Klaus Hempel +49 721 176 36 138 07.06.2016 [email protected] ARD-Angebot: BGH Urteil Pechstein BmE Claudia Pechstein war nach der Urteileverkündung sichtlich enttäuscht. Sie musste sich erst einmal eine halbe Stunde sammeln, bevor sie vor die Mikrofone trat. Dann gab sie sich allerdings kämpferisch. Claudia Pechstein: „Ich bin davon ausgegangen, dass es jetzt nicht unbedingt für mich ausgeht. Aber was ich da gehört habe, war definitiv nicht akzeptabel für mich und das ist eine Farce würde ich sagen und feststeht: Hier ist noch nicht zu Ende. Ich gehe weiter in die nächste Instanz. Ich werde weiter vor’s Bundesverfassungsgericht ziehen und wenn es dann noch so weit kommt, vor den Europäischen Gerichtshof und werde für mein Recht kämpfen bis zum Schluss.“ Pechstein hatte – wie andere Spitzensportler auch - mit dem EislaufWeltverband eine Schiedsvereinbarung unterzeichnet. Diese Vereinbarung legt fest, dass bei Rechtsstreitigkeiten ausschließlich die Sportgerichte zuständig sind. Als ihr Doping vorgeworfen wurde, klagte sie vorm Internationalen Sportgerichtshof in Lausanne, kurz CAS, und verlor den Prozess. Vorm Bundesgerichtshof beklagte sie, dass sie zur Schiedsvereinbarung gezwungen worden sei. Denn ohne Unterschrift könne sie nicht an internationalen Wettkämpfen teilnehmen. Hier missbrauche der EislaufWeltverband seine marktbeherrschende Stellung. Außerdem sei der CAS in Lausanne nicht neutral besetzt. Die Sportverbände hätten einen zu großen Einfluss auf die Auswahl der Richter. Doch der BGH folgte dem nicht. Pechstein habe die Schiedsvereinbarung freiwillig unterzeichnet. Der CAS sei auch ein echtes Schiedsgericht, ein rechtstaatliches Verfahren dort gewährleistet. Das Urteil des BGH bedeutet: Die Sportgerichtsbarkeit bleibt bestehen. Wenn Sportlern beispielsweise Doping vorgeworfen wird, können sie nicht vor die Zivilgerichte ziehen. Pechsteins Anwalt Thomas Summerer spricht von einem krassen Fehlurteil. Thomas Summerer: „Der Bundesgerichtshof hat die Bedeutung und die Tragweite der Grundrechte für Sportler völlig ignoriert. Es ist hier verletzt der Justizgewährleistungsanspruch. Die Verhandlung und das 1 Klaus Hempel +49 721 176 36 138 07.06.2016 [email protected] Urteil heute haben gezeigt, dass Sportler nur Bürger zweiter Klasse sind.“ Aufatmen können dagegen die Sportverbände. Sie dürfen auch weiterhin von den Athleten verlangen, dass sie sich in Schiedsvereinbarungen den Sportgerichten unterwerfen. Doch Sportrechtler werfen gerade dem CAS in Lausanne schon seit längerem vor, dass die Verbände einen zu großen Einfluss haben. Der CAS müsse deshalb reformiert werden muss. Interessanterweise hält das auch der Anwalt des EislaufWeltverbandes Christian Keidel für notwendig. Christian Keidel: „Gerade in der momentanen Stimmung, in der der Sport stecke nachdem der Sport sich halt in den letzten Jahren selbst so sehr in Verruf gebracht hat, und alle nur noch den Sport mit Betrug und Korruption und korrupten Funktionären in Verbindung bringen, gerade dann ist es besonders wichtig, dass die Sportschiedsgerichtsbarkeit über jeden Zweifel erhaben ist. Und daran sollte der CAS durchaus noch weiterarbeiten. Der Streit Pechstein gegen Eislauf-Weltverband wird nun fortgesetzt, beim Bundesverfassungsgericht. Für Rechtsanwalt Keidel keine Überraschung. Christian Keidel: „Das die Frau Pechstein nicht aufgibt, das war zu erwarten. Vorm Bundesverfassungsgericht dürfte es allerdings noch schwieriger werden, weil da natürlich die Hürden noch einmal höher sind. Aber es wird wahrscheinlich eine ähnlich intensive Schlacht werden wie es bis jetzt der Fall war.“ Sollte Pechstein vorm Bundesverfassungsgericht verlieren, bliebe ihr dann als allerletzte Instanz noch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Aus Karlsruhe Klaus Kempel. 2
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