2 Klassen von interpersonellem Verhalten

Herkner / Kapitel 6 / Teil 1C
386
3. AGGRESSION, ALTRUISMUS UND GERECHTIGKEIT:
3.1
Aggression:
Definition:
2 Klassen von interpersonellem Verhalten:
Verhaltensweisen, die dem Partner schaden
Verhaltensweisen, die dem Partner nützen
Verhalten = aggressiv, wenn es hauptsächlich dadurch motiviert wird,
dem Interaktionspartner schaden zu wollen (d.h.
absichtliche Herbeiführung einer aversiven Stimulation)
[im weiteren Sinn auch Beschädigung von Objekten] =
kognitive Aggressionsdefinition (weil Absicht darin
enthalten ist)
Einteilung der aggressiven Handlungen nach Deutsch (1973):
aggressive Handlung:
Spezialfälle:
destruktive Handlung:
konkurrenzorientierte
Handlung:
masochistische
Handlung:
Auswirkung des eigenen Verhaltens soll
für Partner möglichst negativ sein
Auswirkung des eigenen Verhaltens soll
für beide möglichst negativ sein
Ergebnisse des Partners sollen im
Vergleich zu den eigenen möglichst
schlecht sein
der eigene Nutzen soll möglichst
gering sein (= Selbstaggression)
triebtheoretische vs. lerntheoretische Auffassung:
Annahme eines Aggressionstriebs (d.h. verschiedene aggressive
Verhaltensweisen einer Person haben ein- und dieselbe Ursache) ist
falsch; Experimente zeigen, dass lerntheoretische Auffassung
stimmt:
einzelne aggressive Verhaltensweisen sind Operanten,
die durch Verstärkung, Extinktion, Diskriminationslernen,
etc. beeinflusst werden können
D.h. weiters:
Aggression ist keine „Geißel der Menschheit“
aggressives Verhalten einer Person ist nicht einheitlich durch Stärke
ihres Aggressionstriebs bestimmt, sondern:
Person kann in verschiedenen Situationen verschieden
aggressiv sein (von sehr bis gar nicht)
manche aggressiven Verhaltensweisen können öfter
auftreten (z.B. verbale Aggressionen), andere dafür gar nicht
(z.B. körperliche Aggression)
Herkner / Kapitel 6 / Teil 1C
387
Form und Häufigkeit von aggressivem Verhalten hängt in erster
Linie ab von früher erlebten Verstärkerbedingungen
aggressives Verhalten kann extingiert werden (z.B. Wutanfall von
Kind durch Nichtbeachten)
Extinktionsresistenz hängt ab von Verstärkerplänen in der
Lernphase, d.h. selten verstärkte aggressive Handlungen treten
in Extinktionsbedingung öfter auf als häufig verstärkte
aggressives Verhalten kann durch Beobachtung gelernt werden:
aggressives Verhalten wird gespeichert und kann noch nach
Monaten erinnert werden
-
spontane Imitation von aggressivem Verhalten hängt ab
o von den Verhaltenskonsequenzen für die Modellperson:
Belohnung der Modellperson -> häufigere Imitation
Bestrafung der Modellperson (oder neutrale Konsequenzen)
-> weniger Imitation
o ob Beobachter sich Konsequenzen für eigenes Verhalten
erwartet (d.h. bringt beobachtetes aggressives Verhalten mir
Vorteile? -> ja, dann Imitation)
o Generalisierung des beobachteten aggressiven
Verhaltens nach Maßgabe der Ähnlichkeit, d.h. erhöhte
Aggressionsbereitschaft gegenüber Personen, die dem
beobachtetem Opfer ähnlich sind (z.B. gleicher Name. gleicher
Beruf, gleiches Aussehen, usw.)
Einstellung und aggressives Verhalten:
Hier Unterscheidung zwischen:
-
Einstellung zur Reizperson
-> aggressives Verhalten häufiger gegen negative bewertete Person
-
Einstellung zum Verhalten
(hat größere Bedeutung, Ajzen & Fishbein, 1970) -> aggressives
Verhalten häufiger, wenn es von Person selbst positiv bewertet wird
Frustrations-Aggressions-Hypothese von Dollard & Miller (1939):
Aggression ist immer eine Wirkung von Frustration (und sonst
nix!), jede Frustration führt zu Aggression
Frustration =
ABER:
jede Verhinderung, Unterbrechung oder Störung von
zielgerichtetem Verhalten
das ist falsch!
Grund:
aggressives Verhalten kann auch ohne
Zielbehinderung / Wunschversagung
auftreten
Herkner / Kapitel 6 / Teil 1C
daher:
388
modifizierte Aggressions-Frustrations-Hypothese von
Berkowitz (1962):
Frustration erhöht die Bereitschaft zu aggressivem
Verhalten. Ob aggressives Verhalten dann tatsächlich
ausgeführt wird, hängt ab von situativen Faktoren (z.B.
Anwesenheit einer geeigneten Reizperson, usw.)
aber:
auch diese Hypothese muss mit Skepsis betrachtet
werden; Grund: in vielen Experimenten waren die
verwendeten Frustrationen Beleidigungen / Beschimpfungen
der VP durch den VL, aber: das ist keine „Behinderung einer
zielgerichteten Tätigkeit“ (und damit keine Frustration im
Sinne der Definition)
daher:
weitere Modifizierung der Aggressions-FrustrationsHypothese:
Jedes Ereignis, das in VP einen Aktivierungszustand
hervorruft, den sie als Wut/Ärger bezeichnet, erhöht die
Aggressionsbereitschaft.
Wichtig dabei: war die erlittene Frustration / Beleidigung
beabsichtigt oder nicht
jemand, der absichtlich ein Ziel blockiert, wird
negativer beurteilt als jemand, der einem anderen aus
Unfähigkeit behindert (Jones & deCharms, 1957)
Hypothese der aggressionssteigernden Wirkung von
ungerechtfertigten Frustrationen (Kulik & Brown, 1979):
Unterscheidung zwischen:
•
gerechtfertigter Frustration:
hier Situationsattribution, d.h. Verursacher der Frustration hatte
keine andere Möglichkeit (z.B. weil er gezwungen wurde), er
MUSSTE frustrieren -> so eine Frustration löst weniger
Aggression aus
•
ungerechtfertigter Frustration:
hier Personenattribution, d.h. Ursache für Frustration wird primär
im Urheber der Frustration gesehen (z.B. in dessen bösen
Absichten) -> so eine Frustration löst mehr Aggression aus
entscheidend ist hier die Kontrollierbarkeit der Frustrationsursache
Herkner / Kapitel 6 / Teil 1C
389
Zusammenhang mit Schachters Gefühlstheorie:
Jeder Anstieg der allgemeinen (vegetativen) Aktivierung kann in
Abhängigkeit von Situationsfaktoren anders empfunden werden
(d.h. ein- und dasselbe Aktivierungsmuster kann als Freude oder Ärger
bezeichnet werden) -> Erhöhung des Aktivierungsniveaus führt zu
gesteigerter Aggressivität
EXPERIMENT von Geen & O’Neal (1969):
½ VPn sahen aggressiven Sportfilm (Boxkampf)
½ VPn sahen nicht-aggressiven Sportfilm
dann: VPn hatten Gelegenheit, anderer VP elektrische
Schläge zu geben, dazu weitere Unterteilung der VPn
½ VPn zusätzliche Aktivierung durch intensiven Lärm
½ VPn kein Lärm
-
Ergebnis:
höchstes Maß an Aggressivität (= Häufigkeit und Intensität
der elektrischen Schläge) bei VPn mit aggressivem Film
UND Lärm
aber: das heißt nicht, dass Steigerung der allgemeinen Aktiviertheit
IMMER die Wahrscheinlichkeit für Aggressivität erhöht, sondern:
Anhebung des allgemeinen Aktiviertheitsnivieaus
steigert Häufigkeit der DOMINANTEN Reaktionen
(d.h. wenn ich in einer Situation mehr Handlungsalternativen
habe und eine davon dominant ist, dann tritt diese bei
Spannungszustand noch häufiger auf als sonst)
EXPERIMENT von Davitz (1952):
gezielte Verstärkung von Kindern in Spielsituation,
dadurch
½ VPn: dominante Reaktion
= kooperatives Verhalten
½ VPn: dominante Reaktion
= aggressives Verhalten
dann Frustration von allen (Abbruch eines
spannenden Films kurz vor Höhepunkt), danach
wieder Spielsituation.
Ergebnis:
Kinder verhielten sich gemäß ihrer vorher
erzeugten dominanten Reaktion
Fazit:
Zusammenhang zwischen Frustration und
Wut/Aggressivität ist nicht Naturnotwendigkeit, sondern
gelernt;
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Grund:
390
aggressives Verhalten nach Frustration ist oft
erfolgreich
BEISPIELE: °
°
mein Kater Moritz nimmt meinem
Kater Maxi das Futter weg, das ist
Frustration für Maxi. Maxi wird
daraufhin aggressiv und erkämpft
sich sein Futter zurück, d.h. Maxi
lernt, dass aggressives Verhalten ihm
Verstärker einbringt ☺
Person hat mich beleidigt, ich
reagiere aggressiv -> Person
entschuldigt sich bei mir
Reaktanz = frustrationsähnlicher Zustand, daher: Aggressivität ist
eine mögliche Reaktanzfolge (vgl. Reaktanztheorie, die aber nicht
sagt, unter welchen Bedingungen Reaktanz zu Aggressivität führt…)
soziale Vergleichsprozesse und ihre aktivitätsförderne/hemmende Wirkung:
Vergleich mit anderer Person ist
-
-
positiv (d.h. meine Ergebnisse sind gleich oder besser), dann
Aggressionshemmung und eher positive Gefühle
negativ (d.h. meine Ergebnisse sind schlechter), dann
Aggressionssteigerung und Neid/Wut
EXPERIMENT von Herkner & Schremser (1993):
Untersuchung von
Wirkung sozialer Vergleichsprozesse auf
Aggressivität
Vergleich der aggressionsfördernden Wirkung von
Frustration und Reaktanz
VPn bekamen Konzentrationsaufgabe (20 Minuten
Druckfehlersuche in philosophischem Text), als Belohnung
werden Schallplatten versprochen (dazu vorher
„Marktforschungsstudie“ -> VPn mussten 10 Schallplatten
bewerten, darunter die Belohnungsplatte)
VB1: keine Erwartung: irgendeine Platte als
Belohnung
VB2: Erwartung: jene Platte, die am besten beurteilt
wurde
VB3: Wahlfreiheit: selbst ausgesuchte Platte
Herkner / Kapitel 6 / Teil 1C
391
Nach Konzentrationsaufgabe: VL verkündet, dass er die
Platte ausgesucht hat -> dadurch Reaktanz in VB3
(Wahlfreiheit)
½ VPn erhalten die attraktivste Platte
½ VPn erhalten die am wenigsten positiv beurteilte
(aber nicht negativste) Platte
Jetzt weitere Unterteilung nach „Information und
Belohnung“:
1/3 VPn: positiver sozialer Vergleich:
(nicht alle VP haben eine Platte erhalten)
1/3 VPn keine Info über Belohnung
1/3 VPn: negativer sozialer Vergleich:
(andere VPn haben Platte aussuchen können,
sie aber müssen nehmen, was übriggeblieben
ist)
D.h. insgesamt 18 Versuchsbedingungen (für die 180 VPn
[d.h. 10 Personen pro Zelle, na ja…]); dann Beurteilung von
Experiment und VL (= Aggressionsmaß)
Ergebnisse:
nur schwache Aggression bei Beurteilung des VL,
aber deutliche Aggression bei Beurteilung des
Experiments
VPn mit wenig attraktiver Belohnung in allen VG
aggressiver
sehr starker Reaktanzeffekt: VPn in VB Wahlfreiheit
waren viel aggressiver als alle anderen
VPn mit negativem sozialem Vergleich waren
aggressiver
starke aggressionshemmende Wirkung des
positiven sozialen Vergleichs in der
Reaktanzbedingung
@ Katharsisproblem:
aus Triebtheorie; Ausleben der Aggression führt zu vorübergehender
Senkung des Aggressionstriebs (vgl. Dampfkessel-Modell)
dazu Lerntheorie:
einheitliche Wirkung des Auslebens ist unwahrscheinlich; Gründe:
werden ausgelebte Aggressionen verstärkt, dann Steigerung
der zukünftigen Aggressionstendenz
bleiben ausgelebte Aggressionen unbeachtet oder werden sie
bestraft, dann Senkung der zukünftigen Aggressionstendenz
(Ausnahme hier: massive Selbstverstärkung)
Herkner / Kapitel 6 / Teil 1C
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aber: möglicherweise Katharsiseffekt auf emotionaler Ebene,
d.h. wenn sich Person aggressiv gegenüber dem Urheber
ihres Ärgers verhalten kann, dann Abnahme der Aggression,
aber: das funktioniert nicht, wenn
- Zielperson mächtiger ist als Aggressor
- Aggression in der gegebenen Situation eindeutig
unpassend ist
- Aggressor zu Schuldgefühlen neigt
„symbolische Katharsis“:
durch Betrachten aggressiver Handlungen „Entladung“ der
Aggression des Zuschauers. Ist aber Blödsinn, denn Hungriger
wird ja auch nicht weniger hungrig, wenn er sich Speisen
anschaut… Experimente zeigen, dass eher das Gegenteil
passiert…
ABER:
unter gewissen Bedingungen kann Beobachtung von
aggressiven Handlungen schon zu Aggressionsreduktion führen
= Hypothese von Berkowitz & Rawlings (1963):
Beobachtung extrem brutaler Szenen kann Aufmerksamkeit auf
aversive Folgen für das Opfer lenken -> dadurch Entstehung
von Schuldgefühlen -> als Reaktion auf die eigenen
Aggressionstendenzen reagiert Beobachter mit
Selbstbestrafung und unterdrückt das aggressive Verhalten
EXPERIMENT dazu:
VPn sahen Film, in dem ein Boxer übel zugerichtet wurde
- VB1: gerechtfertigte Aggression: Info an VPn:
Boxer ist ein brutaler und bösartiger Mensch
- VB2: ungerechtfertigte Aggression: Info an VPn:
Boxer ist ein sympathischer Mensch
dann Frustration der VPn und Gelegenheit zu
aggressiven Handlungen
Ergebnis:
VPn mit gerechtfertigter Aggression
waren aggressiver
Zusatzhypothese von Baron (1974): (experimentell bestätigt)
brutaler Film, der vor allem Schmerzen des Opfers zeigt,
bewirkt Aggressionshemmung
brutaler Film, der vor allem den Aggressor zeigt, bewirkt
Aggressionssteigerung
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aber:
393
bei sehr verärgerten und erregten Personen
gegenteiliger Effekt, d.h. Wahrnehmung des Opfers
führt zu gesteigerter Aggressivität
Liste der aggressionsfördernden Bedingungen
(zur Frage: „Welche Wirkung üben brutale Filme auf die
Zuschauer aus?“)
(1)
aggressive Verhaltensweisen werden gelernt.
Wahrscheinlichkeit, ob sie tatsächlich ausgeführt werden, wird
erhöht, wenn
(2)
(stellvertretende) Verstärkung des Aggressors (z.B.
Anerkennung, Erfolg)
(3)
wenn stellvertretende Verstärkung intermittierend und
unregelmäßig ist
(4)
wenn Beobachter die aggressive Modellperson positiv
bewertet
(5)
wenn Imitator erwartet, für eigenes aggressives Verhalten
verstärkt zu werden
(6)
wenn Zielpersonen vorhanden sind, die dem gezeigten Opfer
ähnlich sind
(7)
wenn Film spannend ist (d.h. Aktiviertheit hoch)
(8)
wenn dargestellte Aggressionen gerechtfertigt erscheinen
(9)
wenn Film in erster Linie Handlungen des Aggressors und
weniger Leiden des Opfers zeigt
(10) wenn Zuschauer positive Einstellung zu aggressivem
Verhalten hat (z.B. weil seine Freunde ähnliche Einstellungen
haben)
Herkner / Kapitel 6 / Teil 1C
3.2
394
Negative Gefühle und Aggression:
2 Arten von Aggressionen: (aber auch zahlreiche Mischformen)
beide = motiviert dadurch, dass man jemandem schaden möchte
•
instrumentelle Aggression:
man möchte jemandem Schaden, um Vorteil zur erhalten /
Nachteile zu vermeiden, d.h. aggressive Handlung = Mittel zum
Zweck
oft ohne nennenswerte Gefühle (vor allem KEIN Zorn/Ärger)
Wahrnehmung des leidenden Opfers kann zu
Aggressionshemmung führen
•
feindselige Aggression:
man möchte jemandem schaden (sonst NIX!), d.h. aggressive
Handlung = Selbstzweck
mit starken Gefühlen
Wahrnehmung des leidenden Opfers verstärkt die
feindselige Aggression
andere Unterscheidung:
•
kalte Aggression:
kaum Gefühle während der aggressiven
Handlung
•
emotionale Aggression:
Aggressor im Zustand erhöhter
Aktiviertheit, vor allem Wut, Zorn,
Ärger, aber auch Angst
Instrumentelle Aggression kann durch Prinzipien des operanten
Konditionierens und des Beobachtungslernens erklärt werden,
für feindselige Aggression geht das nicht so einfach, daher andere
Erklärungsansätze: (siehe nächste Seite!)
Herkner / Kapitel 6 / Teil 1C
395
Theorie der feindseligen Aggression von Berkowitz (1982):
aversive Erlebnisse jeder Art (z.B. Schmerz, Hitze, Kälte, usw.)
erhöhen die Bereitschaft zu Aggression und Flucht;
ob Aggression oder Flucht als Reaktion auf das aversive Erlebnis
gewählt wird, hängt ab von Situation und individueller
Lerngeschichte.
Oft wird Flucht gewählt, wenn die aber nicht möglich ist, dann
Aggression. Aggression umso eher:
je mehr Aggressivität in früheren ähnlichen Situationen
erfolgreich war
wenn ein geeignetes Aggressionsziel vorhanden ist
wenn Aggressionshemmung schwach ist
Theorie gründet sich auf Ergebnisse von Tier- und Humanversuchen,
aber auch auf Beobachtungen in Realsituationen
•
Tierversuche:
verschiedene Arten (z.B. Katzem, Vögel, Ratten, Affen) reagieren
auf verschiedene aversive Situationen (z.B. räumliche Enge, Hitze,
Lärm, Schmerz) mit aggressivem Verhalten
-> tritt ohne spezielle Lernprozesse auf
-> wird ohne gezielte Verstärkung beibehalten
daher: vermutlich (unbedingter) Reflex
•
bei Menschen:
große Hitze korreliert mit dem Auftreten von Unruhen, Streit und
Gewalttätigkeit (nachgewiesen nicht nur Korrelation, sondern auch
Ursache-Wirkungs-Beziehung!);
experimentell nachgewiesene aggressionsfördernde
Bedingungen sind: Kälte, Hitze, ekelhafte Filme, lästiger
Zigarettenrauch, schlechte Gerüche
EXPERIMENT von Berkowitz (1981):
aggressionsfördernde Wirkung von Kälte
VPn sollten andere VP (= Mitarbeiter des VL) für gute
oder schlechte Ideen (Lösungsvorschläge für
geschäftliche Probleme) mit Geld belohnen / mit lautem
Lärm bestrafen, konnten dabei nach Belieben verfahren
½ VPn dabei Hand in sehr kaltem Wasser
½ VPn dabei Hand in lauwarmem Wasser
Ergebnis:
VPn mit Hand im kalten Wasser belohnten
weniger und bestraften mehr
Herkner / Kapitel 6 / Teil 1C
396
Unterschiede zwischen Berkowitz-Theorie und anderen
Theorien:
•
Frustrationen und Ärger lösen nur in DEM Maß
Aggressionstendenzen1 aus, in dem sie aversiv sind
•
kognitive Prozesse (vor allem Attributionen) sind NICHT
notwendig für das Entstehen von Gefühlen;
Grund:
aversive Situation löst schnell und unmittelbar ohne
bewusste Überlegungen negative Gefühle aus. Diese
KÖNNEN durch kognitive Prozesse differenziert,
intensiviert, abgeschwächt werden, das muss aber nicht
sein!
Intensität von Ärger kann durch Priming erhöht werden,
d.h. wenn man VPn VOR Experiment über Wirkung von Strafen
oder unangenehme Erlebnisse nachdenken, sprechen,
schreiben lässt, dann im Experiment mehr Ärger.
•
ungerechtfertigte Frustrationen rufen stärkere negative
Gefühle hervor, das hat aber NIX zu tun mit Attributionen.
D.h. man handelt nicht deshalb aggressiv, weil man unfair
behandelt wurde, sondern weil unfaire Behandlung negative
Gefühle hervorruft
Hypothese über die verstärkende Wirkung schädlicher
aggressiver Handlungen:
Verärgerte VPn empfanden umso mehr Freude, je mehr ihr Opfer (das
sie vorher beleidigt hatte) litt, und verhielten sich dabei umso
aggressiver einem Dritten gegenüber (Sebastian, 1978)
Hypothese über die kumulativen Effekte von aversiven
Erlebnissen:
Je mehr aversive Situationen jemand erlebt hat,
desto mehr aversive Erlebnisse hat er im LZG gespeichert,
umso wahrscheinlicher ist es, dass aversive Erinnerungen aktiviert
werden
umso wahrscheinlicher ist feindselig aggressives Verhalten
Ausnahme: Person hat starke Aggressionshemmungen
1
Aggressionstendenz = es muss nicht zu offener Aggression kommen. Ob es dazu kommt, hängt
ab von situativ bedingter und dispositioneller
Aggressionshemmung