Institut für Bewegungstherapie und bewegungsorientierte Prävention Deutsche Sporthochschule Köln . 50927 Köln und Rehabilitation Ausschuss für Sport Abgeordnetenhaus von Berlin Niederkirchnerstr. 5 10117 Berlin Institute of health promotion and clinical movement science Univ.Prof. Ingo Froböse. Institutsleitung Am Sportpark Müngersdorf 6 50933 Köln . Deutschland Telefon +49(0)221 4982-4800 Telefax +49(0)221 4982-8390 [email protected] www.dshs-koeln.de Köln, 26.05.2016 Sehr geehrte Mitglieder Abgeordnetenhaus von Berlin, des Sportausschusses im gerne geben wir Ihnen eine Stellungnahme zu der Diskussion, inwiefern eSport als Sport anerkannt werden sollte. Eine Anerkennung des eSport als Sport erfordert zunächst eine genaue Definition, was unter dem Begriff eSport verstanden wird. In den letzten Jahren ist eine Vielzahl von Spielen entstanden, die kompetitiv betrieben und in der Gesamtheit als eSport bezeichnet werden. Hierzu zählen u.a. Sportsimulationen (FIFA), Strategiespiele (Starcraft), First-Person-Shooter (Counterstrike), MOBAs (League of Legends) und auch digitale Kartenspiele (Hearthstone). Das Anforderungsprofil eines eSportlers und die Parallelen zum klassischen Sport sind dementsprechend abhängig vom jeweiligen Genre, zu dem das Spiel gehört. Eine pauschale Klassifizierung aller eSport-Titel als Sport ist demnach kritisch zu hinterfragen. Insbesondere das Anforderungsprofil für die digitalen Kartenspiele weicht stark von denen der anderen Genres ab, weshalb nachfolgend mit dem Begriff eSport speziell Sportsimulationen, Strategiespiele, FirstPerson-Shooter und MOBAs gemeint sind. - 1 - Wie im Gutachten bereits erwähnt wurde, erfordert der Wettkampf im eSport neben einem guten taktischen Verständnis und einem breiten Repertoire an Handlungsoptionen auch eine gute Wahrnehmung, schnelles Reaktions- und Konzentrationsvermögen und ein hohes Maß an Feinmotorik. Zwar sind die durchzuführenden Bewegungen kleineren Ausmaßes als bei anderen klassischen Sportarten, jedoch ist auch im eSport die körperliche und mentale Ausdauer von großer Bedeutung für den Erfolg. Darüber hinaus darf bei den Team-Spielen der Wert einer guten Team- und Kommunikationsfähigkeit nicht außer Acht gelassen werden. Das Anforderungsprofil eines eSportlers fokussiert sich nicht mehr nur auf die Dreiviertelstunde vor dem Rechner während eines Wettkampfes. Neben dem Training der zuvor genannten Fähigkeiten spielt immer mehr auch die Vorbereitungszeit eine entscheidende Rolle. Hierbei geht es nicht mehr nur um die Anfertigung eines "Matchplans" für den kommenden Gegner; dazu gehört auch eine ausgewogene Ernährung und ausreichend Bewegung. Hierin lassen sich gleichzeitig eine stattfindende Professionalisierung sowie eine Abgrenzung zu den im Gutachten erwähnten Spielen zum „Zeitvertreib“ und zur „Zerstreuung“ erkennen. Anhand des Anforderungsprofils werden viele Parallelen zu Sportarten deutlich, deren Status als Sport akzeptiert ist. Die im Gutachten erwähnte „über das ansonsten übliche Maß hinausgehende körperliche Aktivität“, mit äußerlich zu beobachtender Anstrengung, ist im eSport zwar schwieriger erkennbar aber dennoch vorhanden. Es bestehen Parallelen zum Schießsport, bei dem sich die Bewegungskomponente ebenfalls nur auf die Armund Handbzw. Fingermuskulatur bezieht. Mit bis zu 300 Anschlägen pro Minute erfolgen die Handbzw. Fingerbewegungen in einzelnen eSport-Spielmodi jedoch deutlich häufiger. Die Argumentation, dass eSport kein Sport ist, da er mit längerer Sitzzeit verbunden ist, ist insofern nicht nachvollziehbar, da beispielsweise auch Motorsportler in Training und Wettkampf mehrere Stunden im Sitzen verbringen. Ebenso ist zu bezweifeln, dass ein Motorsportler, Billardspieler oder Dartspieler seine - 2 - Sportart betreibt, um sich „körperlich zu ertüchtigen“, wie es im Gutachten heißt. Natürlich wird versucht, die Definition eines Sports an konkreten Kriterien festzumachen. Das dies im Zuge der Dynamik, mit der sich der Sport weiterentwickelt, schwer fällt, lässt sich und möchten wir nicht abstreiten. Es muss jedoch darauf geachtet werden, dass ein einheitlicher Maßstab für die Beurteilung angelegt wird. Wenn Schach, Billard oder Motorsport als Sport anerkannt werden, ist es aus genannten Gründen schwer nachzuvollziehen, warum beim eSport, die Beurteilung hinsichtlich der inhaltlichen Eignung nicht in gleicher Weise erfolgt. Sofern eine positive Beurteilung des eSports zur Anerkennung in Aussicht gestellt werden würde, würden sich sicherlich auch die geforderten Vereins- und Verbandsstrukturen entwickeln. Den Antrag, eSport hinsichtlich der Abgabenordnung in die Ausnahmedefinitionen des Bundes aufzunehmen, können wir demnach nur befürworten. Nicht zuletzt, da die im Antrag genannten Vorteile voraussichtlich zu einer Weiterentwicklung des eSports in Bezug auf transparente Strukturen sowie zu einer breiteren Akzeptanz in der Gesellschaft führen würde. Mit freundlichen Grüßen, Univ.-Prof. Ingo Froböse - 3 -
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