Aperitif für den Sonntag Jeden Sonntag hören wir drei Lesungen in der Messe. Dabei wird uns aber nicht einfach etwas vorgelesen. Wir bezeichnen das Gehörte als „Wort Gottes“, wir glauben, dass es uns im hier und jetzt erreichen will, auch wenn die Texte uralt sind. Diese Rubrik will eine kleine Hilfe sein, die erste Lesung aus dem Alten Testament und das Evangelium des kommenden Sonntags, die in der Regel thematisch zusammenhängen, schon einmal vorab zu lesen. Anbei versuchen wir immer, eine Verständnishilfe zu bieten, die aber keine Deutung oder gar Predigt sein will. Gesegneten Sonntag wünscht Ihnen Kaplan Matthäus Hilus DREIFALTIGKEITSSONNTAG C ERSTE LESUNG Spr 8, 22-31 ALS DIE URMEERE NOCH NICHT WAREN, WURDE ICH GEBOREN Lesung aus dem Buch der Sprichwörter So spricht die Weisheit Gottes: 22 Der Herr hat mich geschaffen im Anfang seiner Wege, vor seinen Werken in der Urzeit; 23 in frühester Zeit wurde ich gebildet, am Anfang, beim Ursprung der Erde. 24 Als die Urmeere noch nicht waren, wurde ich geboren, als es die Quellen noch nicht gab, die wasserreichen. 25 Ehe die Berge eingesenkt wurden, vor den Hügeln wurde ich geboren. 26 Noch hatte er die Erde nicht gemacht und die Fluren und alle Schollen des Festlands. 27 Als er den Himmel baute, war ich dabei, als er den Erdkreis abmaß über den Wassern, 28 als er droben die Wolken befestigte und Quellen strömen ließ aus dem Urmeer, 29 als er dem Meer seine Satzung gab und die Wasser nicht seinen Befehl übertreten durften, 30 als er die Fundamente der Erde abmaß, da war ich als geliebtes Kind bei ihm. Ich war seine Freude Tag für Tag und spielte vor ihm allezeit. 31 Ich spielte auf seinem Erdenrund, und meine Freude war es, bei den Menschen zu sein. Schon in der hebräischen Bibel gibt es den Gedanken der Präexistenz der Weisheit und Anwesenheit Gottes. Gemeint ist damit: Gott ist uns, der Schöpfung, der Erde und unserem Denken voraus. In unserer heutigen Lesung redet in einem Gedicht die „Weisheit“, durch welche die ganze Schöpfung ins Dasein gerufen worden ist. Was erst einmal nach einer sterilen philosophischen oder dogmatischen Einsicht klingt, hat auch mit unserem Leben zu tun. Noch vor unserer Lebensleistung, unserer Arbeit und unserem Mühen gibt es etwas, auf was wir uns verlassen können und was die Welt und unsere Geschichte geheimnisvoll lenkt – wenn wir es wollen. EVANGELIUM Joh 16, 12-15 Alles, was der Vater hat, ist mein. Der Geist wird von dem, was mein ist, nehmen und es euch verkünden + Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: 12 Noch vieles habe ich euch zu sagen, aber ihr könnt es jetzt nicht tragen. 13 Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in die ganze Wahrheit führen. Denn er wird nicht aus sich selbst heraus reden, sondern er wird sagen, was er hört, und euch verkünden, was kommen wird. 14 Er wird mich verherrlichen; denn er wird von dem, was mein ist, nehmen und es euch verkünden. 15 Alles, was der Vater hat, ist mein; darum habe ich gesagt: Er nimmt von dem, was mein ist, und wird es euch verkünden. Das Christentum ist nicht ein Buch, das eine Fülle von Wahrheiten und Lehrsätzen enthält. Es ist eine Erfahrung mit Gott, der in sich Gemeinschaft ist. Diesen kann man nicht „fassen“ oder „verstehen“, man kann ihn aber erleben. In den Abschiedsreden im Abendmahlsaal versucht Jesus gerade dies seinen Jüngern und uns bewusstzumachen. Die Einführung in die Wahrheit, d.h. die Erfahrung mit Gott ist nie ganz fertig und abgeschlossen. Christ ist man nicht, Christ wird man jeden Tag, indem man sich in die Wahrheit führen lässt, die Gott in Christus ein für alle Mal geoffenbart hat.
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