SWR2 Zeitwort

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SWR2 Zeitwort
20.07.1924
Der Weltschachverband FIDE wird gegründet
Von Josef Karcher
Sendung: 20.07.2016
Redaktion: Ursula Wegener
Produktion: SWR 2016
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Autor:
Kalmückien ist eine kleine autonome Republik im Süden des europäischen Teil
Russlands. Übrigens die einzige Region Europas, in der der Buddhismus die
vorherrschende Religion ist. Für Schachspieler ist Kalmückiens Hauptstadt Elista der
Nabel der Welt. Das hat mit Kirsan Iljumschinow zu tun, er ist seit 20 Jahren
Präsident des Weltschachbundes, FIDE. Von 1993 bis 2010 war er nebenbei auch
Staatspräsident Kalmückiens. Elista hat er zur Schachstadt ausgebaut, mit 50
Millionen Dollar aus seinem Privatvermögen. In den sowjetischen Wendezeiten hat
Iljumschinow viel Geld gemacht, die genaue Herkunft, die blieb ungeklärt.
Wladimir Putin gehört zu seinen besten Freunden. Nachdem der umtriebige
Iljumschinow 2012 den syrischen Machthaber Assad getroffen hatte, ist das USFinanzministerium auf ihn aufmerksam geworden. Er könnte hinter einem Öl-Deal
Russlands zwischen Syrien und dem Irak stecken. Die USA verhängten ein
Einreiseverbot.
„Gens una sumus“, so lautet der Wahlspruch des Weltschachbunds.
„Wir sind eine Familie.“ Und Iljumschinow ist der Übervater. Dreimal gewählt, zuletzt
2014 gegen den Ex-Weltmeister Garri Kasparow, der im Kreml überhaupt keine
Freunde hat, viele Unterstützer aber im Westen.
Schach ist eben auch Politik und Politik mitunter wie Schach.
Zurzeit kann der Präsident nur sehr eingeschränkt tätig sein, ein guter Vertrauter ist
eingesprungen. Die Weltöffentlichkeit wird jedenfalls genau hinschauen, wenn im
kommenden November in New York die Schachweltmeisterschaft ausgetragen wird.
Was macht dann eigentlich der Präsident? Denn, die Schach-WM ist sozusagen der
Königszug im großen Spiel der FIDE. Sie organisiert, sie vergibt den Titel. Deshalb
wurde sie gegründet, heute vor 92 Jahren am 20. Juli 1924 in Paris im Hotel
Majestic. In Paris fanden gerade die Olympischen Sommerspiele statt. Die
Gründungsväter kamen damals aus 15 Nationen. Heute ist die FIDE, die Federation
Internationale des Echecs mit Sitz in Lausanne, die Dachorganisation von 186
nationalen Schachverbänden, vom Internationalen Olympischen Komitee offiziell
anerkannt. Und weltweite Anerkennung als Sport, das ist das Hauptanliegen der
FIDE. Präsident Iljumschinow, man mag von ihm halten, was man will, in einem
Interview behauptete er einmal, Außerirdische hätten ihn entführt, betrachtet die
Förderung von Schach als Bestandteil einer großen Bildungskampagne:
O-Ton Kirsan Iljumschinow:
„It´s twelve years ago…..Es ist zwölf Jahre her in Dresden nach dem FIDE-Kongress,
da habe ich das Programm „Schach in Schulen“ angekündigt und meine Vision von
der Schachwelt, wie sich sich entwickeln soll. Eine Studie in unserm Auftrag hat
ergeben, es gibt 600 Millionen Menschen, die Schach spielen können oder vom
Schach etwas wissen und diese Zahl will ich auf 1 Milliarde erhöhen. Eine Milliarde
Schachspieler, das sind eine Milliarde clevere Leute.“
Autor:
Schach als Kulturgut und Bildungsangebot. Dieser Grundgedanke ist auch in
deutschen Kindergärten mittlerweile angekommen.
O-Ton Kita: Kinder erklären Schach
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Autor:
Auch dafür sorgt die FIDE - indirekt. Sie wacht über die Regeln, bildet Trainer aus,
kümmert sich um den Nachwuchs in der Familie. Weltmeisterschaften gibt es
nämlich schon für Achtjährige.
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