Nach dem Militärputsch holt die Erdogan-Regierung - und versucht zugleich, die Wirtschaft zu beruhigen. In gegenüber H. Anger, Delhaes, D. G. Während sende politische Polarisierung. „Wir sind auf Posten, keiner muss sich Sor- Generalstabs in Ankanoch Aufständira sche verschanzt hiel- gen machen“, versuchte Simsek nun zu beruhigen. Das makroökonomische Fundament des Landes sei solide. Zurück zur Todesstrafe Doch derzeit geht es um anderes. Erdogan brachte die Wiedereinführung der Todesstrafe ins Spiel. Die Türkei brau- im und schossen, begann bereits das Aufräumen: Der Putschversuch des türkischen Militärs gegen die Regierung sei ten Gottes“, erklärte Recep „Segen ip Erdogan. befreien, fraktion, Rainer Arnold, geht davon aus, dass der Putschversuch die Vorbehalte gegenüber der Türkei verfestigen wird. „In Deutschland werden die Debatten, ob die Türkei der richtige Bündnispartner ist, immer schwieriger werden“, sagte Arnold dem Handelsblatt. Die Tür- kei sei ein Partner, „der einen ärgert, aber der strategisch extrem wichtig ist“. Staatspräsident dann lingspolitik sieht und über einen EU-Bei- den der Regierung tritt verhandelt. geht steigen“, sagte Justizminister Be- kir Bozdag am Sonntag. Unter den Festgenommenen sind nicht nur Soldaten, sondern auch nahezu 3000 Richter und Staatsanwälte, die angeblich in die Putschpläne verwickelt waren. Weitere Richter seien zur Fahndung ausgeschrieben, hieß es. Sie sollen wegen „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ angeklagt werden. 140 Die Berlin treffen vor jubelnden Anhängern in werde mit aller Härte gegen mutmaßliche Verschwörer vor. „Wir haben bereits 6 000 Menschen festgenommen, und die Zahl wird noch über 6000 in sein System zu verfestigen. Darum werde der internationale Druck durch die Er Istanbul. Die Seehofer Erdogan nutze jede Gelegenheit, um rief Sonntag Horst ge Äußerungen sorgen für Argwohn in der Europäischen Union, die die Türkei als strategischen Partner in der Flücht- säubern“. zu „Staatskörper von Viren und Metastasen“ am che dafür „nicht von irgendwoher eine einzuholen“, sagte er. Derarti- Chef und die Lage beraten. Der sicherheits- und verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestags- Erlaubnis Streitkräfte, müssen, Tayy- böte Anlass, „unsere vollkommen rein sein Er die dem unsicheren Partner. sich am SamsGebäude des tag ein der EU wächst die Skepsis hatte Anleger und Investoren verunsichert, ebenso Erdogans zunehmend autoritärer Regierungsstil und die wach- Hohler Athen Berlin, zum Gegenschlag aus Regierung bemüht sich derweil, die Wirtschaft zu beruhigen. Die Zentralbank teilte mit, sie werde alles unternehmen, um die finanzielle Stabilität zu sichern. Vizepremier Mehmet Simsek kündigte eine Telefonkonferenz mit internationalen Investoren an. Bereits die Terrorwelle in der Türkei, der in den vergangenen zwölf Monaten über 300 Menschen zum Opfer gefallen waren, Am Dienstag wird der Auswärtige Ausschuss des EU-Parlaeiner Sondersitzung beraten. gehe darum, die Auswirkungen auf ments Es in das Flüchtlingsabkommen zu diskutieren, sagte der Vorsitzende des Ausschusses, Elmar Brok (CDU). „Das Flüchtlingsabkommen darf damit nichts zu tun haben“, sagte Brok dem Handelsblatt. Die Entwicklungen in der Türkei könnten sich aber durchaus auf die Beitrittsverhandlungen aus- wirken. „Wenn Präsident Erdogan die Situation nutzt, um weitere Verfassungsrechte einzuschränken, dann wer- und Nato steigen. „Ich habe auch den Eindruck, dass man in der Nato die Sorge hat, dass sich die Türkei stärker USA an Russland annähert“, sagte Arnold. Chef des Europa-Ausschusses im Der Bundestag, Günther Krichbaum (CDU), warnte Erdogan vor Überreaktionen. Er solle anerkennen, dass es die türkische Opposition sowie demokratisch gewählte Regierungschefs in der Welt gewesen die den Putsch verurteilt hätten. seien, Erdogan profitiere so von den demokra- tischen und rechtsstaatlichen Prinzipien und solle sie selbst einhalten. „Unrecht darf nicht mit Unrecht bekämpft werden“, sagte Krichbaum dem Handelsblatt mit Blick auf die Beitrittsgesprä- den die Beitrittsverhandlungen schwierig bis unmöglich“, mahnte Brok. Türkei-Kritiker sehen sich mit Erdo- che. „Eher geht ein Kamel durch ein Na- gans Reaktion in ihrem Kurs bestätigt. „Wer es spätestens bis jetzt nicht gemerkt hat: Die EU-Türkei-Politik muss vollständig auf den Prüfstand“, sagte Wer steckt CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer dem Handelsblatt. Am Dienstag wollen sich Kanzlerin Angela Merkel und CSU- fenchef Akin Öztürk genannt, der dem Obersten Militärrat angehörte. Mindes- delöhr, Staat als dass ein undemokratischer Mitglied der EU wird.“ hinter dem Putsch? der vielen Festnahmen ist noch unklar, wer hinter der Verschwörung steckt. Als ein Initiator wird Ex-LuftwafTrotz tens vier weitere Generäle sollen betei- (c) Verlagsgruppe Handelsblatt GmbH, Düsseldorf Handelsblatt, 18.07.2016 Deutscher Bundestag - Pressedokumentation ligt gewesen sein. Einer von ihnen sei auf der Luftwaffenbasis Incirlik festgenommen worden, berichtete die Zeitung „Hürriyet“. Ob es auf dem Stütz- punkt, wo auch 240 Bundeswehrsoldaten zum Kampf gegen die IS-Terrormiliz stationiert sind, konkrete Putschpläne gab, wurde zunächst nicht bekannt. Überwiegend scheint es sich bei den Aufständischen um Männer aus der zweiten und dritten Reihe des Offiziers- korps zu handeln. Zuge zu kommen oder zu werden. In sogar entlassen Sicherheitskreisen wurde die Frage aufgeworfen, wer wann über die Putschpläne informiert war - und weshalb sie nicht verhindert worden seien. Offenkundig seien Tausende Sol- die USA, um sich einem in der Türkei drohenden Strafverfahren wegen islamistischer Umtriebe zu entziehen. Aus in daten und Offiziere involviert gewesen, dies könne den Geheimdiensten nicht Netzwerk von Bildungseinrichtungen, verborgen geblieben sein, hieß es. Wohltätigkeitsorganisationen und Stif- Laut Erdogan wurde der Staatsstreich gegen ihn Tausende Kilometer entfernt Sie hatten möglicherweise auch persönliche Motive, weil sie fürchteten, bei den Anfang August an- Pennsylvania. Dort lebt auf einem zehn stehenden Beförderungen Prediger Fetullah Gülen nicht zum ger Verbündeter Erdogans, inzwischen in seinen Augen der Staatsfeind Nummer eins. Der heute 74-Jährige ging 1999 geplant - in Saylorsburg im US-Staat seinem Exil steuert der Prediger ein In seinen Predigten tritt der Geistliche für einen Dialog der Religio- tungen. nen und der Kulturen ein. hat er Millionen Anhänger. In der Türkei Hektar großen Landsitz der islamische - einst ein en- (c) Verlagsgruppe Handelsblatt GmbH, Düsseldorf Handelsblatt, 18.07.2016 Deutscher Bundestag - Pressedokumentation
© Copyright 2024 ExpyDoc