Herausgeber: Erscheinungsdatum: 25.08.2016 Erscheinungsweise: vierzehntäglich Bezugspreis: 10,- € monatlich zzgl. MwSt. Norbert Eisenschmid, RA 17/2016 Inhaltsübersicht: Anm. 1 Fristlose und ordentliche Kündigung wegen verspäteter Mietzahlungen des Jobcenters Anmerkung zu BGH, Urteil vom 29.06.2016, VIII ZR 173/15 von Dr. Dietrich Beyer, RiBGH a.D. Anm. 2 Pflichten des Vermieters bei Erstellung und Übersendung der Betriebskostenabrechnung Anmerkung zu AG Hamburg-Blankenese, Urteil vom 09.10.2015, 532 C 172/15 von Thomas Emmert, RA und FA für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Rechtsanwaltskanzlei Thomas Emmert, Regensburg Anm. 3 Vorgetäuschte Eigenbedarfskündigung bei bestehender Verkaufsabsicht Anmerkung zu BGH, Beschluss vom 10.05.2016, VIII ZR 214/15 von Carsten Herlitz, RA und Lehrbeauftragter der EBZ Business School, Berlin Anm. 4 WEG: Bezugnahmen in Eigentümerbeschlüssen, Niederschrift und Beschluss-Sammlung Anmerkung zu BGH, Urteil vom 08.04.2016, V ZR 104/15 von Dr. Johannes Hogenschurz, Vors. RiLG, Köln Anm. 5 Gebührenstreitwert bei Klage auf Feststellung einer Mietminderung Anmerkung zu BGH, Beschluss vom 14.06.2016, VIII ZR 43/15 von Klaus Schach, RA, Vors. RiLG a.D. Anm. 6 Keine Übernahme der Wohnungskosten eines im Maßregelvollzug Untergebrachten durch Vollzugsträger Anmerkung zu OLG Braunschweig, Beschluss vom 09.02.2016, 1 VAs 7/15 von Claudia Theesfeld, Ass. jur. Zitiervorschlag: Beyer, jurisPR-MietR 17/2016 Anm. 1 ISSN 1860-157X juris GmbH, Gutenbergstraße 23, D-66117 Saarbrücken, Tel.: 0681/5866-0, Internet: www.juris.de, E-Mail: [email protected] Der juris PraxisReport sowie die darin veröffentlichten Anmerkungen sind urheberrechtlich geschützt. Kein Teil darf (auch nicht auszugsweise) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form reproduziert werden. © juris GmbH 2016 jurisPR-MietR 17/2016 A. Problemstellung 1 Fristlose und ordentliche Kündigung wegen verspäteter Mietzahlungen des Jobcenters Leitsätze: 1. Eine Behörde, die im Rahmen der Daseinsvorsorge staatliche Transferleistungen erbringt, wird nicht als Erfüllungsgehilfe des Mieters tätig, wenn sie für ihn die Miete an den Vermieter zahlt (Bestätigung der Senatsurteile v. 21.10.2009 - VIII ZR 64/09 - NJW 2009, 3781 Rn. 27 ff.; sowie v. 04.02.2015 - VIII ZR 175/14 - BGHZ 204, 134 Rn. 20). 2. Ein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung i.S.d. § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB kann auch - unabhängig von einem etwaigen Verschulden des Mieters - allein in der objektiven Pflichtverletzung unpünktlicher Mietzahlungen und den für den Vermieter daraus folgenden negativen Auswirkungen liegen, wenn die Gesamtabwägung ergibt, dass eine Fortsetzung des Mietverhältnisses für den Vermieter unzumutbar ist. Bei der - dem Tatrichter obliegenden - Abwägung kann von Bedeutung sein, ob zahlreiche Verspätungen aufgetreten sind, diese jeweils einen erheblichen Zeitraum und erhebliche Beträge betreffen oder der Vermieter in besonderem Maße auf den pünktlichen Erhalt der Miete angewiesen ist, beispielsweise weil er daraus seinen Lebensunterhalt bestreitet oder hiermit Kredite bedienen muss. Zudem kann es eine Rolle spielen, ob das Mietverhältnis abgesehen von den unpünktlichen Zahlungen bisher störungsfrei verlaufen ist oder kurze Zeit vorher bereits eine berechtigte fristlose Kündigung ausgesprochen worden ist, die erst durch eine Zahlung innerhalb der Schonfrist während des Räumungsprozesses unwirksam geworden ist. Anmerkung zu BGH, Urteil vom 29.06.2016, VIII ZR 173/15 von Dr. Dietrich Beyer, RiBGH a.D. Seit der Grundsatzentscheidung des BGH vom 21.10.2009 (VIII ZR 64/09 - NJW 2009, 3781) ist geklärt, dass das Jobcenter nicht als Erfüllungsgehilfe des Mieters tätig wird und dem Mieter deshalb ein Verschulden der Behörde bei der verspäteten Zahlung der Miete nicht gemäß § 278 BGB zuzurechnen ist, wenn sie die Mietzahlung als staatliche Transferleistung erbringt. Damit ist aber nicht die weitere Frage beantwortet, ob der Vermieter in einem solchen Fall wiederholten Zahlungsverzug ohne weiteres hinnehmen muss und inwieweit das frühere oder gegenwärtige Verhalten des Mieters bei der Prüfung eine Rolle spielt, ob der Vermieter das Mietverhältnis fristlos nach § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB oder ordentlich nach der Generalklausel des § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB bzw. wegen schuldhafter Verletzung einer mietvertraglichen Pflicht nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB kündigen kann. In einer ganzen Reihe von Entscheidungen hatte der BGH dazu in den letzten Jahren Grundsätze entwickelt; im Mittelpunkt steht jeweils die Verpflichtung des Tatrichters, sämtliche Umstände des Einzelfalls umfassend festzustellen und sorgfältig gegeneinander abzuwägen. Schematische Lösungen scheiden generell aus. Das Urteil vom 29.06.2016 ist geradezu eine Musterbeispiel für die in solchen Fällen auftretenden Probleme insbesondere bei der Abwägung der Interessen von Vermieter und Mieter; überdies enthält es erneut einen Hinweis auf die aus dem Gedanken des § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB herzuleitende Vermutung eines Verschuldens des Mieters, die von den Instanzgerichten häufig nicht hinreichend gewürdigt wird. B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung Die Mieterin bewohnt zusammen mit ihren beiden volljährigen Töchtern eine Wohnung in Hamburg; die Miete beträgt rd. 872 Euro und ist jeweils am dritten Werktag eines Monats fällig. Im Februar 2013 hatte die Vermieterin das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzugs fristlos gekündigt. Im anschließenden Räumungsprozess erklärten die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt, nachdem das Bezirksamt innerhalb der Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB eine Verpflichtungserklärung abgegeben hatte. Seitdem zahlt das Jobcenter die jurisPR-MietR 17/2016 Miete jeweils anteilig für die Mieterin und die eine Tochter („Bedarfsgemeinschaft“) unmittelbar an die Vermieterin, während die andere Tochter ihren Anteil selbst bezahlt. Im August 2013 blieb von der Miete ein Teilbetrag von 40,21 Euro und im Oktober 2013 ein Betrag von 279,41 Euro offen; letzterer wurde am 30.10. gezahlt, nachdem die Vermieterin am 28.10.2013 eine Abmahnung ausgesprochen hatte. Ein Teilbetrag von rd. 613 Euro für die November-Miete wurde – nach Einleitung eines Mahnverfahrens durch die Vermieterin – am 29.11.2013 und ein Betrag von rd. 277 Euro für den März 2014 am 11.03.2014 beglichen. Mit Schreiben vom 10.03.2014 hat die Vermieterin wegen dieses mehrfachen Zahlungsverzugs das Mietverhältnis fristlos, hilfsweise ordentlich gekündigt. Das Amtsgericht hatte der Räumungsklage stattgegeben, das Landgericht hat sie mit der Begründung abgewiesen, eine fristlose oder ordentliche Kündigung wegen unpünktlicher Mietzahlungen sei (grundsätzlich) ausgeschlossen, wenn eine Behörde die von ihr zu erbringenden Zahlungen unpünktlich leiste. Der BGH hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen, und zwar aus einem zweifachen Grund: Zum einen wegen des Fehlens einer nach der Generalklausel des § 543 Abs. 1 BGB erforderlichen umfassenden Prüfung und Abwägung aller Umstände des Einzelfalls und zum anderen deshalb, weil das Landgericht „ohne hinreichenden Sachvortrag“ der Mieterin und ohne entsprechende Feststellungen ein eigenes Verschulden der Mieterin an den verspäteten Zahlungen des Jobcenters verneint hat. Dies betrifft auch die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung. Nur im Ausgangspunkt, dass ein Verschulden des Jobcenters hinsichtlich der unpünktlichen Mietzahlungen dem Mieter nicht zuzurechnen ist, stimmt der BGH dem Berufungsgericht zu. An seiner Rechtsprechung, nach der eine Behörde, die im Rahmen der Daseinsvorsorge staatliche Transferleistungen erbringt, bei der Zahlung der Miete nicht als Erfüllungsgehilfe des Mieters tätig wird (BGH, Urt. v. 21.10.2009 - VIII ZR 64/09 Rn. 27 ff. - NJW 2009, 3781; BGH, Urt. v. 04.02.2015 - VIII ZR 175/14 Rn. 20 - BGHZ 204, 134), hält er trotz der im Schrifttum vereinzelt hieran geäußerten Kritik (Lorenz, WuM 2013, 202, 205; Rieble, NJW 2010, 816) fest. Auch wenn die Sozialbehörde solche Leistungen nur auf Antrag (des Mieters) erbringe, ändere diese nichts an dem hoheitlichen Charakter der Maßnahme. Überdies bestehe – auch aus der Sicht des Vermieters – ein erheblicher Unterschied insofern, als unpünktliche Zahlungen, die vom Mieter zu vertreten sind, die Besorgnis künftiger Zahlungsausfälle begründen könnten was bei einem ähnlichen Zahlungsverhalten der Behörde nicht der Fall sei. Das Berufungsgericht habe jedoch verkannt, dass sich trotz fehlenden Verschuldens des Mieters ein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB allein aus der in der unpünktliche Zahlung liegenden objektiven Pflichtverletzung und den für den Vermieter daraus folgenden negativen Auswirkungen ergeben könne. Das Verschulden einer Vertragspartei sei, wie sich unmittelbar aus dem Wortlaut der Bestimmung („insbesondere“) ergebe, zwar ein Umstand, dem bei der gebotenen Gesamtabwägung ein erhebliches Gewicht zukomme, der aber keine zwingende Voraussetzung für das Vorliegen eines wichtigen Grundes sei. So könnten sich unpünktliche Zahlungen auch ohne ein Verschulden des Mieters zu seinen Lasten auswirken, wenn sie gehäuft auftreten, wenn sie erhebliche Zeiträume oder Beträge betreffen oder wenn der Vermieter auf den pünktlichen Zahlungseingang besonders angewiesen ist, etwa für seinen Lebensunterhalt oder die Bedienung eines Kredits, oder wenn, wie im vorliegenden Fall, der Vermieter kurz zuvor eine berechtigte fristlose Kündigung ausgesprochen hat, die erst nachträglich durch eine Zahlung innerhalb der Schonfrist unwirksam geworden ist. Abgesehen davon habe das Berufungsgericht „ohne tatsächliche Grundlage“ ein Verschulden der Mieterin verneint. Der BGH stellt in diesem Zusammenhang erneut ausdrücklich klar, dass bei Vorliegen einer objektiven Pflichtverletzung nach dem Gedanken des § 280 Abs. 1 BGB das Verschulden regelmäßig zu vermuten sei (BGH, Urt. v. 13.04.2016 - VIII ZR 39/15 Rn. 17 - WuM 2016, 365). Diese Vermutung werde nicht schon dadurch widerlegt, dass der Mieter (wegen seiner Zahlungsunfähigkeit) auf staatliche Transferleistungen angewiesen sei. Vielmehr müsse er in einem solchen Fall regelmäßig dartun und ggf. beweisen, dass er die Leistung rechtzeitig unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen beantragt und bei Zahlungsverzögerungen der Be- jurisPR-MietR 17/2016 hörde auf pünktliche Zahlung gedrängt und auf eine drohende Kündigung nach einer vorausgegangenen Abmahnung des Vermieters hingewiesen habe; dazu fehle es bislang an den erforderlichen Feststellungen. C. Kontext der Entscheidung Die Entscheidung fügt sich nahtlos in die bisherige einschlägige Rechtsprechung des BGH ein, die aber, wie dieses Verfahren zeigt, von manchen Instanzgerichten noch nicht in dem gebotenen Umfang berücksichtigt wird. Unproblematisch erscheint allerdings die rechtliche Einordnung des Jobcenters, das bei der Erbringung staatlicher Transferleistungen für den Mieter nicht als dessen Erfüllungsgehilfe mit der Folge der Zurechnung eines Verschuldens gemäß § 278 BGB tätig wird, sondern ausschließlich als Hoheitsträger im Rahmen der öffentlichen Daseinsvorsorge. Diese Frage ist durch das Urteil vom 21.10.2009 (VIII ZR 64/09) höchstrichterlich geklärt; das Schrifttum hat sich inzwischen überwiegend dieser Auffassung angeschlossen (vgl. z.B. Blank in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 12. Aufl., § 543 Rn. 97; Weidenkaff in: Palandt, BGB, 74. Aufl., § 543 Rn. 26). Bereits in dem Urteil vom Oktober 2009 hat der BGH im Rahmen der Würdigung der Umstände des Einzelfalls u.a. darauf abgestellt, dass die Mieterin unverschuldet in Zahlungsnot geraten war und insbesondere, dass sie die Abmahnungen des Vermieters wegen der vom Jobcenter verschuldeten Zahlungsverzögerungen jeweils – allerdings erfolglos – der Behörde vorgelegt hat (BGH, Urt. v. 21.10.2009 - VIII ZR 64/09 Rn. 4 und 26). Ob auch im vorliegenden Fall die Mieterin und ihre auf Transferleistungen angewiesene Tochter alles Zumutbare getan haben, um die Behörde zu pünktlichen und vollständigen Mietzahlungen anzuhalten, ist bislang ungeklärt. Es fällt auf, dass der BGH auch in diesem Urteil im Zusammenhang mit der Erörterung eines möglichen (eigenen) Verschuldens der Mieterin auf das nach dem Gedanken des § 280 Abs. 1 BGB grundsätzlich zu vermutende Verschulden des Schuldners verweist. Feststellungen, die diese Vermutung entkräften würden, hat das Berufungsgericht in Verkennung der Rechtslage für entbehrlich gehalten und des- halb nicht getroffen. In gleicher Weise hat der BGH zuletzt in dem Urteil vom 13.04.2016 (VIII ZR 39/15 Rn. 17 - WuM 2016, 365) die Annahme des Berufungsgerichts, die Nichtzahlung eines rechtskräftig titulierten Schadensersatzes könne dem Mieter wegen seiner unverschuldeten Zahlungsunfähigkeit nicht angelastet werden, unter Hinweis auf die Bestimmung des § 280 Abs. 1 BGB mit einem Fragezeichen versehen. Ebenso hat er in derselben Entscheidung für die Frage, ob das schadensursächliche Verhalten des Mieters – unzureichendes Lüften und Heizen – als schuldhafte Verletzung der mietvertraglichen Pflicht zur Obhut der Mietsache und damit als Kündigungsgrund i.S.d. § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB anzusehen sei, auf die Vermutung des § 280 Abs. 1 BGB hingewiesen (BGH, Urt. v. 13.04.2016 - VIII ZR 39/15 Rn. 22). Das Urteil vom 29.06.2016 macht einmal mehr deutlich, dass der BGH entscheidend darauf abstellt, ob der Tatrichter die maßgebenden Umstände des Einzelfalls umfassend und vollständig festgestellt und gegeneinander abgewogen hat, wenn es um die Wirksamkeit einer Kündigung nach den Generalklauseln der § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB oder § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB geht. Geradezu lehrbuchartig wird dies hier bei der beispielhaften Aufzählung der möglicherweise relevanten Aspekte eines Zahlungsverzugs deutlich (Besprechungsurteil, Rn. 18). Auf einer anderen tatsächlichen Ebene, aber mit derselben rechtlichen Qualität bewegte sich die Abwägung der Umstände des Einzelfalls in dem Sachverhalt, der dem Urteil vom 04.06.2014 (VIII ZR 289/13 - NJW 2014, 2566 Tätlichkeit des Mieters nach vorausgegangener Provokation der Vermieterin) zugrunde lag; auch dort hatte der BGH nachdrücklich auf die umfassende Würdigung und Abwägung der Einzelfallumstände bei der Entscheidung über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung hingewiesen. Dass es bei der Vielgestaltigkeit denkbarer objektiver und subjektiver Momente im Verhalten von Mietvertragsparteien insoweit keine allgemein gültigen Grundsätze oder schematische Lösungen geben kann, wie der BGH immer wieder betont, liegt auf der Hand. D. Auswirkungen für die Praxis Für die Praxis bedeutsam sind vor allem die in der Entscheidung genannten objektiven Umstände sowohl auf der Seite des Mieters als auch jurisPR-MietR 17/2016 beim Vermieter, die bei einer Kündigung wegen Zahlungsverzugs von Bedeutung sein können, insbesondere dann, wenn mehrere solcher Aspekte zusammentreffen und erst in ihrer Häufung dem Zahlungsverhalten des Mieters ein Gewicht geben, das eine Kündigung rechtfertigt – oder aber dieses Verhalten „in einem milderen Licht“ erscheinen lassen mit der Folge, dass die an sich berechtigte Kündigung als rechtsmissbräuchlich anzusehen und deshalb unwirksam ist (§ 242 BGB; vgl. dazu BGH, Urt. v. 10.10.2012 - VIII ZR 107/12 Rn. 31 - NJW 2013, 159; BGH, Beschl. v. 06.10.2015 - VIII ZR 321/14 Rn. 9, 10 - WuM 2016, 225). Diese Ausführungen stellen geradezu eine „Checkliste“ für Mieter und Vermieter dar. Nicht unterschätzt werden darf im Übrigen der erneute Hinweis des BGH auf die Vermutungswirkung des § 280 Abs. 1 BGB. Bei den Jobcenter-Fällen genügt es also nicht, den Mieter mit der eigenen Zahlungsunfähigkeit oder dem Hinweis auf das ihm nicht zuzurechnende Verschulden der Behörde zu „entlasten“. Vielmehr ist es in einem solchen Fall Sache des Mieters (und seines Beraters), nach Erhalt einer Abmahnung, spätestens aber nach einer Kündigung all die Dinge vorzutragen – und im Räumungsprozess ggf. zu beweisen –, die die Vermutung seines (Mit-)Verschuldens entkräften und die der BGH auch in diesem Urteil wieder ausdrücklich genannt hat (Rn. 19). 2 Pflichten des Vermieters bei Erstellung und Übersendung der Betriebskostenabrechnung Leitsatz: Der Vermieter, der nach § 556 Abs. 3 BGB Schuldner nicht nur der Erstellung, sondern auch der Mitteilung der Abrechnung ist, hat dafür Sorge zu tragen, dass ihm die rechtzeitige Erfüllung dieser Pflicht möglich ist; er verstößt fahrlässig gegen seine Verpflichtung, wenn er sich im Zusammenhang mit der Beendigung des Mietverhältnisses und dem Auszug des Mieters nicht oder nicht rechtzeitig um dessen neue Anschrift bemüht. Anmerkung zu AG Hamburg-Blankenese, Urteil vom 09.10.2015, 532 C 172/15 von Thomas Emmert, RA und FA für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Rechtsanwaltskanzlei Thomas Emmert, Regensburg A. Problemstellung Gemäß § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB muss die Betriebskostenabrechnung dem Mieter spätestens zum Ablauf des 12. Monates nach Ende des Abrechnungszeitraums zugehen, andernfalls geht der Anspruch des Vermieters auf eine sich aus der Abrechnung ergebende Nachforderung unter, § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Vermieter die verspätete Zusendung nicht zu vertreten hat. Während des laufenden Mietverhältnisses ist die Zusendung der Abrechnung kein Poblem, da der Vermieter die Adresse des Mieters kennt. Endet aber das Mieterverhältnis und zieht der Mieter aus, ohne dem Vermieter seine neue Adresse mitzuteilen, stellt sich die Frage, ob es dem Vermieter obliegt, von sich aus die neue Adresse des Mieters zu ermitteln und welchen Aufwand er hierfür ggf. treiben muss. B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung Das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis endete zum 31.10.2013. Die Mieterin ist aus der Wohnung ausgezogen, ohne dem Vermieter ihre neue Anschrift mitzuteilen. Er verfügte jedoch über ihre Mobiltelefonnummer. Mit Schreiben vom 10.12.2013 erteilte der Vermieter der Mieterin durch seine Abrechnungsfirma die Betriebs- und Heizkostenabrechnung für die Jahre 2011/2012, die eine Nachzahlung von 146,06 Euro ergab. Die Abrechnung war an die alte Anschrift der Mieterin adressiert, erreichte sie aber dennoch aufgrund eines Nachsendeauftrages. Im Begleitschreiben bat die Abrechnungsfirma die Mieterin unter Hinweis auf die begrenzte Laufzeit eines etwaigen Nachsendeauftrages, ihre neue Anschrift mitzuteilen. Die Mieterin glich den Saldo der Abrechnung 2011/2012 aus und gab am 22.12.2013 per Fax bei der Abrechnungsfirma die Zählerstände bei Auszug bekannt. Streitig bleibt, ob sie telefonisch auch ihre neue Anschrift mitgeteilt jurisPR-MietR 17/2016 hat. Der Vermieter hat am 22.12.2014 die Betriebs- und Heizkostenabrechnung für den Folgezeitraum erstellen lassen, wobei die Abrechnungszeiträume unterschiedlich ausfielen; während sich die Abrechnung für die (kalten) Betriebskosten auf das Kalenderjahr 2013 bezog, reichte der Abrechnungszeitraum für die Heizkosten vom 01.10.2012 bis zum 30.09.2013. Die Abrechnung ergab einen Nachzahlungssaldo zulasten der Mieterin i.H.v. 628,01 Euro. Der Vermieter übermittelte der Mieterin die Abrechnung vom 22.12.2014 zunächst nicht. Als er am 30.12.2014 ihre neue Anschrift durch Recherchen ihres Prozessbevollmächtigten in Erfahrung brachte, beantragte er sogleich den Erlass eines Mahnbescheids, gegen den die Mieterin Widerspruch erhob. Die Betriebskostenabrechnung 2012/2013 ging ihr erst am 09.05.2015 zusammen mit der Anspruchsbegründung zu, sie wendete deren verspätete Vorlage ein. Der Vermieter meint, er habe den verspäteten Zugang der Abrechnung nicht zu vertreten, zumal die Mieterin ihrer Pflicht, ihm ihre neue Wohnanschrift mitzuteilen, nicht nachgekommen sei. Er habe Ende 2014 erfolglos versucht, die Mieterin telefonisch zu erreichen, habe jedoch lediglich von einer Freundin der Mieterin in Erfahrung bringen können, dass sie sich derzeit im Ausland aufhalte. Das AG Hamburg-Blankenese hat die Klage abgewiesen. Der Vermieter sei wegen der verspäteten Vorlage der Abrechnung 2012/2013 am 09.05.2015 mit der Geltendmachung der sich hieraus ergebenden Nachforderung gemäß § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB ausgeschlossen. Er habe diese Verspätung auch zu vertreten. Der Vermieter, der nach § 556 Abs. 3 BGB Schuldner nicht nur der Erstellung, sondern auch der Mitteilung der Abrechnung sei, habe dafür Sorge zu tragen, dass ihm die rechtzeitige Erfüllung dieser Pflicht möglich sei. Er verstoße fahrlässig gegen seine Verpflichtung, wenn er sich im Zusammenhang mit der Beendigung des Mietverhältnisses und dem Auszug des Mieters nicht oder nicht rechtzeitig um dessen neue Anschrift bemühe. Ausgenommen seien nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) lediglich diejenigen Fälle, in denen der Mieter es dem Vermieter bewusst unmöglich mache, mit ihm über eine Anschrift oder auf sonstige Weise Kontakt aufzunehmen. Im vorliegenden Fall hätte der Vermieter, dem die Mobilfunknummer der Mieterin noch aus der Zeit des Mietverhältnisses bekannt gewesen sei, sich rechtzeitig bei ihr nach ihrer neuen Adresse erkundigen können. Ein nachvollziehbarer Grund, warum er dies erst kurz vor Ablauf des streitigen Abrechnungszeitraums Ende 2014 getan habe, sei nicht ersichtlich, so dass es als fahrlässig gewertet werden müsse, dass der Vermieter von dieser naheliegenden Möglichkeit der Adressenermittlung keinen Gebrauch gemacht habe. Darüber hinaus hätte er, nachdem ihm am 30.12.2014 die neue Adresse der Mieterin bekannt geworden war, noch an diesem bzw. am darauffolgenden Tag einen Zustellungsversuch bei der in der Nähe wohnenden Mieterin unternehmen können. Schließlich hätte er, nachdem er gemäß § 278 BGB zurechenbar über die von ihm beauftragte Abrechnungsfirma Kenntnis von dem von der Mieterin erteilten Postnachsendeauftrag erhalten habe, jedenfalls noch einen Zustellungsversuch an die alte Adresse der Mieterin unternehmen können. C. Kontext der Entscheidung Maßgeblich für die Rechtzeitigkeit der Mitteilung der Abrechnung i.S.v. § 556 Abs. 3 Sätze 2, 3 BGB ist deren Zugang beim Mieter, eine nur rechtzeitige Absendung genügt nicht (BGH, Urt. v. 21.01.2009 - VIII ZR 107/08 - WuM 2009, 236). Versäumt der Vermieter die rechtzeitige Vorlage der Betriebskostenabrechnung, verliert er seinen Nachforderungsanspruch, es sei denn, er hat die Verspätung nicht zu vertreten, § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB. Langenberg (Langenberg in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 12. Aufl. 2015, § 556 Rn. 462 ff.) unterscheidet bei der Frage, wann der Vermieter die verspätete Vorlage der Abrechnung zu vertreten hat, zwei zeitliche Bereiche, nämlich die Zeit bis zur Erstellung der Abrechnung einerseits und ihre Absendung und rechtzeitigen Zugang beim Mieter andererseits. Der vorliegende Fall betrifft den zweiten Bereich, obschon – vom Gericht nicht thematisiert, weil nicht entscheidungserheblich – der Umstand, dass hier die Abrechnung ohne ersichtlichen Grund überhaupt erst zum 22.12. des Folgejahres erstellt wird, angesichts der im Zusammenhang mit den nachfolgenden Feiertagen fast zwangsläufig zu erwartenden Verzögerungen bei der Zustellung auch im ersten Bereich zu diskutieren wäre. Das Gericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der Vermieter Schuldner nicht nur jurisPR-MietR 17/2016 der Erstellung, sondern auch der Mitteilung der Abrechnung ist. Allerdings ist nicht unumstritten, ob es dem Vermieter bei der Erfüllung dieser Pflicht auch obliegt, die aktuelle Adresse des Mieters zu ermitteln, um ihm eine Abrechnung rechtzeitig mitteilen zu können. Neben dem AG Hamburg-Blankenese in der vorliegenden Entscheidung bejahen dies z.B. AG Bergheim, Urt. v. 28.02.2012 - 21 C 162/11 WuM 2012, 253; AG Lemgo, Urt. v. 09.09.2009 - 20 C 144/09; AG Hannover, Urt. v. 08.02.2007 - 419 C 9938/06 - WuM 2007, 629, gehalten durch Hinweisbeschluss LG Hannover, Beschl. v. 03.05.2007 - 13 S 21/07. Demgegenüber wird unter Hinweis auf eine sich aus der Natur des Mietverhältnisses als Dauerschuldverhältnis ergebende, auch nachvertraglich bestehende Obliegenheit des Mieters, dafür zu sorgen, dass ihm Schreiben des Vermieters erreichen, vertreten, dass vielmehr der Mieter dem Vermieter seine neue Adresse mitzuteilen hat und er sich folglich nicht auf eine verspätete Vorlage der Betriebskostenabrechnung berufen kann, wenn er dies unterlässt und der Vermieter aus diesem Grunde nicht imstande ist, ihm die Abrechnung innerhalb der Abrechnungsfrist zukommen zu lassen (AG Lichtenberg, Urt. v. 28.09.2009 110 C 171/09 - Grundeigentum 2009, 1503; AG Neukölln, Urt. v. 22.09.2009 - 15 C 206/09 - Grundeigentum 2009, 1323; AG Bad Neuenahr-Ahrweiler, Urt. v. 23.05.2007 - 3 C 177/07 - NZM 2008, 205, ferner AG Tempelhof-Kreuzberg, Urt. v. 04.12.2006 - 20 V 186/06 - Grundeigentum 2007, 277). Das AG Lichtenberg geht sogar so weit, es nicht ausreichen zu lassen, dass der Mieter einen Nachsendeauftrag erteilt, wenn er dies nicht auch bei dem Unternehmen tut, über das der Vermieter seine Abrechnung versendet. Einigkeit besteht allerdings darüber, dass der Mieter sich nicht auf eine Verspätung bei der Vorlage der Betriebskostenabrechnung berufen kann, wenn er deren Zugang regelrecht vereitelt, indem er etwa nach seinem Umzug eine Ummeldung beim Einwohnermeldeamt unterlässt oder dem Vermieter eine tatsächlich unzutreffende neue Adresse mitteilt (z.B. Langenberg in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 12. Aufl. 2015, § 556 Rn. 472). D. Auswirkungen für die Praxis Angesichts des weiterhin herrschenden Meinungsstreits in der Rechtsprechung und der sich für die Praxis hieraus ergebenden Unsicherheit ist es ratsam, eine regelrechte Vereinbarung in den Mietvertrag aufzunehmen, wonach jede Vertragspartei verpflichtet ist, einen Wechsel der Wohnadresse der anderen Vertragspartei unverzüglich mitzuteilen. Dabei sollte klargestellt werden, dass diese Verpflichtung über das Ende des Mietverhältnisses hinaus solange fortbesteht, bis nicht nur die für den bei Beendigung des Mietverhältnisses laufenden Betriebskostenabrechnungszeitraum für den Vermieter geltende Abrechnungsfrist, sondern auch die vom Mieter zu beachtende Einwendungsfrist nach § 556 Abs. 3 Satz 5 BGB abgelaufen ist. Verstößt eine Partei gegen diese Verpflichtung, liegt darin ein schuldhaft vertragswidriges Verhalten, aus dem sie keine Vorteile ziehen darf (Langenberg in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 12. Aufl. 2015, § 556 Rn. 472; BGH, Urt. v. 14.09.2004 - XI ZR 248/03 - WuM 2004, 676; a.A. Lützenkirchen in: Lützenkirchen, Mietrecht, § 556 Rn. 680). E. Weitere Themenschwerpunkte der Entscheidung Nur am Rande, weil für die Entscheidung selbst nicht maßgeblich, hat das Gericht das Problem unterschiedlicher Abrechnungszeiträume für bestimmte Betriebskosten angeschnitten. Jedenfalls dann, wenn im Mietvertrag getrennte Vorauszahlungen auf Heiz- und Warmwasserkosten einerseits und die übrigen Betriebskosten andererseits vereinbart sind, soll daraus auch eine Vereinbarung zweier voneinander getrennter Abrechnungskreise folgen, die auch unterschiedlich zu behandeln sind (Langenberg, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 12. Aufl. 2015, § 556 Rn. 478 m.w.N., offengelassen jedoch von BGH, Urt. v. 26.10.2011 - VIII ZR 268/10 - WuM 2012, 25). Dies soll dann auch im Hinblick auf den Lauf der Abrechnungsfrist nach § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB gelten, wenn für die verschiedenen Abrechnungskreise verschiedene Abrechnungszeiträume vereinbart sind. Dieser Auffassung folgt auch das Gericht, indem es darauf hinweist, dass die Abrechnung über die Heizkosten des zum 30.09.2013 endenden Abrechnungszeitraums hiernach spätestens zum 30.09.2014 hätte vorgelegt werden müssen, so dass sie auch bei einer Übersendung noch vor jurisPR-MietR 17/2016 dem 31.12.2014 nicht mehr rechtzeitig zugegangen wäre. 3 Vorgetäuschte Eigenbedarfskündigung bei bestehender Verkaufsabsicht Leitsatz: Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs kann auch dann vorgeschoben sein, wenn ein Vermieter seit längerem Verkaufsabsichten hegt und der von ihm benannten Eigenbedarfsperson den Wohnraum in der - dieser möglicherweise nicht offenbarten - Erwartung zur Miete überlässt, diese im Falle eines doch noch gelingenden gewinnbringenden Verkaufs ohne Schwierigkeiten zum Auszug bewegen zu können. Anmerkung zu BGH, Beschluss vom 10.05.2016, VIII ZR 214/15 von Carsten Herlitz, RA und Lehrbeauftragter der EBZ Business School, Berlin A. Problemstellung In dem Besprechungsfall – einer Nichtzulassungsbeschwerde – werden zwei wesentliche Elemente der Rechtmäßigkeit einer Eigenbedarfskündigung dargestellt. Neben einem tatsächlichen Umstand, dass der Vermieter nämlich die Wohnung für den von der Eigenbedarfskündigung privilegierten Personenkreis benötigt, ist auch ein entsprechender Nutzungswille zu fordern. In der hier zu beurteilenden Konstellation ist der Angehörige tatsächlich in die Wohnung eingezogen. Die Wohnung wurde jedoch so zeitnah veräußert, dass man den Verdacht haben konnte, die Beklagte habe schon zum Zeitpunkt der Kündigung den Verkauf der Wohnung beabsichtigt. Mit den rechtlichen Konsequenzen auf Eigenbedarfskündigung und Schadensersatz hat der BGH sich in dieser Entscheidung beschäftigt. B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung Die Kläger, ehemals Mieter eines Wohnhauses des Beklagten, haben diesen auf Schadensersatz wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs in Anspruch genommen. Der Beklagte hatte das Mietverhältnis unter Berufung auf einen Eigenbedarf seines Neffen mit Schreiben vom 15.11.2010 gekündigt. Im nachfolgenden Gerichtsprozess haben die Parteien einen Räumungsvergleich geschlossen, in dem den Klägern eine Räumungsfrist bis zum 31.12.2012 gewährt und ihnen die Möglichkeit eingeräumt wurde, auch früher auszuziehen. Hiervon haben die Kläger zum 31.07.2012 Gebrauch gemacht. Zwischen den Parteien stand im Streit, ob und ggf. wie lange der Neffe des Beklagten in das Haus eingezogen ist. Im April 2013 hatte der Beklagte das Anwesen an einen Dritten, für den im selben Monat eine Auflassungsvormerkung eingetragen worden ist, veräußert. Das Amtsgericht hatte die daraufhin von den Klägern erhobene Klage auf Schadensersatz i.H.v. 62.414,30 Euro nebst Zinsen und außergerichtlichen Anwaltskosten abgewiesen. Das Landgericht hatte die Berufung der Kläger durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Hiergegen wendeten sich die Kläger mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde. Die zulässige Nichtzulassungsbeschwerde hatte in der Sache Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die angefochtene Entscheidung verletze in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch der Kläger auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG). Das Berufungsgericht habe das Schadensersatzbegehren der Kläger wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs im Einklang mit dem Amtsgericht als unbegründet angesehen. Dabei habe es in seinem Zurückweisungsbeschluss offengelassen, ob ein möglicher Schadensersatzanspruch – wie vom Amtsgericht und auch noch im Hinweisbeschluss des Berufungsgerichts vom 10.06.2015 vertreten – durch den zwischen den Parteien geschlossenen Prozessvergleich ausgeschlossen gewesen wäre. Die Abweisung der Klage habe es darauf gestützt, dass das Amtsgericht aufgrund der Zeugenaussage des Nef- jurisPR-MietR 17/2016 fen des Beklagten zu der Überzeugung gelangt sei, der Eigenbedarf des Beklagten sei nicht vorgeschoben gewesen, sondern habe tatsächlich bestanden, denn dieser sei in das Einfamilienhaus des Beklagten eingezogen und habe dort etwa ein Jahr gewohnt. Anhaltspunkte für eine mangelhafte Beweiswürdigung des Amtsgerichts bestünden nicht. Der BGH meinte nunmehr, dass die Nichtzulassungsbeschwerde zu Recht rüge, dass das Berufungsgericht bei der Beurteilung, ob zum Zeitpunkt der Kündigung und bis zum Ablauf der Kündigungsfrist tatsächlich Eigenbedarf bestanden hat, entscheidungserhebliches Vorbringen der Kläger unter Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) außer Acht gelassen habe. Das Gebot rechtlichen Gehörs verpflichte das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Gehe das Gericht in seinen Entscheidungsgründen auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage nicht ein, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, lasse dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (st. Rspr.; vgl. BVerfG, Beschl. v. 01.02.1978 - 1 BvR 426/77 - BVerfGE 47, 182, 189; BVerfG, Beschl. v. 19.05.1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133, 145 f.; BGH, Urt. v. 11.12.2012 - VIII ZR 37/12; BGH, Urt. v. 11.03.2014 - VIII ZR 31/13). Ein solcher Verstoß falle dem Berufungsgericht hier zur Last. Denn seine Erwägungen lassen nicht erkennen, dass es sich mit zentralem Vorbringen der Kläger und dessen Entscheidungserheblichkeit auseinandergesetzt habe. Die Kläger haben schon in erster Instanz geltend gemacht, dem Beklagten sei offensichtlich nur daran gelegen gewesen, das Objekt zur Erzielung eines höheren Kaufpreises zu entmieten. Hierzu haben sie vor allem angeführt, dass der Beklagte – was unstreitig geblieben ist – das Anwesen mehrere Monate nach dem Auszug der Kläger an einen Dritten veräußert habe, für den im April 2013 eine Auflassungsvormerkung eingetragen worden sei. Weiter haben sie vorgetragen, das Mietobjekt sei ihnen schon im Jahr 2008 zum Kauf angeboten worden. Die Verkaufsbemühungen seien auch in der Folgezeit fortgesetzt worden. Diesbezüglich habe der Beklagte im Räumungsprozess vorgetragen, ihm sei nicht bewusst gewesen, dass das Haus von dem von ihm beauftragten Makler auch nach dem Ausspruch der Eigenbedarfskündigung noch zum Verkauf angeboten worden sei; er sei vielmehr davon ausgegangen, dass dieser nach Unterrichtung über die Eigenbedarfskündigung das Angebot herausgenommen habe. Dieses Vorbringen haben die Kläger im Berufungsverfahren auf den Hinweisbeschluss des Berufungsgerichts vom 10.06.2015 konkretisiert und ergänzt. So haben sie vorgetragen, der Beklagte habe bereits im April 2008 Besichtigungen mit Kaufinteressenten durchgeführt und einen Immobilienmakler mit dem Verkauf beauftragt. Weiter haben sie vorgebracht, der Beklagte habe im Jahr 2009 mit ihnen intensive Verkaufsverhandlungen geführt, die an den unterschiedlichen Preisvorstellungen der Parteien gescheitert seien. Schließlich haben sie unter Beweisantritt behauptet, im Zeitraum von 2010 bis Oktober 2011, also auch zum Zeitpunkt der am 15.11.2010 erfolgten Eigenbedarfskündigung und der laufenden Kündigungsfrist, seien durch den vom Beklagten eingeschalteten Makler intensive Verkaufsbemühungen entfaltet worden, was auch unstreitig sei. Das Berufungsgericht habe sich in dem – auf seinen Hinweisbeschluss vom 10. 06.2015 Bezug nehmenden – Beschluss über die Zurückweisung der Berufung allein mit dem nach dem Auszug der Kläger erfolgten Verkauf des Anwesens befasst, habe hieraus aber – im Einklang mit der Beweiswürdigung des Amtsgerichts – in Anbetracht der Aussage des als Zeugen vernommenen Neffen des Beklagten nicht den Rückschluss gezogen, dass eine gewinnorientierte Verkaufsabsicht des Beklagten bereits zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Eigenbedarfskündigung bestanden habe. Auf das weitere Vorbringen der Kläger, insbesondere auf deren unter Beweis gestellte Behauptung, der vom Beklagten beauftragte Makler habe auch zum Zeitpunkt der Eigenbedarfskündigung und während der laufenden Kündigungsfrist das Anwesen zum Verkauf angeboten, sei das Berufungsgericht dagegen – wie die Nichtzulassungsbeschwerde mit Recht rüge – in seiner Entscheidung mit keinem Wort eingegangen. Im weiteren führt der BGH aus, dass das Berufungsgericht zentrales Vorbringen, nämlich jurisPR-MietR 17/2016 von den Klägern für bedeutsam erachtete Indizien für eine nach ihrer Darstellung durchgehend bestandene Absicht des Beklagten, das Anwesen gewinnbringend zu veräußern, gehörswidrig übergangen (Art. 103 Abs. 1 GG) habe und dass die Verletzung des Anspruchs der Kläger auf rechtliches Gehör auch entscheidungserheblich sei, weil – anders als vom Amtsgericht und zunächst auch vom Berufungsgericht in seinem Hinweisbeschluss angenommen – ein möglicherweise bestehender Schadensersatzanspruch wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs gemäß § 280 Abs. 1 BGB nach dem im Beschwerdeverfahren über die Nichtzulassung der Revision zugrunde zu legenden Sachverhalt nicht durch den zwischen den Parteien abgeschlossenen Räumungsvergleich ausgeschlossen sei. Ein Räumungsvergleich unterbreche den Zurechnungszusammenhang zwischen der Vortäuschung einer (Eigen-)Bedarfssituation und dem später vom Mieter geltend gemachten Schaden nur dann, wenn damit auch etwaige Ansprüche des Mieters wegen eines nur vorgetäuschten Bedarfs abgegolten werden sollten (BGH, Urt. v. 10.06.2015 - VIII ZR 99/14 Rn. 15 - NJW 2015, 2324). Hiervon ging der BGH nicht aus, nachdem der Wortlaut des Vergleichs keine Anhaltspunkte dafür geboten habe, dass die Parteien über den Streitgegenstand und die ausdrücklich geregelten Punkte hinaus sämtliche in Betracht kommenden Ansprüche aus dem Mietverhältnis, also etwa auch einen Schadensersatzanspruch wegen vorgetäuschten Bedarfs, abschließend regeln wollten. Auch ein stillschweigender Verzicht komme nach den vom BGH im Urteil vom 10.06.2015 (VIII ZR 99/14) entwickelten Maßstäben – wovon wohl auch das Berufungsgericht in seinem nach Bekanntwerden dieser Entscheidung ergangenen Zurückweisungsbeschluss ausgehe – nicht in Betracht. An das Vorliegen eines stillschweigenden Verzichts auf Schadensersatzansprüche wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs seien strenge Anforderungen zu stellen; der Verzichtswille müsse – auch unter Berücksichtigung sämtlicher Begleitumstände – unmissverständlich sein. Hierfür bedürfe es regelmäßig bedeutsamer Umstände, die auf einen solchen Verzichtswillen schließen lassen; derartige Umstände können bei einem Räumungsvergleich etwa darin liegen, dass sich der Vermieter zu einer substantiellen Gegenleistung verpflichtet. Solche Umstände liegen nach den bisher getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht vor und sind im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren auch nicht aufgezeigt worden. C. Kontext der Entscheidung Der BGH hat eine Entscheidung in der Sache nicht getroffen. Er hat lediglich die Nichtzulassungsbeschwerde stattgegeben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Grund der Entscheidung des BGH war, dass die Vorinstanzen im Wesentlichen allein darauf abgestellt haben, dass der Neffe des beklagten Vermieters etwa ein Jahr in der Wohnung gelebt hat, die Eigenbedarfskündigung insofern nicht vorgetäuscht worden sei. Nicht geprüft und übergangen wurde aber der Vortrag des Klägers, nach dem zum Zeitpunkt der Eigenbedarfskündigung bereits eine Verkaufsabsicht bestanden hatte. Wäre das Berufungsgericht darauf eingegangen, so hätte die Entscheidung des BGH wohlmöglich anders ausgesehen. Im Ergebnis mahnt der BGH also zu einer stärkeren Befassung des Nutzungswillens und der Ernsthaftigkeit und Realisierbarkeit der Nutzungs- oder Überlassungsabsicht (vgl. hierzu: Blank in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 12. Aufl., 2015, § 573 Rn. 60). Eine solche Prüfung erscheint für den BGH unablässig. So betonte der BGH bereits mit Urteil vom 23.09.2015 (VIII ZR 297/14), dass bei der Würdigung der Ernsthaftigkeit des angegebenen Nutzungswunsches Umstände zu berücksichtigen seien, die dies im Streitfall objektiv zweifelhaft erscheinen lassen. Entscheidend kann der Zeitpunkt zum Abschluss des Mietvertrages sein. So stellte der BGH fest, dass eine Kündigung von Wohnraum wegen Eigenbedarfs für einen Familienangehörigen nicht rechtsmissbräuchlich sei, wenn der Eigenbedarf zwar nur kurze Zeit nach Abschluss des Mietvertrages entstanden ist, bei Abschluss des Mietvertrages aber noch nicht absehbar war (BGH, Urt. v. 20.03.2013 - VIII ZR 233/12). Vorliegend hätten sich die Vorinstanzen also mit der Frage befassen müssen, ob der Eigenbedarf vorgetäuscht war. Ein solcher Fall einer rechtsmissbräuchlichen Eigenbedarfskündigung liegt dann vor, wenn der Vermieter lediglich behauptet, die Wohnung für sich selbst nutzen oder einen Angehörigen überlassen zu wollen, er tatsächlich aber eine andere Absicht verfolgt (vgl. jurisPR-MietR 17/2016 hierzu: Blank in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 12. Aufl., 2015, § 573 Rn. 60). Eine solche Kündigung ist nicht nur unwirksam, sondern vertragswidrig und eröffnet die hier zu prüfenden Schadensersatzansprüche des Mieters. Auch wenn der Neffe tatsächlich die Wohnung genutzt hat, so hätte nach entsprechendem Vortrag zumindest am Rande eine Auseinandersetzung mit der Frage erfolgen müssen, ob die Kündigung nicht allein deshalb erfolgte, um gemäß dem Vortrag des Klägers die Wohnung zu entmieten und so einen höheren Verkaufserlös zu erzielen. So wurde nämlich behauptet, dass zum Zeitpunkt der Eigenbedarfskündigung im Jahr 2010 und in den Monaten darüber hinaus intensive Verkaufsbemühungen stattgefunden haben. Diesem Vortrag hätten die Vorinstanzen nachgehen müssen. Im Hinblick auf § 566 BGB rechtfertigt die Veräußerung der Wohnung grundsätzlich nicht den Eigenbedarf, sondern kann mit dieser Begründung nur in engen Grenzen erfolgen (vgl. Grapentin in: Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 4. Aufl., 2014, Kap. IV Rn. 141). Nicht schadensersatzpflichtig wäre es allerdings, wenn die Beklagten zum Zeitpunkt der Kündigung wegen Eigenbedarfs einen nur vage und nicht konkretisierten Willen zur Veräußerung der Wohnung gehabt hätten. So erscheint es nicht rechtsmissbräuchlich, wenn einem Angehörigen aus nachvollziehbaren Gründen die Wohnung überlassen wird, die man „irgendwann“ veräußern möchte. Denn grundsätzlich ist die Entscheidung des Eigentümers über seinen Wohnbedarf zu respektieren, fremde Vorstellungen über angemessene Wohnungen und weitere Lebensplanungen sind dem Vermieter nicht aufzudrängen (BVerfG, Urt. v. 14.02.1989 - 1 BvR 308/88, 1 BvR 336/88, 1 BvR 356/88 WuM 1989, 114). Kurz geht der BGH auf den zwischen den Parteien vereinbarten Räumungsvergleich ein. Hier sah der BGH keinen Anhaltspunkt, dass mit dem Vergleich ein „Schlussstrich“ unter die bisherigen Vertragsbeziehungen gezogen werden soll, also auch etwaige Ansprüche des Mieters wegen eines nur vorgetäuschten Bedarfs abgegolten werden sollten (BGH, Urt. v. 10.06.2015 - VIII ZR 99/14; Blank in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 12. Aufl., 2015, § 573 Rn. 81) Klarstellend sei erwähnt, dass der Vermieter dann kündigen kann, wenn er durch Fortset- zung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert ist und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde. Dies kann einen Verkauf des Grundstücks einschließen. Kündigungsgrund wäre hier aber § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB und nicht § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB (vgl. Grapentin in: Bub/Treier, Handbuch der Geschäftsund Wohnraummiete, 4. Aufl., 2014, Kap. IV Rn. 158). D. Auswirkungen für die Praxis Der Beschluss gibt Anlass, sich mit der Ernsthaftigkeit und Realisierbarkeit der Nutzungsund Überlassungsabsicht bei Eigenbedarfskündigung auseinanderzusetzen und Zweifeln nachzugehen. Jedenfalls sollten die Gerichte zumindest am Rande zu erkennen geben, das man auch diesen „subjektiven“ Gesichtspunkt berücksichtigt hat. E. Weitere Themenschwerpunkte der Entscheidung Der BGH hat klargestellt, dass die Prüfungskompetenz des Berufungsgerichts hinsichtlich der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellung nicht auf Verfahrensfehler beschränkt ist. Bei der Berufungsinstanz handele es sich auch nach Inkrafttreten des Zivilprozessreformgesetzes um eine zweite – wenn auch eingeschränkte – Tatsacheninstanz, deren Aufgabe in der Gewinnung einer „fehlerfreien und überzeugenden“ und damit „richtigen“ Entscheidung des Einzelfalles bestehe (BGH, Urt. v. 09.03.2005 - VIII ZR 266/03). Aus der in § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO vorgesehenen grundsätzlichen Bindung des Berufungsgerichts an die erstinstanzlichen Feststellungen lasse sich daher nicht ableiten, dass die Überzeugungsbildung des Erstgerichts nur auf Rechtsfehler überprüft werde. Vielmehr können sich – die Bindungswirkung des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO aufhebende – Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen auch aus der Möglichkeit unterschiedlicher Wertungen, also insbesondere daraus ergeben, dass das Berufungsgericht das Ergebnis einer erstinstanzlichen Beweisaufnahme aufgrund konkreter Anhaltspunkte anders würdigt als die Vorinstanz (BGH, Urt. v. 09.03.2005 - VIII ZR 266/03) Ein in zweiter Instanz erfolgtes Vorbringen sei nicht neu, wenn ein be- jurisPR-MietR 17/2016 reits schlüssiges Vorbringen aus erster Instanz durch weitere Tatsachenbehauptungen zusätzlich konkretisiert, verdeutlicht oder erläutert werde (u.a. BGH, Urt. v. 18.10.2005 - VI ZR 270/04). So lagen die Dinge nach Ansicht des BGH hier. 4 WEG: Bezugnahmen in Eigentümerbeschlüssen, Niederschrift und Beschluss-Sammlung Leitsatz: In einem Beschluss der Wohnungseigentümer kann zur Konkretisierung der getroffenen Regelung auf ein außerhalb des Protokolls befindliches Dokument Bezug genommen werden, wenn dieses zweifelsfrei bestimmt ist. Orientierungssätze zur Anmerkung: 1. Ein Eigentümerbeschluss kann zur Konkretisierung der getroffenen Regelung auf ein Dokument außerhalb des Protokolls Bezug nehmen, wenn dieses zweifelsfrei bestimmt ist. 2. Das in Bezug genommene Schriftstück ist jedenfalls dann, wenn der Eigentümerbeschluss die Gemeinschaftsordnung aufgrund einer gesetzlichen oder vereinbarten Öffnungsklausel ändert, in die BeschlussSammlung oder eine Anlage zu dieser aufzunehmen. Anmerkung zu BGH, Urteil vom 08.04.2016, V ZR 104/15 nie) vom Verwalter unverzüglich fortlaufend unter anderem die in der Versammlung der Wohnungseigentümer verkündeten Beschlüsse und die schriftlichen Beschlüsse mit der Angabe des Datums einzutragen sind, § 24 Abs. 7 WEG. Jeder Wohnungseigentümer ist berechtigt, die Niederschriften und die Beschluss-Sammlung einzusehen. Die Dokumentation erfolgt vor dem Hintergrund der Regelung des § 10 Abs. 4 WEG, dass Eigentümerbeschlüsse zur Wirksamkeit gegen einen Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nicht der Eintragung in das Grundbuch bedürfen, um eine zutreffende und dauerhafte Informationsmöglichkeit zu gewährleisten. Diese einleuchtenden Regeln führen zu praktischen Schwierigkeiten, wenn der Umfang des Eigentümerbeschlusses außergewöhnlich groß ist; gerade der Verwalter fürchtet dann den Aufwand und verweist auf die Grenzen seiner Verwaltungs-EDV. Oder aber bei der Beschlussfassung wird aus Gründen der Bequemlichkeit auf ein allen bei der Beschlussfassung Beteiligten bekanntes anderes Dokument Bezug genommen, etwa die Sanierung „nach dem vorliegenden Angebot Nr. … des Handwerkers … vom …“ beschlossen. Solche Bezugnahmen bergen zwei Probleme: Die Beschlussfassung kann ordnungsgemäßer Verwaltung widersprechen, weil sie den gesetzlichen Dokumentationserfordernissen nach deren Sinn und Zweck nicht entspricht. Oder aber der Beschlussinhalt lässt sich im Wege der Auslegung gar nicht ermitteln; dann ist der Eigentümerbeschluss wegen Unbestimmtheit nichtig. B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung von Dr. Johannes Hogenschurz, Vors. RiLG, Köln A. Problemstellung Über die Versammlung der Wohnungseigentümer ist durch den Vorsitzenden (Versammlungsleiter) eine Niederschrift aufzunehmen, § 24 Abs. 6 Satz 1 WEG. Zudem ist eine Beschluss-Sammlung zu führen, in die (in erster Li- Die Wohnungseigentümer haben im Jahr 2008 zunächst die Abrechnung 2007 beschlossen und gesondert den Beschluss gefasst, „die für die einzelnen Kostenpositionen in der Abrechnung 2007 verwandten Verteilerschlüssel auch für zukünftige Abrechnungen zu verwenden“. Die Abrechnung für 2012 wird im Jahr 2013 beschlossen. Entsprechend dem in der Abrechnung 2007 verwendeten Verteilungsschlüssel sind die Kosten nach sechs verschiedenen Maßstäben verteilt. jurisPR-MietR 17/2016 Die Klage auf Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses über die Abrechnung 2012 ist ohne Erfolg geblieben. Die Abrechnung 2012 entspreche ordnungsgemäßer Verwaltung; zutreffend sei der Verteilungsschlüssel aus der Abrechnung 2007 angewendet worden. Denn der im Jahr 2008 gefasste Eigentümerbeschluss über die Veränderung des Verteilungsschlüssels sei wirksam, weil er eine Veränderung der Betriebs- und Verwaltungskosten regele, wie sie durch § 16 Abs. 3 WEG erlaubt sei. Dem stehe nicht entgegen, dass der zukünftig anzuwendende Maßstab in dem Beschluss von 2008 nicht ausdrücklich genannt, sondern durch eine Bezugnahme ersetzt sei. Allerdings seien Eigentümerbeschlüsse wegen § 10 Abs. 4 WEG „aus sich heraus“ auszulegen; Umstände außerhalb des protokollierten Eigentümerbeschlusses dürften nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar seien (BGH, Beschl. v. 10.09.1998 - V ZB 11/98 - BGHZ 139, 288, 292). Der Eigentümerbeschluss dürfe aber zur näheren Erläuterung inhaltlich Bezug auf Urkunden oder Schriftstücke nehmen (LG München I, Urt. v. 09.05.2011 - 1 S 22360/10 Rn. 32; LG Dortmund, Urt. v. 01.04.2014 - 1 S 178/13 Rn. 8; Jennißen/Schultzky, WEG, 4. Aufl., § 23 Rn. 166), insbesondere auf den Wirtschaftsplan oder die Jahresabrechnung. Sanierungsbeschlüsse könnten auf einen Kostenvoranschlag oder ein Gutachten Bezug nehmen. Der Bestimmtheitsgrundsatz verbiete es nicht, dass ein Eigentümerbeschluss nur durch ein Dokument gedeutet werden könne, auf das Bezug genommen sei. Weil kein Grund für eine unterschiedliche Betrachtung bei den verschiedenen Beschlussgegenständen bestehe, komme eine Bezugnahme allgemein, insbesondere auch bei Eigentümerbeschlüssen über die Änderung des Verteilungsschlüssels gemäß § 16 Abs. 3 WEG in Betracht. Bei einer Bezugnahme in einem Eigentümerbeschluss auf ein Dokument, das weder Teil des Beschlusstextes noch des Protokolls sei, erfordere das Gebot der inhaltlichen Klarheit und Bestimmtheit, dass das in Bezug genommene Dokument zweifelsfrei bestimmt sei (BayObLG, Beschl. v. 24.11.2004 - 2Z BR 156/04 Rn. 24; KG Berlin, Beschl. v. 18.05.2009 - 24 W 17/08 Rn. 32; LG München I, Urt. v. 09.05.2011 - 1 S 22360/10 Rn. 32). Um sicherzustellen, dass ein Dritter und insbesondere ein Rechtsnachfolger eines Wohnungseigentümers dem Eigentümerbeschluss entnehmen könne, welchen Inhalt er habe, sei das in Bezug genommene Schriftstück auch in die Beschluss-Sammlung oder eine Anlage zu dieser aufzunehmen, wenngleich dies keine konstitutive Wirkung für das Zustandekommen des Eigentümerbeschlusses habe. Dies gelte jedenfalls bei Eigentümerbeschlüssen, die die Gemeinschaftsordnung – aufgrund einer gesetzlichen oder vereinbarten Öffnungsklausel – ändern. Hier sei das Protokoll über die Eigentümerbeschlüsse im Jahr 2008 – Jahresabrechnung 2007 und zukünftige Anwendung des darin verwendeten Verteilungsschlüssels – verständlich und klar. C. Kontext der Entscheidung Die Entscheidung trifft Aussagen zur Formulierung von Eigentümerbeschlüssen, den Anforderungen an die Versammlungsniederschrift und zum notwendigen Inhalt der Beschluss-Sammlung. Bei der Bewertung der Aussagen ist zu berücksichtigen, dass hier auf einen anderen Eigentümerbeschluss (Jahresabrechnung) Bezug genommen ist, dessen Zustandekommen in der gleichen Versammlungsniederschrift festgehalten ist; unklar bleibt zum Sachverhalt, ob im Jahr 2008 auch der Inhalt der Jahresabrechnung in das Versammlungsprotokoll aufgenommen worden war. Zur Formulierung von Eigentümerbeschlüssen hat der BGH die bisherige Praxis bestätigt, dass Bezugnahmen grundsätzlich zulässig sind, aber zweifelsfrei bestimmt sein müssen. Dass als Beispiele für eine zulässige Bezugnahme ausdrücklich der Beschluss über den Wirtschaftsplan oder die Jahresabrechnung sowie Sanierungsbeschlüsse mit Bezugnahme auf Angebote oder Gutachten genannt werden, bestätigt die allgemein übliche Praxis. Die in Bezug genommenen Dokumente müssen nicht in den Text des Eigentümerbeschlusses aufgenommen werden. In der Versammlungsniederschrift ist der genaue Wortlaut des Eigentümerbeschlusses mitzuteilen, also auch die Bezugnahme. Ob auch das in Bezug genommene Dokument in die Versammlungsniederschrift aufzunehmen ist, jurisPR-MietR 17/2016 spricht die Entscheidung nicht ausdrücklich aus (Tz. 10). Doch lassen sich die Ausführungen zum notwendigen Inhalt der Beschluss-Sammlung auf die Versammlungsniederschrift übertragen. Deshalb müssen die in Bezug genommenen Dokumente, gerade auch der Wirtschaftsplan, die Jahresabrechnung mit allen Gesamt- und Einzelabrechnungen, Angebote usw., in die Versammlungsniederschrift und ebenso in die Beschluss-Sammlung aufgenommen werden (dieser Deutung zustimmend Elzer, IMR 2016, 344; so schon Merle in: Bärmann, WEG, 13. Aufl., § 24 RN. 165; Jennißen/Schultzky, WEG, 4. Aufl., § 24 Rn. 135, 176; Hügel/Elzer, WEG, § 24 Rn. 75; 103; a.A. Kümmel in: Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 11. Aufl., 3 24 Rn. 85; Greiner, Wohnungseigentumsrecht, 3. Aufl., Rn. 911). Diese Aufnahme in Niederschrift und BeschlussSammlung kann – nunmehr vom BGH beiläufig gebilligt – auch in Form einer Anlage geschehen. Lässt die Verwaltersoftware die Aufnahme von Anlagen in die Beschluss-Sammlung nicht zu, sollte vorsorglich in der Beschluss-Sammlung auf die Anlage zur Beschluss-Sammlung verwiesen werden (Elzer, IMR 2016, 344), die als gesonderte Datei oder gesonderter Aktenordner angelegt werden kann. Diese Anforderungen gelten – was in der Entscheidung aufgrund des besonderen Sachverhalts nicht zu klären war – nicht nur für Eigentümerbeschlüsse, die die Gemeinschaftsordnung aufgrund einer gesetzlichen oder vereinbarten Öffnungsklausel ändern, sondern nach Sinn und Zweck der Dokumentation durch Niederschrift und Beschluss-Sammlung für alle Eigentümerbeschlüsse, bei denen die Wirkungserstreckung des § 10 Abs. 4 WEG gegenüber dem Sondernachfolger in Betracht kommt, also wohl nur bei Geschäftsordnungsbeschlüssen nicht. 5 Gebührenstreitwert bei Klage auf Feststellung einer Mietminderung Leitsatz: Bei einer Klage des Mieters auf Feststellung einer Minderung der Miete ist der Streitwert nicht gemäß § 41 Abs. 5 Satz 1 GKG analog mit dem einfachen Jahresbetrag, sondern gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, §§ 3, 9 ZPO mit dem dreieinhalbfachen Jahresbetrag der geltend gemachten Mietminderung zu bemessen (Fortführung von BGH, Beschlüsse v. 21.09.2005 - XII ZR 256/03 NJW-RR 2006, 16 unter II 3 und v. 20.04.2005 - XII ZR 248/04 - NJW-RR 2005, 938 unter II 1 a). Anmerkung zu BGH, Beschluss vom 14.06.2016, VIII ZR 43/15 von Klaus Schach, RA, Vors. RiLG a.D. A. Problemstellung Bisher war es in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob § 41 Abs. 5 GKG direkt oder analog für den Gebührenstreitwert einer Klage des Mieters auf Feststellung einer Mietminderung Anwendung findet und der Wert damit sich nach dem Jahresbetrag der Minderung richtet oder § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, §§ 3, 9 ZPO mit dem 3,5fachen Jahresbetrag anwendbar ist. Zur Streitbeendigung könnte die vorstehende Entscheidung des VIII. Senats des BGH führen bzw. dazu beitragen. D. Auswirkungen für die Praxis B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung Die Entscheidung ist für die Verwaltungspraxis wichtig, schon weil bei nicht ordnungsgemäßer Führung der Beschluss-Sammlung regelmäßig ein wichtiger Grund für die Abberufung des Verwalters vorliegt, § 26 Abs. 1 Satz 4 WEG. Vorhandene Defizite in der Beschluss-Sammlung sollten vom Verwalter auch für die Vergangenheit unverzüglich beseitigt werden. Der Mieter war in der Instanz mit einer Klage gegen den Vermieter auf Beseitigung verschiedener Mängel in der von ihm bewohnten Mietwohnung sowie auf Feststellung einer Mietminderung bis zur Beseitigung der Mängel gescheitert. Im Rahmen einer erhobenen Nichtzulassungsbeschwerde hatte der BGH den Wert des Feststellungsanspruchs nach dem Jahresbetrag der monatlichen Minderung festgesetzt. Dagegen erhob der Vermieter Gegenvorstellung und machte geltend, dass der Wert mit dem 3,5-fa- jurisPR-MietR 17/2016 chen Jahresbetrag der monatlichen Minderung anzusetzen sei. Der BGH änderte seinen vorher gefassten Beschluss ab. Der Gebührenstreitwert einer Klage des Mieters auf Feststellung, die Miete sei gemindert, sei nach § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, §§ 3, 9 ZPO mit dem 3,5-fachen Jahresbetrag der geltend gemachten Mietminderung zu bemessen. Dies habe bereits vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (KostRModG) der Rechtsprechung des BGH entsprochen und gelte auch nach der Erstreckung des § 41 Abs. 5 GKG auf Ansprüche des Mieters wegen der Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen. Die umstrittene Frage, ob bei einer Klage des Mieters auf Feststellung, die Miete sei gemindert, § 41 Abs. 5 GKG direkt oder analog anzuwenden sei, sei dahingehend zu entscheiden, dass die Vorschrift weder direkt noch analog anzuwenden sei, so dass der Gebührenstreitwert nach den allgemeinen Vorschriften (§ 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, §§ 3, 9 ZPO) mit dem 3,5-fachen Jahresbetrag der geltend gemachten Mietminderung anzusetzen sei. Eine direkte Anwendung sei schon deshalb abzulehnen, weil eine solche mit dem Wortlaut der Vorschrift nicht vereinbar wäre, denn dieser erfasse „Ansprüche des Mieters auf Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen“ (§ 41 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 GKG), nicht aber die Feststellung einer Minderung. Auch eine analoge Anwendung scheide aus, weil eine planwidrige Regelungslücke nicht vorliege. Die Regelung des Gebührenstreitwerts bei Ansprüchen des Mieters auf Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen und bei Ansprüchen des Vermieters auf Duldung einer Durchführung von Modernisierungs- oder Haltungsmaßnahmen durch § 41 Abs. 5 GKG beruhe ausweislich der Gesetzesbegründung auf „vergleichbaren sozialpolitischen Gründen“, wie sie § 16 Abs. 1, 2 und 5 GKG a.F. (§ 41 Abs. 1, 2 und 5 GKG n.F.) zugrunde lägen. Das Ziel der Begrenzung des Streitwerts durch die letztgenannten Vorschriften sehe die Gesetzesbegründung zu § 41 Abs. 5 GKG darin, dass ein Mieter nicht durch hohe Gerichtsgebühren davon abgehalten werden solle, das Bestehen oder die Dauer eines Mietverhältnisses oder etwa die Berechtigung einer Räumung der bisher genutzten Wohnung gerichtlich prüfen zu lassen. Ebenso sei der Wert bei gerichtlichen Auseinandersetzungen um eine Mieterhöhung gemäß § 16 Abs. 5 GKG a.F. (§ 41 Abs. 5 Satz 1, Alt. 1 GKG n.F.) begrenzt. Mit jener Vorschrift habe der Gesetzgeber die bisherige Rechtsprechung übernommen, welche die Begrenzung des Gebührenstreitwerts durch § 16 Abs. 1 GKG a.F. ihrem Rechtsgedanken nach auf Fälle der Mieterhöhung übertragen hatte. Aus diesen Erwägungen des Gesetzgebers gehe nicht mit hinreichender Klarheit ein Regelungsplan dahingehend hervor, er habe den Wert von Streitigkeiten wegen Mietmängeln oder über die Höhe der Miete aus sozialpolitischen Gründen stets auf den streitigen Jahresbetrag beschränken wollen. Vielmehr betone die Gesetzesbegründung, mit § 41 Abs. 5 GKG solle der besonderen Situation der Instandsetzung und Modernisierung Rechnung getragen werden. Dem entspreche, dass der Gesetzgeber keine allgemeine – insbesondere keine Zahlungsklagen betreffende – Begrenzung des Gebührenstreitwerts im Mietrecht geschaffen habe, um sozialpolitischen Belangen Rechnung zu tragen. Er habe sich vielmehr darauf beschränkt, die Regelungen zum (Wohnraum-)Mietrecht im GKG jeweils nur punktuell und vor dem Hintergrund einer Kontroverse in der Rechtsprechung zu erweitern. Hätte der Gesetzgeber darüber hinaus eine Ausweitung der gebührenrechtlichen Privilegierung auch auf Fälle der Minderung gewollt, hätte er zu deren Schaffung im Rahmen der Erweiterung des § 41 Abs. 5 GKG Anlass gehabt. Zwischen einer Klage des Mieters auf Instandsetzung und einer Klage auf Feststellung, die Miete sei gemindert, bestünden zudem Unterschiede von solchem Gewicht, dass sie einer planwidrigen Regelungslücke und damit einem Analogieschluss entgegenständen. Bei einer Klage auf Feststellung würden die Parteien – anders als bei der Gestaltung von Ansprüchen auf Instandsetzung – ebenso über eine Zahlungsverpflichtung des Mieters wie bei einer den Minderungsbetrag betreffenden Zahlungsklage des Vermieters streiten. Letztere sei nach ständiger Rechtsprechung des BGH nach den allgemeinen Vorschriften zu bewerten. Für die negative Feststellungsklage eines Mieters könne nichts Gegenteiliges gelten. Denn sie stelle in der Sache das Spiegelbild einer Leistungsklage des Vermieters auf Zahlung künftigen Mietzinses dar, so wie jede negative Feststellungsklage nach gefestigter Rechtsprechung das Ge- jurisPR-MietR 17/2016 genstück zur auf die gleiche Forderung gerichteten Zahlungsklage sei, weil ein ihr stattgebendes Urteil auch eine Leistungsklage ausschließe. Daher bestehe in Fällen der Minderung ebenso wenig wie bei anderen negativen Feststellungsklagen hinsichtlich der Miethöhe ein Grund, diese anders zu behandeln als eine Klage des Vermieters auf (künftige) Zahlung oder – unbeschadet eines Feststellungsabschlages – eine ihm wahlweise offenstehende Klage auf Feststellung der Höhe der geschuldeten Miete. des § 41 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 GKG zu berücksichtigen. C. Kontext der Entscheidung Es kann jetzt spannend werden, wie die Instanzgerichte weiter verfahren werden. Es ist zu hoffen, dass jetzt nach der klaren und ausführlichen Entscheidung des BGH dessen Ergebnis beherzigt wird und damit der zwar dogmatisch interessante, aber wohl nicht zu wichtig zu nehmende „Streit“ beendet werden kann. Mit der vorliegenden Entscheidung führt der VIII. Senat des BGH die Rechtsprechung des XII. Senats des BGH fort (BGH, Beschl. v. 21.09.2005 - XII ZR 256/03 - NJW-RR 2006, 16; BGH, Beschl. v. 20.04.2005 - XII ZR 248/04 NJW-RR 2005, 938). Wenige Tage vor dem Beschluss des BGH hatten zwei Senate des Kammergerichts sich in weiteren Beschwerden gegen Beschlüsse des Amtsgerichts mit zwei Entscheidungen des LG Berlin, ZK 63, zu beschäftigen (KG Berlin, Beschl. v. 30.05.2016 - 8 W 13/16 und 12 W 4/16). Das Landgericht hatte den Gebührenstreitwert jeweils mit dem 3,5-fachen Jahresbetrag der Minderung festgesetzt. Das KG Berlin hat die Beschlüsse mit unterschiedlicher Begründung abgeändert. Der 8. Senat des KG Berlin wandte § 3 ZPO an und kam zum Ergebnis, dass das Feststellungsinteresse in der Regel auf den Jahresbetrag der Minderung zu schätzen sei. § 9 Satz 1 ZPO sei nicht anzuwenden. Die Minderung bis zur Mangelbeseitigung hänge von der im Zeitpunkt der Klageeinreichung absehbaren Dauer bis zum Erlass und zur Vollstreckung eines (vorläufig vollstreckbaren) Titels ab. Diese sei regelmäßig eher mit einem Jahr als mit dreieinhalb Jahren anzunehmen. Der 12. Senat des KG Berlin will § 9 Satz 2 ZPO anwenden, weil grundsätzlich davon auszugehen sei, dass die Minderung auf eine bestimmte Dauer begrenzt sei und ihr Gesamtbetrag regelmäßig unter dem 3,5-fachen Jahresbetrag liege; im Allgemeinen sei von einem Jahresbetrag der geltend gemachten Minderung auszugehen. Das beziehe sich allerdings nur auf behebbare Mängel. Insgesamt sei § 41 Abs. 5 GKG nicht analog anzuwenden, allerdings sei der Rechtsgedanke Beide Entscheidungen sind erst kürzlich in KG Berlin, Beschl. v. 30.05.2016 - 8 W 13/16 Grundeigentum 2016, 912 = WuM 2016, 445 veröffentlicht worden, so dass sich der BGH naturgemäß mit den Entscheidungen nicht beschäftigen konnte. D. Auswirkungen für die Praxis 6 Keine Übernahme der Wohnungskosten eines im Maßregelvollzug Untergebrachten durch Vollzugsträger Leitsatz: Ein gemäß § 126a StPO einstweilen Untergebrachter hat nach der gegenwärtigen Rechtslage gegenüber dem Vollzugsträger keinen Anspruch auf die Gewährung eines Taschengeldes oder die Übernahme der Kosten für seine Mietwohnung. Anmerkung zu OLG Braunschweig, Beschluss vom 09.02.2016, 1 VAs 7/15 von Claudia Theesfeld, Ass. jur. A. Problemstellung Der Fall wirft die Frage auf, wer für die Dauer einer Unterbringung für die laufenden Mietkosten der Unterkunft aufkommt. Dem Inhaftierten kann nach Haftentlassung Obdachlosigkeit drohen, wenn er nicht in seine Wohnung zurückkehren kann. Angesichts der regelmäßig kurzen Kündigungsfrist nach § 573c Abs. 1 BGB droht jurisPR-MietR 17/2016 hier bereits innerhalb weniger Wochen ein Wohnungsverlust. B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung Der Antragsteller ist auf der Grundlage eines Unterbringungsbefehls einstweilig gemäß § 126a StPO in einem Maßregelvollzugszentrum untergebracht. Er hatte beim Vollzugsträger u.a. die Übernahme der nicht näher bezifferten Kosten seiner Mietwohnung beantragt. Das OLG Braunschweig hat den Antrag des Untergebrachten auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid des Maßregelvollzugszentrums als unzulässig verworfen. Darüber hinaus wäre der Antrag auch unbegründet. Dem Antragsteller stehe gegen den Vollzugsträger kein auf die Gewährung von Sozialleistungen gerichteter Anspruch zu. Das Nds. MVollzG enthalte keine rechtliche Grundlage, die es der Vollzugseinrichtung erlaube, die beantragten Sozialleistungen zu gewähren. § 11 Nds. MVollzG sehe zwar die Gewährung von Taschengeld als Sozialleistung vor. Diese Norm gelte allerdings nur für die Personen, die von dem Anwendungsbereich des Gesetzes erfasst seien. Nach § 1 Nds. MVollzG regele das Gesetz den Vollzug der durch strafrichterliche Entscheidung angeordneten freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt (Unterbringung). Bei der Unterbringung nach § 126a StPO handele es sich jedoch nicht um eine Maßregel der Besserung und Sicherung, sondern lediglich um eine Sicherungsmaßnahme, die dem Ziel diene, eine strafrichterliche Maßregelentscheidung in einem prozessordnungsgemäßen Verfahren erst zu ermöglichen. Eine Verweisungsnorm, die die ergänzende Heranziehung des Maßregelvollzugsgesetzes in Niedersachsen auch für einstweilig Untergebrachte vorsieht, fehle. C. Kontext der Entscheidung Dem Antragsteller ging es im vorliegenden Fall nicht um die Übernahme von Mietschulden, sondern um die Übernahme laufender und zukünftiger Mietkosten. Ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II scheidet gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 SGB II aus. Während einer gerichtlich angeord- neten Unterbringung im Rahmen des Maßregelvollzuges (§ 64 StGB) greift in der Regel der Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB II. § 7 Abs. 4 SGB II enthält eine gesetzliche Fiktion, wonach der eigentlich erwerbsfähige Hilfebedürftige als erwerbsunfähig anzusehen und vom Leistungsbezug nach dem SGB II auszuschließen ist. Diese gesetzliche Fiktion kann nur durch tatsächliche Aufnahme einer mindestens 15 Wochenstunden umfassenden Erwerbstätigkeit zu regulären Arbeitsmarktbedingungen widerlegt werden (§ 7 Abs. 4 Satz 3 SGB II; LSG Stuttgart, Urt. v. 22.03.2016 - L 13 AS 4877/13). In Betracht kommt ggf. noch eine Darlehensgewährung durch den Leistungsträger nach dem SGB II gemäß § 22 Abs. 8 SGB II nach Haftentlassung. Durch die Nachzahlung der Rückstände wird jedoch insbesondere eine ordentliche Kündigung nicht zwingend unwirksam, §§ 543 Abs. 2 Satz 2, 569 Ab. 3 Nr. 2 BGB (BGH, Urt. v. 10.10.2012 - VIII ZR 107/12). Die Frage, ob der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat, indem er in einem zur fristlosen Kündigung berechtigendem Ausmaß mit der Mietzahlung deshalb in Verzug ist, weil die Kosten der Unterkunft nicht (rechtzeitig) vom Jobcenter oder Sozialamt gezahlt worden sind (vgl. hierzu AG Lichtenberg, Urt. v. 19.12.2013 - 17 C 33/13 Rn. 22; BGH, Urt. v. 21.10.2009 - VIII ZR 64/09; LSG Essen, Beschl. v. 19.05.2014 - L 19 AS 805/14 B ER m.w.N.; LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 22.07.2014 - L 10 AS 1393/14 B ER), ist jüngst vom BGH dahingehend beantwortet worden, dass das Ausbleiben existenznotwendiger Sozialleistungen dem Verzug des Mieters nicht entgegensteht (BGH, Urt. v. 04.02.2015 - VIII ZR 175/14). Als einzige Anspruchsgrundlage kommt eine Wohnungshilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach den §§ 67, 68 SGB XII in Betracht (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 04.05.2010 - L 23 SO 46/10 B ER Rn. 13; BSG, Urt. v. 12.12.2013 - B 8 SO 24/12 R - SozR 4-3500 § 67 Nr. 1). Nach § 67 Abs. 1 Satz 1 SGB XII sind Personen, bei denen besondere Lebensverhältnisse mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, Leistungen zur Überwindung dieser Schwierigkeiten zu erbringen, wenn sie aus eigener Kraft hierzu nicht fähig sind. Hieraus ergibt sich ein Rechtsanspruch und nicht nur ein Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung (vgl. jurisPR-MietR 17/2016 Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Aufl., § 67 Rn. 4). Der unbestimmte Rechtsbegriff der besonderen Lebensverhältnisse wird in § 1 Abs. 2 der Verordnung zu § 69 SGB XII anhand der dort genannten Beispiele konkretisiert. Danach bestehen besondere Lebensverhältnisse bei Personen, die aus einer geschlossenen Einrichtung entlassen werden. Dies betrifft auch die Entlassung aus der Haft. Insoweit ist die Hilfe zur Erhaltung der Wohnung (§ 4 VO) auch präventiv, weil sie im Hinblick auf eine bevorstehende, konkret abzusehende Entlassung erforderlich ist (vgl. LSG München, Beschl. v. 17.09.2009 - L 18 SO 111/09 B ER). Nach § 1 Abs. 3 VO liegen soziale Schwierigkeiten dann vor, wenn ein Leben in der Gemeinschaft durch ausgrenzendes Verhalten des Hilfesuchenden oder eines Dritten wesentlich eingeschränkt ist, u.a. im Zusammenhang mit Straffälligkeit. Soziale Schwierigkeiten allein und damit Lebensschwierigkeiten allgemeiner Art reichen nicht aus. Die sozialen Schwierigkeiten müssen vielmehr von einer solchen Intensität sein, dass dem Betroffenen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft nicht nur vorübergehend entweder nicht oder nur erheblich eingeschränkt möglich ist (Schoenfeld in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, Komm., 2. Aufl. § 67 Rn. 10 m.w.N.). Hiervon ist dann auszugehen, wenn dem Betroffenen z.B. nach Verbüßung einer mehrjährigen Freiheitsstrafe die ungewohnte eigenverantwortliche Lebensführung tiefgreifende Probleme bereiten würde oder wenn die Art seines Vergehens zu einer dauerhaften gesellschaftlichen Ächtung mit entsprechenden Folgen führen würde. Dabei können nicht nur Umstände im Zusammenhang mit dem Verlust der alten Wohnung, sondern auch nicht zuletzt finanzielle Aspekte bei der Beschaffung neuen Wohnraums von Bedeutung sein, wie etwa die allgemeine Situation auf dem örtlichen Wohnungsmarkt, finanzielle Nachteile in Form von Mahnkosten und Zinsen direkt aus dem Mietverhältnis und Versorgungsverträgen, die fortwirkende Störung des Vertrauensverhältnisses bezogen auf das Miet- als Dauerschuldverhältnis, Kosten der (einer) Räumungsklage, Umzugskosten ggf. Einlagerungskosten, Verlust von sozialen Bindungen etc. Teilweise wird argumentiert, dass es sich bei Schwierigkeiten, bei bestehenden Mietschulden neuen Wohnraum anzumieten, um Lebensschwierigkeiten allgemeiner Art handelt; drohender Wohnungsverlust nach einer Haftentlassung dürfte jedoch im Grundsatz zu den „besonderen Lebensumständen mit sozialen Schwierigkeiten“ i.S.d. § 67 SGB XII gehören, weil der Verlust der Wohnung ähnlich dem Verlust des Arbeitsplatzes für einen Haftentlassenen deutlich schwerer zu kompensieren ist als für andere Bürger, selbst dann, wenn der aus der Haft Entlassene nicht auf existenzsichernde Leistungen angewiesen ist. D. Auswirkungen für die Praxis In derart gelagerten Fällen sollte vom Betroffenen ein Antrag auf einstweilige Anordnung auf vorläufige Leistungsgewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe der Unterkunftskosten nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) gestellt werden. Im Sinne eines effektiven Rechtsschutzes dürfte ein solcher Antrag sachgerecht sein. Dem Betroffenen drohen ohne einstweiligen Rechtsschutz schwerwiegende Nachteile, die durch ein Hauptsacheverfahren nicht mehr abgewendet werden können. Als Grundlage des geltend gemachten Anspruchs kommen (vorrangig) die §§ 67, 68 SGB XII in Betracht. Nach § 67 Satz 1 SGB XII haben Personen, bei denen besondere Lebensverhältnisse mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, einen Anspruch auf Leistungen zur Überwindung dieser Schwierigkeiten, wenn sie aus eigener Kraft hierzu nicht fähig sind.
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