CATELL A | MARKET TR ACKER SEPTEMBER 2016 market tracker september 2016 Parken in Europa – ein Markt mit Raum für Investoren Parkhäuser waren bisher kaum auf dem Radar von Investoren. Die anhaltende Renditekompression traditioneller Immobilieninvestments ändert dies. Catella nimmt eine Markteingrenzung vor und analysiert die a ktuellen Marktstrukturen. Definition und Quantifizierung Wer sich mit den Marktbegrifflichkeiten für sog. Parkierungsanlagen beschäftigt, wird schnell auf die beiden Begriffe „on-street“ und „off-street“ stoßen. Unter „on-street-parking“ versteht man Parkraum, der direkt an öffentlichen Straßen liegt. In Abgrenzung dazu bezeichnet „off-street-parking“ Parkraum jenseits öffentlicher Straßen. Parkhäuser sind somit dem Bereich „off-street“ zuzuordnen. ABB. 1: BIP-WACHSTUM, PKW-ABSATZ UND OFF-STREET-PARKING in % BIP-Wachstum (%; 2015) Entwicklung des PKW-Absatzes (%; 2015–2016) Off-Street-Parking/Ausstattungsgrad (Parkplätze pro 100 Einwohner; 2013) TAB. 1: DEFINITIONEN UND ABGRENZUNGEN 2,25 23,07 Eine Parkierungsanlage (PA) ist die – unabhängig von der baulichen Ausführung – geschlossene Organisationseinheit Parkraum zur öffentlichen Nutzung 7,81 Bauliche Abgrenzung: Parkplatz (PP), Parkhaus (PH), Tiefgarage (TG) 4,29 3,18 1,93 6,50 7,34 5,98 1,37 Quelle: Catella Research 2016 Belgien Die Datengrundlage zu Parkräumen ist bislang schwach. So lässt sich auch die Größe der Parkhausmärkte in Europa nur teilweise quantifizieren. Wir schätzen, dass in Westeuropa (EU-28) rund 300 Millionen öffentliche Parkplätze existieren. Davon befinden sich über 80 % auf öffentlichem Raum („on-street“). Eine Parkgebühr muss man auf etwa 11 Millionen (3,6 %) Abstellplätzen entrichten. Die schwache Datenbasis ist ein Hinweis auf die weitgehend atomistische Anbieterstruktur. Die Grundgesamtheit des Parkhausmarkts in Europa definieren wir mit rund 48.000 Objekten. Davon sind ca. 40 % in der Hand von Kommunen und Handelsunternehmen (Shopping Centern), 30 % sind dem Eventbereich (Theater/Kino) zuzuordnen und rund 10 % lassen sich an den jeweiligen Flughäfen lokalisieren. Etwa 20 % sind einer diffusen Nutzerstruktur zuzuordnen. In Bezug auf den Ertrag der Parkhäuser (europäischer Gesamtumsatz im Jahr 2015 von 8,58 Mrd. Euro) hat Deutschland mit rund 25 % am Gesamtumsatz den größten Marktanteil – gefolgt von Frankreich (17 %), Großbritannien (16 %), Italien (15 %) und Spanien (8 %). Catella ist ein europaweit führender Financial Advisor und Asset Manager für die Bereiche Property, Fixed-Income und Equity. Wir nehmen eine führende Position im Immobiliensektor ein, mit einer starken lokalen Präsenz in Europa mit rund 500 Mit arbeitern in 12 Ländern. 8,35 2,57 1,14 17,85 1,47 11,67 9,82 Frankreich 12,38 5,26 1,07 Estland Schweden Deutschland 10,26 4,52 4,02 18,54 3,64 4,43 Polen Luxemburg 2,93 0,86 Finnland 4,09 7,10 6,03 1,45 -3,63 Niederlande Integrierte PA: Parken als Nebennutzung, z. B. Parkhaus eines Einkaufszentrums 0,43 Norwegen Dänemark 5,85 14,63 8,25 7,64 11,39 5,23 1,16 Großbritannien Irland Solitäre PA: Parken als Hauptnutzung, z. B. Tiefgarage unter einem Marktplatz 1,57 4,51 24,14 6,27 4,30 0,88 -2,32 Schweiz Österreich 2,94 5,35 Ungarn 5,63 Portugal 19,15 12,25 3,23 3,37 0,76 Spanien 2,32 Italien 9,90 8,67 -0,23 Quelle: International Monetary Fund (IMF); Oxford Economics; European Parking Association (EPA); European Automobile Manufacturers Association Konstruktion: Catella Research 2016 Griechenland Für ein Investment in Parkhäuser können vor allem die etablierten Volkswirtschaften wie Deutschland, Frankreich, Italien Belgien, die Niederlande und die nordischen Länder von Interesse sein. Aber auch die süd- und osteuropäischen Länder stellen potenziell attraktive Märkte dar: So erholt sich aktuell in Spanien die Konjunktur und verzeichnet bei PKW-Neuanmeldungen ein Wachstum um knapp 13 %, was deutlich über dem Ihre Ansprechpartner: Dr. Thomas Beyerle [email protected] +49 (0)69 31 01 930-220 Maximilian Radert [email protected] +49 (0) 89 189 1665-80 1 / 2 CATELL A | MARKET TR ACKER SEPTEMBER 2016 Wachstum in Deutschland liegt (+7,1 %). I talien notiert trotz konjunktureller Schwierigkeiten ein Anmeldeplus von 19,5 %. Und auch in Polen klettern die Anmeldezahlen dank der positiven Wirtschaftslage deutlich (+18,5 %). Setzt man die Off-Street-Parkplätze in das Verhältnis zur Einwohnerzahl, fällt auf, dass insbesondere die nordischen Länder einen hohen Ausstattungsgrad aufweisen. Schweden und Finnland liegen mit einem Ausstattungsgrad von 9,82 % und 8,25 % deutlich über dem europäischen Durchschnitt von 5,4 %. In Deutschland liegt der Wert bei 6 % und in Italien nur bei 2,3 %. Diese unterschiedlichen Zahlen spiegeln die verschiedenen Parkraumpolitiken der Länder wider. Weitere Preisentwicklung absehbar In allen europäischen Ländern erwarten wir ein deutliches Wachstum der Preise bzw. der Gebühren. Die Zahlungsbereitschaft der Parkraumnutzer nimmt deutlich zu – bei gleichzei tiger Abnahme der durchschnittlichen Nutzungsdauer. In der Vergangenheit wuchsen die Gebühren deutlich oberhalb des Inflationsniveaus: Beispielweise haben sich in Deutsch land die Entgelte für Kurzparken in den vergangenen fünf Jahren durchschnittlich um 2,9 % erhöht, in Großbritannien um 3,6 % und in Norwegen um 4,6 %. Bei Betrachtung der nachfragerelevanten Parameter schätzen wir auch die künftige Entwicklung positiv ein. Als besonders attraktive Anlageobjekte betrachten wir vor allem Parkhäuser, die von verschiedenen Mietergruppen in Anspruch genommen werden. Ein hybrides Parkhaus, das also von verschiedenen Unternehmen und privaten Konsumenten genutzt wird, ist strukturell besser aufgestellt als ein Parkhaus, das nur in monofunktionalem Gebrauch ist. Renditeorientierte Betreiber können somit eine Single-Tenant- in eine MultiTenant-Immobilie „transformieren“. Kommunen zur Reduzierung der CO2-Emission in der Stadt. In diesem Kontext spielt die Ausbreitung des Segments Elektrofahrzeuge eine essenzielle Rolle. Parkhäuser bieten als „Tankstellen der Zukunft“ das infrastrukturelle Fundament für diese Ent wicklung. ABB. 2: MARKTANTEIL HOCHAUTOMATISIERTER FAHRZEUGE in % 12,0 12 10,0 10 8,0 8 6,0 6 4,0 4 2,0 2 0,0 0 ’18 ’19 ’20 ’21 ’22 ’23 ’24 ’25 ’26 ’27 ’28 ’29 ’30 Quelle: Center of Automotive Management (CAM); Konstruktion: Catella Research 2016 ABB. 3: WELTWEITER VERKAUF ELEKTRISCHER AUTOS in % 35,0 35 30,0 30 25,0 25 20,0 20 15,0 15 10,0 10 5,0 5 0,0 0 ’15... ’18 ’19 ’20 Konservative Annahme ’21 ’22 ’23 ’24 ’25 ’26 ’27 ’28 ’29 ’30 Optimistische Annahme Quelle: Center of Automotive Management (CAM); Konstruktion: Catella Research 2016 Innovationen fördern den Markt für Parkhäuser In Zukunft wird es möglich sein den Parkvorgang zu automatisieren. Dies führt auf der einen Seite zu einer maximalen Effi zienzsteigerung in der Flächenauslastung. Wir erwarten hier im Idealfall eine Erhöhung der Flächenkapazität von rund 25 %. Mit anderen Worten: mehr Automobile lassen sich unterbringen durch den Wegfall der eigentlichen Verkehrsflächen. Auf der anderen Seite steht dieser Entwicklung die Vernetzungsund Schnittstellenproblematik zwischen Automobil, Verkehrsströmen und Parkhaus – noch – gegenüber. Auswirkungen auf die PKW-Nutzung hat auch das Car- Sharing. In Deutschland konnten Marken wie Car2go und Drive Now zuletzt stark wachsen. Auch für den europäischen Markt wird ein starkes Wachstum erwartet: Gab es Ende 2011 in Europa noch 700.000 Car-Sharing-Kunden, werden es 2016 bereits 2,3 Millionen Nutzer sein, und bis 2020 kann die Zahl auf 15 Millionen Nutzer klettern. Parkhäuser können auch einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten und sind durchaus eine strategische Komponente der Fazit Institutionelle Investoren können – dies lässt sich mit Blick auf die ersten Marktstrukturen plausibel herleiten – über ein Investment in Parkhäuser ihr Portfolio grundsätzlich diversifizieren und so eine signifikante Rendite erzielen. Die Trends zu Car-Sharing, Elektrofahrzeugen und hoch automatisiertem Fahren sind kein Nachteil für die Investition in Parkhäuser. Im Gegenteil: Sie verstärken die Nachfrage nach bezahltem Parkraum. Der in der Regel hohe Nachfrageüberhang stärkt die Marktmacht der Betreiber und macht tenden ziell höhere Preise durchsetzbar. Das Betreiberrisiko des Parkhausinvestors ist aufgrund des einfachen Geschäftsmodells als begrenzt einzustufen. Selbst im Insolvenzfall des Betreibers kommt der Zahlungsstrom nicht zwingend zum Erliegen. Hinsichtlich der Markttransparenz und der Datenverfügbarkeit für tiefgreifende Analysen besteht Nachholbedarf. Es ist zu erwarten, dass diese Informationslücke mit der Institutionalisierung des Marktes schrittweise geschlossen werden kann. 2 / 2
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