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Studienergebnisse Risiko Check-up 2016:
Neuer Referenzzinssatz erhöht den Druck auf die Deckungsgrade
der Pensionskassen
Zürich, 13. September 2016 – Der Risiko Check-up 2016 der Complementa InvestmentControlling AG zeigt ein gemischtes Bild der Deckungsgrad-Entwicklung. Nachdem im Jahr
2015 der Deckungsgrad um 1.7% gefallen ist, können Pensionskassen bislang auf ein gutes
Anlagejahr zurückblicken. Eine Rendite von 2.7% in den ersten 8 Monaten lässt den
Deckungsgrad auf 105.2% ansteigen. Pensionskassen haben ihre Bewertungsparameter aber
erst teilweise an das Tiefzinsumfeld und die steigende Lebenserwartung angepasst. Dementsprechend trübt sich das das Bild ein, wenn die Deckungsgrade auf aktuellen, einheitlichen
Parametern berechnet werden. Im Schnitt würde der Deckungsgrad der 2. Säule dadurch um
4.8% fallen. Die Berechnungen basieren auf dem zu erwartenden, neuen Referenzzinssatz von
2.25%, den die Schweizerische Kammer der Pensionskassen-Experten am 30. September
publiziert.
Im aktuellen Tiefzinsumfeld steigt die Bedeutung des Risikomanagements. Während die
meisten Teilnehmer in diesem Umfeld von höheren Anforderungen an das Risikomanagement
ausgehen, verfügen 51% der Teilnehmer gemäss eigener Einschätzung noch über keinen
systematischen Risikomanagement-Prozess. Hier sieht Complementa Handlungsbedarf.
Die 22. Durchführung der Studie „Complementa Risiko Check-up“ umfasst eine Gesamtbilanzsumme
von 528 Mrd. CHF. Gegenüber dem Vorjahr steigt die Zahl der analysierten
Pensionskassen um 20% auf 381 an.
Deckungsgrad der 2. Säule fällt bei Verwendung einheitlicher, aktueller Parameter
Pensionskassen bewerten ihre Vorsorgeverpflichtungen mit individuellen Parametern, was Vergleiche
schwierig macht. Complementa berechnet deshalb für jede Pensionskassen den Deckungsgrad mit
einheitlichen und aktuellen Parametern. Diese Harmonisierung bringt grosse Unterschiede hervor: Bei
30% der Teilnehmer fällt der publizierte Deckungsgrad um mehr als 5%, bei 18% steigt er an.
Aggregiert sinkt der Deckungsgrad der 2. Säule um 4.8%. Der Deckungsgradverlust kann auf drei
Effekte zurückgeführt werden: Auf die Absenkung des technischen Zinssatzes entfallen 2.2%, die
Langlebigkeit kostet 1.0% und für Pensionierungsverluste (die durch einen zu hohen Umwandlungssatz resultieren) sind zusätzlich 1.5% zurückzustellen. (Anmerkung: Diese Effekte werden unten
detailliert beschrieben.)
Bei einer Bewertung mit aktuellen, einheitlichen Parametern liegt der Deckungsgrad der 2. Säule Ende
August bei 100.4%. Während aktuell nur 10% aller Kassen von einer Unterdeckung betroffen sind, ist
es nach der Harmonisierung jede vierte Kasse. Aktuell wird die Berechnungsformel für den Referenzzinssatz diskutiert. Es ist angedacht, dass diese in naher Zukunft adjustiert und der Referenzzinssatz
nochmals fallen wird. Eine weitere Absenkung um 0.25% dürfte ca. 1.5% Deckungsgrad kosten. Die
2. Säule würde hierdurch in die Unterdeckung fallen.
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Grosse Unterschiede zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Kassen
Abbildung 2 zeigt, dass es zwischen den Kassengruppen grosse Unterschiede gibt. Um mit einer einheitlichen Basis zu starten, werden zunächst die Effekte der Teilkapitalisierung eingerechnet. Während
privatrechtliche Kassen 4.0% Deckungsgrad verlieren, fällt der Deckungsgradverlust bei öffentlichrechtlichen Kassen mit 6.2% noch höher aus. Die öffentlich-rechtlichen Kassen geraten dadurch in die
Unterdeckung. Neben den Kosten der Ausfinanzierung drohen hier zusätzliche Kosten für Sanierungen. Besser sieht es bei Kassen mit hohem Rentneranteil aus: Ihr Deckungsgrad steigt bei der Harmonisierung gar leicht auf 115.8%.
Umwandlungssätze sind aktuarisch zu hoch
Die letzten Jahre haben gezeigt, dass Kassenverantwortliche die Leistungsparameter den ökonomischen und demographischen Realitäten anpassen. Dies gilt jedoch nicht für den gesetzlichen Mindestumwandlungssatz für das Obligatorium. Dieser liegt nach wie vor bei 6.8%. Gelingt es nicht, diesen gesetzlichen Umwandlungssatz zu senken, werden auch die realen Umwandlungsätze für obligatorische und überobligatorische Kapitalien nicht merklich unter 6 Prozent fallen können. Verglichen
mit dem aktuarisch korrekten Umwandlungssatz von rund 5.1 Prozent (gemäss unseren Modellannahmen) wird in etwa jeder fünfte Rentenfranken durch die aktive Generation querfinanziert, zu Lasten
ihres eigenen Rentenniveaus.
--Status Quo des Risikomanagements der Pensionskassen
119 Pensionskassen haben die Fragen zum Sonderthema beantwortet. Rund drei Viertel der Teilnehmer schätzen die Qualität ihres Risikomanagements als gut ein. Daneben diagnostizieren 15% der
Teilnehmer bei hoher Risikobereitschaft Verbesserungspotenzial. Erfreulich ist, dass Pensionskassen
jene Risiken, deren Bedeutung sie als hoch einstufen – namentlich Aktien- und Zinsrisiko – weitgehend aktiv bewirtschaften. Entwicklungsbedarf orten die Teilnehmer hauptsächlich in der Bewirtschaftung des Finanzierungsrisikos, des Zinsrisikos, der versicherungstechnischen Risiken sowie des Aktienrisikos, wobei der Entwicklungsbedarf grundsätzlich eher tief eingeschätzt wird. Verzichten die Pensionskassen auf Risikomanagement-Massnahmen (19% der Teilnehmer), liegt die Ursache hauptsächlich
in deren wahrgenommenen mangelnden Wirksamkeit.
Risikomanagement und Regulierung
Die Pensionskassen stehen im Hinblick auf eine optimierte Risikobewirtschaftung sowohl der Wirksamkeit als auch der Effizienz der Regulierung mehrheitlich kritisch gegenüber.
Tiefzinsumfeld
Die Diversifikation der Anlagen reicht nach Einschätzung von 75% der Teilnehmer als Risikomanagement-Massnahme nicht aus. Zudem besteht der Druck, dass die Pensionskassen als Folge dieses
Marktumfelds in risikoreichere Anlagen investierten. Sie haben Liquidität und Obligationen (wegen
des Zinsrisikos) zu Gunsten der Aktien, Immobilien (aus Renditegründen) und der Alternativen Anlagen (aus Diversifikationsgründen) reduziert. Für die nächsten 12 Monate gehen 95% der Teilnehmer
von stagnierenden Zinsen aus. Diese Erwartung scheint in den vorgenommenen Allokationsanpassungen grösstenteils reflektiert zu sein. Somit sind als Folge des Tiefzinsumfelds keine gewichtigen Umschichtungen der Anlagen mehr zu erwarten. Dem Tiefzinsumfeld ist nicht nur anlagepolitisch zu be-
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gegnen. 77% der Teilnehmer vertreten vielmehr die Meinung, dass primär Handlungsbedarf in der
Leistungs- und in der Beitragspolitik besteht.
Künftige Bedeutung des Risikomanagements
Die Bedeutung des Risikomanagements wird nach Einschätzung der Umfrageteilnehmer zunehmen.
Grund dafür sind primär die erhöhte Volatilität der Aktien sowie der Anlagenotstand. 35% der Teilnehmer beabsichtigen deshalb, ihr Risikomanagement auszubauen.
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Grafik 1: Aufteilung Deckungsgradverlust
(Basis; Deckungsgrad per 31.12.2015)
1.
Die Harmonisierung auf einen einheitlichen technischen Zinssatz von 2.25%:
Pensionskassen rechnen Ende 2015 mit einem durchschnittlichen technischen Zinssatz
von 2.74%. Auch wenn einzelne Kassen mit unterschiedlichen Werten rechnen, trifft der
Schnitt den aktuellen Referenzzinssatz von 2.75% fast exakt. Es ist davon auszugehen,
dass ein grösserer Teil der Pensionskassen, der Empfehlung der Kammer folgt und
auch in diesem Jahr der technische Zinssatz nach unten korrigiert wird. 2015 wurde er
bereits um 0.3% gesenkt.
Unter Einbezug der bereits zurückgestellten technischen Reserven kostet eine Absenkung auf einen einheitlichen technischen Zinssatz von 2.25% die Pensionskassen 2.2%
Deckungsgrad.
2.
Die Harmonisierung auf aktuelle technische Grundlagen:
Etwas geringer ist der Effekt, wenn alle Pensionskassen mit aktuellen Werten zur Sterblichkeit rechnen würden (diese beinhalten nicht nur den bereits messbar angestiegenen Teil der Lebenserwartung, sondern auch einen zukünftig zu erwartenden Anstieg).
1.0% würde der Deckungsgrad dann tiefer ausfallen.
3.
Der Einbezug von Pensionierungsverlusten:
Durch die aktuell zu hohen Umwandlungssätze entstehen Pensionierungsverluste, für
die Pensionskassen Rückstellung bilden müssen. Diese müssen ebenfalls erhöht werden, wenn man mit aktuellen Werten rechnet. Das führt nochmals um eine Reduktion
von 1.5% Deckungsgrad.
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Grafik 2: DG-Verlust verschiedener Gruppen
(Basis; Deckungsgrad per 31.12.2015)
Alle Kassen
Leistungsprimat
Kassen mit Rentnerkapitalien > 75%
Kassen in Unterdeckung
Privatrechtlich
Öffentlichrechtlich (vollkapitalisiert)
Öffentlichrechtlich (teilkapitalisiert)
Deckungsgrad BVV2
nicht
teilkapitalisitert teilkapitalisiert
104.1%
106.0%
96.5%
106.8%
113.9%
113.9%
92.0%
98.3%
108.8%
108.8%
101.2%
101.2%
83.4%
99.7%
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Harmonisierter
Deckungsgrad
101.3%
96.5%
115.8%
93.6%
104.6%
96.0%
94.3%
Grafik 3: Technischer Zinssatz, Entwicklung mit 10-jähriger Eidgenosse
Über die Studie: Complementa Risiko Check-up-Studie seit 1995
Die Risiko Check-up-Studie wird dieses Jahr zum 22. Mal durchgeführt. Die Studie hat das Ziel, den
Gesamtmarkt der 2. Säule repräsentativ abzubilden und der Branche ein umfassendes Nachschlagewerk zur Verfügung zu stellen. Schweizerische und liechtensteinische Pensionskassen erhalten die
Möglichkeit, kostenfrei und vertraulich am Complementa Risiko Check-up teilzunehmen. Die Teilnehmenden profitieren von einer kassenindividuellen Auswertung sowie einer exklusiven Einladung
zum Publikationsanlass der Gesamtstudie in der zweiten Jahreshälfte.
Kontakt Complementa Investment-Controlling AG
Jürgen Rothmund, Studienleiter, [email protected]
Riccardo Cutruneo, Marketing Services, [email protected]
Complementa Investment-Controlling AG
Die Complementa Investment-Controlling AG ist ein Schweizer Unternehmen, das grosse institutionelle und private Investoren in der Aufgabe der finanziellen Führung seit über 30 Jahren fachkundig unterstützt, indem sie als unabhängiger
Partner auf Risiken in Anlagen aufmerksam macht und dabei ausschliesslich die Interessen der Investoren vertritt. Das
1984 in St. Gallen gegründete Unternehmen mit Niederlassungen in Zürich und Frankfurt beschäftigt derzeit 130 Mitarbeiter und offeriert Dienstleistungen in den Gebieten Performance-Reporting und -Messung, Investment-Controlling und
-Consulting sowie Wertschriften- und Finanzbuchhaltung.
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