
Obgleich die Kommission einräumt, dass die wichtigsten Herausforderungen noch bevorstehen, möchte sie anmerken,
dass der in Tabelle 3 abgebildete aktuelle Stand der Dinge bei allen drei Mitgliedstaaten den Stilllegungsplänen und den
planmäßigen Endterminen entspricht. Die Hauptrückbauarbeiten im Reaktorgebäude können erst gegen Ende des Stilllegungsprozesses durchgeführt werden.
Antworten der Kommission
78
Gemeinsame Antwort der Kommission auf die Ziffern 43 bis 46
Die Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen decken den Stilllegungsprozess und die Infrastruktur für
die Abfallentsorgung einschließlich der sicheren langfristigen Lagerung der Abfälle und der Entsorgung schwach radio­
aktiver Abfälle ab. Schwach radioaktive Abfälle, für die ausgereifte Entsorgungslösungen zur Verfügung stehen, machen
üblicherweise über 90 % des Abfallvolumens aus. Die Endlagerung abgebrannter Brennelemente und hoch radioaktiver
Abfälle fällt im Einklang mit der Richtlinie über radioaktive Abfälle in den Verantwortungsbereich der Mitgliedstaaten.
Dies gilt für alle derartigen Abfälle, die in einem Mitgliedstaat anfallen.
48
Die Mitgliedstaaten stellen im Einklang mit der Richtlinie 2011/70/Euratom sicher, dass ihre nationalen Programme für
die Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle für alle Arten abgebrannter Brennelemente und
radio­aktiver Abfälle unter ihrer Rechtshoheit sowie alle Stufen der Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radio­
aktiver Abfälle von der Erzeugung bis zur Endlagerung durchgeführt werden.
Die Kommission erstellt erstmalig eine umfassende Übersicht über die Pläne der Mitgliedstaaten im Bereich Lagerung
und damit verbundene Kosten.
Gemeinsame Antwort der Kommission auf die Ziffern 49 bis 52
Die Kommission wird die Möglichkeit gemeinsamer Lager auf ihre wirtschaftlichen, rechtlichen und sozialen Auswirkungen hin überprüfen, da die gemeinsame Nutzung von Anlagen zur Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radio­
aktiver Abfälle, einschließlich Endlagern, als eine potenziell nützliche, sichere und kostengünstige Option angesehen
werden kann.
53
Die Mitgliedstaaten notifizieren der Kommission den Inhalt ihres nationalen Programms erstmals bis spätestens August
2015. Innerhalb von sechs Monaten nach der Notifizierung kann die Kommission Erläuterungen anfordern und/oder eine
Stellungnahme dazu abgeben, ob der Inhalt des nationalen Programms mit der Richtlinie im Einklang steht. Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission innerhalb von sechs Monaten nach ihrem Ersuchen die angeforderten Erläuterungen und/oder unterrichten sie über eine etwaige Überarbeitung der nationalen Programme.
Darüber hinaus legen die Mitgliedstaaten der Kommission erstmals bis spätestens August 2015 und danach alle drei Jahre
einen Bericht über die Durchführung dieser Richtlinie vor.
Anhand der Berichte der Mitgliedstaaten legt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat Folgendes vor:
a) einen Bericht über die bei der Durchführung dieser Richtlinie gemachten Fortschritte und
b) eine Bestandsaufnahme der im Gebiet der Gemeinschaft vorhandenen radioaktiven Abfälle und abgebrannten Brenn­
elemente sowie Prognosen.
Diese Praxis ist noch neu, und die Kommission beabsichtigt daher, aus diesem Prozess zu lernen, um die zukünftige
Berichterstattung nach Möglichkeit zu verbessern und zu harmonisieren. Speziell für diesen Berichterstattungsdurchlauf musste die Kommission die nationalen Programme aller 28 Mitgliedstaaten sowie die nationalen Berichte berücksichtigen. In Anbetracht dieser Tatsache und um sich ein umfassendes Bild machen zu können, hat die Kommission das
Prüfungsverfahren der nationalen Programme in ihren Zeitplan für die Berichterstattung an das Parlament und den Rat
mit aufgenommen. Der Bericht wird voraussichtlich im vierten Quartal 2016 vorliegen.
Antworten der Kommission
79
Gemeinsame Antwort der Kommission auf die Ziffern 60 bis 68
Die Kommission räumt ein, dass bei einer Reihe von Stilllegungsprojekten, insbesondere innerhalb des vorangegangenen
MFR, Verzögerungen aufgetreten sind. Die Kommission hat für den Zeitraum 2014-2020 strengere Vorgaben für Planung,
Überwachung und Berichterstattung eingeführt und beobachtet die Durchführung von Projekten engmaschig durch
Aktenprüfungen und Vor-Ort-Kontrollen.
Es ist anzumerken, dass die Verzögerungen in Bulgarien und der Slowakei derzeit keine Auswirkungen auf den Endtermin
haben.
69
Die Kommission ist der Ansicht, dass es von äußerster Wichtigkeit ist, dass Kernkraftwerksbetreiber/Inhaber von Stilllegungsgenehmigungen Fachwissen und Kompetenzen aufbauen, insbesondere im Bereich Projektmanagement. Allerdings ist der Rückgriff auf externe Sachverständige in bestimmten spezialisierten Bereichen von Vorteil.
Gemeinsame Antwort der Kommission auf die Ziffern 73 und 74
Innerhalb der letzten zehn Jahre hat sich die Kostenprognose im Bereich Stilllegung kerntechnischer Anlagen erheblich
entwickelt. Die Kommission hat einen Beitrag zur Verbesserung der Kostenschätzung bei Stilllegungsprogrammen geleistet und gemeinsam mit der OECD/der Kernenergie-Agentur NEA im Jahr 2012 das Internationale Konzept für Stilllegungskosten kerntechnischer Anlagen (International Structure for Decommissioning Costing of Nuclear Installations, ISDC)
erarbeitet. Die Optimierung der Kostenschätzung für Stilllegungsarbeiten ist noch nicht abgeschlossen; an einer weiteren
Verbesserung besteht weltweit großes Interesse: Die OECD/die NEA und die IAEO sind nach wie vor relativ viel mit dem
Thema Kostenschätzung und Unsicherheiten befasst. Die Kommission unterstützt diese Maßnahmen in vollem Umfang.
Die Kommission merkt an, dass der Hauptanstieg bei den Kosten bis 2011 zu verzeichnen war, wie auch aus Abbildung 16
hervorgeht. Die Richtungsänderung der Kurve spiegelt die Verbesserungen wider, die im Anschluss an die vorherige
Prüfung im Bereich Programmverwaltung, vor allem bei dem bulgarischen und dem slowakischen Programm, vorgenommen wurden.
75
Für den Zeitraum 2014-2020 ist keine Finanzierungslücke zu erwarten; gleichzeitig hat die Kommission ihre Programm­
überwachung und -prüfung verschärft. Die Kommission hat ferner eine eingehende Bewertung der Tragfähigkeit der
Finanzierungspläne in die Wege geleitet, die voraussichtlich Ende Oktober 2016 abgeschlossen sein wird.
Darüber hinaus hat die Kommission anhand des makroökonomischen Forschungs- und Analysemodells QUEST (auf das
sie für Prognosezwecke zurückgreift) verschiedene Szenarien für die Programme für die Zeit nach 2020 durchgespielt.
Das wichtigste Ergebnis war, dass die Mitgliedstaaten selbst im ungünstigsten Fall die Stilllegungsprogramme finanzieren
könnten, ohne dass sich dies in merklicher bzw. nennenswerter Weise auf ihre makroökonomischen Parameter auswirken
würde.
Wenn die Ausarbeitung des Finanzrahmens für die Zeit nach 2020 ansteht, wird die Kommission eine Folgenabschätzung
durchführen, wie es im Einklang mit der Haushaltsordnung und laut Agenda für bessere Rechtsetzung bei neuen Initiativen erforderlich ist – zum aktuellen Zeitpunkt kann sie keine definitive Aussage zur Finanzierung nach 2020 treffen. Im
Rahmen dieser Folgenabschätzung wird geprüft, ob die Finanzierung fortgesetzt werden soll und, falls ja, welches die am
besten geeigneten Finanzierungsmechanismen sind. Siehe die Antwort der Kommission auf Empfehlung 5.
77
Darüber hinaus hat die Kommission die Programmplanung im Rahmen des MFR 2014-2020 dahin gehend verbessert, dass
die Vorlage von Stilllegungs- und Finanzierungsplänen zu einer Grundvoraussetzung erklärt wurde. Die Vollständigkeit
und Tragfähigkeit dieser Pläne wird derzeit von einem unabhängigen externen Sachverständigen geprüft.
Antworten der Kommission
80
80
Die Kommission hat eine eingehende Analyse des Personalbestands im Kraftwerk Ignalina in Auftrag gegeben, wobei zu
berücksichtigen ist, dass die Sicherheit des Standorts angesichts des Vorhandenseins von abgebrannten Brennelementen
im Reaktor und des somit verhältnismäßig nach wie vor höheren Risikos nicht gefährdet werden darf.
82
Die Kommission ist sich des Risikos bewusst, dass unzureichende Anreize für die Beschränkung des Personalbestands auf
das absolute Minimum zu höheren Kosten führen können. Seit mehreren Jahren laufen verschiedene Maßnahmen zur
Minderung dieses Risikos. Dazu gehören auch eine systematische Bewertung der Vorteile der Auslagerung von Tätigkeiten und ein jährlicher quantitativer Personaleinsatzplan, der an den geplanten Tätigkeiten ausgerichtet ist. Es laufen
zurzeit Gespräche darüber, inwiefern Kofinanzierungsregelungen in der Praxis dafür genutzt werden können, die Interessen der örtlichen Interessenträger mit denen der Kommission in Einklang zu bringen.
84
Die Kommission weist darauf hin, dass die Finanzierungslücken sowohl in Bulgarien als auch in der Slowakei immer
kleiner werden. Grundlage der Bewertungen der Kommission sind die Stilllegungspläne und die verfügbaren Mittel. Sie
werden anhand der Ergebnisse der Halbzeitbewertung erneut beurteilt.
85
Der Kommission ist bewusst, dass an der Kostenschätzung für die Stilllegungsarbeiten noch gearbeitet werden muss.
Dies wird auch von anderen internationalen Organisationen wie der OECD/der NEA und der IAEO bestätigt. Die Kommission beobachtet die Entwicklung in diesem Bereich genau; zudem verfügt sie über eine Expertengruppe für Stilllegungsfinanzierung, in der ihre diesbezüglichen Bemühungen gebündelt werden.
Was die fraglichen Programme anbelangt, verwendet die Kommission einen konservativeren, vorsichtigeren Ansatz als
die Mitgliedstaaten. Allerdings geht der allgemein zu beobachtende Trend im Falle der Finanzierungslücken von Bulgarien und der Slowakei nach unten.
Siehe auch die Antworten der Kommission auf Ziffer 75 und Empfehlung 5.
87
Der interne Auditdienst der Kommission hatte diese Schwächen im Management- und Kontrollsystem bereits erkannt.
Folglich wurde 2015 ein Aktionsplan eingerichtet, der zurzeit umgesetzt wird. Der Abschluss der wichtigsten Maßnahmen, mit denen der vom Hof hervorgehobenen Problematik begegnet werden soll, wird für Ende Oktober 2016 erwartet,
und ein weiteres beschlossenes Maßnahmenpaket ist auf Ende des Jahres terminiert.
Gemeinsame Antwort auf die Ziffern 89 und 90
Wenn man berücksichtigt, dass diese Kernkraftwerke aufgrund einer politischen Entscheidung vorzeitig abgeschaltet
wurden, ist es nur folgerichtig, dass die Fonds nicht die vollständigen Kosten für die Stilllegungsarbeiten abdecken können. Ausschlaggebend für die EU-Förderung war ja unter anderem die Minderung der daraus resultierenden finanziellen
Belastung für die betroffenen Mitgliedstaaten.
91
In der Rechtsgrundlage sind keine Kofinanzierungssätze für die Mitfinanzierung durch die Mitgliedstaaten festgelegt.
Es wird darin lediglich auf die Notwendigkeit verwiesen, die zuvor eingeführte Praxis der Kofinanzierung fortzusetzen. Obgleich dies auf der Ebene einzelner Projekte nicht durchgängig erreicht ist, gibt es eine Kofinanzierung auf
Programmebene.
Antworten der Kommission
81
Der Gesamtbeitrag von Litauen, Bulgarien und der Slowakei zu ihren jeweiligen Stilllegungsprogrammen beläuft sich auf
1,09 Mrd. EUR.
92
Die Kommission ist der Ansicht, dass die Verstärkung der Mitfinanzierung durch die Mitgliedstaaten ein wichtiges Ziel
ist. Allerdings ist die Kommission in der aktuellen Phase nicht in der Lage, sich verbindlich auf die Umsetzung der Empfehlung des Hofs, die einzelstaatliche Mitfinanzierung bis Ende 2016 zu erhöhen, festzulegen. Die möglichen Optionen
werden im Zuge der für 2017 angesetzten Halbzeitbewertung der Programme geprüft.
93
Die im Rahmen des MFR 2014-2020 genehmigten Stilllegungspläne und Kostenschätzungen sind die Grundlage für
die Programmplanung der drei Mitgliedstaaten. Die Endlagerung abgebrannter Brennelemente und hoch radioaktiver
Abfälle fällt im Einklang mit der Richtlinie über radioaktive Abfälle in den Verantwortungsbereich der Mitgliedstaaten und
ist deshalb nicht Bestandteil der Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen.
94
Laut der Richtlinie 2011/70/Euratom werden die Kosten der Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver
Abfälle von denjenigen getragen, die dieses Material erzeugt haben (Artikel 4 Absatz 3 Buchstabe e); wird die Verantwortung an die an den einzelnen Stufen der Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle beteiligten
Stellen eindeutig zugewiesen (Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe f) und stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass durch den
nationalen Rahmen vorgeschrieben ist, dass angemessene Finanzmittel (...) insbesondere zur Entsorgung abgebrannter
Brennelemente und radioaktiver Abfälle zu dem Zeitpunkt zur Verfügung stehen, zu dem sie benötigt werden, wobei die
Verantwortung der Erzeuger abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle angemessen zu berücksichtigen ist
(Artikel 9).
95
Die Umsetzung der Richtlinie über radioaktive Abfälle durch die Mitgliedstaaten hat für die Kommission eine hohe Priorität. Die Überprüfung der nationalen Programme der Mitgliedstaaten läuft zurzeit, und bei dieser Gelegenheit wird auf
alle diese Aspekte eingegangen.
96
Die Stilllegungspläne enthalten im Einklang mit den Verordnungen über Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen auch die Kosten für die Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle. Die Kosten für
langfristige Endlagerungsvorhaben sind nicht enthalten, aber dafür die Kosten für Lagerungseinrichtungen zur Füllung
dieser Lücke.
Schlussfolgerungen und Empfehlungen
107
Seit der Prüfung im Jahr 2011 hat die Kommission einige wichtige Verbesserungen im Bereich Programmplanung und
Projektmanagement eingeführt. Mit der Rechtsgrundlage für den Zeitraum 2014-2020 wurden spezifische Ziele eingeführt, deren Erreichung anhand von wesentlichen Leistungsindikatoren und eines neuen Rahmens für Überwachung und
Berichterstattung gemessen wird.
Die Kommission ist folglich der Auffassung, dass die finanzielle Unterstützung der EU effektiv zu einer Milderung der
wirtschaftlichen Folgen der vorzeitigen Abschaltung beigetragen hat und dass der Stilllegungsprozess gut angelaufen
ist. Sie merkt jedoch an, dass eine Stilllegung ein komplexer und langwieriger Vorgang ist, der sich in der Regel über zwei
Jahrzehnte hinzieht und damit über den auf sieben Jahre angelegten MFR hinausgeht.
Antworten der Kommission
82
Die im Rahmen des MFR 2014-2020 genehmigten aktualisierten Stilllegungspläne und zugehörigen Kostenschätzungen sind
die Grundlage für die Programmplanung der drei Mitgliedstaaten. Auf dieser Planungsgrundlage beobachtet die Kommission
genau den Fortschritt hinsichtlich der Erreichung des Stilllegungs-Endzustands unter Einhaltung höchster Sicherheitsstandards.
Gemeinsame Antwort der Kommission auf die Ziffern 108 bis 111:
Die Kommission überwacht die Erreichung der in den Verordnungen des Rates genannten Ziele in proaktiver Weise und
erstattet dem Parlament und dem Rat jährlich Bericht.
Eine Stilllegung erfolgt üblicherweise in zwei Hauptphasen: i) Nachbetriebsphase (d. h., die Betriebsgenehmigung be­
steht noch, da noch abgebrannte Brennelemente vorhanden sind) und ii) Stilllegung/Rückbau.
Die Slowakei und Bulgarien sind in der zweiten Phase, während Litauen sich aufgrund des Vorhandenseins von abgebrannten Brennelementen in einem der Reaktoren weiterhin in der Nachbetriebsphase befindet.
Die Kommission ist ebenso wie die Mitgliedstaaten der Auffassung, dass keine der Anlagen, die im Rahmen der Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen (NDAP) unterstützt werden, in wirtschaftlicher Weise wieder in
Betrieb genommen werden kann. Sie räumt ein, dass die kritischen technischen Herausforderungen des Reaktorrückbaus, wie bereits bei anderen vergleichbaren Stilllegungstätigkeiten zu beobachten war, noch bevorstehen.
Empfehlung 1 – Sicherstellung von Fortschritten bei der Stilllegung
Die Kommission merkt an, dass die Empfehlungen 1 a) und 1 b) an die Mitgliedstaaten gerichtet sind.
Die Kommission akzeptiert Empfehlung 1 c), soweit sie davon betroffen ist. Sie befürwortet die Idee eines besseren Austauschs bewährter Verfahren und technischen Wissens und wird die drei Mitgliedstaaten dabei unterstützen.
a) Bei dem aktuellen MFR hat die Kommission der Schaffung eines allgemeinen Rahmens für die Arbeit der Mitgliedstaaten im Bereich Programmplanung, Projektmanagement und Projektüberwachung hohe Priorität eingeräumt. Darüber
hinaus hat die Kommission ein Earned-Value-Management-System (EVM) eingeführt, um die Projektleistung und den
Projektfortschritt objektiv messen zu können. Diese Änderungen werden ihre volle Wirkung voraussichtlich in den
kommenden Jahren entfalten.
b) Die Kommission ist der Ansicht, dass es von äußerster Wichtigkeit ist, dass Kernkraftwerksbetreiber/Inhaber von Stilllegungsgenehmigungen insbesondere im Bereich Projektmanagement Fachwissen und Kompetenzen aufbauen und
Bereiche ermitteln, bei denen eine Auslagerung einen Mehrwert einbringt. Der Rückgriff auf externe Sachverständige
ist in bestimmten spezialisierten Bereichen von Vorteil.
c) Die Kommission versucht, eine offene und transparente Umgebung, den Austausch von Fachwissen und bewährten
Verfahren und Standardisierungsverfahren zu fördern, und zwar unter anderem mit dem Ziel, den Wettbewerb anzuregen und die Sicherheit zu erhöhen.
Um dieses Ziel zu erreichen, hat die Kommission im Jahr 2015 die Gruppe für Stilllegungsfinanzierung wieder einberufen,
die aus nationalen Sachverständigen zusammengesetzt ist, die im Bereich Stilllegungskosten und Mittelverwaltung auf
dem neuesten Kenntnisstand sind.
Darüber hinaus wird die Kommission ihre Beteiligung an internationalen Foren und Arbeitsgruppen nutzen, um Erfahrungen auszutauschen, die im Rahmen der Verwaltung der Stilllegungsprogramme gewonnen wurden. Es werden insbesondere die Maßnahmen in Zusammenarbeit mit der IAEO und der OECD/der NEA weiterverfolgt.
112
Bezüglich der Berichterstattung zu den Plänen der Mitgliedstaaten siehe die Antwort der Kommission auf Ziffer 53.
Antworten der Kommission
83
Die Kommission prüft aktuell die nationalen Programme aller 28 Mitgliedstaaten. Diese Praxis ist noch neu, und die
Kommission beabsichtigt daher, aus diesem Prozess zu lernen, um die zukünftige Berichterstattung nach Möglichkeit zu
verbessern und zu harmonisieren. Speziell für diesen Berichterstattungsdurchlauf musste die Kommission die nationalen
Programme aller 28 Mitgliedstaaten sowie die nationalen Berichte berücksichtigen. In Anbetracht dieser Tatsache und
um sich ein umfassendes Bild machen zu können, hat die Kommission das Prüfungsverfahren der nationalen Programme
in ihren Zeitplan für die Berichterstattung an das Parlament und den Rat mit aufgenommen. Der Bericht wird voraussichtlich im vierten Quartal 2016 vorliegen.
Empfehlung 2 – Lösungen für die Endlagerung der abgebrannten Brennelemente
a) Die Kommission akzeptiert die Empfehlung. Die Kommission misst der sicheren und verantwortungsvollen Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle hohe Bedeutung bei, da somit vermieden werden kann,
dass künftigen Generationen unangemessene Lasten aufgebürdet werden. In dieser Hinsicht wird die Kommission die
Richtung bereits in den Stellungnahmen vorgeben, die sie 2016/2017 im Einklang mit der Richtlinie 2011/70/Euratom
zu den nationalen Programmen abgeben wird. Dies wird Gespräche über Möglichkeiten für die Endlagerung in Gang
bringen, die im Laufe des Jahres 2017 geführt und in deren Rahmen auch potenzielle regionale und andere Lösungen
auf EU-Ebene in Betracht gezogen werden. Im Anschluss daran wird die Kommission eher in der Lage sein, bis 2018
politische Optionen zu formulieren und einen Fahrplan zu erstellen.
b) Die Kommission stellt fest, dass diese Empfehlung an die Mitgliedstaaten gerichtet ist. Sie merkt des Weiteren an, dass
dieser Aspekt bereits im Rahmen der Prüfung der nationalen Programme und durch die Stellungnahmen abgedeckt ist,
die die Kommission an die Mitgliedstaaten richten wird. Die Kommission plant, 2017 eine Studie in Auftrag zu geben,
in deren Rahmen die Kostenschätzungen der Mitgliedstaaten im Bereich Abfallbehandlung bewertet werden sollen.
113
Die im Rahmen des MFR 2014-2020 genehmigten Stilllegungspläne sind die Grundlage für die Programmplanung der drei
Mitgliedstaaten. Die Kosten für die Endlagerung abgebrannter Brennelemente und hoch radioaktiver Abfälle sind nicht
im Rahmen der Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen förderfähig und nicht Teil des Ausgangswerts. Die Endlagerung abgebrannter Brennelemente und hoch radioaktiver Abfälle fällt laut Richtlinie über radioaktive
Abfälle in den Verantwortungsbereich der Mitgliedstaaten. Die Hilfsprogramme für die Stilllegung kerntechnischer Anlagen sollten entsprechend dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dazu dienen, die Komplementarität und Kohärenz der
einschlägigen Maßnahmen der Union sicherzustellen.
114
Die Kommission betont, dass es im Rahmen des MFR 2014-2020 hinsichtlich der vereinbarten Ziele keine Finanzierungs­
lücke gibt.
Empfehlung 3 – Achtung des Verursacherprinzips durch Erhöhung der einzelstaatlichen
Finanzierung für 2014-2020 und darüber hinaus
Die Kommission stellt fest, dass diese Empfehlung an die Mitgliedstaaten gerichtet ist.
Sie wird die vom Hof empfohlene Maßnahme dahin gehend unterstützen, dass sie sich um die Einführung eines klar
definierten Kofinanzierungssatzes bemühen wird, um dem Verursacherprinzip Rechnung zu tragen. Die Kommission wird
diesbezüglich Gespräche mit den Mitgliedstaaten führen und den von den Mitgliedstaaten in den Jahresarbeitsprogrammen für 2017 vorgeschlagenen Kofinanzierungssatz kritisch prüfen.
Empfehlung 4 – Erhöhung der einzelstaatlichen Mitfinanzierung im
Finanzierungszeitraum 2014-2020
Die Kommission akzeptiert die Empfehlung.
Antworten der Kommission
84
Ihr ist bewusst, dass die Mitfinanzierung dazu beiträgt, dass die Programme wirksam umgesetzt werden, und dass die
Eigenverantwortung der Mitgliedstaaten dadurch gestärkt wird. Allerdings enthält die aktuelle Rechtsgrundlage keinen
diesbezüglichen spezifischen Kofinanzierungssatz. Die Kommission wird daher in einem ersten Schritt Maßnahmen
ergreifen, um die Bedeutung von „in gebührend begründeten Ausnahmefällen“ genauer zu spezifizieren, von denen
derzeit in den Verordnungen die Rede ist, und den von den Mitgliedstaaten in den Jahresarbeitsprogrammen für 2017
vorgeschlagenen Kofinanzierungssatz kritisch prüfen.
Empfehlung 5 – Einstellung der speziellen Finanzierungsprogramme für die Stilllegung
kerntechnischer Anlagen in Litauen, Bulgarien und der Slowakei nach 2020
Die Kommission akzeptiert die Empfehlung teilweise. Die Kommission wird eine Folgenabschätzung durchführen, wie es im
Einklang mit der Haushaltsordnung und laut Agenda für bessere Rechtsetzung bei Vorschlägen für neue Initiativen erforderlich ist. Im Rahmen dieser Folgenabschätzung wird geprüft, ob die Finanzierung fortgesetzt werden soll und, falls ja, welches
die am besten geeigneten Finanzierungsmechanismen sind. Sollte sich aus der Folgenabschätzung ergeben, dass die Finanzierung innerhalb des nächsten MFR für die Zeit nach 2020 fortgesetzt werden muss, wird die Kommission die Empfehlung
des Hofs berücksichtigen und sicherstellen, dass die Finanzierungsmechanismen Anreize zur Fortsetzung der Stilllegung
umfassen, unter anderem indem sie zeitlich begrenzt und an eine angemessene Mitfinanzierung seitens der Mitgliedstaaten
gekoppelt sind.
118
Die Kommission hat eine eingehende Analyse des Personalbestands im Kraftwerk Ignalina in Auftrag gegeben, wobei zu
berücksichtigen ist, dass die Sicherheit des Standorts nicht gefährdet werden darf: Aufgrund der noch in den Reaktorgebäuden vorhandenen abgebrannten Brennelemente und des damit einhergehenden Risikos müssen essenzielle Sicherheitsfunktionen aufrechterhalten werden.
Empfehlung 6 – EU-Finanzmittel nur für Kosten der Stilllegungsarbeiten
Die Kommission akzeptiert die Empfehlung teilweise.
Die Kommission ist gerade dabei, die Nebenkosten zu ermitteln, die abseits der Stilllegung anfallen. Dieser Vorgang wird
mit der Halbzeitbewertung abgeschlossen, und es werden mögliche Maßnahmen für ein Auslaufen derartiger Kosten im
Jahr 2018 vorgeschlagen.
Die Kommission ist jedoch der Auffassung, dass einige grundlegende Bereiche, wie zum Beispiel die Sicherheit, nicht von
der EU-Förderung ausgeschlossen werden sollten.
Empfehlung 7 – Verbesserung der Überwachung durch die Kommission
Die Kommission akzeptiert die Empfehlung; entsprechende Maßnahmen wurden bereits ergriffen. Die Bewertung der
Ex-ante-Bedingungen wird bis Oktober 2016 abgeschlossen.
Empfehlung 8 – Bilanzierung
Die Kommission akzeptiert die Empfehlung. Die Kommission bestätigt, dass dies ein wichtiges Thema ist.
Sie hat begonnen, diese Empfehlung durch die Durchführung der Richtlinie über radioaktive Abfälle umzusetzen. Die Kommission prüft derzeit die nationalen Programme, die im Einklang mit der Richtlinie über radioaktive Abfälle vorgelegt wurden, und
hat eine Reihe von Studien geplant, um Informationen zu sammeln und verstärkt einen Beitrag zur Validierung zu leisten.
WO ERHALTE ICH EU-VERÖFFENTLICHUNGEN?
Kostenlose Veröffentlichungen:
•
Einzelexemplar:
über EU Bookshop (http://bookshop.europa.eu);
•
mehrere Exemplare/Poster/Karten:
bei den Vertretungen der Europäischen Union (http://ec.europa.eu/represent_de.htm),
bei den Delegationen in Ländern außerhalb der Europäischen Union
(http://eeas.europa.eu/delegations/index_de.htm),
über den Dienst Europe Direct (http://europa.eu/europedirect/index_de.htm)
oder unter der gebührenfreien Rufnummer 00 800 6 7 8 9 10 11 (*).
(*)
Sie erhalten die bereitgestellten Informationen kostenlos, und in den meisten Fällen entstehen auch keine
Gesprächsgebühren (außer bei bestimmten Telefonanbietern sowie für Gespräche aus Telefonzellen oder Hotels).
Kostenpflichtige Veröffentlichungen:
•
über EU Bookshop (http://bookshop.europa.eu).
Verfahrensschritt
Datum
Annahme des Prüfungsplans/Prüfungsbeginn
25.3.2015
Offizielle Übermittlung des Berichtsentwurfs an die Kommission (oder eine andere
geprüfte Stelle)
2.5.2016
Annahme des endgültigen Berichts nach Abschluss des kontradiktorischen Verfahrens
14.7.2016
Eingang der offiziellen Antworten der Kommission (oder einer anderen geprüften
Stelle) in allen Sprachen
15.7.2016
Die Stilllegung von acht Kernreaktoren sowjetischer
Bauart in Litauen, Bulgarien und der Slowakei war
Bedingung für den EU-Beitritt dieser Länder. Der Hof
stellte fest, dass die von der EU zur Unterstützung der
Erfüllung dieser Vorgabe aufgelegten
Finanzierungsprogramme nicht die richtigen Anreize für
eine fristgerechte und kosteneffiziente Stilllegung
geschaffen haben. Es wurden zwar Fortschritte erzielt,
doch bei wichtigen Infrastrukturprojekten traten
Verzögerungen auf, und die kritischen Herausforderungen
in Zusammenhang mit den Arbeiten im Kontrollbereich
stehen noch bevor. Bis 2020 wird sich die
EU-Unterstützung voraussichtlich auf insgesamt
3,8 Milliarden Euro belaufen. Die Stilllegungskosten
werden insgesamt schätzungsweise mindestens
5,7 Milliarden Euro betragen. Bei Berücksichtigung der
Kosten für die Endlagerung hoch radioaktiver Abfälle
könnte dieser Gesamtbetrag doppelt so hoch ausfallen.
EUROPÄISCHER
RECHNUNGSHOF