Drucken - Pfefferminzia

Beamter außer Dienst
Wie man die Arbeitskraft von Beamten am besten absichert
Immer wieder hört man, dass man Beamte gar nicht gegen Berufsunfähigkeit versichern kann, sondern nur
gegen Dienstunfähigkeit. „Stimmt das?“, fragten wir BU-Experte Stephan Kaiser. Hier kommt seine
Antwort.
Kurz gesagt: Nein, das stimmt nicht. Der Argumentation, Beamter sei kein Beruf, sondern nur ein
Zustand, folgend, könnte man auch keinen Angestellten versichern, da hier dasselbe gilt. Man
versichert letztlich den „angestellten Einzelhandelskaufmann“ oder analog den „verbeamteten
Gymnasiallehrer“.
Aber von vorn. Was ist eigentlich der Beruf im Sinne einer Berufsunfähigkeitsversicherung (BU)? Das
Landgericht Bonn hat das einmal so definiert: „Beruf [...] ist daher in objektiver Hinsicht nur eine echte,
auf Dauer angelegte, dem Erwerb des Lebensunterhalts dienende, plan- und regelmäßige Tätigkeit im
Rahmen der Sozialordnung.“
Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit zählt
Nicht nur der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird das dahingehend verstehen, dass der
verbeamtete Gymnasiallehrer einen Beruf ausübt, sondern auch der durchschnittliche Versicherer.
Weshalb die meisten unter ihnen unserem verbeamteten Gymnasiallehrer auch eine BU-Absicherung
anbieten. Im Leistungsfall ist dann nach vorwiegender Meinung auch beim Beamten auf die zuletzt
ausgeübte Tätigkeit in ihrer konkreten Ausgestaltung abzustellen.
Ob sich diese Rechtsmeinung im Hinblick auf das Zuweisungsrecht des Dienstherrn auf andere
Verwendungsmöglichkeiten (quasi analog zur Umorganisationsklausel bei Selbstständigen) nicht
irgendwann ändert, sei dahingestellt. Vereinzelt argumentieren Gerichte schon so.
Ist eine DU-Klausel sinnvoll?
Der Pfefferminzia Newsletter ‐ für Versicherungsprofis
www.pfefferminzia.de
Beamte gegen BU zu versichern, ist in der Regel also möglich. Eine wichtige Frage ist nun, ob es für
den Beamten ausreichend ist, eine BU abzuschließen, oder ob er nicht besser eine
Dienstunfähigkeits(DU)-Klausel vereinbaren sollte.
Vor einigen Jahren war folgende Definition der DU-Klausel üblich: „Bei Beamten des öffentlichen
Dienstes gilt die Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit beziehungsweise die
Entlassung wegen Dienstunfähigkeit als vollständige Berufsunfähigkeit.“
Anmerkung: Versetzt wird der Beamte auf Lebenszeit, entlassen der Beamte auf Widerruf oder Probe;
wird also die Entlassung wegen Dienstunfähigkeit in einer Klausel nicht erwähnt, gilt sie nur für Beamte
auf Lebenszeit. Vereinbart der Versicherer diese Klausel, unterwirft er sich vollständig der Entscheidung
des Dienstherrn ohne Möglichkeiten einer Verweisung oder einer Nachprüfung. Der Jurist spricht in
diesem Zusammenhang von der „unwiderleglichen Vermutung“ der Berufsunfähigkeit.
Schlechte Erfahrungen mit Post und Bahn
Klauseln dieses Wortlauts waren lange Zeit üblich, weil die Versicherer davon ausgingen, dass der
Dienstherr einen Beamten nur dann, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, in den
vorzeitigen Ruhestand schicken wird. Will heißen, bis der Beamte dienstunfähig entlassen wurde, wäre
er schon lange BU gewesen. Dieses Vertrauen der Versicherer wurde durch die Privatisierung von Post
und Bahn und die damit praktizierte Ausdünnung des zugehörigen Beamtenapparats nachhaltig
zerstört. Daher finden sich in heutigen Angeboten meist DU-Klauseln mit abweichendem Inhalt.
Die neueren DU-Klauseln wurden daraufhin so formuliert, dass man als Versicherer nicht mehr
vollständig von der Entscheidung des Dienstherrn abhängig ist; zumindest dann nicht, wenn sie vom
Dienstherrn zwar bejaht wird, aber objektiv gesehen gar nicht vorgelegen hat.
Verschiedene Formulierungen
Eine mögliche Variante lautet: „Bei Beamten des öffentlichen Dienstes gilt die Versetzung in den
Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit beziehungsweise die Entlassung wegen Dienstunfähigkeit
ausschließlich aus gesundheitlichen Gründen als vollständige Berufsunfähigkeit.“ Hier soll der
Einschub „ausschließlich aus gesundheitlichen Gründen“ Leistungen aus der Abteilung „goldenes
Seil“ analog Post und Bahn verhindern. Allerdings sieht die geltende Rechtsprechung das anders,
sodass auch diese Klausel die unwiderlegliche Vermutung der Berufsunfähigkeit enthält („echte
DU-Klausel“).
Der Pfefferminzia Newsletter ‐ für Versicherungsprofis
www.pfefferminzia.de
Eine andere, mittlerweile immer häufiger verwendete Variante ist: „Vollständige Berufsunfähigkeit liegt
vor, wenn die versicherte Person als Beamter infolge eines körperlichen Gebrechens oder wegen
Schwäche ihrer körperlichen oder geistigen Kräfte zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd
dienstunfähig ist und wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt oder entlassen wird.“
Hier müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein, die Versetzung in den Ruhestand alleine ist nur eine
widerlegbare Vermutung der BU („unechte DU-Klausel“). Hier wird im Prinzip die Entscheidung, ob DU
vorliegt, von der des Dienstherrn getrennt; der Versicherer beurteilt das selbst.
Auch eine spezielle Dienstunfähigkeit gibt es
Außerdem gibt es Anbieter, die die „spezielle Dienstunfähigkeit“ in ihren Klauseln erwähnen, wie
Klauseln für den Polizei- oder Justizvollzugsdienst. Hier kommen, meist befristete, Leistungen zur
Auszahlung, wenn der Beamte gewissen speziellen Anforderungen seines Dienstes nicht mehr
gewachsen ist: Der Beamte, dem auf Streife bei der Verfolgung eines Bankräubers ins Knie
geschossen wurde, kann aufgrund der Verletzungsfolgen nicht mehr in den Streifendienst, aber wohl in
die Verwaltung.
Dies ist nicht der Dienstunfähigkeit im Sinne der obigen Klauseln gleichzusetzen, da der Beamte hier ja
nicht entlassen wird. Schließlich sei der Vollständigkeit halber erwähnt, dass Soldaten oder Richter
nicht automatisch als Beamte im Sinne obiger Klauseln gelten. Für diese Berufsgruppen werden eigene
Klauseln angeboten.
Ergänzende versus ersetzende DU-Klauseln
Schlussendlich sei noch auf eine Besonderheit hingewiesen: Es gibt ergänzende und ersetzende
DU-Klauseln. Eine ersetzende DU-Klausel ersetzt den Begriff der BU für den Beamten durch den
Begriff DU, eine ergänzende DU-Klausel erlaubt zusätzlich zur BU auch die DU. Klarerweise sind die
ergänzenden DU-Klauseln zu bevorzugen, da für den Beamten der Leistungsfall entweder nach
BU-Definition oder nach DU-Klausel eintreten kann. Ob eine DU-Klausel ergänzend ist, ergibt sich aus
deren Wortlaut. Beispielsweise: „Bei einem Beamten liegt Berufsunfähigkeit auch vor, wenn ... [nun
folgt die DU-Klausel].“ Hier ist das „auch“ der Hinweis, dass beide Möglichkeiten existieren.
Behalten Sie bei Ihrer Auswahl auch immer die Tatsache im Auge, dass Beamte ab und an freiwillig ihre
Beamtenlaufbahn verlassen. Dann würden die reinen BU-Bedingungen wichtig. Und die sind bei vielen
Angeboten mit DU-Klausel von minderer Qualität.
Der Pfefferminzia Newsletter ‐ für Versicherungsprofis
www.pfefferminzia.de
Was hat nun Vorteile für Beamte?
Bleibt nun noch die Frage: Reicht es, wenn sich der Beamte nur gegen BU versichert oder braucht er
eine BU mit DU-Klausel? Eine BU mit einer unechten DU-Klausel wird dem Beamten keinen
besonderen Vorteil bringen, weil der Versicherer sich ja nicht mehr an die Entscheidung des
Dienstherrn bindet und der Beamte nachweisen muss, dass DU gemäß Versicherungsbedingungen
vorliegt. Das ist auch nichts anderes als der Nachweis einer BU.
Eine BU ganz ohne DU-Klausel wird im Endergebnis wohl zu denselben Leistungsentscheidungen
führen wie eine mit (echter) DU-Klausel: Sehen wir von den unrühmlichen Fällen aus der oben
erwähnten Abteilung „goldenes Seil“ ab, dann sollte ein dienstunfähiger Beamter in der Regel auch
berufsunfähig sein. Der Vorteil der Klausel liegt also vor allem in der Tatsache, dass der Beamte nichts
mehr nachweisen muss und das Verfahren wesentlich abgekürzt wird.
Die beste Lösung
Eine BU mit ersetzender DU-Klausel nimmt dem Beamten die Möglichkeit, den Versicherungsfall über
die BU-Definition nachzuweisen. Das ist deshalb nachteilig, weil es in der Praxis häufig vorkommt, dass
der Beamte berufsunfähig ist, aber nicht dienstunfähig: Man denke zum Beispiel an die Möglichkeit der
Teildienst(un)fähigkeit.
Das Fazit also lautet: Natürlich kann man einen Beamten gegen Berufsunfähigkeit versichern. Die beste
denkbare Lösung wäre also eine qualitativ hochwertige BU-Versicherung, die durch eine echte
DU-Klausel ergänzt wird.
Über den Autoren
Stephan Kaiser ist seit 20 Jahren in der Branche aktiv und hat sich schon früh als Makler auf die
Berufsunfähigkeitsversicherung spezialisiert. 2012 gab er seinen Maklerstatus auf und gründete seine
eigene Firma – den BU-Expertenservice. Damit begleitet er Makler und ihre Kunden im
BU-Leistungsfall. Über 500 Fälle hat er bereits bearbeitet.
Dieser Artikel erschien am 15.06.2016 unter folgendem Link:
http://www.pfefferminzia.de/beamter-ausser-dienst-wie-man-die-arbeitskraft-von-beamten-am-besten-absichert-1466007499/
Der Pfefferminzia Newsletter ‐ für Versicherungsprofis
www.pfefferminzia.de
Powered by TCPDF (www.tcpdf.org)