Anerkennung von eSport – Initiative des Landes

Rechtsanwältin Anna B. Baumann
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Stellungnahme
zum Antrag der Fraktion der Piraten im Abgeordnetenhaus Berlin
„Anerkennung von eSport – Initiative des Landes Berlin auf Bundesebene“
(17/2910)
26. Mai 2016
Als Anwältin, die sich auf die Esportsbranche an der Schnittstelle von Unterhaltung, Wettkampf und
Geistigem Eigentum, spezialisiert hat, unterstütze ich den Antrag der Piratenfraktion im Berliner
Abgeordnetenhaus in Bezug auf die Anerkennung von Esports als gemeinnützige Sportart. Ich vertrete
und berate führende Teams und einige der besten Spieler weltweit über mehrere relevante Spieletitel
wie League of Legends und Counterstrike: Global Offensive hinweg und verfüge daher über ein
umfassendes Wissen in Bezug auf die Relevanz der Materie. Gerne komme ich der Aufforderung nach,
schriftlich zum Thema der Anhörung Stellung zu nehmen. Dabei werde ich ein besonderes Augenmerk
auf die Vorreiterrolle Deutschlands im Esport, die jedoch zunehmend europa- und weltweit in Gefahr
zu geraten droht, legen und notwendigen Maßnahmen ansprechen, um Deutschland als Standort für
Esports weiter attraktiv zu gestalten.
I.
Esports als Unterhaltungsindustrie in Deutschland
Der relevante Markt im Esports gliedert sich wie folgt: Horizontal konkurrieren Spielehersteller darum,
einen Spieletitel herauszugeben, der sich als Esports, d.h. für das wettbewerbliche Spiel im
Turnierformat für Zuschauer, erfolgreich etablieren kann. Vertikal konkurrieren professionelle
Turnierveranstalter mit entsprechenden Ligen oder anderen Turnierformaten in den verschiedenen
Spieletiteln miteinander um die höchsten Besucher- und Zuschauerzahlen. Esportsclubs verfügen oft
über Teams in allen relevanten Esportstiteln. Berlin und Köln haben sich als Zentren des Esports
entwickelt, die international mit Regionen wie den USA oder Korea konkurrieren können. Auf
Veranstalterseite sind ESL, ein weltweiter Marktführer in Bezug auf Turnierveranstaltung, sowie Riot
Games, die Berlin als Standort für ihre European Championship Series ausgewählt haben, als besonders
relevant für Deutschland einzustufen. Die so entstandene Infrastruktur führte nicht nur zu der Bildung
deutscher Traditionsclubs wie SK Gaming und Mousesports, sondern auch zur Ansiedlung
internationaler Esportsclubs in Berlin, die Investitionen oder Übernahmen durch traditionelle
Sportvereine wie kürzlich durch den FC Schalke 04 überhaupt erst attraktiv machen. Obwohl Esports
bereits jetzt beeindruckende Zahlen wie 463 Millionen Umsatz, 61 Millionen in Preisgeld sowie 148
Millionen Fans vorweisen kann,1 befindet die Industrie sich gerade erst an der Schwelle, sich zur
nachhaltigen Unterhaltungsindustrie zu entwickeln. Deutschland bietet sich hier die Gelegenheit, seine
Vorreiterrolle in Turnierveranstaltung sowie Nachwuchsforderung zu erhalten und auszubauen. Andere
Länder wie Frankreich2 oder die USA3 haben die Relevanz des Esports bereits realisiert und stellen
Esports entsprechend bei einigen Fördermaßnahmen dem Sport gleich. Die Rahmenbedingungen für
Esports müssen unbedingt verbessert werden, um Deutschland als Standort attraktiv zu halten.
1
https://newzoo.com/insights/markets/esports/, aufgerufen am 26.05.2016.
http://esportsobserver.com/french-politics-places-hard-regulations-over-esports/, aufgerufen am
26.05.2016.
3
http://www.forbes.com/sites/insertcoin/2013/07/14/the-u-s-now-recognizes-esports-players-asprofessional-athletes/#3ecb53bf691d, aufgerufen am 26.05.2016.
2
II.
Notwendige Maßnahmen
1.
Steuerrechtliche Einstufung
Das Gutachten des Wissenschaftlichen Parlamentsdienstes des Abgeordnetenhauses Berlin von April
2016 steht im Einklang mit dem derzeitigen Stand der Rechtsprechung, dass Esports nicht dem
Sportbegriff unterfällt. Es sind daher politische Maßnahmen erforderlich, um Deutschland als
Esportsstandort zu erhalten. Deutschland gilt im Moment als äußerst teurer Standort, der dauerhafte
Investitionen in dem schnell wachsenden Esportssektor immer unwahrscheinlicher machen, sollten die
Rahmenbedingungen sich nicht verbessern. Unbedingt zu empfehlen ist daher, politisch die Initiative zu
ergreifen und die Aufnahme von Esports als Ausnahmedefinition – vergleichbar mit Schach in § 52 Abs.
2 Nr. 21 AO - durch den Bund anzustreben. Die steuerrechtliche Anerkennung der Gemeinnützigkeit
würde dazu führen, dass Esportsclubs sich als Vereine eintragen und in Deutschland in Infrastruktur
reinvestieren würden. Zudem würde es Diskriminierungen vorbeugen, die dadurch entstehen, dass
manche Esportsteams durch Sportclubs getragen werden und andere nicht.
2.
VISA - Erleichterungen
Besonders problematisch gestaltet sich im Moment die Abschirmung des deutschen Arbeitsmarkts und
damit einhergehende fehlende Ausnahmen für hochspezialisierte professionelle Computerspieler. Gem.
§ 22 Nr. 4 BeschV bedarf es unter bestimmten Voraussetzunegn keiner Zustimmung der Bundesagentur
für Arbeit bei der Erteilung eines Aufenthaltstitels, wenn Berufssportler oder Berufstrainer, in
Deutschland erwerbstätig werden. Diese Erleichterung ist auch unbedingt für Spieler und Trainer im
Bereich Esports notwendig. Schon heute werden bestimmte Transfers von vornherein durch die langen
Vorzeiten für Visa unmöglich gemacht und verschlechtern so die Chancen von deutschen Teams (oder
internationalen Teams, die von Deutschland aus operieren) bei nationalen und internationalen
Wettbewerben, die von der ESL oder Riot Games veranstaltet werden. Zur erhöhten
Wettbewerbsfähigkeit sind Visaerleichterungen daher unbedingt notwendig, vor allem weil ein
vorrangiger Schutz des deutschen Arbeitsmarktes hier keinen Sinn ergibt. Im Falle eines Transfers
werden hochspezialisierte Spieler benötigt, die so auf dem deutschen Arbeitsmarkt überhaupt nicht
aufzufinden sind. Sollte hier keine Maßnahme getroffen werden, wird dies mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit dazu führen, dass anderen Ländern der Vorrang für Turniere eingeräumt wird. So
ist bereits ziemlich sicher, dass die europäische Liga für den neuen Esportstitel „Overwatch“ in
Frankreich durchgeführt werden wird.