8.5 Uneigentliche Integrale Integrale über unbeschränkte Bereiche Z∞ Zb f (x) dx, a Z∞ f (x) dx, f (x) dx ∞ −∞ Integrale über unbeschränkte Funktionen mit Singularitäten am Rand Zb f (x) dx, f : (a, b] → R stetig, f : [a, b) → R stetig a Lokale Integrierbarkeit: Definition: Eine Funktion f : D → R mit D ⊂ R heißt lokal integrierbar, falls sie über jedem kompakten Intervall [a, b] ⊂ D integrierbar ist. Ist f (x) lokal integrierbar, so kann man folgende Grenzwerte betrachten: a→∞ b→∞ 112 Definition: Ist eine Funktion lokal integrierbar, so definiert man Z∞ f (x) dx := a Zb −∞ Z∞ f (x) dx := f (x) dx := −∞ Bemerkung: lim x→∞ lim Zx a x→−∞ Za f (x) dx Zb f (x) dx x f (x) dx + Z∞ f (x) dx a −∞ Der Cauchysche Hauptwert ist definiert als CHW Z∞ −∞ f (x) dx := lim Zx x→∞ −x f (x) dx und im Allgemeinen nicht identisch mit obigem Integral! 113 Definition: Die Funktion f (x) sei lokal integrierbar über (a, b] bzw. [a, b) oder (a, b). Dann definiert man Zb f (x) dx := a Zb f (x) dx := a Zb f (x) dx := a Bemerkung: CHW lim Zb f (x) dx lim Zx f (x) dx x→a+ x x→b− Zc a f (x) dx + a Zb f (x) dx c Der Cauchysche Hauptwert ist definiert als Zb a f (x) dx := lim ε→0+ c−ε Z f (x) dx + a Zb c+ε f (x) dx 114 Beispiel: 1) Wegen Z 1 1 +C : α>1 1 α−1 dx = α − 1 x xα ln |x| + C : α=1 konvergiert das uneigentliche Integral Z∞ 1 1 dx xα für α > 1 und divergiert für α = 1. 2) Folgendes uneigentliche Integral besitzt den Wert 1: Z∞ 2 |x|e−x dx −∞ 115 Satz: (Konvergenzkriterien) Sei f : [a, ∞) → R lokal integrierbar. 1) Das uneigentliche Integral ∞ R a f (x) dx existiert genau dann, wenn gilt Zz2 ∀ ε > 0 : ∃ C > a : ∀ z1, z2 > C : f (x) dx < ε z1 2) Ist das uneigentliche Integral absolut konvergent, d.h. das uneigentliche Integral ∞ R a |f (x)| dx konvergiert, so konvergiert auch ∞ R a f (x) dx. 116 Satz: (Konvergenzkriterien) 3) Majorantenkriterium Z∞ konvergent f (x) dx absolut konvergent ∀ x : |f (x)| ≤ g(x) ∧ g(x) dx a ⇒ Z∞ a 4) Weiter gilt folgende Umkehrung: ∀ x : 0 ≤ g(x) ≤ f (x) ∧ ⇒ Z∞ g(x) dx divergent a Z∞ f (x) dx divergent a 117 Beispiele: 1) Das sogenannte Dirichlet–Integral I= Z∞ 0 sin t dt t ist konvergent: Zz2 Zz2 sin t cos t z2 cos t dt = − |z1 − dt 2 t t t z1 z1 und damit Zz2 Zz2 1 1 1 2 sin t + + →0 dt ≤ dt = 2 t z z t z 1 2 1 z1 z1 (z1 → ∞) Das Dirichlet–Integral besitzt den Wert π/2. 118 Beispiele: 2) Das Exponentialintegral Ei(x) := Zx −∞ et dt t (x < 0) ist für alle x < 0 absolut konvergent. 3) Die Gamma–Funktion Γ : (0, ∞) → R wird definiert durch Γ(x) := Z∞ e−ttx−1 dt 0 Die Gamma–Funktion erfüllt die Funktionalgleichung Γ(x + 1) = xΓ(x) x>0 und es gilt Γ(n) = (n − 1)! ∀n ∈ N 119 8.6 Parameterabhängige Integrale Beispiel: Die Gamma–Funktion von der letzten Folie Z∞ Z∞ 0 0 f (x, t) dt = Γ(x) := e−ttx−1 dt Zunächst: Parameterabhängige eigentliche Integrale Sei f : I × [a, b] → R, I ⊂ R, sodass f für festes x ∈ I als Funktion von y integrierbar über [a, b] ist: F (x) := Zb f (x, y) dy a Fragen: 1) Ist die Funktion F (x) stetig, wenn f (x, y) stetig ist? 2) Ist die Funktion F (x) differenzierbar, wenn f (x, y) nach der Variablen x differenzierbar ist? 120 Satz: (Stetigkeit parameterabhängiger Integrale) Ist f (x, y) stetig auf I × [a, b], so existiert das Integral F (x) := Zb f (x, y) dy a für alle x ∈ I, und F (x) ist stetig auf I. Satz: (Differenzierbarkeit parameterabhängiger Integrale) Ist f (x, y) stetig und nach x stetig (partiell) differenzierbar, so ist auch F (x) auf dem Intervall stetig differenzierbar (mit eventuell einseitigen Ableitungen an den Rändern von I), und es gilt: 0 F (x) = Zb ∂f (x, y) dy ∂x a 121 Beispiel: 1) F (x) = Zπ 1 sin(tx) dt t ⇒ F 0(x) = Zπ cos(tx) dt 1 2) Die Bessel–Funktion: 1 Jn(x) := π Jn0 (x) Zπ cos(x sin t − nt) dt (n ∈ Z) 0 1 = − π Zπ sin t · sin(x sin t − nt) dt 0 Die Bessel–Funktion Jn(x) erfüllt die Differentialgleichung x2y 00(x) + xy 0(x) + (x2 − n2)y(x) = 0 122 Parameterabhängige uneigentliche Integrale: F (x) := Z∞ f (x, y) dy a Beispiel: Die Gamma–Funktion von oben Γ(x) := Z∞ e−t tx−1 dt 0 Definition: Das Integral ∞ R a f (x, y) dy, x ∈ I heißt gleichmäßig konvergent, falls es zu ε > 0 eine Konstante C > a gibt, sodass gilt: Zy2 f (x, y) ∀ x ∈ I : ∀ y 1 , y2 ≥ C : y1 dy < ε 123 Bemerkung: Majorantenkriterium: ∀ x ∈ I : |f (x, y)| ≤ g(y) ∧ Z∞ g(y) dy konvergent a Z∞ f (x, y) dy, ⇒ x∈I gleichmäßig konvergent. a Das uneigentliche Integral Z∞ f (x, y) dy a konvergiert gleichmäßig (und absolut), falls f (x, y) eine gleichmäßige Majorante besitzt. 124 Satz: Ist f (x, y) stetig, nach x stetig (partiell) differenzierbar und sind die Integrale Z∞ Z∞ ∂f (x, y) dy ∂x a a auf kompakten Teilmengen von I gleichmäßg konvergent, so ist auch F (x) stetig differenzierbar, und die Ableitung läßt sich durch Differentiation unter dem Integralzeichen gewinnen: f (x, y) dy und 0 Z∞ F (x) = ∂f (x, y) dy ∂x a Beispiel: Γ(x) := Z∞ e 0 −t x−1 t dt ⇒ 0 Γ (x) := Z∞ e−ttx−1 · ln t dt 0 125
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