2 SWR2 Tandem - Manuskriptdienst Neuland Ankommen in Deutschland AutorIn: Mandy Fox Redaktion: Ellinor Krogmann Regie: Mandy Fox Sendung: Freitag, 27.05.16 um 10.05 Uhr in SWR2 __________________________________________________________________ Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. Mitschnitte der Sendungen SWR2 Tandem auf CD können wir Ihnen zum größten Teil anbieten. Bitte wenden Sie sich an den SWR Mitschnittdienst. Die CDs kosten derzeit 12,50 Euro pro Stück. Bestellmöglichkeiten: 07221/929-26030. Einfacher und kostenlos können Sie die Sendungen im Internet nachhören und als Podcast abonnieren: SWR2 Tandem können Sie ab sofort auch als Live-Stream hören im SWR2 Webradio unter www.swr2.de oder als Podcast nachhören: http://www1.swr.de/podcast/xml/swr2/tandem.xml Kennen Sie schon das neue Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen Veranstaltungen im SWR2-Kulturpartner-Netz informiert. Jetzt anmelden unter 07221/300 200 oder swr2.de ___________________________________________________________________ MANUSKRIPT 01_Nada: Ich bin Nada, ich komme aus Syrien, ich bin 40 Jahre alt. 02_Markus: Ich heiße Markus, ich komme aus Syrien, es ist nicht mein richtiger Name, aber muss man aufpassen, weil ich habe noch Familie dort in meiner Heimat. Ich bin hier seit einem Jahr und drei Tagen. Ich bin hier mit meiner Familie. Ich bin 42 Jahre alt und habe vier Kinder. Das ist so ein arabisches System, man hat viele Kinder. Man kann sagen ich war Lehrer von Beruf. Jetzt kann man sagen ich bin Schüler. 03_Markus: Ich mache den Deutschkurs seit 4 Monaten und paar Tagen. 04_Nada: Das ist ein Integrationskurs und das ist Pflicht für jeden Flüchtling. Die Programm ist interessant, weil die Themen sind wichtig für uns. Wir haben Themen über Krankheit, Arbeit, aber es geht so schnell, weil es ist intensiv. 05_Musik: Entertainment for the Braindead „Sirens #2“ 06_Nada: Wenn bin ich nach Deutschland gekommen ich hatte die Idee ich bleibe nur drei Monate und fahre zurück nach Damaskus. Für mich das war ich kann nicht akzeptieren das alles was ich gemacht in meine Leben war vorbei. Zuerst ich war so depressiv und ich hatte so viele Fragen, ich habe keine Arbeit, ich kann nicht Deutsch sprechen. Für mich das ist ein anderes Land und eine andere Kultur und für eine Frau 40 Jahre alt ist nicht einfach alles wird von Null gemacht. ich habe versucht zu fragen wie es möglich für mich zurückfahren nach Syrien. Und leider das war nicht möglich. 07_Markus: Als ich nach Deutschland gekommen bin die erste Woche, der erste Monat, ich war sehr traurig und ich denke was kann ich in diesem Land machen, wir sind neu, wir können die Sprache nicht, wir haben nichts, das ist ein bisschen schlimm, aber so ist das Leben, meine Kinder suchen eine Schule, meine Frau einen Deutschkurs und wenn wir haben das Zertifikat denken wir welchen Beruf machen wir. Aber wichtig ist, dass wir nicht zu Hause bleiben. Egal, wir müssen immer weiter machen. Wer immer zu Hause mit Stress, das geht nicht. Arbeit, Kontakt das ist sehr gut. 08_Nada: Ich habe gesagt ich muss einfach alles vergessen und ein neues Leben versuchen. Zuerst ich hatte gedacht die erste Sache zu machen ist Deutsch lernen. Seit ich hatte meine Kurs beginnt, mein Leben in Deutschland ist verbessert. Ich kann einen Kontakt machen, ich kann über Internet gucken und eine kleine Zeitung lesen. Also was ist wichtig für jeden Flüchtling und Asylbewerber ist nicht eine Arbeit zu finden am Beginning, aber Deutsch gut lernen und die andere Sachen kommt danach. 09_Musik: Entertainment for the Braindead „Roadkill“ 10_Markus: Wenn sagst du, viel Papier, willkommen in Deutschland. Man kann sagen das ist Bürokratie, aber ohne Bürokratie keine Demokratie. In asiatischen Ländern, wir 2 haben kein Papier, wir haben auch keine Demokratie. Das kann man so sagen. –lachen – Ist viel Papier, aber es ist besser als kein Papier. 11_Nada: Ich hatte zuerst gedacht dass ich kann alles alleine machen. Weil ich kann so viel Sprachen sprechen und ich habe einige Erfahrung was man braucht und ich bin auch Rechtsanwältin. Aber das war leider nicht einfacher, das war auch für mich sehr kompliziert und ich habe bis jetzt 50 Prozent meiner Zeit für Formular ausfüllen und zur Beratung gehen –lachen– und das ist so viel Papier, das ist ein bisschen die Bürokratiesystem, aber ich habe Kraft und ich versuche das – herzhaftes Lachen – Ich habe einmal eine Deutsche gefragt über ein Formular und sie hat gesagt, ich verstehe das auch nicht –lachen – 12_Markus: Ob viel Papier oder wenig, aber musst du wissen was denken die Leute, wie kann man mit Deutsche Kontakt machen. Viele Flüchtlinge haben die Frage was braucht man wie und wo. Jetzt bin ich hier Kontakt seit einem Jahr und ich habe viel Kontakt zu Deutschen, ich verstehe das System, ich weiß wo ich hingehen muss wenn man ein Papier vom Jobcenter, von der Agentur für Arbeit egal welche Ämter. 13_Nada: Ich mach so viel Übersetzung und gebe so viel Information. Ich helfe und organisiere für Flüchtlinge und auch Beratung z.B. sie gehen zum Sozialamt, oder brauchen Papier von Ausländerbehörde – ich mache mit. Wir haben nicht genug Orientierung z.B. warum sie zum Sozialamt und wann sie dürfen zum Jobcenter gehen und was ist Asylbewerberstatus, oder was ist Flüchtlinge Status, warum gibt es Flüchtlinge im Wohnheim, die anderen in einem Heim, oder eine Wohnung. 14_Markus: Wohnen wir in einem Wohnheim, ein Hochhaus. Dort wohnen viele Familien ungefähr 200 Family zusammen und die Flüchtlinge in Deutschland sind so viele, alle Wohnheime sind voll. Unsere Wohnung im Heim ein bisschen klein, wir sind sechs Personen. Im Heim steht ein Zimmer für vier Leute. Die Flüchtlinge 80 Prozent haben Krieg in ihrem Land. Viele verloren Familie, Verwandte, viele hat die Kinder gestorben, das ist auch Problem. 15_MUSIK: Rene Aubry „Trou de mémoire“ 16_Markus: Manchmal meine Kinder haben mich gefragt, Papa warum machen wir das? Warum bleiben wir nicht in unserer Heimat? Warum machen wir das mit der Polizei, mit diesem kleinen Boot, die Situation ist das, wir haben Krieg. 17_Nada: Das braucht ungefähr 6 Monate, ich habe meine Visa gemacht und ich habe gewartet für 4 Monate bis eine Antwort von Deutschland gekommt, aber für mich ich hatte Glück, das war einfacher, das war nicht so kompliziert, aber ich weiß von anderen das ist sehr schwer wenn Familien müssen nach Deutschland kommen. Ich war alleine, das ist nicht so kompliziert für mich. 18_Markus: Meine Familie ein Jahr früher gehen wir raus in einer Nacht, ich habe nichts mitbringen, keine Fotos, kein Dokument, ich hatte keine Idee wohin ich muss gehen. Wir 3 waren zwei Monate in der Türkei. In der Türkei ist die Situation auch nicht so gut... sehr schlecht, man kann nicht dort bleiben. Für mich und meine Frau ist das Land egal, aber für mein Kind brauche ich ein Land in dem mein Kind zur Schule gehen kann. Dann machen wir zusammen einen Plan und dann sind wir zusammen nach Griechenland gegangen. Probieren wir 2-3 Mal mit einem kleinen Boot, es war eine Katastrophe mit diesem Boot. Wir sind 38 Leute in einem kleinen Boot. Die Grenze von Türkei bis Griechenland braucht 2 oder 3 Stunden, aber in der Nacht. Kinder, schnell schnell haben wir keine Zeit und die Polizei kommt und Probieren wir ein Mal und die Polizei hat uns zurückgedrückt, probieren wir zwei Mal und das war auch Katastrophe. Die griechische Polizei hat mit ihrem großen Boot unser kleines Boot zurückgedrückt, alle Kinder haben geweint. 19_Markus: Wenn du hast eine Chance gehst du zu einer Insel, wenn du hast keine Chance alle gehen unter. Viele Leute hat dort gestorben. Und die Schmuggler macht gar nix. Wenn sie dich auf diese Insel bringen verdienen sie viel Geld, wenn du stirbst ist es für sie auch egal. Aber für uns – wir haben kein Wahl, wir müssen weitermachen, wir können nicht zurück in unsere Heimat, wir können nicht in der Türkei bleiben. 20_Musik: Audrey „Mecklenburg“ 21_Markus: Wenn du ein Jahr hast eine sehr schlimme Situation und dann triffst du dich mit deiner Familie dann ist das gut. 22_Markus: Alle Familien bleiben im Heim für 5, 6 Monate und die Wohnung dauert bisschen lang weil alle Flüchtlinge aus Asien haben große Familien und alle Wohnungen in Deutschland maximal für 2, 3, 4 Personen, 23_Nada: Normal ist das ein Flüchtling auch braucht eine Wohnung. Wenn ich anrufe und ich sage zum Beispiel ich bin Flüchtling, die Antwort war nicht positiv... dann ich versuche manchmal eine Email zu schicken, oder sms, weil ich kann nicht so gut Deutsch sprechen mit persönlichem Kontakt geht es besser. Ich war immer positiv, ich lächle und war höflich und freundlich mit Leute und dann ah ok und am Ende ich muss sagen das ich bin Flüchtling und arbeitslos, aber das was danach, aber am Anfang ich habe nicht das gesagt. Leute waren danach positiv, weil sie haben die Chance mich kennenzulernen. Aber am Anfang war es ein bisschen schwer, sie sagen, ah Flüchtlinge sie sind so laut, ok wir sind ein bisschen laut –lachen – , sie haben so viele Kinder, ah, ich hatte keine Kinder und das auch war sehr positiv, weil ich habe keine große Familie. 24_MUSIK: Rene Aubry „Salento“ 25_Nada: Ich hatte auch Angst am Anfang, weil ich habe gedacht ich werde ein bisschen Problem mit meiner Nachbarin haben. Ich hatte ein bisschen Problem am Anfang. Ich habe keine Zeit, ich arbeite in der Woche und habe meinen Deutschkurs auch und ich mache die Möbel und andere Sachen am Wochenende und das war am Samstag um 13 Uhr. Ich hatte meine Bohrmaschine zu meine Möbel zu machen und meine Nachbarin hat geklingelt und hat gemeint wir sind in Deutschland und das ist so laut –lachen-. Ok, Entschuldigung, ich arbeite nicht mehr, ich mache das danach. Ok, danach eine Woche auch Samstag ich habe das gemacht und es war 9 Uhr am Morgen 4 und ich hatte die gleiche Reaktion. Das dritte Mal hatte ich einen Brief von meinem Nachbarn und er sagt das ist unmöglich, es ist so laut und wir können nicht in unserer Wohnung schlafen, also bitte ich kann mit einem Rechtsanwalt das machen, also bitte stoppe die Baumaschine und die Arbeiten zu Hause. Danach ich noch mal persönlich zu meinen Nachbarn, das ist besser in Deutschland, also ich habe gesagt Hallo, ich habe diesen Brief von ihnen, aber ich kann nicht gut Deutsch sprechen... können sie diesen Brief erklären? Er war schüchtern, er hat gesagt das ist nix und hat diesen Brief an sich genommen und das ist gar nix und nicht so schwer, aber ich habe ein Problem und ich brauche ein bisschen mir schlafen. Das ist nicht deine Problem, aber bitte sage mir wenn du hast eine Bauarbeit. Ich habe gesagt ok, ich habe keine Zeit, ich arbeite und kann nur am Samstag das machen, ich habe so viel zu tun, ich bin alleine. Er hat gesagt ok, ich kann auch helfen und ich bitte Sie keine Angst vor diesem Brief zu haben, das ist vorbei. Das ist das einzige Problem das ich hatte in meiner Wohnung. Ich glaube in Deutschland die Leute kann nicht einfach kommunizieren und wir brauchen nur den ersten Schritt zu machen und danach das geht besser und für mich sie sind sehr freundlich, sie sind so nett – danach – (lachen). 26_Musik: Entertainment for the Braindead „Sirens #1“ 27_Nada: Wir auch hatten Kulturschock, wenn wir sind in Deutschland gekommen. Weil wir waren in andere Land für unser Leben und unsere Kindheit. Für mich, war keine Überraschung denn ich war schon mehrere Male in Europa. Aber für andere Leute, sie hatten nicht die Chance machen Reisen in Europa das ist wirklich ein Schock. Flüchtlinge haben diese Idee dass alle Leute in Deutschland sind reich, sie haben so viel Geld, sie müssen nicht so viel arbeiten und das ist ja... wie Paradies. Dass Leute hier auch haben Problem, sie brauchen auch Sozialhilfe, Jobcenter, Sozialamt, Wohnungsamt. Sie arbeiten so viel und sind nicht alle reich und in Deutschland muss man so viel arbeiten um ein normales Leben zu haben. 28_Markus: In unserer Heimat ist alles ganz anders. Die Natur, essen, trinken, leben, die Menschen, die Sonne, es ist ganz anders. Ich habe in einem kleinen Dorf gewohnt, 60 Familien, sehr klein, jede Familie hat einen Garten, jede Familie hat so viel Land und am Vormittag arbeiten wir was anderes und am Nachmittag immer im Garten oder Land. 29_Musik: Anois „Happy Holiday“ 30_Markus: Wir sind ein paar Freunde zusammen und machen ein Nationalitätenessen. Einen Tag haben wir eine Halle, machen wir Musik, Essen, Trinken und das ist sehr gut für Integration und Kontakt machen. 31_Nada: Was wichtig ist zu kommunizieren und probieren mir zu vorzustellen, mir sagen auch Sport ist eine sehr wichtige Aktivität um Deutsche kennenzulernen, Kinder auch, Kinderaktivität auch. wir versuchen das Leben wie Deutsche hier. Andere Kultur, aber Freundschaft ist Freundschaft und Menschen sind Menschen. 32_Musik: Peter Licht „Du kommst nicht mehr zurück“ 5 33_Markus: Für mein Kind, erste Mal, die Schule hat mir ein Post geschrieben welche Tüte muss ich kaufen, welche Hefte, welche Bücher und das ist alles kompliziert. Ich gehe zu einem Einkaufszentrum und sage zum Verkäufer, Hallo, mein Sohn geht bald zur Schule und braucht die Sachen, kannst du mir helfen? Die Frau ist sehr nett, klar, bleib ruhig, ich bringe alles. 34_Markus: Wenn die Schule beginnt, ich habe zur Schule gegangen und gesagt Hort für meinen Sohn und der Chef hat gesagt, tut mir leid, wir haben keinen Platz. Habe ich gefragt warum und der Chef sagt wir haben keinen Platz weil der Erwachsene 2-3 Monate vorher sagen muss wir brauchen einen Platz und das weiß ich nicht. 35_Markus: Ich und meine Frau haben wir täglich Deutschkurs, von 8:15 bis 13 Uhr, und mein Sohn besucht eine Schule Klasse 1 und die Schule dauert bis halb Zwölf und wir müssen das Kind abholen sonst steht er da 2 Stunden und das geht nicht. Ich habe zum Chef gesagt, es gibt zwei Möglichkeiten – entweder mein Sohn besucht keine Schule, oder ich und meine Frau besuchen keinen Deutschkurs. Aber ich finde das sehr wichtig wenn wir alle einen Deutschkurs machen und gut Deutsch sprechen. – die Familie hat eine neue Wohnung in anderem Bezirk und jetzt mein Sohn hat Schule und jetzt Nachmittag bis halb vier Hort und denn zu Hause kann ich meinem Sohn bei den Hausaufgaben nicht helfen, ich brauche Hilfe –lachen– 36_Markus: Ja in Syrien immer am Nachmittag... jedes Kind hat 1-2 Stunden, ich erkläre alle Fächer was ich habe in der Schule Unterricht aber jetzt leider ich bin Schüler und mein Kind ist mein Lehrer –lachen– tja... das ist das Leben –lachen– 37_Musik: Jon Hopkins „The Low Places (Geese Remix)“ 6
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