Kommission legt hinweisendes Nuklearprogramm

Europäische Kommission - Pressemitteilung
Kommission legt hinweisendes Nuklearprogramm (PINC) vor
Brüssel, 4. April 2016
Dieser erste Bericht seit den Ereignissen in Fukushima im Jahr 2011 legt den Schwerpunkt
auf die Investitionen im Zusammenhang mit Sicherheitsverbesserungen im Anschluss an
den Unfall in Fukushima und mit dem sicheren Betrieb vorhandener Anlagen.
Ferner behandelt das vorliegende hinweisende Nuklearprogramm den geschätzten Finanzierungsbedarf
bei der Stilllegung von Kernkraftwerken und der Entsorgung radioaktiver Abfälle und abgebrannter
Brennelemente. Das hinweisende Nuklearprogramm liefert eine Gesprächsgrundlage und zielt darauf
ab, sämtliche Akteure, insbesondere die Zivilgesellschaft, an der Diskussion über Kernenergie-Trends
und damit verbundene Investitionen für den Zeitraum bis 2050 zu beteiligen.
Die Mitgliedstaaten können frei über ihren Energiemix entscheiden; allerdings wird in der Strategie für
die Energieunion und der europäischen Strategie für eine sichere Energieversorgung hervorgehoben,
dass Mitgliedstaaten, die beschließen, Kernkraft als Teil ihres Energiemixes zu nutzen, die höchsten
Standards für technischer Sicherheit, Sicherungsmaßnahmen, die Entsorgung von Abfällen und die
Nichtverbreitung von Kernmaterial anlegen sowie ihre Versorgung mit Kernbrennstoffen diversifizieren
müssen.
Der für die Energieunion zuständige Vizepräsident der Europäischen Kommission, Maroš Šefčovič,
sagte: „Beruhend auf dem Input der Mitgliedstaaten liefert das hinweisende Nuklearprogramm der
Kommission (PINC) ein nützliches Gesamtbild des gesamten Lebenszyklus der Kernkraft in Europa: von
der Brennstoffherstellung am „Front-End“ über Sicherheitsverbesserungen und Langzeitbetrieb bis zum
„Back-end“ des Zyklus, der Abfallentsorgung und Stilllegung. Das PINC leistet einen Beitrag zur
Umsetzung der Strategie für die Energieunion, indem die Investitionen der Mitgliedstaaten unter den
Gesichtspunkten der technischen Sicherheit, Versorgungssicherheit und Diversifizierung sowie der
Führungsrolle in Technologie und Wirtschaft betrachtet werden.“
Der für Klimapolitik und Energie zuständige Kommissar, Miguel Arias Cañete, erklärte dazu: „ Fünf
Jahre nach dem Unfall im Kernkraftwerk Fukushima Daiichi hat Europa seine Lektion gelernt. Das
hinweisende Nuklearprogramm bietet erstmalig einen Überblick über alle Investitionsaspekte der
Kernenergie in einem einzigen Dokument. So trägt es zur öffentlichen Debatte über Kernenergiefragen
bei. Gemeinsam dürften wir in der Lage sein, Lösungen zu finden, um in ganz Europa
zusammenzuarbeiten, so dass sichergestellt wird, dass das Wissen über den sicheren Betrieb von
Kernkraftwerken ausgetauscht wird und nicht separat von jeder einzelnen Regulierungsbehörde
erarbeitet werden muss, und dass die Entsorgung radioaktiver Abfälle bis zu ihrer endgültigen
Beseitigung finanziell durch die Mitgliedstaaten abgesichert ist.“
Des Weiteren hat die Kommission heute eine Empfehlung an die Mitgliedstaaten für die Anwendung
von Artikel 103 des Euratom-Vertrags vorgelegt. Die Empfehlung sieht vor, dass die Mitgliedstaaten die
Kommission um eine Stellungnahme ersuchen, bevor sie Kernenergie-Abkommen mit Drittländern
(zwischenstaatliche Abkommen) abschließen. Diese Empfehlung zielt darauf ab, dieses Verfahren
effizienter zu machen, indem sie die wichtigsten Aspekte und Anforderungen, die die Mitgliedstaaten
bei der Aushandlung solcher Abkommen berücksichtigen müssen, klarstellt, insbesondere in Bezug auf
die neuen Richtlinien über nukleare Sicherheit und die sichere Entsorgung abgebrannter
Brennelemente und radioaktiver Abfälle. Die Anwendung dieser Empfehlung sollte bewirken, dass die
Kommission seltener Einwand gegen den Abschluss von Abkommen erheben muss, und damit das
Risiko von Verzögerungen bei ihrem Abschluss verringern.
Hintergrund
Hinweisendes Nuklearprogramm
Das hinweisende Nuklearprogramm beruht auf einer Verpflichtung nach Artikel 40 des EuratomVertrags. Es fußt auf der Analyse i) der Auswirkungen unlängst verabschiedeter politischer und
legislativer Initiativen (z. B. Richtlinie über die Entsorgung abgebrannter Brennelemente und
radioaktiver Abfälle, überarbeitete Sicherheitsstandards, geänderte Richtlinie über nukleare Sicherheit)
und ii) öffentlich zugänglicher Daten (z. B. von der OECD/Kernenergie-Agentur, der internationalen
Energieagentur, der Internationalen Atomenergie-Organisation und dem Weltnuklearverband
veröffentlichte Dokumente) sowie auf iii) Informationen von Mitgliedstaaten und Akteuren (Sitzungen
und Fragebögen). Die Kommission hat Fragebögen an Kernkraftswerksbetreiber in der EU und die
Mitglieder der Sachverständigengruppe der Kommission für die Stilllegungsfinanzierung versandt, um
dafür zu sorgen, dass der PINC-Analyse die neuesten verfügbaren Zahlen zugrunde liegen, und um
Informationen zu erhalten über:
- Investitionen im Zusammenhang mit der Verbesserung der Sicherheit bestehender Kernkraftwerke
im Anschluss an EU-Stresstests in Kernenergieanlagen sowie im Hinblick auf ihren möglichen
Langzeitbetrieb,
- die Verwaltung der Mittel für Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Stilllegung von
Kernkraftwerken.
Empfehlung zu Artikel 103 des Euratom-Vertrags
Die Mitgliedstaaten haben der Kommission ihre Entwürfe von Abkommen und Vereinbarungen mit
einem dritten Staat, einer zwischenstaatlichen Einrichtung oder einem Angehörigen eines dritten
Staates mitzuteilen, soweit diese Abkommen und Vereinbarungen den Anwendungsbereich dieses
Vertrags berühren. Enthält der Entwurf Bestimmungen, welche die Anwendung dieses Vertrags
beeinträchtigen, so gibt die Kommission dem betreffenden Mitgliedstaat innerhalb eines Monats nach
Eingang der an sie gerichteten Mitteilung ihre Einwendungen bekannt.
Der Staat kann das beabsichtigte Abkommen oder die beabsichtigte Vereinbarung erst schließen, wenn
er die Bedenken der Kommission beseitigt hat oder wenn er durch Antrag im Dringlichkeitsverfahren
einen Beschluss des Gerichtshofs der Europäischen Union über die Vereinbarkeit der beabsichtigten
Bestimmungen mit den Vorschriften dieses Vertrags herbeigeführt und diesem Beschluss entsprochen
hat. Der Antrag kann dem Gerichtshof der Europäischen Union jederzeit vorgelegt werden, sobald der
Staat die Einwendungen der Kommission erhalten hat.
Bislang wurde Artikel 103 als unmittelbar anwendbar angesehen. Mit der fortschreitenden Entwicklung
des Euratom-Besitzstands mussten die Mitgliedstaaten jedoch eine zunehmende Zahl von EuratomVorschriften bei der Aushandlung ihrer Abkommen berücksichtigen. Einige dieser Vorschriften, wie sie
bspw. die Richtlinie über nukleare Abfälle (Richtlinie 2011/70/Euratom des Rates) umfasst, sind von
besonderer Bedeutung im Kontext der Außenbeziehungen.
Weitere Informationen
Besuchen Sie sich die Website der GD Energie: https://ec.europa.eu/energy/en/news/commissionpresents-nuclear-illustrative-programme
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