Kriegsgeheul ULLI MICHEL / REUTERS Verantwortung für die ganze Welt zu übernehmen – das ist seit dem Anschluss der DDR die Idee der Bundeswehr. Von den Verteidigungspolitischen Richtlinien aus dem Jahr 1992 bis zum Weißbuch 2016. Von Otto Köhler SEITEN 12/13 GEGRÜNDET 1947 · FREITAG, 29. JULI 2016 · NR. 175 · 1,50 EURO (DE), 1,70 EURO (AT), 2,20 CHF (CH) · PVST A11002 · ENTGELT BEZAHLT WWW.JUNGEWELT.DE Freibrief Kampfkommando Feldzug Ausverkauf 3 4 5 9 Der Fall Michael Csaszkóczy: Gericht erlaubt Beobachtung durch Geheimdienst. Ein Interview Sachsen-Anhalt bewirbt sich als Standort für »Antiterrorübungen« von Armee und Polizei Durch die Türkei geht eine zweite Welle Der Internationale Währungsfonds der Schließung von Medienredakdrängt Pakistan zur Privatisietionen. Von Kevin Hoffmann rung von Staatsbetrieben Aleppo: Armee siegt China und Russland kündigen Manöver an Beijing. China und Russland haben eine gemeinsame Militärübung im Südchinesischen Meer angekündigt. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Beijing sagte am Donnerstag, das Marinemanöver werde im September stattfinden und in einem See- und Luftbereich des Südchinesischen Meeres abgehalten. Es handele sich um eine »Routineübung«. Das Manöver solle die Beziehungen der beiden Armeen stärken und sie besser auf mögliche Bedrohungen vorbereiten, so der Sprecher des chinesischen Außenministeriums Yang Yujun gegenüber Reportern am Donnerstag. Eine dritte Partei sei nicht beteiligt, hieß es aus Beijing. Beide Länder haben in den vergangenen Jahren ihre militärische Kooperation verstärkt. (AFP/dpa/jW) Russland und Syrien richten nach Einschließung des Westteils der Millionenstadt Fluchtkorridore ein. Präsident Assad bietet Rebellen erneut Amnestie an. Von Gerrit Hoekman D In der Umgebung von Aleppo am 23. Juli: Syrische Soldaten während der Kämpfe um die Stadt davon profitiert. Am Donnerstag erneuerte der Präsident per Dekret die Amnestie für 2016. Ob die Islamisten die Offerte annehmen, ist unsicher. Zumindest einigten sich laut Al-Masdar die syrische Armee und die in der Koalition »Fatah Halab« (»Eroberung Aleppos«) zusammengeschlossenen Dschihadisten darauf, Zivilisten das Verlassen des umkämpften Gebiets durch drei Korridore zu erlauben. Im Moment halten sich dort angeblich noch bis zu 250.000 Menschen auf. Viele Beobachter halten diese Schätzung für deutlich zu hoch. Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu gab am Donners- tag in Moskau bekannt, dass außerhalb des Belagerungsringes Versorgungsstationen für die Flüchtlinge eingerichtet werden, an denen auch medizinische Hilfe geleistet werde. Ein vierter Korridor sei für den Abzug der Rebellen vorgesehen, nachdem sie ihre Waffen abgegeben hätten. Der Gouverneur der Provinz Aleppo, Marwan Olabi, bestätigte die Meldung bei SANA. Sollte die syrische Armee den Rebellen die Handelsmetropole komplett entreißen, wäre das ein enormer militärischer Erfolg. Er könnte den Krieg in Syrien zugunsten der Regierungstruppen entscheiden. Die größte Stadt des Landes galt bis 2011 als Hochburg des Präsidenten Assad und blieb gut ein Jahr lang vom Kriegsgeschehen verschont. Das änderte sich, als die Freischärler im Sommer 2012 Aleppo angriffen und sich im Westteil einnisteten. Seitdem stehen sich Regierung und Rebellen in einem mörderischen Abnutzungskrieg gegenüber, Der syrische Großmufti Ahmed Badr Al-Din Hassun, eine wichtige religiöse Instanz, rief die Rebellen am Mittwoch auf, von der Amnestie Gebrauch zu machen. Allerdings ist sein Einfluss auf die erzkonservativen Dschihadisten begrenzt. Am Donnerstag schickten die noch eine Botschaft der Gewalt: Eine Rebellenrakete schlug in ein Elektrizitätswerk ein und sorgte für Stromausfall in ganz Aleppo. »Colonia Dignidad«: BND seit 1966 im Bilde Geheimdienst erfuhr früh von »KZ-ähnlichen« Methoden. Linke fordert Entschuldigung D er Bundesnachrichtendienst (BND) soll bereits seit 1966 von »KZ-ähnlichen« Methoden in der von Deutschen gegründeten Sektensiedlung »Colonia Dignidad« in Chile gewusst haben. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Linksfraktion vom Mittwoch hervor. Allerdings will der BND dies nur aus lokalen Presseberichten erfahren haben. In der Antwort des Staatssekretärs im Auswärtigen Amt, Stephan Steinlein, wird eingeräumt, dass die Regierung bis 1987 Menschenrechtsverletzungen ignoriert und sich schützend vor die »Colonia Dignidad« gestellt habe. In dem hermetisch abgeriegelten Lager wurde Kindern ab 1961 systematisch sexuelle Gewalt angetan. Zudem folterte Chiles Geheimdienst dort während der Pinochet-Diktatur Oppositionelle. Die später in »Villa Baviera« umbenannte Siedlung wirbt heute mit bayerischer Folklore um Touristen. Für einen Eklat sorgte jüngst die Anwesenheit des als Mittäter zu einer Bewährungsstrafe verurteilten Reinhard Zeitner beim Empfang der Deutschen Botschaft für Bundespräsident Joa chim Gauck in Chile (jW berichtete). Aus Sicht des Linke-Fraktionsvizes Jan Korte ist das ein klarer Beleg für den immer noch nicht erfolgten »konsequenten Bruch mit der ›Colonia Dignidad‹ und ihrer Nachfolgeorganisation ›Villa Baviera‹«. Die Umstände der Einladung müssten aufgeklärt werden »und Konsequenzen haben«. Auch ein weiteres früheres Sektenmitglied war dort präsent. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatte im April die Akten des Auswärtigen Amtes zu der Sektensiedlung vorzeitig für die Öffentlichkeit freigegeben, aber die Rolle des BND ist weiterhin unklar. Korte kritisierte eine bisher unzureichende Berücksichtigung der chilenischen Folteropfer. »Wer seit spätestens 1966 von den Verbrechen weiß und sich bis 1987 (…) schützend vor die Täter gestellt hat, hat allen Grund, sich zu schämen und zu entschuldigen.« Mit Blick auf die Historiker kommission (UHK) zur Geschichte des Geheimdienstes von 1945 bis 1968 plant die Bundesregierung nicht, den Zeitraum der Untersuchung zu erweitern, um auch das Kapitel »Colonia Dignidad« erforschen zu lassen. (dpa/jW) JULIAN STRATENSCHULTE DPA Mehr als 2,6 Millionen ohne Erwerb EPA/ST ie syrische Armee (SAA) hat mit russischer Luftunterstützung im Norden des Landes einen wichtigen strategischen Erfolg errungen: Nach Angaben des Oberkommandos ist der von islamistischen Rebellen beherrschte Westteil der Millionenstadt Aleppo seit Mittwoch von der Außenwelt abgeschlossen, alle Nachschublinien sind unterbrochen. Das meldete am Donnerstag die staatliche syrische Nachrichtenagentur SANA. Die SAA profitierte von einem gleichzeitigen Angriff der kurdischen Volksverteidigungseinheiten YPG auf Stellungen der Islamisten an anderer Stelle. Die Kurden sind innerhalb des Westteils von Aleppo ihrerseits von Rebellen eingeschlossen. Das nächste Ziel der syrischen Armee dürfte deshalb sein, die YPG aus der Umklammerung zu befreien. Voraussetzung für die vollständige Einkreisung der Dschihadisten war die Eroberung des schwer umkämpften Bani-Said-Viertels, das sich seit 2012 in deren Hand befand. »Der Verlust ist eine der größten Niederlagen der Dschihadisten in diesem Jahr«, urteilte die Nachrichtenseite Al-Masdar. Die Armeeführung hat die im Westen der Stadt eingekreisten Rebellen aufgefordert, die Zivilbevölkerung zu schützen und die Waffen niederzulegen. Sie verspricht den Dschihadisten dafür den freien Abzug durch einen Korridor. In einem Interview mit dem griechischen Sender ITV schlug Syriens Präsident Baschar Al-Assad am Mittwoch erneut eine Amnestie vor. »Wir haben diese Möglichkeit seit den ersten Terrorakten in Syrien als Option für die Terroristen angeboten«, erklärte er. Zahlreiche Rebellen hätten bereits Nürnberg. Zum Anfang der jährlichen Sommerpause ist die offiziell ausgegebene Zahl der Erwerbslosen in Deutschland auf 2,661 Millionen gestiegen. Im Juli waren demnach 47.000 Menschen mehr ohne Job als im Monat zuvor. Das teilte die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Donnerstag in Nürnberg mit. Die Arbeitslosenquote stieg um 0,1 Punkte auf sechs Prozent. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sei die Zahl der Erwerbslosen aber um 112.000 zurückgegangen. Nach Aussage des BA-Chefs Frank-Jürgen Weise würden zahlreiche Betriebe mit Neueinstellungen bis nach den Ferien warten, weshalb die Erwerbslosigkeit gestiegen sei. Ebenfalls am Donnerstag äußerte sich auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) zum Thema. Er forderte private und öffentliche Unternehmen auf, Geflüchtete in den Arbeitsmarkt zu integrieren. »Wer über Fachkräftemangel klagt, muss auch ausbilden«, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. Das gelte für Einheimische und Zugewanderte gleichermaßen. (dpa/jW) wird herausgegeben von 1.862 Genossinnen und Genossen (Stand 4.7.2016) n www.jungewelt.de/lpg
© Copyright 2024 ExpyDoc