DONNERSTAG, 9. JUNI 2016 KUNDENSERVICE 0 8 0 0 / 9 3 5 8 5 3 7 ** D 2,50 E URO Zippert zappt THEMEN SPORT Interview mit dem EM-Ball: „Man geht durch die Hölle“ Clinton schreibt Geschichte REUTERS/SHANNON STAPLETON; PA/AUGENKLICK/FIRO SPORTPHOTO CLEMENS WERGIN Family Business Ex-Präsident Bill Clinton umarmt seine Frau Hillary – es sieht fast so aus, als wolle er sie auf offener Bühne zum Tanz animieren. Grund zum Feiern haben sie: Hillary Clinton hat weitere entscheidende Vorwahlen gewonnen, unter anderem in Kalifornien, die Nominierung als Präsidentschaftskandidatin der Demokraten ist ihr Migranten aus Nordafrika, Georgien und Serbien sind laut BKA hingegen überproportional häufig unter den Tatverdächtigen. Zahl der Straftaten von Zuwanderern in Deutschland geht insgesamt zurück D sexuelle Selbstbestimmung zu verzeichnen. Eine schwächere Abnahme dagegen zeigte sich bei den Zahlen zu Rohheitsdelikten und Taten gegen die persönliche Freiheit. In jeweils einem Drittel der Fälle begingen Zuwanderer dem BKA zufolge Das Ende des kostenlosen TV in Deutschland Seite 12 VON MARTIN LUTZ Die Mehrheit der von Januar bis April eingereisten Flüchtlinge ist ohne Ausweispapiere nach Deutschland gekommen. Rund 80 Prozent der Migranten, die man kontrolliert habe, seien nicht im Besitz eines erforderlichen Passes gewesen, sagte eine Sprecherin der Bundespolizei. Mögliche Gründe: Manche haben keine, manche brechen überstürzt auf, andere wollen nicht, dass ihr Herkunftsnachweis sie auf der Flucht gefährdet – oder Missbrauch. WIRTSCHAFT WISSEN Warum Menschen gefährliche Dinge tun Seite 20 PANORAMA Russische App macht Datenschützer nervös praktisch nicht mehr zu nehmen. Sie ist die erste Frau, die ins Rennen ums höchste Amt der Vereinigten Staaten geht. „Wir haben heute Nacht Geschichte geschrieben“, ruft Clinton ihren Parteifreunden zu. Tochter Chelsea applaudiert mit geSiehe Kommentar und Seite 7 rührtem Blick. Flüchtlinge aus Syrien werden seltener kriminell ie Zahl der polizeilich erfassten Straftaten von Flüchtlingen in Deutschland ist im ersten Quartal dieses Jahres zurückgegangen. Wurden im Januar noch 25.657 Delikte von Migranten registriert, waren es im März mit 20.915 Taten 18 Prozent weniger. Rechnet man „versuchte“ Straftaten hinzu, liegt die Zahl deutlich höher: bei 69.400 Fällen. Seite 19 Dies geht aus dem Lagebericht „Kriminalität im Kontext von Zuwanderung“ des Bundeskriminalamts (BKA) hervor. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) wollte ihn ursprünglich mit der Polizeilichen Kriminalstatistik bereits im Mai vorlegen. Doch zunächst lieferten nicht alle Bundesländer dazu Zahlen. Die signifikantesten Rückgänge waren in den Kriminalitätsfeldern der Vermögens- und Fälschungsdelikte, der Diebstahlsdelikte und der Straftaten gegen die Diebstähle (rund 29 Prozent) sowie Vermögens- und Fälschungsdelikte (28 Prozent). Körperverletzungen, Raub, Nötigung oder Freiheitsberaubungen machen 23 Prozent der Straftaten aus. Rauschgiftdelikte haben einen Anteil von 6,6 Prozent, und Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung machen 1,1 Prozent aus. Dabei werden Einwanderer aus Algerien, Georgien, Marokko, Serbien und Tunesien – gemessen an ihrem Anteil an allen Flüchtlingen – überproportional häufig als Tatverdächtige geführt. „Deutlich unterproportional“ an Kriminalität beteiligt sind laut BKA Syrer, Afghanen und Iraker. Der Bericht enthält zudem Verbrechen gegen Zuwanderer. Sie gingen von Januar bis März um rund sieben Prozent zurück. Taten untereinander verminderten sich um acht Prozent. In Erstaufnahmeeinrichtungen und Sammelunterkünften sank der Wert um zehn Prozent. In rund 60 Prozent der Fälle handelte es sich um Rohheitsdelikte und Straftaten gegen die persönliche Freiheit – ein Großteil davon sind Körperverletzungen. In weiteren Ohne Papiere DAX Abschied vom Urlaubsgeld Im Minus Nicht einmal die Hälfte der Angestellten bekommt noch die Sonderzahlung Seite 15 Euro EZB-Kurs Punkte US-$ 10.217,03 –0,60% ↘ rund 23 Prozent waren Zuwanderer Geschädigte von Diebstählen. Insgesamt kamen laut Statistik neun Menschen ums Leben, davon acht Flüchtlinge und ein deutscher Staatsangehöriger. „Zuwanderer sind nicht krimineller als Deutsche“, sagte eine Ministeriumssprecherin in Berlin. Die Zahlen sollten mehr Transparenz in die Debatte bringen. Sie würden helfen, diese zu versachlichen. Die Straftaten gegen im Bau befindliche und bewohnte Flüchtlingsunterkünfte sowie gegen Asylbewerber aus fremdenfeindlichen und persönlichen Motiven blieben im ersten Quartal mit 345 nach Angaben des BKA auf einem „hohen Niveau“. Die Wiesbadener Behörde warnte vor einer „latenten Radikalisierung“ zwischen Asylgegnern und Asylbefürwortern. Sie bekam zudem mehr Hinweise auf mutmaßliche Kämpfer und Unterstützer terroristischer Organisationen beziehungsweise von „islamistisch motivierten Kriegsverbrechern“, die sich in Deutschland aufhalten sollen. Kommentar Seite 3 und Seite 6 E s ist tatsächlich ein historischer Moment, wenn Hillary Clinton nun als erste Frau die Präsidentschaftskandidatur einer der großen US-Parteien errungen hat. Damit gibt es eine reale Chance, dass das Präsidentenamt nach 227 Jahren zum ersten Mal von einer Frau ausgefüllt wird. Immerhin ist es die mächtigste Position, die derzeit in der Welt zu vergeben ist. Keine kleine Errungenschaft für die Frauenbewegung. Dennoch löst Clintons Sieg nicht dieselbe Begeisterung aus wie einst Barack Obamas Nominierung als erster Schwarzer. Clinton ist zu lange dabei und als Person zu umstritten, um auf breiter Front Jubelgefühle auszulösen. Zumal unter weiblichen Millenials, die sich von Bernie Sanders’ linkspopulistischer Botschaft eher angezogen fühlten als von der älteren Dame im Hosenanzug. Im Wahlkampf hatte es denn auch heftigen Zoff unter Frauen gegeben, als die Altfeministinnen Madeleine Albright (die Ex-Außenministerin) und Gloria Steinem die Jüngeren dafür kritisiert hatten, nicht genug Geschlechtersolidarität zu zeigen. Aber das ist eben auch eine Art von Emanzipation der jüngeren Frauen: sich nicht allein vom eigenen Geschlecht politisch definieren lassen zu wollen. Dennoch sollte man das Erreichte nicht kleinreden. Amerika ist weit gekommen seit 1872, als die Suffragette Susan Anthony in Handschellen abgeführt wurde, weil sie das Verbrechen begangen hatte, als Frau zu wählen. Und die in ihrem Prozess dann eine der berühmtesten Reden der Frauenwahlrechtsbewegung hielt. Eine „New York Times“-Kolumnistin hat Clinton gefragt, welcher Frau der Vergangenheit sie denn am liebsten von ihrer Nominierung erzählen würde. Clinton entschied sich nicht für Anthony, sondern für ihre verstorbene Mutter Dorothy Rodham. Die war am 4. Juni 1919 geboren worden, an dem Tag, an dem der Senat den Verfassungszusatz verabschiedete, mit dem Frauen das Wahlrecht bekamen. Dorothy hatte eine sehr schwere und freudlose Kindheit. Sie war es aber, die ihrer Tochter später das Selbstbewusstsein mitgab, nach etwas Höherem zu streben, als es für junge Frauen in den 50er- und 60er-Jahren üblich war. Kein Wunder, dass es vor allem die älteren Amerikanerinnen sind, die verstehen, welchen weiten Weg Clinton seitdem gegangen ist. Der größte Dienst, den sie ihrem Land erweisen könnte, hat jedoch nichts mit ihrem Geschlecht zu tun. Er bestünde darin, den wahrscheinlich gefährlichsten Kandidaten in der Geschichte der US-Demokratie vom Weißen Haus fernzuhalten. [email protected] ANZEIGE Seite 23 Dax Schluss Nr. 133 KOMMENTAR D er Bundestag hat sich in einer Aktuellen Stunde mit den anhaltenden Unwettern in Deutschland befasst. Politiker aus allen Parteien fragten sich, was man tun kann und wer die Schuldigen sind. Warum ist das Wetter plötzlich so unberechenbar geworden? Das war doch früher nicht so. Früher schien von Mai bis September tagsüber die Sonne, nachts fiel ein sanfter, leichter Regen, weil die Landwirtschaft das so wollte. Im Winter lag vor allem an Weihnachten immer Schnee. Jetzt ist alles anders, von permanenter Bedrohungslage ist die Rede, und selbst hartnäckige Leugner sind überzeugt, es mit dem berüchtigten Klimawandel zu tun zu haben. Oder hat das schlechte Wetter politische Hintergründe? Hat nicht Horst Seehofer seit vielen Jahren für bundesweite atmosphärische Störungen gesorgt? Das kann eigentlich nicht folgenlos geblieben sein. Vielleicht stecken aber auch Terroristen dahinter, die uns schwächen wollen. Es ist ihnen zuzutrauen, dass sie Tiefdruckgebiete als Waffe einsetzen. Die Bundesregierung muss endlich handeln und das Wetter flächendeckend verbieten. B Dow Jones 17.40 Uhr 1,1378 17.967,28 +0,26% ↗ +0,16 % ↗ Punkte ANZEIGE Der Talk mit Michel Friedman „Studio Friedman“ Heute um 17.15 Uhr Wir twittern Diskutieren live aus dem Sie mit uns Newsroom: auf Facebook: twitter.com/welt facebook.com/welt „Die Welt“ digital Lesen Sie „Die Welt“ digital auf allen Kanälen – mit der „Welt“-App auf dem Smartphone oder Tablet. Attraktive Angebote finden Sie auf welt.de/digital oder auch mit den neuesten Tablets auf welt.de/bundle D ie Urlaubswochen gelten vielen als die schönste Zeit des Jahres – ohne den Chef, die Kantine und langweilige Besprechungen. Arbeitnehmer, die sich die Freude über die freien Tage erhalten wollen, sollten allerdings beim Bierchen mit Freunden und Nachbarn das Thema Gehalt besser vermeiden – anderenfalls könnte die gute Laune recht schnell schwinden. Lange vorbei nämlich ist die Zeit, als die große Mehrheit der Beschäftigten in Deutschland im Mai und Juni ihr Urlaubsgeld überwiesen bekam. Mittlerweile erhalten nur noch 41 Prozent der Angestellten vom Arbeitgeber die Sonderzahlung, die einst zur Normalität gehörte wie die Sonnenmilch zum Strandurlaub. Das liegt daran, dass ein immer kleinerer Teil aller Unternehmen nach Tarif bezahlt: Einst waren es mehr als drei Viertel aller Firmen, heute sind es weniger als 60 Prozent. Mit der Tarifbindung verschwindet auch das in den 60er- und 70erJahren eingeführte Urlaubsgeld aus dem Arbeitsalltag. Parallel nimmt die Ungerechtigkeit im Sommer zu. Etwa die zwischen Mann und Frau: Während nämlich immerhin 49 Prozent der männlichen Beschäftigten die Zusatzleistung bekommen, sind es bei den Frauen nur noch 35 Prozent. Sie arbeiten häufiger in Dienstleistungsberufen oder in kleinen Betrieben, in denen seltener nach Tarif bezahlt wird. Noch ausgeprägter sind die Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland: Im Westen bekommen 47 Prozent der Beschäftigten Urlaubsgeld, während in Ostdeutschland lediglich eine Minderheit von 27 Prozent der Angestellten damit rechnen kann. Etwas erfreulicher sieht es hingegen beim Weihnachtsgeld aus. In der gleichen jährlichen Umfrage des Instituts WSI der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung gaben 54 Prozent der Befragten an, die begehrte Zulage am Jahresende zu erhalten. Ein Befund, der all jenen Rückenwind gibt, die ohnehin die Weihnachtszeit für die noch schönere Zeit des Jahres halten. TOBIAS KAISER DIE WELT, Axel-Springer-Straße 65, 10888 Berlin, Redaktion: Brieffach 2410 Täglich weltweit in über 130 Ländern verbreitet. Pflichtblatt an allen deutschen Wertpapierbörsen. Tel.: 030 / 2 59 10 Fax: 030 / 2 59 17 16 06 E-Mail: [email protected] Anzeigen: 030 / 58 58 90 Fax: 030 / 58 58 91 E-Mail: [email protected] Kundenservice: DIE WELT, Brieffach 2440, 10867 Berlin Tel.: 0800 / 9 35 85 37 Fax 0800 / 9 35 87 37 E-Mail: [email protected] ISSN 0173-8437 133-23 A 3,20 & / B 3,20 & / CH 5,00 CHF / CZ 95 CZK / CY 3,40 & / DK 25 DKR / E 3,20 & / I.C. 3,20 & / F 3,20 & / GB 3,00 GBP / GR 3,40 & / I 3,20 & / IRL 3,20 & / L 3,20 & / MLT 3,20 & / NL 3,20 & / P 3,20 & (Cont.) / PL 15 PLN / SK 3,20 € + © Alle Rechte vorbehalten - Axel Springer SE, Berlin - Jede Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.axelspringer-syndication.de/lizenzierung DW-2016-06-09-zgb-ekz- fa1c80492ccf24a846bbf045c02a679e ZKZ 7109
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