autoexperte dudenhöffer: "autowelt geht von brexit nicht unter"

REFERENDUM IN GROSSBRITANNIEN
AUTOEXPERTE DUDENHÖFFER:
"AUTOWELT GEHT VON BREXIT NICHT
UNTER"
Gabriel Pankow am 21. Juni 2016
Das Referendum, ob die Briten in der EU bleiben wollen steht kurz bevor. Ein
Brexit erscheint vielen in der Industrie als Horrorszenario. Autoexperte
Ferdinand Dudenhöffer warnt aber vor Panikmache: „Die Autowelt geht durch
einen Brexit nicht unter.“
Der Direktor des CAR-Instituts an der Uni Duisburg-Essen sowie Inhaber des
Lehrstuhls für Automobilwirtschaft sagt: „ Bei nüchterner Betrachtung erscheint in der
Autobranche ein Brexit längst nicht so gefährlich, wie ihn viele Verbände und
Unternehmen an die Wand malen.“ Vor allem dürfe man die Bedeutung des
britischen Automarktes nicht überschätzen. 2,6 Millionen Neuwagen verkauften die
Autobauer im vergangenen Jahr im Vereinigten Königreich. Weltweit waren es 78
Millionen. Das Kuchenstück der Briten am Weltmarkt macht damit nur 3 Prozent aus.
Dudenhöffer fragt: „Können drei Prozent einen Untergang der Branche auslösen?“
Selbst bei einem Absatzeinbruch um 50 Prozent bestehe für die Autoindustrie kein
Grund zur Panik. Denn der erwartete Zuwachs in China würde das locker
ausgleichen – selbst bei vorsichtigen Prognosen für das Reich der Mitte. Darüber
hinaus würden die OEMs ihre Absatz-Verluste in Großbritannien mittelfristig wieder
aufholen – so wie in jedem gesättigtem Markt.
Bleibt die Frage nach den deutsche Autobauern und dem Wechselkurs. Für den Fall,
dass das Pfund nach dem Brexit deutlich abgewertet würde, wäre das für den VWKonzern und Daimler durchaus unangenehm. „Aber für BMW, Ford, Opel liegt
natürliches Hedging vor, denn diese Autobauer sind mit Produktionen auf der Insel
vertreten“, erklärt Dudenhöffer. Insgesamt gelte ohnehin, dass Wechselkurs-Risiken
zum Geschäft der Autobauer gehören. „Daimler und VW hätten schlechte
Finanzvorstände, wenn die Umsätze der kommenden Jahre nicht über
Devisentermingeschäfte abgesichert würden“, so der Autoexperte.
Im Falle einer Abwertung des Pfunds gäbe es unter den Autobauern sogar
Gewinner. Nissan baut in Großbritannien jährlich rund 500.000 Fahrzeuge, das
Produktionsvolumen von Jaguar Land Rover ist ähnlich hoch. Viele der Fahrzeuge
gehen in den Export. Eine Abwertung wäre deswegen sogar von Vorteil für diese
OEMs.
Andere sehen einen Brexit hingegen durchaus problematisch für die Autoindustrie.
BMW-Vertriebschef Ian Robertson sagte, die Strategie seines Unternehmens baue
auf einen EU-Markt mit 500 Millionen Verbrauchern. Rolls-Royce-Chef Torsten
Müller-Ötvös warnte per Mitarbeiterbrief, der Freihandel mit den EU-Ländern stehe
bei einem Austritt infrage: "Zollschranken würden höhere Kosten und höhere Preise
bedeuten."
NOZ: DUDENHÖFFER: BREXIT WÄRE
FÜR AUTOMOBILBRANCHE
PROBLEMLOS VERKRAFTBAR
Osnabrück (ots) - Dudenhöffer: Brexit wäre für Automobilbranche problemlos
verkraftbar
Wissenschaftler kritisiert politische Panikmache
Osnabrück. Der Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer hält die Auswirkungen
eines möglichen britischen Ausstiegs aus der EU auf die Automobilwirtschaft für
überschaubar. In einem Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Dienstag)
sagte der Direktor des CAR-Instituts an der Universität Duisburg-Essen, einige
Hersteller könnten sogar profitieren. "Gehen wir mal davon aus, dass das Pfund nach
dem Brexit deutlich abgewertet würde. Für den VW-Konzern und Daimler wäre das
unangenehm, aber BMW, Ford und Opel hätten auch Vorteile, denn diese Autobauer
sind mit Produktionen auf der Insel vertreten", sagte der Professor. Ein beträchtlicher
Teil des Währungseffektes werde so abgefedert.
Echte Gewinner wären Hersteller wie Nissan als größter in Großbritannien tätiger
Automobilhersteller mit 500.000 Fahrzeugen im Jahr, außerdem Landrover, Toyota
und Honda.
Politische Handelshemmnisse erwartet Dudenhöffer keine. Auch die Nachfrage der
Kunden werde nicht dauerhaft sinken. Nachholeffekte und das Wachstum in anderen
Regionen fingen kleine Dellen mehr als auf, sagte er. "Tatsache ist, die Autowelt geht
durch einen Brexit nicht unter", so der Wissenschaftler. "Panikmache von Politikern,
Verbänden und Unternehmen ist gefährlich", warnte er. "Das größte Problem unserer
Europapolitik ist die Glaubwürdigkeit", gab Dudenhöffer zu bedenken. Diese leide,
wenn die dramatisch geschilderten Folgen gar nicht zuträfen.
OTS: Neue Osnabrücker Zeitung