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HOMO OECONOMICUS BEI
ZIELSETZUNG & IM FÜHRUNGSRHYTHMUS?
Kritik und Grenzen
HOMO OECONOMICUS BEI
ZIELSETZUNG & IM FÜHRUNGSRHYTHMUS?
KRITIK UND GRENZEN
In der Nationalökonomie wird und wurde häufig der Homo oeconomicus – als
Nutzenmaximierer – als Basis für die Beschreibung des menschlichen Verhaltens verwendet. Häufig basieren auch Zielsetzungs- und Anreizsysteme darauf. Es wird davon ausgegangen, dass sich der Mitarbeiter dort einsetzt, wo
er – optimiert – den maximalen (monetären) Nutzen für sich generieren kann.
Doch ist dieses Gedankenmodell heutzutage, wo insbesondere Teamarbeit,
Flexibilität, gegenseitige Interaktion sowie Nachhaltigkeit gefragt ist, irgendwie anwendbar?
In den folgenden Ausführungen finden Sie Ausführungen zu Kritikpunkten und Grenzen des
Modells Homo oeconomicus innerhalb von betriebswirtschaftlichen Zielsetzung- und Führungsprozessen.
KLASSISCHER ANSATZ: ÖKONOMISCHE MAXIMIERUNG DES EINKOMMENS DURCH DEN EINZELNEN MITARBEITERS
Die Anwendung des Modells des Homo oeconomicus als Nutzenmaximierer in einem betriebswirtschaftlichen Umfeld bedeutet folgendes: der Mensch bzw. der Mitarbeiter setzt sich dort ein,
wo das Kosten-/Nutzenverhältnis (respektive Aufwand-/Nutzenverhältnis) in einem möglichst
optimalen Verhältnis steht. Demzufolge wären alle Steuerungs- und Anreizsysteme in einer
Form auszugestalten, dass die Mitarbeiter an Themen usw. arbeiten, welche dem Unternehmen
am meisten wirtschaftlichen Nutzen bringen. Bspw. wird der Verkauf von rentablen Produkten
incentiviert (im Bereich Vertrieb), Bei Produktions- und Serviceabteilungen werden Kosteneinsparungen und Effizienzsteigerungen belohnt usw.
Anreizsysteme für Teamarbeit, nachhaltige Kundenbindung, langfristiges Handeln, Entwicklung,
Qualität usw. wären aber gemäss Modell Homo oeconomicus sehr schwierig. Wäre nicht jeder
sich selbst der Nächste? Daher greift das Modell zu kurz und ist zu relativieren. In den nachfolgenden Punkten sind die wichtigsten Kritikpunkte und Grenzen des Modells aufgeführt.
STUFE UNTERNEHMENSFÜHRUNG: KURZFRISTIGE AUSRICHTUNG VON
UNTERNEHMUNGEN BZW. KURZFRISTIGE SICHTWEISE VON UNTERNEHMENSBEWERTUNGEN
Die übermässig starke Gewichtung von Quartals- oder Semesterzahlen tritt insbesondere bei
kotierten Unternehmungen – dies durch die Publikationspflichten und wegen der Rechtfertigung
der Ergebnisse bei Investoren und Analysten. Es erscheint einigen Managern einfacher, kurzfristige Scheinerfolge ausweisen zu können, als langfristig die Unternehmung optimal zu positionieren.
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August 2016
In diesem Fall – auf Managementebene – bewahrheitet sich in einigen Fällen die Theorie des
Homo oeconomicus; dies aber auf negative Weise. Durch kurzfristige Ausbeutung können für ein
paar Jahre gute Ergebnisse ausgewiesen werden (Entsprechend der Laufdauer der Arbeitsverträge), dies insbesondere durch übertriebene Kostensenkungsmassnahmen und fehlende Investitionen. Aber langfristig: nach mir die Sintflut?
Hier sind die Eigentümer gefordert, über eine Strategie und Strategiecontrolling Einfluss zu
nehmen.
KRITIKPUNKT: EGOISMUS & EGOZENTRIK VERSUS TEAM-/GESAMTSICHT
Durch eine Zielsetzung auf Basis des Modells Homo oeconomicus steht die Einzelzielsetzung im
Vordergrund. Wieso sollte ein kühler, rationaler Mensch sich für andere „abmühen“? Auch hier
greift das Modell zu kurz. Schon seit Beginn der Menschheitsgeschichte gab es Clans und Sippen.
Zusammenhalt war überlebensnotwendig, Regeln wurden aufgestellt und Nichteinhaltung sanktioniert. Statt Clans und Sippen haben wir heute – in der Wirtschaftswelt – Unternehmungen/Abteilungen/Teams. Die Zusammenarbeit ist zu fördern und bei der Zielerreichung zu messen. Durch zu starke Fokussierung auf Einzelzielsetzungen besteht die Gefahr, die modernen
„Clans“ auseinanderzudividieren sowie Egoismus & Egozentrik zu fördern
KRITIKPUNKT: KURZFRISTIGE AUSBEUTUNG VERSUS LANGFRISTIGE
NACHHALTIGKEIT
So wie auf Geschäftsleitungsstufe kurzfristige Handlungsweisen durch kurzfristige, einseitige
Zielsetzung gefördert werden (siehe Punkt 2), so können auch Zielsetzungen auf Stufe Mitarbeiter/Team falsch gesetzt werden. Dies insbesondere im Vertrieb/Verkauf. Wenn im Vertriebsbereich nur Ziele auf Neukundengewinnung und Umsatz vereinbart werden (gemäss Modell Homo
oeconomicus eigentlich zwingend), wo bleibt dann die „Belohnung“ für Kundenbindung, Kundenzufriedenheit, Qualität usw.? Diese eher „soften“ Faktoren bringen ja keinen direkt Nutzen?!
Selbstverständlich ist es aber notwendig, auf langfristige Sichtweisen in Vertriebszielsetzungen
zu integrieren, um langfristig Erfolg zu haben. Daher ist die Sichtweise Homo oeconomicus –
auch bei diesem Beispiel – mangelhaft und unvollständig.
KRITIKPUNKT: DIE INTRINSISCHEN MOTIVE WERDEN NICHT BEACHTET
Wenn wir als Menschen nur nach dem Prinzip der Nutzenoptimierung handeln würden (extrinsische Motivation, so würden wir nur nach dem gesetzten Anreiz handeln und arbeiten. Die meisten Menschen wollen aber auch ihre Fähigkeiten und Talente einbringen, eine für Sie befriedigende Tätigkeit ausüben usw. Ohne intrinsische Motivation daher auch langfristig keine zufrieden Mitarbeiter.
Durch Freiräume, Unternehmenskultur und adäquate Führungsarbeit ist sicherzustellen, dass
intrinsische Bedürfnisse befriedigt werden können
GRENZE: WO BLEIBT DIE ANERKENNUNG, DIE WERTSCHÄTZUNG SOWIE
DAS LOB?
Die meisten Menschen haben einen grosses Bedürfnis nach Anerkennung, Wertschätzung und
wollen auch gelobt werden. Die rein finanzielle Abgeltung von Nutzenerbringung (gegenüber der
Unternehmung bzw. dem Arbeitgeber) reicht Ihnen nicht.
Bauen Sie daher auch in Ihrer Führungsarbeit bzw. Ihrem Führungsrhythmus die Elemente Anerkennung, Wertschätzung und Lob ein (natürlich auch sachliche Kritik). Nur so können Sie gute
Mitarbeiter langfristig handeln.
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GRENZE: DAS BEDÜRFNIS DER SOZIALEN ZUGEHÖRIGKEIT WIRD AUSSER
ACHT GELASSEN
Wie schon in Punkt 3 beschrieben, haben die Menschen – seit Urzeiten – im Regelfall das Bedürfnis nach sozialer Zugehörigkeit respektive nach Gruppenzugehörigkeit (denken Sie an Clans
und Sippen). Der Mensch ist nicht wirklich dafür geschaffen, als Einzelindividuum seine Einzelinteressen zu verfolgen. Bauen Sie deshalb in Ihre Zielsetzungs- und Führungsgrundsätze Anreize
für Team-/Abteilungserfolge ein. Belohnen Sie die Beiträge der einzelnen zu diesen Gruppenerfolgen.
GRENZE: DER ASPEKT DER REZIPROZITÄT WIRD AUSSER ACHT GELASSEN
Die Reziprozität (Gegenseitigkeit) ist ein weiterer Aspekt, der im Gedankenmodel Homo oeconomicus ausser Acht gelassen wird. Menschen sind voneinander gegenseitig abhängig. Sei dies
im Privat- oder Berufsleben. Viele Tätigkeiten können nur im Team/als Abteilung erledigt werden, dies schon durch die Spezialisierungen. Nur durch Gegenseitigkeit können Beziehungen
bestehen und gegenseitiges Vertrauen geschaffen werden! Der Nutzenmaximierer steht aussen
vor!
FAZIT: BEGRABEN SIE DEN HOMO OECONOMICUS (IN GEDANKEN)
Ich ziehe folgendes Fazit: das Modell des Homo oeconomicus halte ich als Basis für Zielsetzungsund Anreizsysteme sowie für Führungsrhythmen als ungeeignet, weil wichtige Aspekte ausser
Acht gelassen werden. Gestalten Sie Führungs- und Zielsetzungsinstrumentarien, welche folgende Merkmale ausweisen
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Fokussierung auf langfristigen, nachhaltigen Erfolg bei gleichzeitiger Verhinderung von
kurzfristigen „Ausbeutungsmassnahmen“
Fokussierung auf Team- und Gesamtsicht statt auf Egozentrik
Beachtung von intrinsischer Motivation
Beachtung des Bedürfnisses nach Anerkennung, Wertschätzung und Lob
Beachtung des Bedürfnisses nach sozialer Zugehörigkeit und Reziprozität
Nichtsdestotrotz: angemessene, gewichtige Beachtung der Einzelleistung!
Ich unterstütze Sie gerne bei der Gestaltung und Einführung von derartigen Instrumentarien!
Rückfragen & Kontakt:
René Meier
Betriebsökonom FH
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