24 Asset-Management In der Beschränkung zeigt sich der Meister «Familiengeführt macht sich bezahlt» das Finanzinstitutsgesetz (Finig) ist zu entschlacken. FondsmanagerIntervIew BIrgItte oLsen neue Regulierungsebenen alte Struktur Frau Olsen, der BB Entrepreneur Switzerland investiert in kotierte eigentümergeführte Unternehmen. Dieses Jahr feiert er sein zehnjähriges Jubiläum. Sie führen ihn seit 2008. Was freut Sie am meisten? Die Performance, so glaube ich, darf sich sehen lassen. In zehn Jahren hat der Fonds rund 70% an Wert gewonnen, fast doppelt so viel wie der SPI, und das mitunter in turbulenten Zeiten. Nationalbankgesetz (Systemstabilität) Pfandbriefgesetz PfG Geldwäschereigesetz Börsengesetz BEHG Finanzinstitutsgesetz (Finig) Bankengesetz Finanzinfrastrukturgesetz (Finfrag) Kollektivanlagengesetz KAG Finanzdienstleistungsgesetz (Fidleg) Versicherungsaufsichtsgesetz VAG Versicherungsvertragsgesetz VVG Finanzmarktaufsichtsgesetz (Finmag) Quelle: Eidgenössisches Finanzdepartement EFD / Grafik: FuW, sm mattHÄUs den otter Mitte Februar hat die Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) des Ständerats Eintreten auf das Fidleg-/ Finig-Gesetzespaket beschlossen. Das ist wichtig für den Finanzplatz. Gleichzeitig hat sie Vorschläge verlangt, wie die Vorlage in der Detailberatung vereinfacht und verändert werden kann. Gerne liefere ich einenVorschlag: Lasst das Kollektivanlagengesetz (KAG) aus dem Spiel und verzichtet darauf, die KAG-Institute Fondsleitung und Vermögensverwalter kollektiver Kapitalanlagen (KAG-Vermögensverwalter) ins Finig hineinzuzwängen. Das Finanzdepartement schlug vor, nur die Produkte im KAG zu belassen, die Institute aber ins Finig zu verpflanzen. Das KAG ist ein auf einer klaren Vision und einem typischen Geschäftsmodell beruhendes Gesetz aus einem Guss. Noch vor wenigen Jahren hatte das Parlament um eine Teilrevision gerungen und vor allem den Anlegerschutz ausgebaut sowie das Institut des «KAG-Vermögensverwalters» an die Anforderungen der AIFMDRichtlinie der EU angepasst. Die entsprechende KAG-Regulierung wurde jüngst von der europäischen Aufsicht Esma geprüft und für gleichwertig mit AIFMD befunden, was den KAG-Vermögensverwaltern den Zugang zum EU-Markt eröffnen könnte. Am Ziel vorbei Das teilrevidierte KAG und die dazugehörige Finma-Praxis sind eingespielt. Es ist nicht nötig, an der bewährten Architektur und der Einheit der Materie zu rütteln. Eine schlüssige Begründung findet man auch in der Finig-Botschaft nicht. Weder die angebliche Kohärenz noch die Rechtssicherheit, die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes oder die neu geschaffene Bewilligungskaskade erfordern das Zerfleddern des KAG und das Das teilrevidierte KAG und die dazugehörige Finma-Praxis sind eingespielt.» Zusammenführen eines Sammelsuriums von Vermögensverwaltungs-Finanzinstituten in einem Gesetz. Bei näherer Betrachtung stellt sich heraus, dass das Finig diesen Namen nicht verdient, weil es längst nicht alle Finanzinstitute umfasst. DieAufnahme der Fondsleitungen und der KAG-Vermögensverwalter leuchtet auch deshalb nicht ein. Die Versicherungen haben nie zur Finig-Population gehört. Auch die Banken haben sich verabschiedet. Sie wollen weiter im angestammten Bankengesetz geregelt werden.Was den Banken recht ist, soll den KAG-Instituten billig sein. Sie haben bereits eine regulatorische Heimat und einen anerkannten Platz in der Finanzgesetzgebung. Die vorgeschlagene gesetzliche Trennung von KAG- Produkten und den dazugehörenden KAG-Instituten ist der EU fremd: In den beiden EU-Fondsrichtlinien Ucits und AIFMD, wie auch in der Gesetzgebung unserer Nachbarländer, sind die Fonds (Ucits bzw. AIF) als Produkte und ihre Leitungen bzw. Manager im selben Gesetz geregelt. Daran hat sich auch nach Inkrafttreten der Mifid-Richtlinie, des EUVorbilds fürs Fidleg, nichts geändert. Die vorgeschlagene Aufweichung des KAG trägt somit nichts zum sehnlichst gewünschten Marktzutritt der Schweizer Kollektivanlagen und ihrer Bewilligungsträger zum EU-Binnenmarkt bei. Im Gegenteil, wir müssten dem Ausland erklären, wieso hier getrennt reguliert wird, was sonst überall gesetzestechnisch zusammengehört. Andere Prioritäten In Liechtenstein etwa werden die Institute der einzelnen Fondskategorien weiterhin gemeinsam im Gesetz über die Investmentunternehmen reguliert, während das Vermögensverwaltungsgesetz u. a. die unabhängigen Vermögensverwalter regelt. Folgerichtig wurden die Investmentunternehmen ausdrücklich vom Geltungsbereich des erwähnten Vermögensverwaltungsgesetzes ausgenommen. Das Zusammenwürfeln ganz unterschiedlicher Institute in einem Finig mag akademisch reizvoll sein, sichert aber weder den Zugang zum EUMarkt noch verbessert es die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz. Da gäbe es im KAG-Bereich andere Themen, die den Standort, trotz weiterhin fehlendem EU-Marktzugang, zumindest leicht verbessern könnten: etwa die Reduktion des Anfangskapitals für die Gründung einer Fondsleitung von 1 Mio. Fr. auf weniger als die Hälfte (Ucits 125000 €). Das könnte gewisse KAG-Vermögensverwalter ermutigen, selbst als Fondsleitung ihrer Fonds zu wirken. Oder: eine Analyse des gesetzgeberischen Handlungsbedarfs bei der Kommanditgesellschaft für kollektive Kapitalanlagen (KGK), die auch nach Jahren der Einführung nicht richtig vom Fleck kommt. Das alles wäre umso wichtiger, als die EU im Rahmen der geplanten Capital Market Union bereits neue Massnahmen beschlossen hat – wie das mit der KGK vergleichbare neue Vehikel Eltif –, die neue Herausforderungen an den Fondsstandort Schweiz stellen werden. Fidleg verfolgt mehrere wichtige Ziele, wie einheitliche Mindeststandards in Anlageberatung und Vermögensverwaltung, «Same Business, Same Rules» in der Produktregulierung und die (Selbst-)Regulierung der unabhängigen Vermögensverwalter. Um dem Parlament die gewünschte Fokussierung auf diese Hauptthemen zu ermöglichen, sollte keine Energie darauf verwendet werden, im Rahmen von Fidleg/Finig das KAG auseinanderzureissen. Matthäus Den Otter, Consultant Financial Services und unabhängiger Verwaltungsrat, bis 2013 Direktor des Schweizerischen Fondsverbands. Und Ihr grösster Ärger? Ein gewisses Ärgernis ist, wenn ein ausgezeichnet geführtes Unternehmen von einem weniger guten übernommen wird. Oft ist es ein grösseres, eher schwerfälliges Konstrukt, das ein kleineres schluckt. In Europa gab es solche Situationen, in der Schweiz sind sie eher die Ausnahme. Aber wir haben den Fall Sika, der Unmut verursacht. Ich kenne das Unternehmen ziemlich gut, es war das erste, das ich in meiner beruflichen Tätigkeit, damals noch bei Generali in Deutschland, im Jahr 2003 besucht hatte. Seither hat sich die Marktkapitalisierung von Sika versechsfacht – ein grossartiger Erfolg. vom BB Entrepreneur Switzerland übertrifft den SPI klar. Wenn nicht das, was sind denn die Risiken? Die Nachfolgproblematik und was wir, etwas salopp, den Grössenwahn nennen. Unternehmer sind Überzeugungstäter, bestimmt, aber manchmal auch beratungsresistent. Es ist unser Job, solche Situationen zu erkennen und uns auf die besten Titel zu konzentrieren. Sind Sie investiert? Wir waren es, bis letztes Jahr die Nachricht vom Verkauf des Anteils der Familie Burkard an Saint-Gobain kam.Wir investieren grundsätzlich nur in Unternehmen, in denen Eigentumsstruktur und Management eine produktive Einheit bilden. Anfang des laufenden Jahres haben wir jedoch wieder eine kleine Position gekauft. Entgegen dem Grundsatz? Weshalb? Sika ist sehr dezentral organisiert. Die verschiedenen Einheiten können so ihre Möglichkeiten optimal wahrnehmen. Klar, der Rechtsstreit dürfte noch länger anhalten. Aber uns gefällt, wie die Leute bei Sika voll motiviert arbeiten und weiteres Wachstum schaffen. Ziehen Sie Lehren aus dem Fall Sika? Ja, die Brisanz des Opting-out, wenn ein Käufer kein Angebot an alle Aktionäre unterbreiten muss, haben wir, wie viele andere auch und selbst das Management des Bauzulieferers, unterschätzt. Es ist eine Gefahr, vor allem dann, wenn das emotionale Engagement der Gründerfamilie nachlässt. In Zukunft meiden wir solche Situationen. Kommt es oft vor, dass die Identität und das Engagement der Besitzerfamilie schwinden? Nein, jedenfalls gibt es kein Muster dafür. Wenn man von einer kritischen Phase sprechen kann, dann ist es der Übergang von der Gründer- zur Zweitgeneration. Gerade in Europa ist jedoch häufig schon die vierte, die fünfte oder sogar die sechste Generation unternehmerisch aktiv. Und es gibt das Umgekehrte, wenn das Engagement stärker wird. Beim Schraubenhersteller Bossard zum Beispiel hat ab der dritten Generation eine viel stärkere Konzentration auf profitables Wachstum stattgefunden. Was zeichnet familiengeführte Unternehmen aus? Sie haben in der Regel kurze Entscheidungswege, sind agil und kompetitiv, achten auf eine gesunde Bilanz mit hohem Eigenkapital und verfolgen eine langfristige Strategie. Wie verhält es sich mit der Ausschüttung? Zehrt die oft hohe und wachsende Zahl an Familienmitgliedern nicht an der Substanz? Wenn es ein Risiko nicht gibt, dann ist es dieses. Die Zeit der Babyboomer ist vorbei, und dann gibt es immer Familienmitglieder, die sich auszahlen lassen. So konzentrieren sich die Aktien dort, wo ein Interesse am Unternehmen besteht. Unternehmen mit schlechter Bilanz zahlen oft mehr aus, Ölgesellschaften, Versorger, Banken. Sie müssen die Aktionäre bei Laune halten. Familienunternehmen nicht? Doch, aber anders. Ihre Dividende ist in den meisten Fällen sicher, weil sie eben Caps im Fonds 30 zu 70%. Es war auch schon umgekehrt, aber das ist länger her. Den grössten Teil der Performance haben wir auch dieses Jahr über die Small Caps gemacht. Dieser Trend gilt europaweit und dürfte anhalten. etwas fettere Bilanzen vorziehen. Die Vorstellung, sich in die Abhängigkeit von Banken begeben zu müssen, ist für viele ein Graus. Finanzielle Unabhängigkeit ist ein grosser strategischer Vorteil. Die grösste Position im Fonds ist der Bauwert Implenia. Aus welchem Grund? Implenia hat sich über geschickte Akquisitionen von einem inlandorientierten zu einem wachstumsstarken internationalen Bau- und Generalunternehmen gewandelt, und die Schwächen im inländischen Gebäudebau sind behoben, auch wenn’s länger gedauert hat als erwartet. Rund 40% des Auftragsbestands stammen heute aus dem Ausland, unter anderem aus Norwegen, das jährlich 9 Mrd.€ für den Bau von Strassen, Brücken und Tunnels ausgibt. Auch Deutschland hat einen riesigen Bedarf an Infrastruktur. Implenia ist Spezialist auf diesem Gebiet, und die Aktien sind noch immer günstig bewertet. BIld: PaBlo FaccInEt to Architektur neues Finanzmarktrecht Nationalbankgesetz (Systemstabilität) Samstag, 28. Mai 2016 · Nr. 42 «Die Brisanz des Optingout bei Sika haben wir, wie viele andere auch und selbst das Management des Bauzulieferers, unterschätzt.» BIrgItte oLsen Sie wählen Gesellschaften, bei denen das Familienstimmrecht zwischen 20 und 30% liegt. Weshalb exakt diese Zahlen? Der Stimmrechtsanteil ist ein Kriterium. Zusätzlich muss die Familie in der operativen Führung oder im Verwaltungsrat eine aktive Rolle spielen. Was den Stimmenanteil angeht, so belegen Studien zur Korrelation zwischen Unternehmenserfolg und Eigentümerverhältnissen Folgendes: Ein Stimmrecht unter 20% ist eher symbolisch, und bei mehr als 30% besteht die Gefahr, dass die übrigen Aktionäre übergangen werden. Diese sind im Sinne der Checks and Balances im Unternehmen wichtig. Der Fonds zählt zwischen dreissig und vierzig Titel, vor allem kleinere. Eine Wette auf Small Caps? Eigentümergeführt bringt einen automatisch in Richtung Small und Mid Caps. Da ist die Auswahl viel grösser als bei den grosskapitalisierten Titeln und nicht so konzentriert. Unter den Large Caps dominieren Roche, Novartis, Nestlé und die Banken, und vom Gesundheitssektor nehmen wir aus Bewertungsgründen zurzeit eher Abstand. Aktuell beträgt das Kräfteverhältnis zwischen Small/Mid und Large BB Entrepreneur Switzerland top-10-Positionen anteil in % Implenia Partners Group dätwyler Kühne + nagel lem 4,4 3,9 3,7 3,6 3,5 Volumen in Mio. Fr. Verwaltungsgebühr in % auflagedatum länderzulassung Investment Manager Valorennummer Performance in % Fonds Benchmark (SPI) Daten per Ende April 2016 anteil in % dufry Roche clariant Huber + Suhner Swatch Group 3,3 3,3 3,2 3,2 3,2 69,1 1,25 4. april 2006 Schweiz Bellevue asset Management 2324436 seit anf. Jahr +2,31 –5,80 1 Jahr 2,75 –6,97 3 Jahre +33,57 +15,38 Quelle: Fonds.fuw.ch Die Konjunktur schwächelt. Sind zyklische Aktien die richtige Wahl? Die Frage ist: Was ist heute noch defensiv und was zyklisch? Bietet ein Nebenwert wie Implenia mit einem KGV von 11 zwar im Wissen, dass der Bau zyklisch ist, der Bedarf an Infrastruktur jedoch gross, nicht mehr Schutz als die nicht billigen Gesundheitsaktien? Oder ist der Logistikwert Kühne + Nagel, der unter die Industrieaktien fällt, nicht ein Dienstleister – ohne teure Anlagen, bekannt für seine Kostenstringenz, dem Auf und Ab des Welthandels dank seiner Flexibilität trotzend und dadurch defensiver als manch anderer Titel, der diesen Namen trägt? Die Grenzen haben sich verwischt. Jedes Unternehmen, jede Aktie ist einzeln zu beurteilen. Wie gehen Sie vor? Zuerst geht es darum, wie Warren Buffett, ein Unternehmen zu verstehen. Dann versuchen wir, die nächsten ein, zwei Jahre zu modellieren: Wie entwickeln sich Umsatz, Cashflow und Gewinn? Daraus resultiert ein Kursziel. Ist das Aufwärtspotenzial höher als 20% und das Risiko gering, halten wir einen Titel für attraktiv. Wann wird verkauft? An Swatch Group halten Sie beispielsweise trotz kräftigem Kursrückgang fest. Familienunternehmen denken weit voraus. Sie investieren nicht fürs nächste oder übernächste Quartal, sondern langfristig. Manchmal gilt das alte Wort: Reculer pour mieux sauter. Um nochmals auf Implenia zurückzukommen: Für den Baukonzern war 2014 und 2015 keine gute Zeit, es waren Konsolidierungs- und Investitionsjahre. Swatch ist in einer ähnlichen Situation. Sie würden kaufen? Die Familie Hayek hat schon mehrfach bewiesen, dass sie fürs Unternehmen und für die Aktionäre Mehrwert schafft. Das bleibt, Swatch ist innovativ und glänzt mit einer hohen Eigenkapitalquote von 85%. Man darf gespannt sein, was der neue Batteriensektor liefern wird. Auch die Smartwatch verspricht einiges, sie ist keine alleinige Erfindung von Apple. Das alles wiegt mehr als die Chinaschwäche, die jetzt den Kurs belastet. Was glauben Sie, wohin geht allgemein die Reise an der Börse? Wir haben es mit einer schleppenden, leicht aufwärts tendierenden Wirtschaft zu tun. Es gibt wie keinen Zyklus mehr. Da hilft nur eines: Unternehmen besuchen, Stock Picking machen. Als Fondsmanagement haben wir das Glück, Menschen zu treffen, die ihr eigenes Geld investieren, die aktiv sind, Ziele haben und eine grosse Verantwortung tragen. Regierungen und Notenbanken machen einen zunehmend verzweifelten Eindruck. Aber das Unternehmertum lebt. Es gibt so viele interessante Nischen und Gesellschaften mit spannenden Geschichten. Das stimmt mich optimistisch. IntervIew: Hanspeter Frey
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