Statement Wagner bei Pressekonferenz

Aktionstag gegen den Schmerz, 7. Juni 2016
Pressekonferenz
Statement Franz Wagner MSc
Bundesgeschäftsführer Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe e.V. (DBfK)
Zu den Aufgaben von Pflegefachpersonen bei der Betreuung von SchmerzpatientInnen
und ihren Angehörigen gehört es, umfassend zu informieren und zu beraten: z.B. über
Ursachen und Arten von Schmerz, Hinweise und Tipps zur Umsetzung einer
medikamentösen oder nicht-medikamentösen Schmerzbehandlung, Umgang mit und
Hilfe bei Nebenwirkungen, Schmerzeinschätzung bei Menschen mit demenziellen
Erkrankungen, Angaben auf Beipackzetteln und vieles mehr.
Eine
aktuelle
Veröffentlichung
stellt
heraus,
dass
Health
Literacy
(Gesundheitskompetenz) in Deutschland deutlich verbesserungswürdig ist und zudem
unter dem EU-Durchschnitt liegt. 44,6% der deutschen Bevölkerung verfügt nur über ein
als problematisch zu bezeichnendes Health Literacy Niveau, 9,7% sogar über ein
inadäquates HL Niveau. Ältere oder chronisch kranke Menschen erreichen schlechtere
Werte als die Durchschnittsbevölkerung.
Übertragen auf den Schmerz bedeutet das, dass viele Menschen mit Schmerzen
Schwierigkeiten haben, adäquate Hilfe zu suchen bzw. die verordnete Therapie zu
verstehen und zu befolgen. Dies stellt für alle Gesundheitsprofessionen eine große
Herausforderung dar und unterstreicht noch einmal die traditionelle Rolle der
Pflegefachpersonen als Mittler und Übersetzer von Informationen bezüglich Diagnostik
und Therapie. Pflegefachpersonen haben einen spezifischen Zugang zu PatientInnen und
BewohnerInnen, der es ihnen ermöglicht, das Schmerzmanagement individuell am
Betroffenen ausgerichtet zu planen und durchzuführen. Insbesondere der Bezug zur
‚Lebenswelt‘ des Patienten/Bewohners macht die pflegerische Perspektive aus. So kann
Schmerztherapie an den individuellen Möglichkeiten des Betroffenen ausgerichtet und gut
in den persönlichen Alltag eingepasst werden. Die steigende Anzahl von Menschen mit
chronischen
Krankheiten
und
Schmerzen
erfordert
mehr
Wissen
und
Gesundheitskompetenz,
zielgerichtete
Informationen,
interprofessionelle
Zusammenarbeit sowie ein Portfolio verschiedenster, auch nichtmedikamentöser,
Behandlungsverfahren.
Schmerz kann nur interdisziplinär erfolgreich behandelt werden. Während das in
Krankenhäusern immer besser gelingt, gibt es bei der Versorgung von Heimbewohnern
mit Schmerzen weiterhin Probleme. Viele Bewohner in Pflegeheimen leiden an
Schmerzen1. Eine Untersuchung in Pflegeheimen in Münster im Rahmen des Projektes
Schmerzfreie Stadt hat ergeben, dass 46 bis 63% aller Bewohner irgendwann im
Befragungszeitraum an Schmerzen litten2. 45% davon haben selbst in Ruhe Schmerzen.
Hier ist insbesondere pflegerische Expertise gefragt, denn die Versorgung in
Pflegeheimen durch niedergelassene Ärzte ist nach wie vor häufig eine Herausforderung.
1
2
http://www.schmerzfreie-stadt.de/news/schmerzmanagement-in-altenheimen.html
Andere Quellen nennen bis zu 80% der Bewohner
Gerade bei demenzkranken Bewohnern stellen das Assessment und die Behandlung von
Schmerz ein Problem dar. Hierzu gibt es speziell entwickelte Assessmentverfahren, für
deren Anwendung Pflegefachpersonen geschult werden müssen. Die wichtigste Quelle der
Schmerzerfassung fällt bei den an Demenz Erkrankten weg. Die Pflegefachpersonen
müssen vor allem aus Verhaltensmerkmalen (z.B. Mimik, Bewegung, Weinen) ableiten
können, ob ein Bewohner Schmerzen hat und ob bzw. wie eine Behandlung wirkt.
Eine Verbesserung der Versorgung von Menschen mit Schmerzen benötigt in allen
Sektoren gute interdisziplinäre Versorgungsstrukturen und eine fundierte Ausbildung. Für
die Professionelle Pflege sind die Expertenstandards akuter und chronischer Schmerz des
Deutschen Netzwerkes für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP) Richtschnur der
Versorgung. Zusätzlich muss der Zugang zu spezialisierten Pflegefachpersonen, sog.
‘Pain Nurses‘, gewährleistet sein. Deren Expertise stellt inzwischen eine unverzichtbare
Ressource für eine kompetente Versorgung bei Schmerzen dar.
Weitere Informationen unter https://www.dbfk.de/de/expertengruppen/pflegeexpertenschmerz/index.php (Webseite der Pflegeexperten Schmerz im DBfK)
Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) e.v.
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fon 0302191570
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