REDE von Franz Sodann - Fraktion DIE LINKE im Sächsischen

036. Sitzung des 6. Sächsischen Landtages, 22.06.2016
Rede von MdL Franz Sodann während Aktuellen Debatte auf Antrag der Fraktion DIE
LINKE zum Thema: „Die staatliche Porzellanmanufaktur Meissen – Tradition stärken, Vertrauen wieder herstellen, Experimente beenden!“
Auszug Stenografenprotokoll
Herr Präsident!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
In einer Pressemitteilung Ihres Ministeriums, Herr Unland, vom 16.11.2014 heißt es  ich
zitiere: "Der Freistaat Sachsen bekennt sich zum kulturellen Erbe und zur 300-jährigen
Tradition der Porzellanmanufaktur und betont die Bedeutung für die Identität der Region
und ganz Sachsen." Weiter sagten Sie: "Ziel bleibt das wirtschaftliche Wachstum der Manufaktur mit dem Kerngeschäft Porzellan und die Sicherung der Arbeitsplätze." Ich muss
es hier tatsächlich wiederholen: 300 Jahre Tradition, 300 Jahre künstlerisches Handwerk,
300 Jahre, in denen es den Künstlerinnen und Künstlern immer wieder gelungen ist, sich
und die Manufaktur neu zu erfinden.
Ihrerseits kein Vertrauen in die Mitarbeiter,
(Zuruf des Abg Peter Wilhelm Patt, CDU)
sondern die Idee eines weltweit agierenden Luxuskonzerns mit der Herstellung von
Schals, Klimbim, Tischchen, Deckchen, Törtchen  Ladenhüter im Wert von 2,8 Millionen
Euro. Die italienische Tochter ist noch einen Euro wert. Für diesen Trip wurde 180 Beschäftigten gekündigt. Vor diesen Zahlen, Herr Patt, ist das, was Sie machen, Realitätsverweigerung und Schönmalerei.
(Starker Beifall bei den LINKEN)
Als ich vor einem Jahr sagte, die Manufaktur sei zu einem Intershop für Nippes, für neureiche Kleinbürger verkommen, haben Sie, Herr Michel, mich beschimpft, ich hätte die
Mitarbeiter mit meinen Äußerungen beleidigt. Im Gegenteil: Ich habe mich vor die Künstlerinnen und Künstler gestellt, und das habe ich auch weiterhin vor; denn der jetzige Weg,
den der Ökonom Tillmann Blaschke einschlägt, Porzellan zu bedrucken, zeugt nämlich
wiederum von Misstrauen und geht am Kern vorbei.
(Beifall bei den LINKEN - Zuruf des Abg. Jens Michel, CDU)
Damit findet keine Aufwertung, sondern eine Abwertung bzw. endgültige Entwertung des
Meissner Porzellans und dessen Weltrufs statt.
Meinen Sie wirklich, dieses Hickhack ist hilfreich beim Ansehen der gekreuzten Schwerter
 einer Traditionsmarke weltweit? Viele verbinden mit diesem Symbol Meissen: Eine
schlechtere Öffentlichkeitsarbeit habe ich bisher noch nicht gesehen.
(Beifall des Abg. Klaus Bartl, DIE LINKE)
Ich werde mich weiterhin schützend vor die Angestellten stellen; denn deren Kunst, wenn
Dekore künftig vermehrt aufgedruckt werden, wird teilweise nicht mehr gebraucht. Reden
wir hier von neuen Entlassungen? Und wo bleibt eigentlich der zweite Geschäftsführer, der
sich in der Porzellankunst auskennt? Wo bleibt die Strategie? Wo bleibt die Philosophie - (Mario Pecher, SPD: Bewerb dich doch, wenn du es besser kannst!)
 Es gibt doch aber wohl einen Aufsichtsrat, der sich darum kümmern sollte.
Wo bleibt die Philosophie für die Entwicklung einer „Manufaktur“? Wo bleibt das Eingreifen
des Freistaates, der zu 100 % beteiligt und damit zu 100 % verantwortlich ist?
Das zeigt den Umgang einer Staatsregierung und einer regierenden Fraktion mit einem
kulturellen Erbe und die Ignoranz und die Empathielosigkeit für Kultur und Kulturschaffende im Allgemeinen.
(Beifall bei den LINKEN)
50 Millionen Euro Steuergelder sind bisher hineingepumpt worden. Was hätte man mit
diesem Geld alles für die Manufaktur tun können?' Man hätte das Kulturgut erhalten, weiterentwickeln und diesen Imageverlust ersparen können, den es überhaupt nicht gebraucht hätte; denn vor Kurtzkes Ausflug nach Italien stand die Sächsische Porzellanmanufaktur gar nicht schlecht da. Es gab Rückstellungen, und diese wurden im Zuge der
Neuausrichtung eben auch aufgebraucht.
Tillman Blaschkes Umstellen jetzt auf Druck verlangt weitere kostspielige Investitionen.
Dekoraufdrucke widersprechen der Tradition einer Manufaktur. Handgemalt ist doch gerade das Markenzeichen und macht den Wert des Meissner Porzellans aus. Das anzutasten
wäre eine desaströse Missachtung der Tradition  weiterer Imageverlust vorprogrammiert!
(Zuruf des Abg. Peter Wilhelm Patt, CDU)
Dabei war Herr Blaschke doch anfangs gut unterwegs; er hatte gute Ideen  die Verjüngung des Sortiments auf allerhöchstem kunsthandwerklieh malerischem Niveau, wie er
sagte. Er wolle probieren, alles sei erlaubt  aber immer unter dieser Prämisse.
Warum nicht eine Zusammenarbeit mit einem weltbekannten chinesischen Künstler, wenn
es hilft? Aber man kann doch erst einmal vor der eigenen Tür schauen, denn da liegt das
Potenzial in Gestalt des Vereins "Weißer Elefant". Alle Mitglieder waren einst in der Manufaktur beschäftigt  und nicht irgendwo, nein, sie waren im Entwicklungsteam „Modernes
Porzellan“. Kurtzke hatte diese Teams aufgelöst und die Mitarbeiter wurden entlassen.
Nun ist es aber jene Gruppe, die jetzt gerade eine internationale Porzellanbiennale organisiert  und die Sächsische Porzellanmanufaktur will davon nichts wissen.
Frau Stange  jetzt ist sie nicht anwesend  hätte ich gedankt, dass sie die Schirmherrschaft übernommen hat.
Sehr geehrter Herr Unland, liebe Staatsregierung!
Ich kann Ihnen nur raten: Hören Sie auf, dieses kulturellen Erbe zum Spielball wahnwitziger kurzsichtiger Ideen werden zu lassen - frei nach Brecht: Ja, mach nur einen Plan, sei
nur ein großes Licht, und mach noch einen zweiten Plan, geh'n tun 'se beide nicht.
Machen Sie Schluss mit den Experimenten, besinnen Sie sich auf das Kerngeschäft,
bekennen Sie sich zum kulturellen Erbe, zum Kulturgut! Vertrauen Sie den Künstlerinnen
und Künstlern, schützen Sie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter!
Erhalten Sie Arbeitsplätze und stecken Sie nächste Steuergelder in die Marke Meissner
Porzellan  in die Handwerkskunst und nicht in eine Druckwerkstatt!
Vielen Dank.
(Starker Beifall bei den LINKEN - Vereinzelt Beifall bei den GRÜNEN)I