Für umme EDGARD GARRIDO/REUTERS Kostenfreier Nahverkehr ist möglich. Das zeigen Erfahrungsberichte aus dem In- und Ausland. Doch die Diskussion über dieses Instrument der Umverteilung, das Mobilität für Arme sichert, ist hierzulande eingeschlafen. Von Claudia Wrobel SEITEN 12/13 GEGRÜNDET 1947 · FREITAG, 9. SEPTEMBER 2016 · NR. 211 · 1,50 EURO (DE), 1,70 EURO (AT), 2,20 CHF (CH) · PVST A11002 · ENTGELT BEZAHLT WWW.JUNGEWELT.DE Armutskonferenz Rechtsterroristen Banditenhauptstadt Kohlemacher 2 4 6 9 Die sächsische Linksfraktion befasst sich in Leipzig mit der Lebenssituation von Kindern. Interview Medienberichte: Schweiz prüft Aus lieferung des deutschen Ex-VMannes Ralf Marschner Ukraine: In Odessa toben bewaffnete Verteilungskämpfe um Immobi lien. Von Reinhard Lauterbach Greenpeace veröffentlicht »Schwarzbuch« zum Käufer der Vattenfall-Braunkohletagebaue Hochrüsten statt helfen Syrische Armee sichert Belagerung SANA SANA/REUTERS Die Bundesregierung will den Wehretat 2017 um mehr als zwei Milliarden Euro erhöhen. Gekürzt werden soll bei humanitärer Hilfe und Krisenprävention. Von Franziska Lindner FABRIZIO BENSCH/REUTERS Aleppo. Die Aufständischen in der umkämpften nordsyrischen Stadt Aleppo geraten immer stärker unter Druck. Syriens Armee und ihre Verbündeten nahmen im Süden Aleppos komplett das Gebiet ein, durch das bis vor kurzem der letzte Versorgungskorridor der islamistischen Milizen führte, wie die in Großbritannien ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Donnerstag mitteilte. Auch die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana sowie die Rebellen berichteten über den Vormarsch der Armee. Unterstützt wurde die syrische Armee von der russischen Luftwaffe und anderen Kräften. Die irakische Schiitenmiliz Nudschaba hatte am Mittwoch erklärt, sie haben mehr als 1.000 Kämpfer nach Aleppo entsandt. (dpa/jW) Das 371. Infanteriebataillon der Bundeswehr beim Fotoshooting in Marienberg, 10. März 2015. Das Bataillon ist Bestandteil der NATO-Response-Force erte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) gemeinsam mit der Koalition aus Union und SPD die größte Erhöhung des Wehretats seit 25 Jahren als »gute Nachricht für die Bundeswehr«. Zielgerichtet plant die Bundesregierung, die Ausgaben für Verteidigung bis 2020 um 10,2 Milliarden Euro zu steigern. So nähert sie sich der NATO-Vorgabe kontinuierlich an, die Militärausgaben in Höhe von zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes verlangt. Schließlich sei der deutsche Beitrag laut Vorwort des Haushaltsentwurfs bei der NATO fest eingeplant, die BRD sei dem Militärbündnis gegenüber politisch verbindliche Verpflichtungen eingegangen. Dem Verteidigungsministerium zufolge ergibt sich die Etaterhöhung aus Deutschlands aktiver Rolle bei der Wahrung der internationalen Sicherheit. Als größte Gefahr wird neben unkontrollierter Migration, unsicheren Handelswegen sowie »rus- sischer Aggression« der weltweite islamistische Terrorismus ausgemacht. An 14 internationalen Militäreinsätzen ist die Bundeswehr beteiligt, offiziell zur Stabilisierung der staatlichen Ordnung und Friedenskonsolidierung. Inge Höger, Bundestagsabgeordnete der Linken und Obfrau im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, erklärte dazu am Donnerstag gegenüber jW: »Das Argument des Menschenrechtsschutzes wird stets missbraucht zur Begründung neuer und alter Kriegseinsätze, die tatsächlich der Kontrolle von Handelswegen, der Rohstoffversorgung und Flüchtlingsabwehr dienen. Sichtbares Ergebnis ist die Flucht und Vertreibung von Millionen Menschen aus zerstörten und abhängigen Staaten. Dass jetzt der mit dem Kriegsetat verglichen sowieso minimale Posten für humanitäre Hilfe im neuen Haushalt um 3,5 Millionen Euro gekürzt werden soll, verdeutlicht das einmal mehr.« Zusätzlich zur Kürzung der Mittel für humanitäre Hilfsmaßnahmen ist – trotz weltweit steigender Konflikte und Flüchtlingszahlen – eine Senkung der Mittel für Krisenprävention, Friedenserhaltung und Konfliktbewältigung um 8,5 Millionen auf insgesamt 240 Millionen Euro vorgesehen. Erhöhungen finden sich im Rahmen der EZ bei der Sonderinitiative »Fluchtursachen bekämpfen, Flüchtlinge reintegrieren«. Sichtbar wird eine fortschreitende Vermischung ziviler und militärischer außenpolitischer Maßnahmen. Die Mittel der EZ werden zunehmend auch zur Flüchtlingsabwehr oder Polizeiausbildung indirekt zweckentfremdet und für eine stark militärisch ausgerichtete Außenpolitik eingesetzt. Diese Militarisierung zivilen Engagements verdeutlicht die steigende Aggressivität der deutschen Außenpolitik. Siehe Seite 3 Ausbau des Überwachungsstaats BND und Verfassungsschutz wollen aufrüsten. Linksfraktion fordert Aufklärung D ie Linksfraktion hat eine umfassende Aufklärung über die Pläne zur Aufrüstung von Bundesnachrichtendienst (BND) und Verfassungsschutz verlangt. Unter anderem wollen der Auslands- und der Inlandsgeheimdienst das Dechiffrieren verschlüsselter Kommunikation ausbauen. »Wir brauchen endlich eine breite gesellschaftliche Debatte über das Ausmaß von Überwachung und den Erhalt unserer Freiheit«, verlangte Linksfraktionsvize Jan Korte am Donnerstag in Berlin. »Die große Koalition marschiert ganz offensichtlich unbeirrt weiter in Richtung Überwachungsstaat.« Die Regierung müsse die Geheimniskrämerei beenden und das Parlament umfassend über die Aufrüstung informieren. Laut dem Entwurf für den Haushaltsplan 2017 rechnet das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) mit einem Budget von gut 307 Millionen Euro – das sind etwa 18 Prozent mehr als im laufenden Jahr. Für den BND sind knapp 808 Millionen Euro veranschlagt – das ist eine Steigerung von rund zwölf Prozent. Über die Bewilligung müssen die für die Geheimdienste zuständigen Experten des Vertrauensgremiums im Bundestag entscheiden. Der aus NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung bestehende Rechercheverbund berichtete erstmals über Details der Maßnahmen. So plant der BND, rund 73 Millionen Euro in langfristige Projekte zur Kommunikationsüberwachung zu investieren. Allein 21,25 Millionen Euro sollen demnach 2017 in das Projekt »Panos« fließen. Der BND will damit auf die verbreitete Nutzung von Messenger-Diensten wie zum Beispiel Whatsapp reagieren. Der BND begründet seine Forderun- gen nach zusätzlichen Geldern in Millionenhöhe nach dpa-Informationen mit einer Reihe neuer »sicherheitspolitischer Herausforderungen«. Der Geheimdienst argumentiert demnach: »Die anhaltende terroristische Bedrohung, gerade auch mit ihrer aktuellen Sogwirkung auf deutsche Islamisten, zeigt, dass die Sicherheit Deutschlands und die seiner Bürger keine Selbstverständlichkeit mehr ist«. Über den Verfassungsschutz schreibt der Rechercheverbund, das Bundesamt habe für das laufende Jahr 470 neue Planstellen genehmigt bekommen. (dpa/jW) Steinmeier und Ayrault reisen nach Kiew MARTIN SCHUTT/DPA-BILDFUNK A m vergangenen Mittwoch standen im Bundestag nacheinander die ersten Lesungen der Haushaltspläne 2017 für Auswärtiges, Verteidigung und Entwicklungszusammenarbeit (EZ) an. Während dem Auswärtigen Amt Kürzungen von knapp 206 Millionen Euro ins Haus stehen, soll der Verteidigungsetat im nächsten Jahr um 2,3 Milliarden Euro auf insgesamt 36,61 Milliarden erhöht werden. Diese Erhöhung entspricht der Hälfte dessen, was dem Bundesaußenministerium insgesamt für zivile Außenpolitik zur Verfügung steht. Der Etat für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung wird de facto um 270 Millionen Euro aufgestockt. Über die Sonderinitiative »Fluchtursachen bekämpfen« wird Entwicklungszusammenarbeit, wie es im Koalitionsvertrag heißt, zum Bestandteil einer »effektiven Außenund Sicherheitspolitik«. »Allen Unkenrufen zum Trotz« fei- Berlin. Deutschland und Frankreich wollen mit einer gemeinsamen Reise ihrer Außenminister in die Ukraine die völlig festgefahrenen Friedensbemühungen für den Osten der ehemaligen Sowjetrepublik wieder in Gang bringen. Die Minister Frank-Walter Steinmeier und Jean-Marc Ayrault (Foto, v. l.) werden dazu am kommenden Mittwoch zu Gesprächen nach Kiew reisen. Dies kündigte Steinmeier am Donnerstag nach einem Treffen mit seinem ukrainischen Kollegen Pawel Klimkin in Berlin an. Steinmeier ließ offen, ob es in absehbarer Zeit auch wieder ein hochrangiges Treffen im sogenannten Normandie-Format geben wird. Dazu gehört neben Deutschland, Frankreich und der Ukraine auch Russland. (dpa/jW) wird herausgegeben von 1.867 Genossinnen und Genossen (Stand 12.8.2016) n www.jungewelt.de/lpg
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