Zwischen Willkommenskultur und Abschottung „Entängstigung als Zukunftschance?“ Lebenszeichen Von Helena Pekalis 16.05..2016 O-Ton Asif: Ich möchte der deutschen Regierung und den Deutschen danken! Für ihre Aufgeschlossenheit und Offenherzigkeit. Sie haben mir so viel geholfen! Dabei hat Deutschland die Flüchtlinge nicht eingeladen. Ich komme aus einem muslimischen Land, bin aber Christ.... Sprecherin: Der 39-jährige Suchmaschinenexperte Asif floh vor Gewalt und Verfolgung aus Pakistan. Umso entsetzter war er über die massenhaften Übergriffe auf Frauen hier, in der Kölner Silvesternacht. O-Ton Asif: Es hat mir wehgetan, und auch für viele andere im Asylheim war es ein Schock. Wir sind tief verletzt, so wie jeder andere Deutsche auch. O-Ton Anas: Ich bin ein Muslim-Mann und mein Koran hat gesagt, ich muss alle die Frauen respektieren. Und was passierte in Köln, Das ist nicht Islam! Das macht mir Angst! © Westdeutscher Rundfunk Köln 2016 Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des WDR unzulässig. Insbesondere darf das Manuskript weder vervielfältigt, verbreitet noch öffentlich wiedergegeben (z.B. gesendet oder öffentlich zugänglich gemacht) werden. Zwischen Willkommenskultur und Abschottung „Entängstigung als Zukunftschance?“ Lebenszeichen Von Helena Pekalis 16.05..2016 Sprecherin: Der 36-jährige Syrer Anas hatte eine Apotheke in Damaskus bevor er im Krieg alles verlor. O-Ton Anas: Wenn ich habe nach Deutschland gekommen, ich suche eine neues Leben: Ich habe nichts und die deutsche Leute geben mir alles. Die Flüchtlinge hier wir sind Besucher hier in Deutschland und wir müssen respektieren, was Deutsche leben! O-Ton Asif: Und wir fordern, dass die Täter angeklagt und bestraft werden. Sprecherin: Welche Werte Asif und Anas selbstverständlich teilen, machten sie der deutschen Öffentlichkeit vor kurzem deutlich - mit der Bitte, doch zu sehen, wie sehr Bibel und Koran die gleichen Werte hochhalten. Gemeinsam mit zwei anderen syrischen Flüchtlingen verfassten sie unterstützt vom Flüchtlingsrat in Duisburg einen offenen Brief an Bundeskanzlerin Merkel, stellten ihn zum Unterschriftensammeln ins Internet und bekamen prompt mehrere Drohanrufe. Doch Anas und Asif, der in seiner Heimat zwei Mordanschläge von Islamisten überlebte, ließen sich von ihrem Anliegen nicht abbringen. © Westdeutscher Rundfunk Köln 2016 Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des WDR unzulässig. Insbesondere darf das Manuskript weder vervielfältigt, verbreitet noch öffentlich wiedergegeben (z.B. gesendet oder öffentlich zugänglich gemacht) werden. 2 Zwischen Willkommenskultur und Abschottung „Entängstigung als Zukunftschance?“ Lebenszeichen Von Helena Pekalis 16.05..2016 O-Ton Wolf-Dieter Just: Also Köln war eine Katastrophe! Und zwar erstmal für die Frauen, die da eben Opfer waren… Sprecherin: - aber auch für die Flüchtlinge, meint der evangelische Ethik-Professor Wolf-Dieter Just: O-Ton Wolf-Dieter Just: ...und es ist eine Katastrophe für unsere Arbeit, die wir also seit Jahren versuchen, ein flüchtlings-freundliches Klima zu schaffen in Deutschland und sehen uns jetzt natürlich um Jahre zurückgeworfen. Sprecherin: Als Mitglied des Duisburger Flüchtlingsrates unterstützte er die Briefaktion. Aus allen Bundesländern kamen binnen einer Woche über 1600 Unterschriften von Flüchtlingen zusammen. O-Ton Wolf-Dieter Just: Und das war schon auch z.T. rührend, da ist dann noch so ein Brief angehängt worden, wo ein Flüchtling nochmal über eine ganze Seite an Angela Merkel -'das möchten wir doch bitte mitschicken!' - wo sie sich also vom Herzen gesprochen haben, wie sehr sie das verabscheuen, was in Köln passiert ist und dass sie sich © Westdeutscher Rundfunk Köln 2016 Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des WDR unzulässig. Insbesondere darf das Manuskript weder vervielfältigt, verbreitet noch öffentlich wiedergegeben (z.B. gesendet oder öffentlich zugänglich gemacht) werden. 3 Zwischen Willkommenskultur und Abschottung „Entängstigung als Zukunftschance?“ Lebenszeichen Von Helena Pekalis 16.05..2016 auch dagegen wehren, dass sie als Flüchtlinge über einen Kamm geschoren werden oder auch als Nordafrikaner oder Syrer, so wie das im Augenblick in den Medien ja sehr stark passiert. O-Ton Paul M. Zulehner: Mich hat das sehr betroffen gemacht, also Köln hat die Kultur verändert. Und ich glaube, wir müssen zurück zu einer emotionsärmeren Behandlung dieses Themas und dann zu einer Politik der ruhigen, gezielten Schritte- aber in Richtung Menschlichkeit und nicht in Richtung Unmenschlichkeit. Sprecherin: Prof. Michael Paul Zulehner ist Religions- und Werteforscher. O-Ton Paul M. Zulehner: Weil der Mensch ist nicht nur Emotion- er hat neben der Emotion einen Verstand und er hat auch ein Herz! Sprecherin: Optimisten sind ihm zu blauäugig - Pessimisten zu schwarzmalerisch: Paul Zulehner geht persönlich als Possibilist durchs Leben, mit offenem Blick für Möglichkeiten. © Westdeutscher Rundfunk Köln 2016 Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des WDR unzulässig. Insbesondere darf das Manuskript weder vervielfältigt, verbreitet noch öffentlich wiedergegeben (z.B. gesendet oder öffentlich zugänglich gemacht) werden. 4 Zwischen Willkommenskultur und Abschottung „Entängstigung als Zukunftschance?“ Lebenszeichen Von Helena Pekalis 16.05..2016 O-Ton Paul M. Zulehner: Es ist immer die Realität durchwachsen, es gibt das Gute und das Böse, und zwar nicht nur außen, sondern auch innen. Ich bin immer zugleich gefährdet, also es zieht mich runter, - aber ich kann auch zugleich jede Situation nützen, ein Stück weiter zu reifen. Es ist möglich, zu reifen- wenn ich mich auf diese Möglichkeit einlasse! Sprecherin: Kaum ein Thema sorgt derzeit so für ein Wechselbad der Gefühle wie die Flüchtlingsfrage. Helfen oder abwehren? Zwischen Willkommenskultur und dem Ruf nach Abschottung herrscht allgemeine Verunsicherung. Wie kommt es eigentlich, dass ein und dasselbe Phänomen so unterschiedliche Reaktionen auslöst?! Der Wiener Theologe und Religionssoziologe Zulehner wollte es genauer wissen und startete eine große OnlineStudie. O-Ton Paul M. Zulehner: Und in mir selber habe ich sehr gemischte Gefühle- weil das ganz normal ist. Ich habe aus meiner Forschung her ja auch das klare Bewusstsein, wenn man als Säugling geboren wird, dann kommt man aus einem paradiesischen Mutterschoß und kriegt eine kalte Welt ab, vor der man zunächst Angst hat, und dann muss ich Vertrauen gewinnen. Und da helfen mir die Eltern und andere Begegnungen, - manchmal auch Gott, würde ich jetzt als Theologe sagen - aber das gesamte Lebenskunstwerk ist: dem Chaotischen, der Angst ein bisschen felsenfesten Boden des Vertrauens abzugewinnen. © Westdeutscher Rundfunk Köln 2016 Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des WDR unzulässig. Insbesondere darf das Manuskript weder vervielfältigt, verbreitet noch öffentlich wiedergegeben (z.B. gesendet oder öffentlich zugänglich gemacht) werden. 5 Zwischen Willkommenskultur und Abschottung „Entängstigung als Zukunftschance?“ Lebenszeichen Von Helena Pekalis 16.05..2016 Sprecherin: 3000 Teilnehmer antworteten auf Zulehners detaillierten Fragebogen nach den persönlichen Ansichten und Empfindungen zum Flüchtlingsthema. Dabei kristallisierten sich drei große Gefühlslager heraus: Die Zuversichtlichen, die sich meist auch auf irgendeine Weise engagieren; die Besorgten, die zwischen Ängstlichkeit und Zuversicht hin- und herschwanken und sich teils einsetzen oder raushalten; und als letzte Gruppe die Verärgerten, die vor allem mit Abwehr reagieren. O-Ton Paul M. Zulehner: Und die fürchten, dass das Ganze in einer Katastrophe endet. Und da hab ich eben beobachtet, dass Menschen, die auf der Seite des Ärgers sind vermeiden, Gesichter zu sehen und von einzelnen Frauen und Männern und Jungen und Alten zu reden, und deswegen reden sie dann eher technisch: da geht eine Lawine ab, eine Flüchtlingslawine; da ist ein Strom, der mitreißt, der Flüchtlings-strom. Und da brauchen wir Stacheldrahtzäune und da muss Europa zur FESTUNG ausgebaut werden- es ist schon interessant, dass dann zwei AfD-Politiker im Europarat sagen: 'und notfalls mit Schießbefehl!'. Und da muss ich sagen: Da ist das Christliche in Europa endgültig gestorben. Sprecherin: Wenige Tage nach den Silvestervorfällen. Eisiger Wind fegt um den Kölner Dom. Doch die jungen arabischen Männer lassen sich nicht abhalten. Klappernd vor Kälte, aber mit offenfreundlichem Lächeln überreichen sie Rosen an Passantinnen. Eine symbolische Geste der Anteilnahme und Entschuldigung. Für etwas, das sie selbst gar nicht verbrochen haben! „Syrer gegen Sexismus!“- auf Pappschildern und Transparenten zeigen syrische Flüchtlinge hier, für welche Werte sie einstehen. © Westdeutscher Rundfunk Köln 2016 Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des WDR unzulässig. Insbesondere darf das Manuskript weder vervielfältigt, verbreitet noch öffentlich wiedergegeben (z.B. gesendet oder öffentlich zugänglich gemacht) werden. 6 Zwischen Willkommenskultur und Abschottung „Entängstigung als Zukunftschance?“ Lebenszeichen Von Helena Pekalis 16.05..2016 O-Ton Zakher Al-Mohammed: Wir haben uns hier nicht nur für die Syrer versammelt, sondern für die Humanität im Allgemeinen! Sprecherin: Es kamen Syrer aus verschiedenen nordrheinwestfälischen Städten zusammen. Der 27jährige Zakher Al-Mohammed, hatte die Kundgebung über Facebook initiiert. Er arbeitete vor seiner Flucht als Redakteur eines Online-Magazins: „Positive Neuigkeiten aus der arabischen Welt“. O-Ton Zakher Al-Mohammed: Was an Silvester passiert ist, liegt nicht an der Kultur oder der Religion! In allen Kulturen und Religionen gibt es Gutes und Schlechtes, genauso wie es in jeder Gesellschaft auch Kriminelle und ungebildete Menschen gibt. Manche Leute wollen das Problem jetzt politisch instrumentalisieren gegen die Flüchtlinge und Ausländer, aber wir müssen alle gemeinsam nach Lösungen suchen. Nur so kann die Gesellschaft erfolgreich sein. O-Ton Paul M. Zulehner: Angst ist auch in der Politik ein ganz wichtiges Thema- lange übersehen! ja. © Westdeutscher Rundfunk Köln 2016 Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des WDR unzulässig. Insbesondere darf das Manuskript weder vervielfältigt, verbreitet noch öffentlich wiedergegeben (z.B. gesendet oder öffentlich zugänglich gemacht) werden. 7 Zwischen Willkommenskultur und Abschottung „Entängstigung als Zukunftschance?“ Lebenszeichen Von Helena Pekalis 16.05..2016 Sprecherin: Facettenreich sind die Gefühle und Argumente, die Paul Michael Zulehner in seiner Umfrage untersucht hat. Dabei stieß er auf ein Phänomen, das sich - auch nach Ansicht anderer Wissenschaftler - im modernen Leben immer weiter ausbreitet: Der deutsche Sozialwissenschaftler Heinz Bude spricht von einer „Gesellschaft der Angst“. Und der französische Politologe Dominique Moisi bezeichnet - in seinem Bestseller über Gefühle, die die Weltpolitik bestimmen, Europa als einen „Continent of fear“, einen „Kontinent der Angst“. Zulehner verlangt nach einem Gegengewicht zu einer um sich greifenden „Politik der Angst“ in der Flüchtlingsfrage. O-Ton Paul M. Zulehner: Und ich hätte ganz gern, dass wir eine Kultur sind, die auf dem Weg der Menschlichkeit nicht nachlässt. Ich glaube, das ist für ein Land insgesamt ein Markenzeichen, dass es viele Menschen- nicht nur in der Politik, sondern auch in der Zivilgesellschaft, in den Pfarrgemeinden - gibt, die verstanden haben, dass der Königsweg, ein Mensch zu werden, heißt: Ich verausgabe mich, ohne etwas zurückzuerwarten. Und so viele tolle Chancen, jetzt Mensch zu werden als in dieser Herausforderung der Flüchtlingsfrage haben wir in unserem Land, auch in unseren Kirchen schon lange nicht mehr gehabt. Sprecherin: Angst raubt Zuversicht. Um aber Zukunft gestalten zu können, findet Zulehner eine Unterscheidung hilfreich: die zwischen diffusen Ängsten, die aus dem Bauch kommen und einer realitätsbezogenen Furcht, die produktiv nach Lösungen drängt. Deswegen ruft er in seinem gleichnamigen Buch dazu auf: „Entängstigt euch!“ © Westdeutscher Rundfunk Köln 2016 Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des WDR unzulässig. Insbesondere darf das Manuskript weder vervielfältigt, verbreitet noch öffentlich wiedergegeben (z.B. gesendet oder öffentlich zugänglich gemacht) werden. 8 Zwischen Willkommenskultur und Abschottung „Entängstigung als Zukunftschance?“ Lebenszeichen Von Helena Pekalis 16.05..2016 O-Ton Paul M. Zulehner: Und ich bin ein radikaler Gegner, dass wir das moralisierend machen und wir sagen 'ihr seid schlecht, weil ihr Angst habt'- sondern ich sag: Nein, nein! ich versteh' das ganz gut, wenn du Angst hast'! Aus meiner Studie weiß ich, dass die Angst vor allem dort ist, wo soziale Abstiegsängste sind, und das ist eine absolut reale Angst – ich wünsche mir daher auch eine Politik gegen die Angst und nicht eine Politik, die die Angst verstärkt, damit man gewählt wird! O-Ton Zakher Al-Mohammed: Ich bin aus Syrien und lebe in Köln, weil es eine so offene Stadt ist. Die Menschen hier sind sehr freundlich. Wir wollen hier eine neue Zukunft finden und niemandem Probleme bereiten.“ Sprecherin: So wie Zakher Al-Mohammed war auch Anwa bei der Aktion „Syrer gegen Sexismus“ dabei. Er hat Philosophie in Aleppo studiert, war Kurdischlehrer im nun zerstörten Kobane und lebt heute in Leverkusen. O-Ton Zakher Al-Mohammed: Sie können sicher sein, dass wir nicht einfach wegen des Geldes hier bleiben wollen. Sondern wir wollen diesem Land, das uns so geholfen hat, auch etwas zurückgeben und etwas zum Gemeinwohl beitragen. Ich hoffe, viele von uns wollen das. © Westdeutscher Rundfunk Köln 2016 Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des WDR unzulässig. Insbesondere darf das Manuskript weder vervielfältigt, verbreitet noch öffentlich wiedergegeben (z.B. gesendet oder öffentlich zugänglich gemacht) werden. 9 Zwischen Willkommenskultur und Abschottung „Entängstigung als Zukunftschance?“ Von Helena Pekalis Lebenszeichen 16.05..2016 O-Ton Paul M. Zulehner: Ich würde mal erstens deutlich machen, dass diese sozialen Abstiegsängste nicht erst mit den Flüchtlingen gekommen sind! Das ist eine brutale Folge der Weltwirtschaftskrise, das verdanken wir natürlich auch unserem deregulierten Banken- und Finanzsystem, das muss man sagen. Also ich denke, dass die Politik eine Anstrengung machen muss in einem der reichsten Länder der Welt, dass wir eine Politik machen - eine Arbeitsmarktpolitik, eine Wohnbaupolitik -, wo diese realen Ängste der Betroffenen kleiner werden können! Das ist das erste, was die Politik heute unbedingt machen muss- und wenn man das vernachlässigt, kriegen wir wahrscheinlich diesen irrationalen emotionalen Krieg gegen die, die kommen und von denen wir fürchten, die nehmen uns den Wohlstand weg, die nehmen uns die knapp gewordene Arbeit weg, die nehmen uns alles weg, die bedrohen unsere Frauen... also es ist schade! Ich glaube, diese Ängste sind sehr ernst zu nehmen und zu bearbeiten. Sprecherin: Trotz Erfahrungen von Überfluss in Deutschland: Die Umfrageergebnisse des Wiener Professors zeigen, wie Menschen hier von einem grundsätzlichen Mangelgefühl geprägt sind: der Angst, zu kurz zu kommen. O-Ton Paul M. Zulehner: Man kann ja geradezu den Marx umdrehen, der mal gesagt hat, 'wir haben die Menschen auf das Jenseits vertröstet', aber diese Kultur vertröstet den Menschen auf das Diesseits. © Westdeutscher Rundfunk Köln 2016 Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des WDR unzulässig. Insbesondere darf das Manuskript weder vervielfältigt, verbreitet noch öffentlich wiedergegeben (z.B. gesendet oder öffentlich zugänglich gemacht) werden. 10 Zwischen Willkommenskultur und Abschottung „Entängstigung als Zukunftschance?“ Lebenszeichen Von Helena Pekalis 16.05..2016 Sprecherin: „Leben als letzte Gelegenheit“ - so zitiert Zulehner die Erziehungswissenschaftlerin Marianne Gronemeyer. Der moderne Lebensstil wolle von einer Paradiesvorstellung nach dem Tod nichts wissen und lasse kein Hintertürchen zum Himmel mehr offen. Deswegen unternähmen viele Menschen den Versuch in der kurzen irdischen Zeitspanne dem maximal optimierten Glück hinterherzujagen. O-Ton Prof. Wolf-Dieter Just: Also, meiner Wahrnehmung nach sind gar nicht so viele ängstlich im Blick auf mögliche ökonomische Nachteile, sondern die sagen, das ist eine andere Kultur, ne andere Religion und das ist fremd und davor haben sie Angst. Und sie nehmen auch gar nicht wahr, dass die hier lebenden Muslime längst auch die Kultur auch übernommen haben, wie sie hier existiert. Sprecherin: Gefühlt sind bald fast ein Drittel der europäischen Bevölkerung Muslime - das meinen zumindest die Verärgerten aus Zulehners Studie über die Flüchtlingsfrage. Der errechnete Prozentsatz der Vereinten Nationen liegt niedriger. Der Anteil der islamischen Bevölkerung wird in Europa in den nächsten Jahren von 5 auf 6% steigen, heißt es. O-Ton Paul M. Zulehner: Ich glaube schon, dass wir im sog. Christlichen Abendland, von dem ja auch in Demonstrationen die Rede ist und das wir gerne retten möchten - jetzt ich weiß nicht, vor wem?, weil ich habe mir immer gedacht: © Westdeutscher Rundfunk Köln 2016 Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des WDR unzulässig. Insbesondere darf das Manuskript weder vervielfältigt, verbreitet noch öffentlich wiedergegeben (z.B. gesendet oder öffentlich zugänglich gemacht) werden. 11 Zwischen Willkommenskultur und Abschottung „Entängstigung als Zukunftschance?“ Von Helena Pekalis Lebenszeichen 16.05..2016 Das geschieht in Dresden, da hätte man das christliche Abendland vor dem Atheismus retten können, das hätte ich gut verstanden - also ich hab mich dann immer gefragt: Müsste man nicht sagen: 'Wir retten das Christliche im Abendland'? Mit Blick eben auch auf diese latente Aggressivität und den Ärger, den man herausspürt aus den Demonstrationen bis hin zu den mitgetragenen Galgen, die ja, meines Erachtens wirklich deswegen gefährlich sind, weil wir aus der Forschung wissen, dass wer mit Symbolen arbeitet, immer Leute findet, die das auch in die Tat umsetzen. Sprecherin: Schon in seiner Zeit als evangelischer Pfarrer war der Bochumer Professor Wolf-Dieter Just viel mit Flüchtlingen im Gespräch. Auch er stellt Angst fest bei Teilen der deutschen Bevölkerung. O-Ton Prof. Wolf-Dieter Just: Das wird auch von der Flüchtlingssolidaritätsbewegung meines Erachtens unterschätzt: Ich denke, sehr viel von der Ablehnung von Flüchtlingen dahinter steht sehr stark Angst vorm Islam. Der wird natürlich auch geschürt durch Terrorakte usw. und Leute vermögen nicht zu differenzieren. Sprecherin: Just war maßgeblich beteiligt beim Ausbau des Kirchenasyls und ist seit 30 Jahren in der Flüchtlingsarbeit aktiv. © Westdeutscher Rundfunk Köln 2016 Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des WDR unzulässig. Insbesondere darf das Manuskript weder vervielfältigt, verbreitet noch öffentlich wiedergegeben (z.B. gesendet oder öffentlich zugänglich gemacht) werden. 12 Zwischen Willkommenskultur und Abschottung „Entängstigung als Zukunftschance?“ Lebenszeichen Von Helena Pekalis 16.05..2016 O-Ton Prof. Wolf-Dieter Just: Also die Unkenntnis, was den Islam betrifft, ist ungeheuer. Menschen können nicht unterscheiden zwischen Islam und Islamisten und sind der Überzeugung, dass der Islam also frauenfeindlich ist und ähnliches. Wenn man die Geschichte des Islam bzw. die Entstehung des Korans betrachtet, dann ist es ja so, dass durch Mohammed die Stellung der Frau enorm verbessert worden ist. O-Ton Asif: Sie haben ihre Religion und ich hab meine. In Pakistan habe ich als Christ mit Moslems zusammengelebt und fühlte mich nicht schlecht dabei... Sprecherin: ...erinnert sich Asif, der sich in seiner Heimat für Frauen- und Minderheitenrechte engagiert hat. O-Ton Asif: Man kann versuchen, einander zu lieben und besser zu verstehen. Nicht alle Moslems waren Terroristen. Aber in Pakistan sind die Extremistenorganisationen stark verwurzelt. Man hat mich schlimm zusammengeschlagen und ich habe sieben Messerstiche in den Kopf bekommen. Ich denke, so schlimm sind die Deutschen nicht. Sie sind gute Menschen! © Westdeutscher Rundfunk Köln 2016 Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des WDR unzulässig. Insbesondere darf das Manuskript weder vervielfältigt, verbreitet noch öffentlich wiedergegeben (z.B. gesendet oder öffentlich zugänglich gemacht) werden. 13 Zwischen Willkommenskultur und Abschottung „Entängstigung als Zukunftschance?“ Von Helena Pekalis Lebenszeichen 16.05..2016 O-Ton Paul M. Zulehner: Es gibt eine unglaubliche Ähnlichkeit zwischen Islam und Christentum, zeitverschoben. Sprecherin: Ein Blick fast 400 Jahre zurück in die christliche Geschichte zeigt, wie gefährlich Glaubensanhänger werden können. Die Reformation brachte einen der brutalsten Konfessionskriege in Europa hervor: den 30jährigen Krieg. In manchen Kriegsgebieten wurde bis zu 70% der Bevölkerung getötet – und das im Namen Gottes. O-Ton Paul M. Zulehner: Das Christentum hat blutige Hände gehabt damals und hat LANGE gebraucht, Europa z.B. um VERGEBUNG zu bitten für die wahnsinnige Beschädigung dieses Krieges des Christentums gegen das Christentum. Und genauso führt der Islam heute Krieg gegen den Islam. Als wäre Gott der, der uns erlaubt jetzt wie der IS einen sog. Gottesstaat zu errichten! das ist eine unglaubliche Gottes-lästerung, im Namen Gottes zu köpfen, zu kreuzigen, zu vergewaltigen und so. Das ist im Grunde genommen genau das Gegenstück wofür nämlich auch der Islam steht: Nämlich dass Gott der Allerbarmer ist- so beginnt jede Sure. Sprecherin: Zulehner und auch andere meinen, so wie die Kirche müsse sich heute auch der Islam erneuern. Z.B. durch in Europa ausgebildete Imame, die mit der Lebensrealität hier vertraut © Westdeutscher Rundfunk Köln 2016 Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des WDR unzulässig. Insbesondere darf das Manuskript weder vervielfältigt, verbreitet noch öffentlich wiedergegeben (z.B. gesendet oder öffentlich zugänglich gemacht) werden. 14 Zwischen Willkommenskultur und Abschottung „Entängstigung als Zukunftschance?“ Lebenszeichen Von Helena Pekalis 16.05..2016 sind und besonders auf die sozialen und spirituellen Bedürfnisse der Jugendlichen eingehen können- anstatt sie zu fanatisieren. O-Ton Paul M. Zulehner: Die Rechte der Frauen, die Freiheit des Menschen, die Absage an die Gewalt- das ist etwas, was im Innersten des Korans drinnen steckt. Und der Koran muss selbst genauso exegetisch gereinigt werden wie die Christen die Bibel gereinigt haben, das Alte Testament, um dann hin zu kommen zu dem, was allen Religionen gemeinsam ist: Dass Gott nämlich ein Feuer der Liebe ist - aus dem nicht Vernichtung, sondern Erbarmen hervorgeht! Sprecherin: Um Hasspredigern etwas entgegenzusetzen, errichtet jetzt auch die österreichische Regierung fünf neue Lehrstühle für Islamische Theologie. In Deutschland gibt es bereits Ausbildungsprojekte für fortschrittlich-liberale Imame, etwa in Münster und Osnabrück. Und immer mehr junge, akademisch gebildete Muslime erheben ihre kritische Stimme. Weil sie sich von den Moscheeverbänden einen emanzipierten und zeitgemäßen Islam wünschen, den sie selbst mit aufgeklärter Hingabe praktizieren. O-Ton Paul M. Zulehner: Und dann sehe ich diese unglaublich taffen und coolen jungen Frauen und jungen Männer, die eine Glaubensstärke haben und mit einer Selbstverständlichkeit ihren Glauben leben in aller Öffentlichkeit, was wir gar nicht mehr gewohnt sind, und erschrecken. Wir erschrecken eigentlich letztlich nicht über die Stärke der anderen, sondern über die Schwäche von uns selber! © Westdeutscher Rundfunk Köln 2016 Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des WDR unzulässig. Insbesondere darf das Manuskript weder vervielfältigt, verbreitet noch öffentlich wiedergegeben (z.B. gesendet oder öffentlich zugänglich gemacht) werden. 15 Zwischen Willkommenskultur und Abschottung „Entängstigung als Zukunftschance?“ Lebenszeichen Von Helena Pekalis 16.05..2016 Und wenn man einen Satz sagen muss, dann ist das Problem nicht der glaubensstarke Islam in Europa, sondern das vor sich hin schwächelnde Christentum in Europa. Sprecherin: Flüchtlinge bringen die Christen vielfach wieder ihrem Glauben näher, meinen selbst Kirchenleitungen. O-Ton Paul M. Zulehner: Die wir uns ja nicht ausgesucht haben, aber insofern sie mal jetzt uns in die Nähe kommen, trifft das wohl zu, was Jesus sagt: Nächstenliebe! ist das Entscheidende an deinem Christsein, sie sind jetzt also unsere Nächsten und ich kann mich da nicht rausreden. Jeder Mensch ist ein Ebenbild Gottes. Es gibt keine zwei Menschheiten! Sprecherin: Zulehner sieht in der Flüchtlingsfrage also auch eine große Chance, dass sich die Kirche auf ihre elementare Berufung zurückbesinnt: O-Ton Paul M. Zulehner: Den Menschen vorzuleben, wozu Jeder erschaffen ist und eben dabei zu helfen, das zu heilen, was ihn daran hindert: Und das sind die Ängste, die ihn böse machen. © Westdeutscher Rundfunk Köln 2016 Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des WDR unzulässig. Insbesondere darf das Manuskript weder vervielfältigt, verbreitet noch öffentlich wiedergegeben (z.B. gesendet oder öffentlich zugänglich gemacht) werden. 16 Zwischen Willkommenskultur und Abschottung „Entängstigung als Zukunftschance?“ Lebenszeichen Von Helena Pekalis 16.05..2016 Sprecherin: Der Theologe erinnert an das Bibelzitat 'Ihr seid das Licht der Welt und das Salz der Erde'. O-Ton Paul M. Zulehner: Wenn ein Mensch nicht beschädigt ist und schlecht erzogen ist und in einer dunklen Kultur lebt, dann hab ich noch KEINEN getroffen, der nicht letztlich so ein wenig, würden die Kirchenväter sagen, Gold im Herzen hat, das Gold der Liebe, das danach drängt, sich im Leben auszubreiten - also die Menschen haben in der Tat durchaus eine Sehnsucht, liebenswerte und liebende Menschen zu werden. Und so gesehen, ist die Uraufgabe der Kirche, dass der Mensch von den selbst sich zugefügten und den Anderen zugefügten Verwundungen geheilt werden kann. Sprecherin: Ein „therapeutisches Christentum“, wie es auch Eugen Drewermann vorschwebte, habe schließlich auch Nebenwirkungen für die Kirche selbst. Menschennah statt moralisierend könne sie sich vielleicht von den oft blutleeren Bänken erholen. O-Ton Paul M. Zulehner: Alle Pfarreien jammern, dass sie keine Jungen mehr haben. DIE sind es, die an den Bahnhöfen waren, die die Willkommenskultur gemacht haben, und ich glaube, wenn endlich das Evangelium nicht nur in schönen Katechismen besungen wird, sondern wenn es getan wird, und zwar handfest und dort, wo Not ist, dort werden sich junge Menschen der Kirche anschließen und anderen sozialen Netzwerken auch © Westdeutscher Rundfunk Köln 2016 Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des WDR unzulässig. Insbesondere darf das Manuskript weder vervielfältigt, verbreitet noch öffentlich wiedergegeben (z.B. gesendet oder öffentlich zugänglich gemacht) werden. 17 Zwischen Willkommenskultur und Abschottung „Entängstigung als Zukunftschance?“ Lebenszeichen Von Helena Pekalis 16.05..2016 Wenn sich die Kirche erneuert dann eben durch diese Herausforderungen- nicht, wenn wir in unserem Wohlstand bürgerlich-brav, religiös und fromm vor uns hinsiechen. Und ich glaube, wir müssen uns darauf einstellen, dass auch diese Spaltung der Welt in reich und arm nicht mehr geht! Das ist die eigentlich Quelle von Unfrieden und Krieg. Und solange es nicht Gerechtigkeit in den Zugängen zu dem gibt, was die Völker zum Überleben brauchen, werden wir diesen massiven Migrationsdruck auf die reichen Regionen der Welt haben. Sprecherin: Millionen Menschen sind vor Krieg und Gewalt, vor Armut und Perspektivlosigkeit auf der Flucht. Wer nach Europa kommen, hier bleiben und integriert werden kann, ist ungeklärt: eine Herausforderung, die an vielerlei Grenzen stößt. Für tragfähige Lösungen braucht es nach Zulehner „eine couragierte Politik des langen Atems“, die sich mit Weitblick nicht nur an europäischen Idealen, sondern auch an einer grundlegend ethischen Gesinnung ausrichtet. O-Ton Paul M. Zulehner: Und wenn einer das nicht hat, dann macht er pragmatische Politik, die populistisch wird und so unerträglich, dass jetzt bei uns in Europa Regierungen bei einem Institut in München in Auftrag gegeben haben, zu klären, was teurer ist: die Stacheldrahtzäune oder die Flüchtlinge? Und heraus kam zu aller Überraschung: Die Zäune sind billiger. Also können wir Zäune errichten, weil uns das wirtschaftlich billiger kommt! © Westdeutscher Rundfunk Köln 2016 Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des WDR unzulässig. Insbesondere darf das Manuskript weder vervielfältigt, verbreitet noch öffentlich wiedergegeben (z.B. gesendet oder öffentlich zugänglich gemacht) werden. 18 Zwischen Willkommenskultur und Abschottung „Entängstigung als Zukunftschance?“ Lebenszeichen Von Helena Pekalis 16.05..2016 O-Ton Wolf-Dieter Just: Ich meine, als Ethiker orientiere ich mich natürlich zunächst erstmal an den normativen Vorgaben, nach denen unsere Gesellschaft funktionieren soll, sprich Grundgesetz oder auch die Grundrechte-charta der Europäischen Union. Die Menschenrechte sind ja orientiert an der Gleichheit und Würde aller Menschen und das spielt immer weniger eine Rolle, sondern, was wir im Augenblick erleben hier in Europa ist eine Zunahme nationalen Denkens und wenn wir jetzt auch noch die Schengenbesitzstände aufgeben, indem wir Grenzen dicht machen, dann sind also Jahrzehnte, in denen man dafür gekämpft hat, verloren gegangen. O-Ton Paul M. Zulehner: es gibt so viele Menschen, die heute durchaus der Meinung sind, wir dürfen über diese großen Werte Europas wie Freiheit, wie Gerechtigkeit, wie Respekt vor den Religionen und der Wahrheit- wir dürfen darüber nichts kommen lassen- auch nicht über das Asylrecht, eine der größten Errungenschaften, die Europa zustande gebracht hat! Sprecherin: Bertolt Brecht schrieb in den 30er Jahren die „Klage des Emigranten“. Zitator: „Ich aber lief bei Nacht durch einen Wald Suchend ein Land, wo man uns nicht verfemt. Doch bat ich wo um meinen Unterhalt © Westdeutscher Rundfunk Köln 2016 Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des WDR unzulässig. Insbesondere darf das Manuskript weder vervielfältigt, verbreitet noch öffentlich wiedergegeben (z.B. gesendet oder öffentlich zugänglich gemacht) werden. 19 Zwischen Willkommenskultur und Abschottung „Entängstigung als Zukunftschance?“ Von Helena Pekalis Lebenszeichen 16.05..2016 Hieß man mich immer wieder unverschämt. Ich bin nicht unverschämt: ich bin verloren.“ Sprecherin: Der Theologe Paul Michael Zulehner fragt nach dem gesellschaftlichen Klima im gewachsenen Europa der Religions- und Bewegungsfreiheit. Und er hofft auf eine solidarische, gemeinsame Kultur und Frieden. Nötig sei eine Allianz über politische Positionen und Konfessionen hinaus. Unkonventionell. „Allumfassend. In diesem universellen Sinne könnten alle, ob Gläubige oder Atheisten, zu „solidarisch Liebenden“ werden. O-Ton Paul M. Zulehner: Ich glaube, dass ich die Wahl habe, entweder mich der Angst auszuliefern und in ihr zu verweilen oder mich herauslieben zu lassen, aus diesem Angst-Eck herausheilen zu lassen - und dann ist vieles möglich. Es ist immer mehr möglich, als wir für möglich halten! Sprecherin: Auch Anas, der sich selber über Youtube Deutsch beibringt und seit über einem Jahr auf einen Integrationskurs wartet, hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben, bald auf Augenhöhe etwas zur deutschen Gesellschaft beitragen zu können. © Westdeutscher Rundfunk Köln 2016 Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des WDR unzulässig. Insbesondere darf das Manuskript weder vervielfältigt, verbreitet noch öffentlich wiedergegeben (z.B. gesendet oder öffentlich zugänglich gemacht) werden. 20 Zwischen Willkommenskultur und Abschottung „Entängstigung als Zukunftschance?“ Lebenszeichen Von Helena Pekalis 16.05..2016 O-Ton Anas: Ich hoffe, deutschen Lifestyle zu lernen. Was brauchen Deutsche von Flüchtlingen? Bitte!, Lernen uns deutsche Leben! Sprecherin: Ebensowenig sein Freund Asif. O-Ton Asif: Wir haben als Flüchtlinge keinerlei Status, aber wir können bei dem Versuch mithelfen, die Botschaft der Liebe zu verbreiten und den Hass beiseite zu legen. Mit dieser positiven Geisteshaltung sollten wir weiter vorwärts gehen. O-Ton Paul M. Zulehner: Also ich glaube, wir sind in Zukunft religiös in Europa eine bunte Blumenwiese und dass der Satz des großen Theologen Hans Küng stimmt: 'Es wird Frieden in der Welt nur geben, wenn es Frieden auch zwischen den Religionen gibt', ja. © Westdeutscher Rundfunk Köln 2016 Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des WDR unzulässig. Insbesondere darf das Manuskript weder vervielfältigt, verbreitet noch öffentlich wiedergegeben (z.B. gesendet oder öffentlich zugänglich gemacht) werden. 21
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