Kommunikation Kanton Bern Staatskanzlei Anlass Medienkonferenz der Juradelegation des Regierungsrates (JDR) Thema Gemeindeabstimmung in Moutier – Regierungsrätliche Juradelegation nutzt Inkrafttreten des Gesetzes für Standortbestimmung Datum Freitag, 17. Juni 2016 Referent Regierungsrat Philippe Perrenoud, Präsident der Juradelegation des Regierungsrates (JDR) Sehr geehrter Herr Erziehungsdirektor, lieber Bernhard Sehr geehrter Herr Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektor, lieber Christoph Sehr geehrter Herr Staatsschreiber Werte Medienschaffende Ich heisse Sie herzlich willkommen an der heutigen Medienkonferenz. Wir werden uns heute meistens auf Französisch, in Teilen aber auch auf Deutsch äussern. Es informiert Sie heute die Juradelegation des Regierungsrates, die ich über zehn Jahre präsidieren durfte. Der Regierungsrat hat mit Freude zur Kenntnis genommen, dass innert der gesetzten Frist kein Referendum gegen das Gesetz betreffend die Durchführung von Abstimmungen über die Kantonszugehörigkeit Bernjurassischer Gemeinden – kurz: KBJG – ergriffen wurde. Er wird in den nächsten Tagen das Datum des Inkrafttretens formell auf den 1. August 2016 festlegen. Dieser Beschluss ist formell der letzte Akt, den es braucht, um den Weg für die von der Bevölkerung von Moutier sehnlichst erwartete Abstimmung zu ebnen. Die Gemeindebehörden planen, den Urnengang am Sonntag, 18. Juni 2017, durchzuführen. Weitere Gemeinden im Umland von Moutier könnten innerhalb von drei Monaten nach der Abstimmung in Moutier ebenfalls über ihre Kantonszugehörigkeit abstimmen, sollte Moutier beschliessen, den Kanton Bern zu verlassen und dem Kanton Jura beizutreten. ******* Meine Damen und Herren, nach der Übergabe des Schlussberichts der Interjurassischen Versammlung (IJV) zur Zukunft der Juraregion am 4. Mai 2009 – also vor mehr als sieben Jahren – galt es für die Exekutiven beiden Kantone Bern und Jura, sich auf ein Verfahren einigen. Dieses Verfahren sollte es den beiden unmittelbar betroffenen Bevölkerungen im Berner Jura und im Kanton Jura erlauben, sich demokratisch über die institutionelle Zukunft ihrer Region zu äussern. Als Medienschaffende sind Sie bestens vertraut mit den bisherigen Geschehnissen. Jetzt, da ich mein Amt niederlege, möchte ich es nicht versäumen, Ihnen herzlich zu danken für Ihren Diese Mediendokumentation ist auch online: www.be.ch/medienmitteilungen Medienkonferenz der Juradelegation des Regierungsrates (JDR) vom Freitag, 17. Juni 2016 Beitrag an dieser demokratischen Debatte. Die Medien haben in dieser Zeit umfassend über die Herausforderungen und die Hintergründe der heute noch bestehenden Jurafrage berichtet. Auf der Basis der Vorschläge der Interjurassischen Versammlung haben sich die beiden Kantonsregierungen auf ein Vorgehen geeinigt und dieses in einer Absichtserklärung festgehalten, die unter der Schirmherrschaft des Bundesrats am 20. Februar 2012 unterzeichnet wurde. Gemäss der Absichtserklärung fand am 24. November 2013 in beiden Kantonen eine Abstimmung statt, deren Ergebnis bekannt ist und auf das ich darum nicht weiter eingehen werde. Ohne polemisch sein zu wollen – bekanntlich ist das nicht meine Art –, darf man nach meiner Auffassung die Haltung vertreten, dass der Ausgang dieser doppelten Abstimmung im Herbst 2013 die Jurafrage im Wesentlichen politisch geregelt hat. Eine wichtige Frage blieb allerdings offen. Ich bezeichne sie als die Moutier-Frage. Ich bin leider nicht in der Lage, die Einzigartigkeit Moutiers innerhalb des Jurabogens genau, ja wissenschaftlich zu umschreiben. Diese Einzigartigkeit existiert jedoch. Dies werden all jene bestätigen, die in Moutier gelebt oder sich besonders für diese Stadt interessiert haben. Man denke nur schon an die Abstimmungen in den Siebzigerjahren, die zur Entstehung des Kantons Jura geführt haben: Im Amtsbezirk Moutier waren die Ergebnisse widersprüchlich. Einige Gemeinden wünschten Teil des neuen Kantons zu werden, während andere das Projekt verwarfen. Die Ergebnisse in der Stadt Moutier waren immer knapp. Diese Einzigartigkeit war auch am 24. November 2013 zu spüren. Die Bevölkerung von Moutier, wo zwei politische Kulturen nebeneinander existieren, entschied sich als einzige im Berner Jura für die Einleitung eines Verfahrens, das zur Gründung eines neuen Kantons hätte führen können. Das angestrebte Kantonsgebilde wäre aufgrund eines neuartigen verfassungsrechtlichen Verfahrens vollkommen neu gestaltet worden. Der Regierungsrat ist sich der Einzigartigkeit der Stadt Moutier bewusst. Er hatte die besondere Rolle von Moutier bereits durch die Unterzeichnung der Vereinbarung vom 25. März 1994, in der namentlich die Interjurassische Versammlung eingesetzt worden ist, anerkannt. Ich hatte die Ehre, Teil der Interjurassischen Versammlung zu sein, einer bemerkenswerten Institution, die dazu geführt hat, dass in einem respektvollen Dialog über die institutionelle Zukunft der Juraregion verhandelt wurde. Der Regierungsrat hat dies anerkannt, indem er sich im Kontext der doppelten Abstimmung über die institutionelle Zukunft mit dem Grundsatz der gemeindeweisen Abstimmungen auf Gesuch hin einverstanden erklärt hat. Er tat dies, obwohl im Berner Jura deutliche Skepsis zu spüren war. Nach dem Ja von Moutier am 24. November 2013 kam es für den Regierungsrat daher nicht überraschend, dass die Gemeinde Moutier am 9. April 2014 darum ersuchte, eine Abstimmung über ihre zukünftige Kantonszugehörigkeit durchführen zu können. 2/4 Medienkonferenz der Juradelegation des Regierungsrates (JDR) vom Freitag, 17. Juni 2016 In diesem Fall handelt es sich allerdings nicht um eine Konsultativabstimmung. Die Bevölkerung Moutiers stimmt nächstes Jahr darüber ab, ob sie beim Kanton Bern bleiben oder in den Kanton Jura wechseln möchte. Im Juni 2017 wird es also nicht mehr darum gehen, sich zu fragen, ob die Moutier-Frage so am besten gelöst werden könnte. Wir blicken zurück auf eine fünfzehnjährige Tätigkeit der Interjurassischen Versammlung und sieben Jahre intensive Zusammenarbeit zwischen den beiden Kantonsregierungen. Auch wenn alles noch einmal von allen Seiten beleuchtet würde, es gäbe wohl keine bessere Lösung. Wie auch immer diese Abstimmung ausgehen mag, die Stadt Moutier wird ihre Einzigartigkeit beibehalten und wird ein Begegnungsort zwischen zwei politischen Kulturen bleiben. ABER – und das ist im Vergleich zu allem, was in den letzten hundert Jahren geschehen ist, neu: Die Gemeinde Moutier spricht sich allein, in völliger Freiheit über ihre künftige Kantonszugehörigkeit aus. Wie auch immer der Souverän in Moutier entscheiden wird, für die bernische und die jurassische Regierung wird die Jurafrage dann politisch geregelt sein. Wir stehen also vor einer echten politischen Lösung, welche die involvierten Parteien akzeptieren werden. Dies geschieht möglicherweise mit gemischten Gefühlen, aber doch im Wissen, dass eine demokratische Beilegung der Jurafrage besser ist als alle anderen denkbaren Szenarien. In beiden Kantonen mussten Kompromisse akzeptiert werden. Beide Regierungen, beide Parlamente und die wichtigsten politischen Kräfte haben sich bei der Lösungssuche eingesetzt, mit Entschlossenheit und ohne Hintergedanken. Alle waren sich darüber einig, dass es wichtig ist, die Jurafrage abschliessend zu regeln und den Konflikt aus einer Vergangenheit beizulegen – einen Konflikt, den wir alle geerbt, aber nicht verantwortet haben. Damit schliesse ich meine persönliche Bilanz über die letzten zehn Jahre, in denen ich als Präsident der Juradelegation des Regierungsrates im Geist dessen, was 1994 begonnen wurde, zur Lösung der Jurafrage beitragen durfte. Ich ziehe diese Bilanz in aller Bescheidenheit und danke allen, die zu dieser Annäherung beigetragen haben. ******* Meine Kollegen, Regierungsvizepräsident Bernhard Pulver und Regierungsrat Christoph Neuhaus, erläutern nun die Position des Regierungsrates zu Beginn dieser letzten Phase. Denn wenn die Gemeinde Moutier selbstständig und in völliger Freiheit über ihre zukünftige Kantonszugehörigkeit abstimmt, so ist dies weder dem Berner Jura noch dem Kanton Bern gleichgültig. 3/4 Medienkonferenz der Juradelegation des Regierungsrates (JDR) vom Freitag, 17. Juni 2016 Die Berner Behörden wünschen sich, dass sich die Gemeinde Moutier für einen Verbleib im Kanton Bern ausspricht und damit einmal mehr ihre nunmehr zweihundertjährige Zugehörigkeit zum Kanton bekräftigt. Wir hoffen, dass die Mehrheit unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger diesen Wunsch teilt. Wir laden sie ein – und ich betone, es ist eine Einladung –, sich für die Nachhaltigkeit der über Generationen entstandenen Beziehungen und hochstehenden Errungenschaften einzusetzen. 4/4
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