Rechtsanwältin Anna B. Baumann Ahornstraße 31 68535 Edingen Telefon: 0049 172 6339901 Email: [email protected] www.esyncd.com Stellungnahme zum Antrag der Fraktion der Piraten im Abgeordnetenhaus Berlin „Anerkennung von eSport – Initiative des Landes Berlin auf Bundesebene“ (17/2910) 26. Mai 2016 Als Anwältin, die sich auf die Esportsbranche an der Schnittstelle von Unterhaltung, Wettkampf und Geistigem Eigentum, spezialisiert hat, unterstütze ich den Antrag der Piratenfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus in Bezug auf die Anerkennung von Esports als gemeinnützige Sportart. Ich vertrete und berate führende Teams und einige der besten Spieler weltweit über mehrere relevante Spieletitel wie League of Legends und Counterstrike: Global Offensive hinweg und verfüge daher über ein umfassendes Wissen in Bezug auf die Relevanz der Materie. Gerne komme ich der Aufforderung nach, schriftlich zum Thema der Anhörung Stellung zu nehmen. Dabei werde ich ein besonderes Augenmerk auf die Vorreiterrolle Deutschlands im Esport, die jedoch zunehmend europa- und weltweit in Gefahr zu geraten droht, legen und notwendigen Maßnahmen ansprechen, um Deutschland als Standort für Esports weiter attraktiv zu gestalten. I. Esports als Unterhaltungsindustrie in Deutschland Der relevante Markt im Esports gliedert sich wie folgt: Horizontal konkurrieren Spielehersteller darum, einen Spieletitel herauszugeben, der sich als Esports, d.h. für das wettbewerbliche Spiel im Turnierformat für Zuschauer, erfolgreich etablieren kann. Vertikal konkurrieren professionelle Turnierveranstalter mit entsprechenden Ligen oder anderen Turnierformaten in den verschiedenen Spieletiteln miteinander um die höchsten Besucher- und Zuschauerzahlen. Esportsclubs verfügen oft über Teams in allen relevanten Esportstiteln. Berlin und Köln haben sich als Zentren des Esports entwickelt, die international mit Regionen wie den USA oder Korea konkurrieren können. Auf Veranstalterseite sind ESL, ein weltweiter Marktführer in Bezug auf Turnierveranstaltung, sowie Riot Games, die Berlin als Standort für ihre European Championship Series ausgewählt haben, als besonders relevant für Deutschland einzustufen. Die so entstandene Infrastruktur führte nicht nur zu der Bildung deutscher Traditionsclubs wie SK Gaming und Mousesports, sondern auch zur Ansiedlung internationaler Esportsclubs in Berlin, die Investitionen oder Übernahmen durch traditionelle Sportvereine wie kürzlich durch den FC Schalke 04 überhaupt erst attraktiv machen. Obwohl Esports bereits jetzt beeindruckende Zahlen wie 463 Millionen Umsatz, 61 Millionen in Preisgeld sowie 148 Millionen Fans vorweisen kann,1 befindet die Industrie sich gerade erst an der Schwelle, sich zur nachhaltigen Unterhaltungsindustrie zu entwickeln. Deutschland bietet sich hier die Gelegenheit, seine Vorreiterrolle in Turnierveranstaltung sowie Nachwuchsforderung zu erhalten und auszubauen. Andere Länder wie Frankreich2 oder die USA3 haben die Relevanz des Esports bereits realisiert und stellen Esports entsprechend bei einigen Fördermaßnahmen dem Sport gleich. Die Rahmenbedingungen für Esports müssen unbedingt verbessert werden, um Deutschland als Standort attraktiv zu halten. 1 https://newzoo.com/insights/markets/esports/, aufgerufen am 26.05.2016. http://esportsobserver.com/french-politics-places-hard-regulations-over-esports/, aufgerufen am 26.05.2016. 3 http://www.forbes.com/sites/insertcoin/2013/07/14/the-u-s-now-recognizes-esports-players-asprofessional-athletes/#3ecb53bf691d, aufgerufen am 26.05.2016. 2 II. Notwendige Maßnahmen 1. Steuerrechtliche Einstufung Das Gutachten des Wissenschaftlichen Parlamentsdienstes des Abgeordnetenhauses Berlin von April 2016 steht im Einklang mit dem derzeitigen Stand der Rechtsprechung, dass Esports nicht dem Sportbegriff unterfällt. Es sind daher politische Maßnahmen erforderlich, um Deutschland als Esportsstandort zu erhalten. Deutschland gilt im Moment als äußerst teurer Standort, der dauerhafte Investitionen in dem schnell wachsenden Esportssektor immer unwahrscheinlicher machen, sollten die Rahmenbedingungen sich nicht verbessern. Unbedingt zu empfehlen ist daher, politisch die Initiative zu ergreifen und die Aufnahme von Esports als Ausnahmedefinition – vergleichbar mit Schach in § 52 Abs. 2 Nr. 21 AO - durch den Bund anzustreben. Die steuerrechtliche Anerkennung der Gemeinnützigkeit würde dazu führen, dass Esportsclubs sich als Vereine eintragen und in Deutschland in Infrastruktur reinvestieren würden. Zudem würde es Diskriminierungen vorbeugen, die dadurch entstehen, dass manche Esportsteams durch Sportclubs getragen werden und andere nicht. 2. VISA - Erleichterungen Besonders problematisch gestaltet sich im Moment die Abschirmung des deutschen Arbeitsmarkts und damit einhergehende fehlende Ausnahmen für hochspezialisierte professionelle Computerspieler. Gem. § 22 Nr. 4 BeschV bedarf es unter bestimmten Voraussetzunegn keiner Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit bei der Erteilung eines Aufenthaltstitels, wenn Berufssportler oder Berufstrainer, in Deutschland erwerbstätig werden. Diese Erleichterung ist auch unbedingt für Spieler und Trainer im Bereich Esports notwendig. Schon heute werden bestimmte Transfers von vornherein durch die langen Vorzeiten für Visa unmöglich gemacht und verschlechtern so die Chancen von deutschen Teams (oder internationalen Teams, die von Deutschland aus operieren) bei nationalen und internationalen Wettbewerben, die von der ESL oder Riot Games veranstaltet werden. Zur erhöhten Wettbewerbsfähigkeit sind Visaerleichterungen daher unbedingt notwendig, vor allem weil ein vorrangiger Schutz des deutschen Arbeitsmarktes hier keinen Sinn ergibt. Im Falle eines Transfers werden hochspezialisierte Spieler benötigt, die so auf dem deutschen Arbeitsmarkt überhaupt nicht aufzufinden sind. Sollte hier keine Maßnahme getroffen werden, wird dies mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dazu führen, dass anderen Ländern der Vorrang für Turniere eingeräumt wird. So ist bereits ziemlich sicher, dass die europäische Liga für den neuen Esportstitel „Overwatch“ in Frankreich durchgeführt werden wird.
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