Ausgabe 36 16. September 2016 Deutsche MittelstandsNachrichten powered by Wirtschaft Auf schlechtem Weg: Frankreich gräbt sich in der Krise ein Der Status Quo soll gehalten werden – was vor allem jungen Menschen den Eintritt in den Arbeitsmarkt erschwert. F Strukturen in Frage, die die Berankreich, die zweite große Volkswirtschaft der EU, hat wältigung der aktuellen Herausgrößte Probleme – Probleme die forderungen behindern. VielAuswirkungen auf ganz Euromehr wird intensiv diskutiert, pa haben: Geringes Wachstum, wie zusätzliche staatliche Einfast 10 Prozent Arbeitslosigkeit, griffe die Arbeitslosigkeit und die Staatsschulden, die sich der immer größere Kluft zwischen 100-Prozent-Marke nähern, über Reich und Arm bekämpfen könn30 Milliarden Euro Leistungsbiten. lanzdefizit. Lösungen können nur Nicht zuletzt halten die umfassende Reformen bringen, Unternehmer und Manager an die aber auf enormen Widerstand dem in Frankreich traditionellen stoßen. Klassengeist fest: Entscheidend Die Kluft zwischen Arm und Reich ist auch in Frankreich zum Greifen nah. Foto: Flickr/Martin Fisch/CC BY-SA 2.0 ist, wer schon Teil des EstablishAm 15. September halten die französischen Gewerkschaften ments ist, wer möglichst schon einen Aktionstag ab. Dies bedeuvon Geburt Teil der „classe diritet, dass das Land für 24 Stunden – wie- losigkeit gesehen. Ohne Korrektur wür- geante“ ist. der einmal – gelähmt sein wird. Das Ziel: den die bisher geltenden, starren Regeln Man will die Rücknahme der im Juli be- jeden Aufschwung verhindern. Der Kündigungsschutz hat letale Damit nicht genug. Zahlreiche Intel- Folgen schlossenen Reform des Arbeitsrechts erreichen. Diese Reform wird aber von der lektuelle stellen angesichts der ebenso Am 9. August 2016 ist das neue ArOECD als Voraussetzung für eine Über- zahlreichen Probleme nicht die beste- beitsgesetz – Loi Travail – im Amtsblatt windung der Rezession und der Arbeits- henden, stark vom Staat dominierten veröffentlicht worden und somit in Kraft Analyse Monsanto-Übernahme durch Bayer ist noch lange nicht fix Der deutsche Pharmakonzern Bayer möchte für insgesamt 66 Milliarden Dollar den amerikanischen Saatguthersteller Monsanto übernehmen. 128 Dollar ist Bayer dabei jede Monsanto-Aktie wert. Ein riskantes Unterfangen, denn kein anderes Unternehmen in der Branche hat ein derart schlechtes Image. Wegen seiner aggressiven Geschäftspraktiken, seiner gentechnisch veränderten Produkte und des umstrittenen Pflanzenschutzmittels Glyphosat steht das US-Unternehmen seit Jahren in der Kritik. Die rechtlichen Risiken Monsantos seien Bayer „bekannt und bewusst“, sagte der Vorstandsvorsitzende Werner Baumann. Zudem würde die Verschuldung Bayers im Falle einer erfolgreichen Übernahme markant ansteigen. Ein Bankenkonsortium bestehend aus Bank of America, Credit Suisse, Goldman Sachs, HSBC und JPMorgan soll offenbar Brückenkredite im Gesamtvolumen von 57 Milliarden Dollar bereitstellen. Die Nettoverschuldung, die Ende des ersten Quartals bei etwa 16,3 Milliarden Euro lag, würde wahrscheinlich auf über 70 Milliarden Dollar ansteigen. Hinzu kämen noch die offenen Pensionslasten des Konzerns von derzeit 13,3 Milliarden Euro, wie das Finance Magazin schreibt. Notwendig ist außerdem eine massive Kapitalerhöhung im Umfang von 19 Milliarden Dollar – eine der größten Kapitalerhöhungen, die es in Deutschland je gegeben hat. Sie entspräche etwa einem Viertel der aktuellen Marktkapitalisierung Bayers von knapp 70 Milliarden Euro. Da der Kurs der BayerAktie seit Bekanntwerden der Übernahmepläne von rund 110 Euro auf derzeit etwa 95 Euro gefallen ist, müssen rückblickend sogar noch mehr neue Aktien ausgegeben werden, als ursprünglich geplant. Die Übernahmepläne stoßen nicht bei allen Bayer-Investoren auf Gegenliebe, weil sie den offenbar früher gemachten Versprechen des Konzerns an die Geldgeber zuwiderlaufen. Völlig ungewiss ist auch, ob die Übernahme von den Kartellbehörden überhaupt erlaubt wird. Analysten von Bernstein Research sehen eine Chance von 50 Prozent, dass der Deal abgelehnt wird. Wird eine Übernahme von den US-Kartellbehörden abgelehnt, muss Bayer Monsanto übrigens 2 Milliarden Dollar zahlen. 1 Deutsche MittelstandsNachrichten powered by Ausgabe |36/16 getreten. Das sollte der Start für einen flexiblen Arbeitsmarkt sein. Schon der Start verlief holprig: Die Regierung umging das Parlament, weil nicht mit einer mehrheitlichen Zustimmung zu rechnen war, nutzte eine Sonderbestimmung in der Verfassung und beschloss das Gesetz im Alleingang. Bislang galt in Frankreich ein starrer Kündigungsschutz, der die Wirtschaft lähmt, wie dies auch in Deutschland bis 2004 der Fall war, als endlich das Kündigungsschutzgesetz novelliert wurde. Der Kündigungsschutz hat letale Folgen, die die Gewerkschafter schlichtweg leugnen: • Bestehende Belegschaften können nicht an Konjunkturschwankungen angepasst werden. Die Unternehmen müssen weiterhin die Lohnkosten finanzieren und sind daher nicht in der Lage, auf Veränderungen zu reagieren. • Somit kommt es in vielen Fällen zur Schließung von Betrieben, die bei geringerer Zahl der Arbeitnehmer überleben könnten. Statt einiger Mitarbeiter verlieren alle den Arbeitsplatz • Die Firmen nehmen nach Möglichkeit keine Arbeitnehmer auf, weil sie in schwierigen Phasen nicht kündigen können. Aus diesem Grund werden sogar Aufträge abgelehnt, die zwar attraktiv wären, aber nur eine kurzfristige Ausweitung der Belegschaft rechtfertigen würden. • Die Arbeitnehmer, die einen Arbeitsplatz haben, scheuen den Wechsel, um den Kündigungsschutz nicht zu verlieren. Somit fehlt der für einen Arbeitsmarkt entscheidende Zug zu attraktiven, innovativen Firmen. Die „Abstimmung der Arbeitnehmer mit den Füßen“ über die besten Arbeitgeber findet nicht statt. All das nehmen die französischen Gewerkschafter nicht zur Kenntnis. Sie sind auch nicht bereit nach Deutschland zu schauen, wo seit der Lockerung die Arbeitslosigkeit dramatisch zurückgegangen ist und mit knapp über 4 Prozent fast Vollbeschäftigung herrscht. Dabei fand in Deutschland keine totale Beseitigung der Schutzbestimmungen statt und dies ist auch in Frankreich nicht Gegenstand der Loi Travail. In Frankreich liegt die Arbeitslosigkeit hartnäckig bei 10 Prozent. Als vor wenigen Tagen der aktuelle Wert mit 9,9 Prozent ausgewiesen wurde, galt dies als Erfolgsmeldung. Die Verzweiflung der Jungen Das größte Problem bildet die Jugendarbeitslosigkeit, die 24 Prozent beträgt. Dieses katastrophale Phänomen ist auch durch den Kündigungsschutz mitbestimmt, aber nicht ausschließlich. In Frankreich hängt der erfolgreiche Eintritt in das Berufsleben mehr als in anderen Ländern von der Situation der Familie ab. Diesen Umstand betonen die Experten der OECD ebenso wie die französischen Soziologen. Dieses Phänomen ist auf zwei Ebenen zu orten: Es geht nicht nur darum, dass Kinder aus Haushalten mit höherer Bildung in der Schule leichter bestehen können. Ständig wird beklagt, dass bei Bewerbungen die Qualifikation sehr oft weniger zählt als die soziale Stellung der Familie. Diese Umstände sind besonders erstaunlich, da in Frankreich in fast allen Bereichen Auswahlverfahren – concours – um einen Studien- oder einen Arbeitsplatz gepflegt werden. Dazu kommt, dass das französische Bildungssystem in einer problematischen Verfassung ist. Zur Illustration einige Krisenzonen: • Traditionell waren die französischen Lycées besonders anspruchsvoll und auf höchstem Niveau. Der jüngste innerfranzösische Ergebnisvergleich kommt zu dem Schluss, dass man die aktuellen Anforderungen an das Abitur –baccalauréat – mit den Kriterien vergleichen müsste, die 1950 für den Abschluss der Unterstufe – BEPC – gegolten haben. • Im PISA-Test der OECD, der die Kenntnisse der Schüler in den OECDStaaten vergleicht, belegt Frankreich weit abgeschlagen Plätze hinter der Nummer 20. • Größten Wert legt man in Frankreich auf die Rolle der „Grandes Écoles“, die in fast allen Wissensbereichen als extrem fordernde Kaderschmieden konzipiert sind, die auch als Garanten für die künftige Karriere agieren. Allerdings haben diese Institute 16. September 2016 Mühe, flexibel auf die sich extrem rasch ändernden Herausforderungen zu reagieren und neigen dazu, eine abgehobene Welt für sich zu bilden. • Die Lehrlingsausbildung sieht zwar zwei Ebenen vor – das Berufsbefähigungszeugnis CAP und das breit angelegte Berufsbildungszeugnis BEP – doch werden diese Möglichkeiten nur von wenigen genützt. Angesichts von 24 Prozent Jugendarbeitslosigkeit ist die Wut der Jungen selbstverständlich. Allerdings mit den Gewerkschaften gegen die Loi Travail auf die Straße zu gehen, bedeutet gegen die eigenen Chancen zu demonstrieren. Die Globalisierung wurde nicht gemeistert In der Periode 1990 bis 2014 hat Frankreich ein extrem niedriges Wachstum von durchschnittlich etwa 1 Prozent erzielt und lag damit vor Italien und sogar nach Griechenland am Schluss des OECD-Vergleichs. Es ist nicht ausreichend gelungen, die Herausforderung der Globalisierung zu meistern: Diese bestand und besteht in der Entwicklung einer hoch spezialisierten Industrie, deren Erzeugnisse sich auf dem Weltmarkt behaupten können und durch die Qualität weniger preisabhängig sind. Unter diesen Umständen ist die Verlagerung der einfachen Produktionen in Billiglohnländer volkswirtschaftlich verkraftbar. Dass dies in Frankreich nicht in entsprechendem Umfang geschehen ist, zeigt sich an zwei aktuellen Daten: Der Industrie-Anteil an der gesamten Wertschöpfung liegt in Frankreich unter 20 Prozent, in Deutschland über 30 Prozent. Die Leistungsbilanz weist einen Abgang von über 30 Milliarden Euro aus, Deutschland verzeichnet einen Überschuss von etwa 250 Milliarden Euro. Die Staatsausgaben lähmen die Wirtschaft Behindert wurde und wird die Entwicklung nicht nur durch den Kündigungsschutz und die Verschlechterung der Bildungssystems. Eine entscheidende Rolle spielt auch die hohe Staatsquote. Die Ausgaben des Staates nehmen in Frank2 Deutsche MittelstandsNachrichten powered by Ausgabe |36/16 reich über 57 Prozent der Wertschöpfung in Anspruch. Im Durchschnitt der EU liegt der Wert bei etwa 48 Prozent, sodass Frankreich schon innerhalb Europas weit abgeschlagen ist. Gegenüber Ländern wie den USA, Japan oder der Schweiz, die alle Werte in der Größenordnung von 35 bis 40 Prozent aufweisen, ergibt sich ein eklatanter Wettbewerbsnachteil. Unmittelbar spürbar für die Unternehmen und die Privathaushalte sind allerdings nicht die Staatsquoten, sondern die Abgabenquoten, also die bezahlten Steuern und Abgaben. Dieser Wert liegt in Frankreich bei etwa 49,7 Prozent und stellt eine enorme Behinderung der Wirtschaft dar. Wenn von jedem Euro fast 50 Cent an den Staat fließen, ist der Spielraum für Investitionen und Konsumausgaben gering. Derzeit und 2017 treten einige Erleichterungen in Kraft, die aber die Abgabenquote nur minimal senken werden. Zu den Steuern und Abgaben von 49,7 Prozent kommen noch sonstige Einnahmen des Staates, sodass für 2015 ein Gesamtdefizit von 3,5 Prozent auszuweisen war. Diese Daten wurden am 5. September vom nationalen Wirtschaftsforschungs- und Statistik-Institut INSEE publiziert. Die Staatsverschuldung in Frankreich erreichte Ende 2015 96,2 Prozent und liegt bereits sehr nahe bei 100-Prozent des BIP. Die gesamten Schulden betragen derzeit etwa 2.200 Milliarden Euro, jährlich kommen etwa 75 bis 80 Milliarden Euro hinzu. Wie in allen Ländern belastet die lange Dauer der Pensionen die Staatsfinanzen. An diese Frage zeigt sich die Reform-Bremse in Frankreich besonders deutlich. 2010 wurde unter Präsident Ni- colas Sarkozy das System geändert, wobei als Richtschnur, ohnehin nicht sehr ambitioniert, die Anhebung des Pensionsantrittsalters von 60 auf 62 Jahre ab 2017 beschlossen wurde. Mit Abschlägen bei frühem und Zulagen bei spätem Pensionsantritt sollten die Franzosen motiviert werden, möglichst bis 65, 67 oder sogar 70 zu arbeiten. Bei seinem Amtsantritt 2012 kündigte Präsident François Hollande eine Korrektur an, die 2014 erfolgt ist und im Endeffekt wieder das Alter 60 zur Regel machte. Die Aufwendungen für Pensionen entsprechen fast 14 Prozent des BIP. Mit noch höheren Steuern sollen die Probleme gelöst werden Obwohl die hohe Staatsquote die Wirtschaft lähmt, wird die wirtschaftspolitische Diskussion von der Forderung nach „mehr Staat“ dominiert. Der Liberalismus stößt auf Ablehnung. Das geht so weit, dass sich auch die Regierung bereits generell gegen TTIP, das geplante Handelsabkommen zwischen der EU und den USA, ausgesprochen hat und nicht mehr nur für Korrekturen eintritt. Im Mittelpunkt steht die Kluft zwischen Arm und Reich, die in Frankreich traditionell groß ist und derzeit weltweit eine gravierende Erscheinung ist, die alle Gesellschaften belastet. Der französische Ökonom Thomas Piketty propagiert in seinem Buch „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ die Einführung neuer oder die Verschärfung bestehender Vermögensteuern und die Anhebung der Einkommensteuer für Spitzenverdiener. Mit diesen Instrumenten soll die Umverteilung von Reich zu Arm gelingen. Wenig beachtet wird der Umstand, dass die Besteuerung der Vermögen nur 16. September 2016 zwei mögliche Effekte hat: Entweder die Vermögen werfen einen Ertrag ab, dann ergibt die Vermögensteuer in ihrem wirtschaftlichen Ergebnis eine zusätzliche Einkommensteuer. Oder die Vermögen werfen keinen Ertrag ab, dann bedeutet die Vermögensteuer eine Schritt für Schritt stattfindende Enteignung, die nur einmalig erfolgen kann, bis das Vermögen aufgezehrt ist. Eine Anhebung bei den Spitzenverdienern würde eine relativ kleine Gruppe treffen, also keinen größeren Effekt für das Budget haben. Sie würde allerdings gesellschaftspolitisch positiv wirken, die Spannung zwischen den Klassen entschärfen, meint Piketty und wird dabei von einer Vielzahl von Intellektuellen unterstützt. Nicht beachtet wird bei dieser Argumentationslinie, dass hier im Endeffekt nur die Einführung neuer und die Anhebung bestehender Steuern propagiert wird. Dies kann bei einer Staatsquote von 57 Prozent nicht die Lösung sein. Vielmehr sind die Flexibilisierung des Arbeitsmarkts, die Anpassung des Bildungswesens an die modernen Erfordernisse und die Reduktion der Staatsquote die dringend notwendigen Maßnahmen. Für diese Anliegen müsste man sich beim Aktionstag am 15. September einsetzen, nicht für den lähmenden Kündigungsschutz. ............................................................................................... Ronald Barazon war viele Jahre Chefredakteur der Salzburger Nachrichten. Er ist einer der angesehensten Wirtschaftsjournalisten in Europa und heute Chefredakteur der Zeitschrift „Der Volkswirt“ sowie Moderator beim ORF. Wirtschaft SinnLeffers und Strenesse: Deutsche Mode-Branche in der Krise Die deutsche Modebranche steckt in der Krise: Strenesse kämpft nach einer geplatzten Übernahme ums Überleben. D ie Modekette SinnLeffers ist zahlungsunfähig und hat einen Insolvenzantrag gestellt. „Um die SinnLeffers GmbH (...) dauerhaft wettbewerbsfähig positionieren zu können, ist eine leistungs- und finanzwirtschaftliche Sanie- rung im Wege eines gesteuerten Insolvenzplanverfahrens in Eigenverwaltung erforderlich“, teilte das Unternehmen mit. Geschäftsführer Friedrich-Wilhelm Göbel sagte: „Wir sind überzeugt, dass durch die Eigenverwaltung der Fortbestand der SinnLeffers GmbH gesichert ist und der Großteil der vorhandenen Arbeitsplätze erhalten werden kann.“ Als Sanierungsgeschäftsführer berief das Unternehmen den Düsseldorfer Rechtsanwalt Thomas Kluth, vorläufiger 3 Deutsche MittelstandsNachrichten powered by Ausgabe |36/16 Sachwalter ist der Jurist Rolf Weidmann aus Essen. Der Antrag habe „keinen Einfluss auf die operativen Geschäfte und die laufende Sanierung der Rudolf Wöhrl AG“, teilte der Modehändler Wöhrl mit, der die gleichen Eigentümer hat wie SinnLeffers. „Weder Standorte noch Mitarbeiter oder Geschäftsbeziehungen von Wöhrl sind davon berührt.“ Wöhrl hatte vergangene Woche ein sogenanntes Schutzschirmverfahren eingeleitet. Dies schützt in die Krise geratene Unternehmen vor dem Zugriff der Gläubiger, ohne dass die Betriebe bereits Insolvenz anmelden müssen. Die Geschäftsführung kann das Nürnberger Unternehmen weiter lenken. Ihr wird allerdings ein Anwalt als „Sachwalter“ und externer Berater zur Seite gestellt. SinnLeffers war 1997 durch die Fusion aus den zwei kleineren Traditions-Modehäusern Sinn und Leffers entstanden. Von 2001 bis 2005 gehörte das Unternehmen zum Essener KarstadtQuelle-Konzern, bis es von der Deutschen Industrie Holding (DIH) übernommen wurde. Aktuell gibt es 22 SinnLeffers-Filialen in Deutschland. Nach eigenen Angaben beschäftigt das Unternehmen 1259 Mitarbeiter. Erst vor wenigen Tagen war Übernahme des angeschlagenen Modeherstellers Strenesse gescheitert. Wie der Insolvenzverwalter des Unternehmens aus Nördlingen berichtete, ist er vom Kaufvertrag mit einem niederländischen Investor zurückgetreten. Unklar blieb, wieso das Geschäft mit der MAEG Holding aus Amsterdam fehlschlug. Insolvenzverwalter und Investor machten sich in Pressemitteilungen gegenseitig dafür verantwortlich. In der deutschen Modebranche droht der Ausverkauf. Strenesse als bisheriger Eigentümer erklärte, dass MAEG den Kaufpreis nicht gezahlt habe. Der Investor hätte demnach bis Ende August zahlen müssen. Diese Frist sei verlängert worden, ohne dass Geld eingegangen sei, berichtete Insolvenzverwalter Jörg Nerlich. Deswegen sei er vom Vertrag zurückgetreten. „Die Geschäfte laufen planmäßig weiter, alle Lieferanten- und Kundenbeziehungen werden aufrechterhalten“, betonte Nerlich. Eine PR-Agentur teilte hingegen im Namen von MAEG mit, es habe sich herausgestellt, dass die „Angaben über die wirtschaftliche Situation von Strenesse falsch gewesen“ seien. „Der wahre Investitionsbedarf zur Neuaufstellung von Strenesse ist deshalb um ein Vielfaches höher, als auf Grundlage der vorgelegten Zahlen kalkuliert werden konnte“, hieß es. 16. September 2016 Foto: Flickr/Seika/CC BY 2.0 Deswegen werde MAEG den Kaufvertrag nicht einhalten. Ursprünglich hatte es Anfang August geheißen, dass MAEG alle 240 Mitarbeiter des schwäbischen Modeherstellers übernehmen wolle. Dafür hatte der Investor bereits eine neue GmbH gegründet. Erst vor wenigen Tagen war Strenesse von einem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung in ein reguläres Insolvenzverfahren gewechselt, um die nach der Übernahme der Geschäfte eigentlich überflüssig gewordene Aktiengesellschaft abzuwickeln. Der hoch verschuldete Modehersteller hatte 2014 Insolvenz angemeldet. Das einst von der Unternehmerfamilie Strehle geführte Unternehmen galt lange als ein deutsches Designermode-Aushängeschild. Innovation Google meldet Durchbruch bei Computer mit menschlicher Stimme Mit Hilfe eines hochentwickelten Tools werden Computer dazu gebracht, möglichst natürlich zu klingen. F ür die Arbeit an der menschlichen Computerstimme zeichnet Googles Künstliche Intelligenz-Abteilung DeepMind verantwortlich. Bisherige Tests hätten gezeigt, dass ihre Technologie die qualitative Lücke zwischen den heutigen Computersystemen und der menschlichen Sprache schließen könnte, so die zu- ständigen Forscher. Der nötige Aufwand ist jedoch gigantisch. „Dass Menschen mit Maschinen sprechen können, ist ein langjähriger Traum der Mensch-Computer-Interaktion“, sagen die DeepMind-Forscher. Eine möglichst natürlich klingende Form wollen sie nun mit Hilfe von WaveNet realisieren. WaveNet unterscheidet sich von den bisherigen künstlichen Spracherzeugern grundlegend. „Die meisten Programme nutzen vorab aufgenommene Töne, die geschnitten und zu Wörtern und Sätzen zusammengepackt werden. Aus diesem Grund hören sich viele Sprachprogramme meist kalt und roboterartig an“, be4 Deutsche MittelstandsNachrichten powered by Ausgabe |36/16 Das Tool soll Sprache realistisch umsetzen können. richtet die Internetseite Entwickler.de. Anders als etwa bei Siri oder Cortana kommen hier künstliche neuronale Netze zum Einsatz. Mit deren Hilfe werden die richtigen Tonkombinationen bestimmt, um individuell gesprochene Texte zu generieren. „WaveNet analysiert dazu die Wellenformen der menschli- Foto: Flickr/Tekke/CC BY-ND 2.0 chen Sprache und ist in der Lage, Muster zu erkennen. Diese werden dann eingesetzt, um geschriebene in gesprochene Sprache umzusetzen.“ Um WaveNet zu trainieren, seien im Vorfeld einige Tests durchgeführt worden. Dafür habe das DeepMind-Team hunderte von Menschen, WaveNet und 16. September 2016 andere von Text-zu-Sprache-Systemen gesprochene Testsätze durch Menschen beurteilen lassen. Das Ergebnis: „WaveNet erreichte beim Englischen einen Wert von 4,21 auf einer Skala von 1-5. Das beste andere Text-zu-Sprache-System erreichte 3,86, während die von Menschen gesprochenen Sätze einen Wert von 4,55 erzielten.“ Das spezielle Text-zu-SpracheSynthese-Tool werde bislang noch in keinem anderen Google-Produkt eingesetzt, berichtet die Financial Times. Ob es aufgrund der erforderlichen massiven Rechenleistungen so schnell in der Praxis eingesetzt werde, sei allerdings fraglich. Google hatte die britische Firma DeepMind vor rund zweieinhalb Jahren gekauft, der Kaufpreis lag laut Medienberichten bei rund 500 Millionen Dollar. Der Software gelang es im März, in einem Match einen der weltbesten Meister im asiatischen Brettspiel Go zu schlagen, was zuvor als zu komplex für Computer galt. Dabei überraschte die Maschine an einer Stelle auch Experten mit einem kreativen Zug, den bisher nie jemand gespielt hatte. Devisen Ripple-Technologie: Gefahr für den Dollar als Weltwährung Transaktionen, die unter Umgehung des Dollar abgewickelt werden, steigen wegen der Enttäuschung über die US-Politik N eue Finanz-Technologien und Zahlungssysteme bedrohen nach Ansicht von Experten die globale Dominanz des US-Dollar im internationalen Zahlungsverkehr, berichtet der Finanzblog Sovereign Man. Diese ermöglichten Überweisungen zwischen zwei Parteien auf direktem Wege unter Umgehung des amerikanischen Finanzsystems und des Dollar. Bislang wurden praktisch alle Transaktionen weltweit über Dollar-Konten bei amerikanischen Großbanken abgewickelt. Neue, innovative Zahlungssysteme wie Ripple, die auf der Blockchain-Technologie basieren, beginnen, sich als Alternativen zu etablieren: Ripple, zu dessen Investoren Andreesen Horowitz, Google Ventures, CME, IDG Capital und Santander gehören, bietet die Möglichkeit der direkten internationalen Überweisungen – eine Methode, die den Die Märkte verlieren das Vertrauen in den Dollar. Dollar schlicht überflüssig macht. Setzen sich diese Technologien international in großem Stil durch, droht den USA ein empfindlicher Machtverlust. Sie würden dadurch ihre Dominanz über Foto: Flickr/FamZoo Staff/CC BY-SA 2.0 das internationale Finanzsystem, dessen Architektur immer noch weitgehend auf den Beschlüssen von Bretton Woods aus dem Jahr 1944 beruht, verlieren. Der Dollar als Weltleitwährung ist eine der 5 Deutsche MittelstandsNachrichten powered by Ausgabe |36/16 beiden tragenden Säulen amerikanischer Macht – die andere ist die globale Präsenz der amerikanischen Streitkräfte. Auch der immense Vorteil der USA, praktisch immer neue Geldgeber zu finden, würde geschwächt. Da der Dollar und das US-Bankensystem Dreh- und Angelpunkt des Weltfinanzsystems sind, mussten Investoren und Staaten bislang praktisch gezwungenermaßen ständig in Dollar-Anlagen und amerikanische Staatsanleihen investieren. Angesichts einer Staatsverschuldung von derzeit rund 19,5 Billionen Dollar muss deshalb jegliche Alternative zum bestehenden Schuld- und Zahlungssystem von den US-Eliten als Bedrohung verstanden werden. Simon Black von Sovereign Man argumentiert, dass die oft rücksichtslose Wirtschafts- und Geopolitik der Verei- nigten Staaten den Anreiz anderer Länder und Banken verstärken dürfte, nach Alternativen zu suchen. Er verweist dabei in erster Linie auf die zahlreichen militärischen Interventionen in anderen Ländern sowie auf die teilweise aggressive Art und Weise, wie US-Recht international durchgesetzt wird. „Sie haben das Vertrauen und die Zuversicht, welche der Rest der Welt in sie gesetzt hat, missbraucht, indem sie Schulden in riesigem Umfang aufgetürmt, Kriege in anderen Ländern geführt und ferngesteuerte Bomben auf Krankenhäuser geworfen haben. Sie haben absurde Vorschriften erschaffen und hatten die Dreistigkeit zu erwarten, dass ausländische Banken sich daran halten“, schreibt Black. Er verweist in diesem Zusammenhang auf das Beispiel der französischen Großbank BNP Paribas, die den 16. September 2016 amerikanischen Behörden 9 Milliarden Dollar zahlen musste, woraufhin die französische Regierung den amerikanischen Machtanspruch auf das Weltfinanzsystem öffentlich hinterfragte. Die Nutzung alternativer Zahlungssysteme steht zwar noch am Anfang, funktioniert aber bereits. Vor zwei Monaten habe eine kanadische Bank die erste Überweisung mit dem Ripple-Protokoll nach Deutschland getätigt, schreibt Black. Auch die Schweizer Großbank UBS und die Deutsche Bank bündeln ihre Kräfte bei der Entwicklung einer neuen Cyber-Währung. Sie soll Transaktionen zwischen Finanzhäusern vereinfachen und günstiger machen. Das von der Schweizer Bank vorangetriebene System könnte in Absprache mit Zentralbanken und Regulierern bereits in zwei Jahren auf den Markt kommen. Finanzen Investoren flüchten aus Investments, die dem Klima schaden Zwei große Player setzen Zeichen, dass fossile Energieträger nicht mehr als nachhaltige Investments angesehen werden. D er norwegische Staatsfonds, der größte staatliche Pensionsfonds der Welt, hat den US-Energiekonzern Duke Energy sowie drei Tochterfirmen wegen Umweltverschmutzung auf seine schwarze Liste gesetzt. Wie die Zentralbank in Oslo mitteilte, trennte sich der Staatsfonds von seinen Anteilen an den Unternehmen. Bereits vor einiger Zeit hatte der frühere Goldman-Banker und heutige Chef der Bank of England, Investoren davor gewarnt, aus dem Bereich der fossilen Energie auszusteigen, weil der Klimawandel auch kurzfristig als Risiko für die Finanzmärkte eingeschätzt werden könnte und diese Investments dann als „stranded assets“ (gestrandete Assets) erhebliche Verluste bringen könnten. Der Ethikrat des Staatsfonds hatte den Verkauf im April empfohlen, weil Duke Energy und seine Tochterfirmen bei Kohlekraftwerken im US-Bundesstaat North Carolina Ascherückstände auf nicht umweltverträgliche Weise lagern würden. Der rund 800 Milliarden Euro schwere Staatsfonds Norwegens orientiert sich bei seinen Anlagen an ethischen Richt- linien. Die Vorgaben verbieten unter anderem Investitionen in Unternehmen, die schwere Menschenrechtsverletzungen begehen, Kinderarbeit ausnutzen, „besonders inhumane“ Waffen fertigen oder Tabakprodukte herstellen. Auch der Klima- und Umweltschutz spielt bei den Investitionsentscheidungen eine Rolle. Der weltgrößte Vermögensverwalter BlackRock warnte Investoren, ihre Beteiligungen im Bereich der Energieversorgung zu überprüfen. Blackrock geht davon aus, dass sich aufgrund des Klimawandels extreme Wetterphänomene in Zukunft häufen werden und Regierungen deshalb zu einschneidenden Maßnahmen gezwungen sein werden, berichtet die Financial Times. Die Veränderung des globalen Klimas sei zwar ein großes Thema in den Medien, Investoren und Regierungen hätten aber bisher kaum konkrete Vorbereitungen getroffen. „Investoren können den Klimawandel nicht länger ignorieren. Mit dem Klima zusammenhängende Faktoren wurden bisher nicht ausreichend beachtet und eingepreist, weil sie häufig weit entfernte Probleme zu sein scheinen“, sagte eine Direktorin von Blackrock. Klimafreundliches Investieren sei möglich, ohne dabei den traditionellen Fokus der Gewinnmaximierung außer Acht zu lassen. BlackRock empfiehlt, den Verbrauch von fossilen Energien und Wasser sowie die Kohlenstoffdioxid-Emissionen jener Unternehmen genauer zu betrachten, welche als Investitionsziel in Frage kommen. Außerdem würde eine Anhebung der Kohlenstoffpreise – gerechnet in Dollar je hervorgerufener Tonne Kohlenstoffdioxid – Unternehmen zu einem nachhaltigeren Wirtschaftsmodell drängen. Der Norwegische Staatsfonds orientiert sich bei seinen Investments an Ethik und Umwelt. Foto: Flickr/ Pfauenauge *back to school...on and off*/ CC BY 2.0 6 Deutsche MittelstandsNachrichten powered by Ausgabe |36/16 16. September 2016 Mittelstand Commerzbank prüft Ende der Mittelstandsbank Die Maßnahme ist offenbar Teil der Restrukturierung der Bank, die zu Stellenstreichungen führen kann Der Handel mit Wertpapieren soll künftig schrumpfen. D ie Commerzbank erwägt einem Zeitungsbericht zufolge, ihre Mittelstandsbank aufzuspalten und das Investmentbanking weiter massiv zu verkleinern. Um kleinere Firmenkunden solle sich nach den Plänen künftig die Privatkundensparte unter Michael Mandel kümmern, international ausgerichtete Großkunden sollen der Investmentbank unter Michael Reuther zugeschlagen werden, berichteten Medien unter Berufung auf Personen, die mit den Überlegungen vertraut seien. Für Vorstand Markus Beumer, der die lange Zeit sehr erfolgreiche Mittelstandsbank führt, sei in der neuen Struktur wohl kein Platz mehr. Die Commerzbank wollte sich dazu nicht äußern. Die zweitgrößte deutsche Bank arbeitet derzeit mit Hilfe der Unternehmensberatung McKinsey an einer neuen Strategie. Der seit Mai amtierende Vorstandschef Martin Zielke dürfte sie Ende des Monats vor- stellen. Dann trifft sich der Aufsichtsrat zu seiner jährlichen Strategiesitzung. In Unternehmenskreisen wird ein Sparprogramm erwartet. Vor allem die Mittelstandsbank und der Handel dürften von Stellenstreichungen betroffen sein. Allein im Geschäft mit dem Mittelstand könnte eine verstärkte Digitalisierung mehr als 1000 Stellen überflüssig machen. Die Kapitalmarktsparte soll sich dem Bericht zufolge künftig stärker auf das Geschäft mit Unternehmenskunden konzentrieren. Dagegen solle der Handel mit Wertpapieren schrumpfen, die damit verbundenen Risikopositionen drastisch verkleinert werden. Das Szenario gelte als „favorisierte Option“, entschieden sei noch nichts. Im Investmentbanking spielt die Commerzbank vor allem bei Eigenkapitalprodukten eine immer geringere Rolle. Dort hat sie sich bereits im Frühjahr aus Teilbereichen wie Impressum Geschäftsführer: Christoph Hermann, Karmo Redaktion: Anika Schwalbe, Nicolas Dvorak. Sales Director: Kurfürstendamm 206, D-10719 Berlin. HR B 105467 B. Telefon: com. Erscheinungsweise wöchentliches Summary: 52 Mal pro www.deutsche-mittelstands-nachrichten.de Foto: Flickr/Rafael Matsunaga/CC BY 2.0 der Wertpapierleihe zurückgezogen. In der Mittelstandsbank betreut die Commerzbank bisher auch Kunden mit Umsätzen von wenigen Millionen Euro. Der Konkurrent Deutsche Bank hat solche Kunden schon lange dem Privat- und Firmenkundensegment zugeordnet. Mit der Aufspaltung der Mittelstandsbank ließen sich unnötige Doppelarbeiten sparen, berichtete die Zeitung. „Man kann mit so einer neuen Struktur immens im Backoffice sparen“, zitierte sie einen Manager. Mit Mittelstandsbank-Chef Beumer würden Gespräche über eine Lösung geführt, hieß es in dem Bericht. Er arbeite zwar aktiv an der neuen Strategie mit, werde aber voraussichtlich den Vorstand verlassen. Beumer hatte neben Zielke als aussichtsreicher Kandidat für die Nachfolge des ehemaligen Vorstandschefs Martin Blessing gegolten. Kaas-Lutsberg. Herausgeber: Dr. Michael Maier (V.i.S.d. §§ 55 II RStV). Philipp Schmidt. Layout: Nora Lorz. Copyright: Blogform Social Media GmbH, +49 (0) 30 / 81016030, Fax +49 (0) 30 / 81016033. Email: info@blogform-group. Jahr. Bezug: [email protected]. Mediadaten: [email protected]. 7
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