rbb PRAXIS sucht Ihre Krankengeschichte! Sie haben gesundheitliche Beschwerden? Sie sind schon bei verschiedenen Ärzten gewesen und haben immer noch keine klare Diagnose? Sie wären bereit, sich einer Live-Diagnose im Studio zu unterziehen? Sie wohnen in Berlin oder Brandenburg? Wir können Ihnen vielleicht helfen. Dann bitten wir Sie, uns kurz Ihre Krankengeschichte zu schildern und Kopien Ihrer Arztbefunde zu schicken. Wenn möglich, legen Sie bitte ein Foto von sich bei. Wir arbeiten mit einer Reihe von Ärzten zusammen, die zur Live-Diagnose zu uns ins Studio kommen. Vielleicht finden wir Ärzte, die Ihnen helfen könnten. Schreiben Sie uns eine E-Mail und schicken Sie Arztbefunde als Anhang an: [email protected] oder schicken Sie uns alles per Post an: Redaktion rbb PRAXIS Masurenallee 8-14, 14057 Berlin rbb Praxis – Das Gesundheitsmagazin am 04.03.2015, 20.15 – 21.00 Uhr Die Themen: Tuberkulose – steigt das Risiko? Mit Medikamenten gegen Bluthochdruck – wie hält man die Therapie durch? Hirnblutung – Drama mit Happy End Tuberkulose – steigt das Risiko? Ein Lehrer in Berlin-Zehlendorf ist an offener Tuberkulose erkrankt. Was bedeutet das für die Schüler und deren Angehörige sowie die Lehrerkollegen? Die rbb Praxis hat nachgefragt und informiert auch darüber, wie groß die Ansteckungsgefahr für uns alle ist. Außerdem berichten wir über einen neuen Test, der die Tuberkulose-Medikamente unter die Lupe nimmt: Bereits nach wenigen Stunden wissen die Ärzte damit, welche Präparate tatsächlich wirken. Bislang dauerten diese Tests oft mehrere Wochen. Die medizinische Berichterstattung in Berlin drehte sich in den letzten Wochen vor allem um Masern. Nun rückt eine zweite Infektionskrankheit in der Hauptstadt in den Fokus, die hierzulande längst als ausgerottet galt: Tuberkulose (Tbc). Tuberkulose, früher auch Schwindsucht genannt, ist eine bakterielle Infektion der Lunge und anderer Organe. Ausgelöst wird die Infektionskrankheit durch das Mykobakterium tuberkulosis. Übertragen werden die Bakterien beim Einatmen infektiöser Tröpfchen über Mund und Nase. Da es viele Menschen mit einem starken Abwehrsystem schaffen, die Erreger bereits in den Atemwegen abzuwehren, erkranken von den infizierten Personen letztendlich nur etwa zehn Prozent tatsächlich an Tuberkulose. Dann aber kann die Tuberkulose bedrohlich werden: Die Symptome beginnen mit einem normalen Husten, später folgen Schwächeanfälle, Gewichtsverlust, blutiger Auswurf, Nachtschweiß und Fieber. 1 Tuberkulose ist eine meldepflichtige Krankheit. Alle Tuberkulosefälle aus Berlin und Brandenburg müssen im Tuberkulosezentrum in Berlin-Lichtenberg registriert werden. Weltweit sind nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation über 1,2 Milliarden Menschen infiziert. Allein in den osteuropäischen Ländern sind es Hunderttausende. Für das Jahr 2012 wurden dem Robert Koch-Institut hierzulande insgesamt 4.220 Tuberkulose-Erkrankungen übermittelt, 146 Patienten verstarben daran. Die Zahl der Tuberkulosen bei Kindern, die seit 2009 kontinuierlich angestiegen waren, blieb 2012 mit 178 Fällen unverändert gegenüber 2011. In Berlin sind die Zahlen über die letzten Jahre konstant niedrig. Dennoch kann eine Ansteckung nie ausgeschlossen werden. Für einen korrekten Umgang und die schnelle wirksame Therapie muss zunächst die Diagnose gestellt und alle Kontaktpersonen müssen erfasst werden. Dann lässt sich abschätzen, wer sich bei dem Infizierten noch angesteckt haben könnte – wie weit die Tbc sich also ausbreiten konnte. Oft bleibt aber auch völlig unklar, wo die Bakterien herkommen, da der Zeitpunkt zwischen Ansteckung und Ausbruch, die sogenannte Inkubationszeit, sehr lang sein kann. Die Erreger können im Körper viele Jahre überleben. Selbst 50 Jahre nach der eigentlichen Infektion kann eine Tbc noch ausbrechen. Die sichere Diagnose Als Schlüsseluntersuchung gilt die mikroskopische Untersuchung des Sputums, also des ausgehusteten Schleims. Jede zweite Tuberkuloseerkrankung lässt sich so identifizieren. Auch Magensaft und Urin eignen sich zum Nachweis. Die säurefesten stäbchenförmigen Bakterien lassen sich durch eine spezielle Färbung nachweisen. Allerdings gibt es außer den Tuberkulose-Bakterien noch andere säurefeste Stäbchen, so dass ein positives Ergebnis nicht immer eindeutig ist. Um Gewissheit zu erlangen, werden die Bakterien im Labor auf bestimmten Nährböden kultiviert. Die erfolgreiche Kultivierung ist der Beweis für eine aktive Tuberkulose. Sind Keime im Sputum nachweisbar, spricht man von „offener“ Tuberkulose. Finden die Ärzte Erreger in anderen Körpersekreten, aber (noch) nicht im Sputum, spricht man von „potentiell offener“ Tuberkulose. Eine weitere Diagnose-Möglichkeit ist die Röntgenuntersuchung der Lunge, bei der nach Tbc-typischen Auffälligkeiten gesucht wird: weiße Flecke als Reaktion auf die TuberkelBakterium und typische Kavernen, also eine Höhlenbildung, wo das Lungengewebe schon ausgehustet wurde. Nicht selten ist zusätzlich eine Computertomographie der Lunge erforderlich. Bei jüngeren Menschen kann auch ein Hauttest, der Tuberkulintest, weiterhelfen. Dabei werden Kapselanteile der Mikrobakterien, sogenannte Tuberkuline, unter die Oberhaut gespritzt. Reagiert das Immunsystem innerhalb von 72 Stunden mit einer rötlichen Verdickung auf die Mikrobakterien, deutet das auf eine aktive oder abgelaufene Infektion hin. Allerdings ist auch bei einer früheren Tbc-Impfung das Testergebnis positiv. Eine Impfung gegen die Tuberkulose gibt es bisher nicht, die Forschung dazu dauert an. Tuberkulose gefährdet sind vor allem Menschen mit einem geschwächten Immunsystem oder einer genetisch bedingten Anfälligkeit. Aber auch ungünstige Lebensumstände gelten als Risikofaktoren. So tritt die Erkrankung nicht selten bei obdachlosen Menschen, HIV-Infizierten und Tumorpatienten auf. Auch Migranten, die entweder mit einer Infektion nach Deutschland kommen oder sich bei einem Heimatbesuch anstecken, 2 zählen zu den Risikogruppen. Besonders groß ist die Ansteckungsgefahr bei engem Körperkontakt mit einem Tbc-Patienten über einen längeren Zeitraum. Die wirksame Therapie Stellt der Arzt die Diagnose Tuberkulose, müssen die Patienten sofort isoliert werden. Eine Tbc-Therapie dauert normalerweise mindestens vier Monate, gelegentlich bis zu einem Jahr und sogar länger. In der Regel werden über sechs Monate verschiedene Antibiotika verabreicht. Während dieser Zeit müssen die Medikamente streng genommen werden, da ansonsten die Tuberkulose wieder aufflammt. Das Hauptproblem aber ist derzeit, dass die Tuberkuloseerreger gegen viele Medikamente resistent geworden sind. Der Anteil von Erkrankungen durch multiresistente Stämme lag beispielsweise 2012 bei 65 Fällen und war damit höher als die durchschnittlichen Werte der vergangenen fünf Jahre. Resistent heißt konkret: Die Bakterien verändern ständig ihre Strukturen und suchen sich neue Wege in die Abwehrzellen des Immunsystems. Die Wirkung der Antibiotika läuft ins Leere. Zudem wurde die Forschung nach neuen Medikamenten gegen die Krankheit weltweit praktisch eingestellt: Seit dreißig Jahren sind keine neuen Wirkstoffe auf den Markt gekommen. Der schnelle Resistenztest aus Berlin Im HELIOS Klinikum Emil von Behring in Berlin Zehlendorf, im Labor der Lungenklinik Heckeshorn, forscht und arbeitet man seit Jahrzehnten an einer schnelleren und präziseren Diagnosestellung. Denn je schneller die wirksame Therapie einsetzt, desto sicherer kann man die Patienten heilen. Doch das gelingt nur mit den richtigen Medikamenten. Nun hat man dort einen Test entwickelt, der auf den bisherigen Methoden beruht, jedoch wesentlich spezialisierter und schneller die Medikamente darauf testet, ob sie gegen die Keime des jeweiligen Patienten sensibel oder resistent sind. Für den hochentwickelten Test werden speziell molekularbiologisch identifizierte Keime der Patienten erstmals mit sehr vielen Medikamenten in ganz unterschiedlichen Konzentrationen auf die Festkultur-Platten aufgetragen. Nach einer gewissen Zeit im Brutschrank lässt sich vom Experten genau ablesen, welches Medikament in welcher Dosierung wirksam ist und welches nicht. Im Emil-von-Behring-Klinikum gibt es zudem, übrigens nach Jahrzehnten, erstmals wieder eine Tuberkulosestation in Berlin. Experten im Beitrag Prof. Dr. Harald Mauch Facharzt für Mikrobiologie, Infektionsepidemiologie, Laboratoriumsmedizin und Innere Medizin HELIOS Klinikum Emil von Behring Dr. Nicolas Schönfeld Facharzt für Lungenheilkunde HELIOS Klinikum Emil von Behring Walterhöferstraße 11 14165 Berlin Tel. 0303 8102 0 http://www.helios-kliniken.de/klinik/berlin-zehlendorf/abteilungen/pneumologie.html 3 Dr. Gisela Glaser-Paschke Fachärztin für Radiologie Ärztliche Leiterin des Zentrums für tuberkulosekranke und -gefährdete Menschen in Berlin-Lichtenberg Tuberkulose-Zentrum Deutschmeisterstraße 24 10367 Berlin Tel. 030 90296 4971 http://www.berlin.de/ba-lichtenberg/verwaltung/behoerdenwegweiser/bww03.05.html Weitere Links Informationen des Robert-Koch-Instituts: http://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/T/Tuberkulose/Tuberkulose.html?nn=2868974 Mit Medikamenten gegen Bluthochdruck – wie hält man die Therapie durch? Wenn Bewegung und Abnehmen nicht ausreichen, gesunde Blutdruckwerte zu erreichen, greift der Arzt zum Rezeptblock. Doch greift der betroffene Patient auch konsequent zum verordneten Medikament? Denn die Wirkstoffe zur Behandlung von Bluthochdruck können Nebenwirkungen haben und dann fällt es den Patienten schwer, die Therapie zu befolgen. Vor allem, wenn sie ihren hohen Blutdruck gar nicht spüren. Die rbb Praxis informiert. Bluthochdruck (Hypertonie) betrifft hierzulande mindestens 20 bis 30 Millionen Menschen. Ursachen sind u.a. genetische Faktoren (also eine familiäre Belastung), Übergewicht, Bewegungsmangel und Stress. Geschätzt 70% der Betroffenen sind in Behandlung. Etwa zehn Prozent der Betroffenen, also mindestens zwei Millionen Menschen, wissen gar nichts von ihrer Krankheit. Da der Blutdruck mit dem Alter steigt, nimmt das Risiko für die Hypertonie und ihre Spätfolgen dann zu: für Männer exponentiell ab dem 55. Lebensjahr, für Frauen ab dem 65. Lebensjahr. Fast zwei Drittel der Patienten, deren Blutdruck im oberen Bereich des normalen Blutdrucks liegt, entwickeln innerhalb von vier Jahren eine Hypertonie. Von einem behandlungsbedürftigen Bluthochdruck spricht man ab einem systolischen Blutdruck von 140 mmHg oder einem diastolischen Blutdruck von 90 mmHG. Weltweit gilt Bluthochdruck als häufigster Risikofaktor für Erkrankungen wie Schlaganfall, koronare Herzerkrankung, arterielle Verschlusskrankheit, chronische Herzschwäche, chronische Niereninsuffizienz und periphere Durchblutungsstörungen. Die Blutdruckmessung ist der erste Schritt zur Diagnose Der erste Schritt hin zu einem vernünftigen Umgang mit dem Blutdruck ist die regelmäßige Messung. Doch der arterielle Blutdruck schwankt erheblich – sowohl innerhalb eines Tages als auch von Tag zu Tag. Der Blutdruck sollte daher unterschiedlich oft und zu verschiedenen Tageszeiten gemessen werden: Ist er leicht erhöht, wird er über mehrere Monate mehrmals mittels Messung in einer Artpraxis kontrolliert. Bei ausgeprägten Werten, Endorganschäden oder einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen muss in kürzeren Abständen gemessen werden. Die 4 Praxismessung wird dann mit einer ambulanten 24-Stunden-Langzeitmessung oder der häuslichen Selbstmessung kombiniert beurteilt. Wie sollte man messen? Vor 100 Jahren entdeckte der russische Militärarzt Korotkow bei Druck auf die Oberarmarterie Strömungsgeräusche – bis heute basiert darauf die sogenannte indirekte Blutdruckmessung mittels Auskultation. Seit den 1980er Jahren ersetzen zunehmend moderne – allen voran oszillometrische – Messgeräte diese konventionelle Methode. Die neuen Geräte registrieren den Blutdruck automatisch über Gefäßschwingungen, die den Puls während der Druckreduktion in der Arm-Manschette begleiten. Statt einer Quecksilbersäule misst ein elektrischer Messwandler die Werte, über ein Display lassen sie sich ablesen. Apotheken bieten verschiedene Blutdruckmessgeräte an, empfehlenswerte Modelle tragen ein Prüfsiegel der Deutschen Hochdruckliga. Prinzipiell werden Oberarmmessgeräte und Handgelenksmessgeräte unterschieden. Die Oberarmmessung liefert meist genauere Werte, ist aber auch komplizierter. Denn die Manschette muss genau sitzen und daher dem Umfang des Oberarms entsprechen. Die Messung am Handgelenk ist fehleranfälliger. Hier sollte das Gerät während der Messung in Herzhöhe gehalten werden, der Ellenbogen ist dafür auf dem Tisch aufgestützt. Vor dem Messen, egal ob in der Apotheke oder zuhause, sollte eine drei- bis fünfminütige Pause eingelegt werden – so kann der Kreislauf zur Ruhe kommen. Außerdem raten Experten, vorher keinen Kaffee oder Alkohol zu trinken. Der optimale Messzeitraum ist der Morgen vor Einnahme der Medikamente. Es sollte zweimal gemessen und dazwischen eine Pause von einer Minute eingehalten werden. Der Wert der zweiten Messung ist häufig niedriger, er ist der gültige Wert. Anfangs sollte der Blutdruck an beiden Armen bestimmt werden. Danach erfolgt die Messung nur noch an einem, immer demselben Arm. Nur so können die Daten unterschiedlicher Messzeiten miteinander verglichen werden. Wer seine Blutdruckwerte im Verlauf dokumentieren möchte, kann handschriftlich einen Blutdruckpass führen, der z.B. über die Hochdruckliga zu erhalten ist. Es gibt auch die Möglichkeit, die Messzahlen in eine Blutdruck-App einzugeben. Es gibt verschiedene Anbieter, Datum und Uhrzeit sind meist bereits mit aktuellen Werten vorbelegt. Zur Auswertung werden die Daten über einen beliebigen Zeitraum aufgerufen. So können beispielsweise die letzten sieben, 30 oder 90 Tage mit einem Klick angezeigt werden und ausgedruckt werden. Ob Blutdruckpass oder Blutdruckapp – die Aufzeichnungen sollten bei Arztbesuchen vorgelegt werden. Neben der Blutdruckmessung kann noch eine weitere diagnostische Untersuchung wichtige Hinweise über den Gefäßstatuts liefern: die sogenannte Pulswellenmessung, auch „funktionaler Arterien-Check“ genannt. Sie prüft die Elastizität der Gefäße, die mit zunehmendem Alter sowieso abnimmt und auch durch Bluthochdruck beeinflusst wird. Wie beim Blutdruckmessen trägt der Patient eine Manschette am Oberarm, der Blutdruck wird dann mehrmals hintereinander gemessen und ein spezielles Computerprogramm berechnet aus den Werten und anderen Parametern, wie schnell sich die vom Herzen ausgehende Pulswelle in den Gefäßen verbreitet. Je starrer die Adern sind, desto höher ist der gemessene Wert. 5 Auf den Blutdruck hat die Elastizität zwei Auswirkungen: Ist der Blutdruck schon in jüngeren Jahren erhöht, wird die Gefäßwand dicker und unelastischer – der Blutdruck steigt weiter an, ein Teufelskreis beginnt. Nicht selten löst erst die mangelnde Elastizität im Alter einen Hochdruck aus. Erkennbar ist das daran, wenn der erste, der systolische Wert besonders hoch ist. Zudem wird die Elastizität durch äußere Faktoren wie Stress, Fettstoffwechselstörungen, Rauchen und Diabetes negativ beeinflusst. Üblicherweise bezahlen die Krankenkassen die Kosten der Pulswellenmessung nicht – obwohl diese einen wichtigen Hinweis für die Hochdruckbehandlung liefern kann. Patienten, die die Elastizität ihrer Gefäße messen lassen wollen, müssen die Kosten von rund 26 Euro selbst bezahlen. Wie kann ein Bluthochdruck behandelt werden? Zunächst sollten Menschen, bei denen der Blutdruck krankhaft erhöht ist, die Behandlung mit einer Lebensstiländerung beginnen: abnehmen, mehr bewegen, weniger rauchen und trinken. Mit einem gut durchdachten Sportprogramm können die Werte eines Bluthochdrucks um etwa fünf bis zehn mmHg gesenkt werden. Eine tägliche Kochsalzreduktion auf unter sechs Gramm wirkt sich ebenfalls positiv auf den Blutdruck aus. Wer viel Sport treibt, sich gesund ernährt und seinen Alkohol- und Nikotinkonsum niedrig hält, kann später zudem die Dosis der Medikamente reduzieren. Nicht selten reicht eine Lebensstiländerung allein nicht aus – und der Arzt verschreibt ein oder mehrere Medikamente gegen den Bluthochdruck. Mittlerweile gibt es eine breite Auswahl an Präparaten – insgesamt sind auf dem deutschen Markt rund 550 Hochdruckmedikamente verfügbar. Sollte der Blutdruck mit einem Medikament nicht ausreichend positiv beeinflusst werden können, kombiniert der Arzt die Wirkstoffe. Das ist bei etwa jedem zweiten Patienten der Fall. Welche Nebenwirkungen haben die Wirkstoffe? Wichtig sind vor allem fünf Wirkstoffgruppen: Diuretika, Betablocker, Kalziumantagonisten ACE-Hemmer und AT1-Antagonisten. 1) Diuretika sind die mit am häufigsten verschriebenen Medikamente gegen Bluthochdruck. Sie schwemmen Salz und Wasser aus, das Herz muss weniger Flüssigkeit durch den Kreislauf pumpen. Diuretika kommen bei Herzschwäche, Nierenschwäche und Asthma zum Einsatz. Typische Nebenwirkungen können häufiges Wasserlassen, Muskelkrämpfe, Schwäche, Schwindel und Kopfschmerzen sein. 2) Betablocker schützen das Herz über verschiedene Wege vor einer Überbelastung: Die Arzneien reduzieren die Herzfrequenz, sie blockieren ein Hormon, das die Gefäße verengt, und sie sensibilisieren Druckfühler in den Adern, welche die Gefäßweite regulieren. Betablocker erhalten meist Patienten unter 60 Jahren oder solche nach Herzinfarkt, mit koronarer Herzerkrankung oder Herzschwäche. Mögliche Nebenwirkungen sind Kopfschmerzen, Müdigkeit, Schlafstörungen, Schwindel und Durchblutungsstörungen. 3) Kalziumantagonisten verhindern, dass die Gefäße durch Kalzium enggestellt werden. Sie eignen sich alternativ, wenn beispielsweise bei Asthma oder arterieller Verschlusskrankheit Betablocker nicht anzeigt sind. Auch die Kalziumantagonisten können Kopfschmerzen, Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit, Magenschmerzen, Verstopfung, Wassereinlagerungen (Ödeme) und Hautrötungen im Gesicht verursachen. 6 4) ACE-Hemmer blockieren ein bestimmtes Hormon und weiten so die Blutgefäße. Die Arzneien eignen sich bei Herzschwäche, Diabetes und Nierenschwäche. Es gibt verschiedene wichtige Kontraindikationen. Mögliche Nebenwirkungen sind vor allem Reizhusten, Kopfschmerzen, Brechreiz und Durchfall. 5) AT1-Blocker, auch Sartane genannt, blockieren ebenso ein Hormon und wirken der Gefäßverengung entgegen. Dadurch erzeugen sie ähnliche Effekte wie ACEHemmer, sind allerdings besser verträglich und auch teurer. Typische Nebenwirkungen sind Kopfschmerzen, Müdigkeit, Magen-Darm Beschwerden, Schwindel. Seltener als bei ACE-Hemmern kommt es zu Hustenreiz. Mittlerweile werden einzelne Wirkstoffe auch in einer Tablette kombiniert, so zum Beispiel ACE-Hemmer und Diuretika. Diese Fixkombinationen sind für Menschen empfehlenswert, die ohnehin mehrere Arzneien einnehmen müssen. Die Kombipräparate sind jedoch teurer als einzelne Präparate. Die Kosten einer normalen Hochdruckbehandlung liegen bei rund 40 Cent täglich, im Vergleich zu vielen anderen Therapien sind sie damit sehr niedrig. Compliance ist das Hauptproblem Unter Compliance verstehen Experten die Therapietreue, d.h. Bereitschaft, regelmäßig die Medikamente einzunehmen. Bei Hypertonikern ist sie nicht besonders groß, denn die Krankheit selbst tut weder weh, noch hinterlässt sie sichtbare Spuren. Nicht selten fällt also der Appell des Arztes, die Medikamente regelmäßig zu schlucken – um Probleme in zehn oder 15 Jahren zu vermeiden – nicht auf fruchtbaren Boden. Manchen Patienten fällt es auch schwer, einen Überblick über die einzunehmenden Tabletten zu behalten. Zum einen, weil eine Therapie aus der Kombination verschiedener Einzeltabletten bestehen kann, zum anderen weil derselbe Wirkstoff in unterschiedlichen Tablettenformen auf den Markt kommt und je nach Rabattverträgen der Krankenkassen der Patient die Präparate wechseln muss. Hinzu kommen mögliche Nebenwirkungen, die viele Hochdruckpatienten besonders sensibel wahrnehmen, weil sie ja vorher keinerlei andere Beschwerden gespürt haben. Und der Körper, der sich manchmal schon jahrelang an einen nicht bekannten Hochdruck gewöhnt hat, muss sich auf die Senkung des Blutdrucks einstellen und reagiert zunächst mit Symptomen, wie z.B. Müdigkeit. Für die Ärzte ist die Herausforderung dann oft sehr groß: Sie müssen ihren Patienten motivieren und ihnen erklären, dass das Risiko für Spätfolgen durch Nichteinnahme weitaus höher ist als diese Symptome und Nebenwirkungen der Medikamente. Und sie müssen die Therapie immer wieder anpassen und optimieren, wenn der Patient sie nicht gut verträgt oder die angestrebten Blutdruckwerte nicht erreicht. Experten weisen aber auch daraufhin, dass Patienten ihr Recht auf eine gute Medikamentation einfordern sollten. Experte im Studio Prof. Dr. med. Jürgen Scholze Facharzt für Innere Medizin Direktor der Medizinischen Poliklinik der Charité Charité - Campus Mitte Luisenstraße 13 10117 Berlin Tel. 030 450 5140 30 7 Experten im Beitrag Dr. med. Bozena Rautenberg Fachärztin für Innere Medizin Medizinische Poliklinik der Charité Universitätsmedizin Berlin Charité Luisenstraße 11-13A Hypertoniesprechstunde 10117 Berlin Tel. 030 450 514 018 Dr. Lars Hennig Facharzt für Innere Medizin, Schwerpunkt Kardiologie Hubertusstraße 10 12163 Berlin Tel. 030 7915018 Dr. Peter Karsten Facharzt für Allgemeinmedizin Aßmannshauser Straße 11A 14197 Berlin Tel. 030 82 70 93 00 Weiterführende Adresse Deutsche Hochdruckliga e.V. DHL® Deutsche Gesellschaft für Hypertonie und Prävention Berliner Straße 46 69120 Heidelberg Herz-Kreislauf-Telefon: 06221 588 555 [email protected] www.hochdruckliga.de Hirnblutung – Drama mit Happy End Die Folgen einer Hirnblutung können trotz umfassender medizinischer Versorgung lebenslang spürbar bleiben. Aber es kann mit langem Training und guter Therapie einen Weg zurück geben ins Berufsleben. Die rbb Praxis zeigt den beeindruckenden und erfolgreichen Kampf eines Busfahrers und seiner Ärzte um seine Gesundheit und Arbeitsfähigkeit. Das Aneurysma beschreibt eine spindel- oder sackförmige Ausweitung einer Arterie. Sie entsteht, wenn die Wand eines Gefäßes an einer Stelle dünner ist als an anderen und sich ausstülpt. Das Risiko, dass ein Aneurysma reißt, erhöht sich mit steigendem Durchmesser der Gefäßausstülpung. Auch in den Hirnarterien selbst ist ein Aneurysma nicht selten. Denn hier ist die Muskelschicht der Gefäße dünner als an den anderen Arterien im Körper. Hirnarterien sind also quasi prädisponiert für ungewollte Ausbuchtungen, nicht selten finden sich bei einem Patienten gleich mehrere Schwachstellen der Gefäße. Schätzungen zufolge leben acht Prozent aller Erwachsenen mit einem Hirnaneurysma. Frauen sind etwas öfter betroffen als Männer. 8 Die Diagnostik bei Verdacht erfolgt beispielsweise mithilfe des Angio-MRTs. Entdecken die Ärzte gleich mehrere Aneurysmen, könnte eine genetische Neigung vorliegen. In diesen Fällen raten sie auch nahen Verwandten zur Absicherung mittels einer MRTDiagnostik – selbst wenn diese keine Beschwerden wie Kopfschmerzen haben. Die Kasse übernimmt die Kosten. Wer bereits weiß, dass er ein Aneurysma im Kopf trägt, sollte sich schon früh mit dem Gedanken an eine Operation oder eine Katheter-Behandlung anfreunden. Prinzipiell gibt es zwei Behandlungsmöglichkeiten: Zum einen eine Operation mit Verschluss des Aneurysma durch einen Clip, durchgeführt von Neurochirurgen. Zum anderen können Aneurysmen heute endovaskulär mit Verschluss durch Platinspiralen versorgt werden. Die Spiralen heißen Coils, das Verfahren Coiling. Fachleute raten zu diesem Verfahren bei größeren Aneurysmen ab einem Durchmesser von etwa fünf Millimeter. Kleinere Aneurysmen sollen eher beobachtet werden. Da sowohl die operative als auch die endoskopische Methode mit einem gewissen Komplikationsrisiko verbunden sind, sollten die Eingriffe auf Patienten beschränkt bleiben, bei denen ein Aneurysma zu platzen droht. Problematisch ist, dass das bisher niemand vorhersagen kann. Ärzte sind bisher auf vage Hinweise wie Größe, Form und Lage der Gefäßfehlbildung angewiesen. Kommt es zu diesem Notfall, droht eine lebensbedrohliche Hirnblutung im Raum zwischen Gehirn und der darüberliegenden Spinnenhaut: Durch diese Einblutungen in die mit Flüssigkeit gefüllten Hirnräume erhöht sich auch der Druck auf die Hirnstrukturen selbst. Betroffene spüren plötzlich einsetzende, unerträgliche Kopfschmerzen, Sehstörungen und eine besondere Nackensteifigkeit. Etwa die Hälfte stirbt an der Hirnblutung. Die übrigen Betroffenen haben meist bleibende neurologische Schäden. Diese neurologischen Schäden verändern das Leben der Betroffenen und ihrer Familien stark. Meist müssen die Patienten erst wieder lernen, im Alltag klarzukommen. Manche schaffen es, wieder in den Beruf einzusteigen. Für andere Betroffene ist das nicht möglich, sei es, weil die ursprünglichen Tätigkeiten zu anspruchsvoll, zu verantwortungsvoll oder aus anderen Gründen nicht vereinbar sind mit den Folgen der Hirnblutung. Prominentes Beispiel ist die ehemalige ARD-Sportreporterin Monika Lierhaus. Anfang 2009 unterzog sie sich einer Operation, um ein Hirn-Aneurysma entfernen zu lassen. Da Komplikationen auftraten, wurde sie für vier Monate in ein künstliches Koma versetzt. Nach Jahren der Rehabilitation arbeitete sie zwar wieder für die ARD-Fernsehlotterie und berichtete in Hintergrund-Interviews von der Fußballweltmeisterschaft 2014. Ein Comeback als Moderatorin wird es aber wohl nicht mehr geben. Immer besser versorgt werden Patienten mit Hirnleistungsstörungen nach erworbener Hirnschädigung durch einen Unfall, eine Hirnblutung oder einen Schlaganfall heute aber in sogenannten ambulanten Rehabilitations-Einrichtungen. Seit 2013 werden sie bei entsprechender Indikation von der Krankenkasse bezahlt. 9 Die Experten in den Reha-Einrichtungen finden zunächst heraus, welche Hirnleistungsstörungen vorliegen. Dann entwerfen sie eine passgenaue Therapie für jeden Patienten. Zum Spektrum der Zentren zählen Leistungen der Neuropsychologie wie die Verhaltenstherapie. Dabei kommen auch computergestützte Verfahren zum Einsatz. Bei Bedarf kann die Behandlung zeitweise oder komplett im Wohnumfeld des Betroffenen durchgeführt werden. Zudem beraten die Experten Angehörige, initiieren und begleiten bei Prozessen der beruflichen oder sozialen Wiedereingliederung mit regelmäßigen Arbeitsplatzbesuchen, erstellen neuropsychologische Gutachten und Befunde für Berufsgenossenschaften, Gerichte und Versicherungen. Fachliche Expertise besteht zudem in der begleitenden psychotherapeutischen Behandlung. Experten im Beitrag: Dr. Sabine Heel Psychologin Zentrum für ambulante Neuropsychologie und Verhaltenstherapie Schleiermacherstraße 24 10961 Berlin Tel. 030 69505666 E-Mail: [email protected] Dr. Alexander Bock Facharzt für Radiologie Klinische und interventionelle Neuroradiologie Vivantes Klinikum Neukölln Rudower Straße 48 12351 Berlin Tel. 030 130 14 3861 RBB „rbb Praxis“ Masurenallee 8 –14 14057 Berlin www.rbb-praxis.de Redaktion: Redaktionsassistenz: Moderation: Infotext: Stand der Information: Juliane Rossius Christine Salminger Britta Elm Beate Wagner 04.03.2015 10
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