Presse Landgericht Hannover 18.05.2016 LANDGERICHT HANNOVER: Griechenlandanleihe - Schadensersatzklage Commerzbank AG abgewiesen (11 O 363/14) gegen Mit am 20. April 2016 verkündetem Urteil hat die 11. Zivilkammer des Landgerichts Hannover unter Vorsitz der Vorsitzenden Richterin am Landgericht Doris Schrader die Klage auf Schadensersatz in Höhe von knapp 140.000 Euro wegen Beratungspflichtverletzung bei Kauf einer Griechenlandanleihe in 2011 abgewiesen. Dem Rechtsstreit lag im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde: Der Ehemann der Klägerin, die die Klage aus abgetretenem Recht erhob, ist studierter Betriebswirt und war Vorstandsvorsitzender großer öffentlich-rechtlich und privatrechtlich organisierter Verkehrsbetriebe im In- und Ausland. Nachdem er in 2008 mit Zertifikaten einen Verlust von 30.000 Euro erlitten hatte, stieß er die Wertpapiere ab und legte danach nur noch in Termin- und Festgeld an. Anfang 2011 wollte er sein Barvermögen neu anlegen. Nach zwei Gesprächen mit einem Berater der beklagten Commerzbank erwarb er im Februar und März 2011 kurzfristig laufende Griechenlandanleihen zum Nennwert von 200.000 Euro und 270.000 Euro. Während die letztgenannte Anleihe im August 2011 zum Nennwert ausgezahlt worden ist, unterfiel die erstgenannte Anleihe einem Schuldenschnitt Griechenlands. Der Ehemann der Klägerin verkaufte die Anleihe daraufhin im Mai 2012 mit einem Verlust von 148.243,93 Euro auf den Kaufpreis. Unter Anrechnung einer bezogenen Ausschüttung von 8.600 Euro forderte die Klägerin diesen Betrag von der Beklagten zurück. Die Klägerin trug vor, ihr Ehemann habe keine Erfahrung mit Staatsanleihen gehabt. Er habe sein Barvermögen sicher anlegen wollen und dies auch mit dem Berater erörtert. Hinsichtlich der Griechenlandanleihen sei zwar die wirtschaftliche Situation in Griechenland erörtert worden. Aufgrund der Äußerungen des Beraters habe ihr Ehemann jedoch angenommen, dass der Bankrott Griechenlands das einzige Risiko sei und dieses Szenario für Griechenland als eines europäischen Staates ausgeschlossen sei. Das Risiko eines Teiloder Totalverlusts des investierten Geldes sei mit diesen Erklärungen durch den Berater in Abrede gestellt worden, einen Hinweis auf einen damals durchaus schon diskutierten Forderungsverzicht oder Schuldenschnitt habe es nicht gegeben. Die Beklagte hafte im Nr. 59/16 / Dr. Stephan Loheit Pressestelle Volgersweg 65, 30175 Hannover Tel.: (0511) 347-2695 Fax: (0511) 347-3550 -1- www.landgerichthannover.niedersachsen.de E-Mail: [email protected] Übrigen auch deshalb, weil sie es pflichtwidrig unterlassen habe, ihren Ehemann vor dem Kauf auf negative Presseberichterstattung hinzuweisen. Die Beklagte trägt vor, der Anlagevorschlag sei nach den Wünschen des Ehemannes der Klägerin ausgearbeitet worden, in dem die später gezeichneten Griechenlandanleihen nur als Beimischung vorgesehen gewesen waren, um die Renditevorgaben zu erfüllen. Auf das erhöhte Emittentenrisiko bei den Anleihen habe der Berater zudem deutlich mündlich hingewiesen. Der Berater habe auch davor gewarnt, den gesamten Anlagebetrag in die Griechenlandanleihen zu investieren. Der Ehemann der Klägerin habe jedoch eine hohe Rendite erzielen wollen und sich entgegen seiner eigenen Sicherheitsvorgaben und des auf Risikostreuung ausgerichteten Anlagevorschlags der Beklagten ausschließlich für die hoch verzinslichen Griechenlandanleihen entschieden. Die 11. Zivilkammer des Landgerichts Hannover hat die Klage nach Vernehmung des Ehemannes der Klägerin und des Beraters der Beklagten abgewiesen. Nach dem Vortrag der Klägerin und dem Ergebnis der Beweisaufnahme seien der Beklagten Beratungspflichtverletzungen gegenüber dem Ehemann der Klägerin nicht vorzuwerfen. Der Vorwurf der nicht anlegergerechten Beratung sei schon nach dem eigenen Vortrag der Klägerin unberechtigt. Dem Ehemann der Klägerin sind unstreitig nicht allein die Griechenlandanleihen angeboten worden. Diese waren vielmehr nur Teil eines differenzierten Anlagevorschlags von insgesamt zehn Wertpapieren, der auch Emittenten hoher und höchster Bonität vorsah. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme könne darüber hinaus aber auch nicht festgestellt werden, dass die Beklagte den Ehemann der Klägerin nicht anlagegerecht beraten hätte ihn also auf die mit der streitgegenständlichen Griechenlandanleihe verbundenen Verlustrisiken nicht hingewiesen hätte. Die Bekundungen des Ehemannes - er habe mit dem Berater über Verlustrisiken eigentlich gar nicht gesprochen, sondern nur erörtert, dass Griechenland Teil der EU sei, von den übrigen Mitgliedsstaaten nicht fallen gelassen werde und von der Europäischen Zentralbank wahrscheinlich auch wieder Kredite erhalten werde, woraufhin er die Anleihen für sicher gehalten und keine Bedenken gehabt habe, sein Barvermögen in diese zu investieren - hielt die Kammer bereits angesichts seiner Vorkenntnisse, der damals bekannten desolaten Lage Griechenlands, für das schon im Jahr 2010 das 1. Rettungspaket geschnürt werden musste, und der von der Beklagten unstreitig gegebenen Informationen nicht für glaubhaft. Denn schon anhand der für die Griechenlandanleihen versprochenen Rendite habe der Ehemann erkennen können, dass es erhebliche Verlustrisiken geben musste. Aufgrund seiner beruflichen Erfahrung sei ihm nämlich klar gewesen, dass sich in der Höhe dieser versprochenen Verzinsung die schlechte Bonität der Emittentin, nämlich des griechischen Staates, und die damit verbundenen Verlustrisiken spiegelten. Für ihn habe es daher auf der Hand liegen müssen, dass der griechische Staat als „Darlehensnehmer“ nur deshalb hohe Zinsen für die Anleihe versprach, weil die eigene Zahlungsfähigkeit gerade nicht mehr gesichert war. -2- Gegen die Richtigkeit der Aussage des Ehemannes, Verlustrisiken seien nicht erörtert worden, spreche zudem die Aussage des Bankberaters. Dieser habe zunächst schon bekundet, dass dem Ehemann bereits am Tag vor dem Beratungstermin nicht nur der Anlagevorschlag, sondern auch ein Beratungsprotokoll einschließlich eines Segmentvotums vorgelegen habe. Bat der Ehemann um diese Unterlagen, sei aus Sicht der Kammer auch davon auszugehen, dass er die Unterlagen bis zu dem Beratungstermin auch gelesen hatte. Schon mit diesen Unterlagen wäre die Beklagte ihren Beratungspflichten nachgekommen. Denn in dem Beratungsprotokoll und in dem Segmentvotum werde in ausreichender Weise auf die bestehenden Verlustrisiken hingewiesen. Daneben sei der Inhalt der vorgenannten Unterlagen nach den glaubhaften Angaben des Bankberaters auch Gegenstand des Beratungsgespräches gewesen, sodass der Ehemann der Klägerin damit bei seiner Entscheidung zum Erwerb der Griechenlandanleihen im Besitz sämtlicher notwendiger Informationen über bestehende Risiken gewesen sei. Eine Beratungspflichtverletzung folge schließlich auch nicht daraus, dass die Beklagte den Ehemann nicht über den Inhalt negativer Presseberichte aufgeklärt hätte. Die von der Klägerin zitierten Presseberichte enthalten keine Informationen, die über diejenigen hinaus gingen, die in dem Beratungsprotokoll und dem Segmentvotum vorhanden waren und die dem Ehemann nach der Aussage des Bankberaters bei der Anlageentscheidung vorlagen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. (Az.: 11 O 363/14) (Stichwort: „Griechenlandanleihe“) Dr. Stephan Loheit Richter am Landgericht Medienmanager -3- Das Landgericht Hannover - allgemeine Informationen (Februar 2016): Bedienstete insgesamt: davon Richterinnen und Richter: Landgerichtsbezirk: o Amtsgerichte Burgwedel, Hameln, Neustadt a. Rbge., Springe, Wennigsen Strafrecht: o 11 große Strafkammern 1 Schwurgericht, zugleich auch allgemeine Strafkammer 8 allgemeine Strafkammern 3 Jugend- und Jugendschutzkammern o 7 Strafvollstreckungskammern o 7 kleine Strafkammern, davon 1 zugleich als kleine Jugendkammer o 3 Kammern für Bußgeldsachen, davon 2 als Jugendkammern Zivilrecht: o 23 Zivilkammern (erste und zweite Instanz) o 7 Kammern für Handelssachen Zahlen und durchschnittliche Verfahrensdauer am Landgericht: o Strafsachen: 2013 Neueingänge insgesamt : 1.597 davon 1. Instanz: 185 davon Schwurgericht: 25 davon 2. Instanz: 857 davon Beschwerden: 555 216 89 Erledigungen (ohne Beschwerden): 1. Instanz: davon Schwurgericht: Erledigungsdauer (Monate): davon Schwurgericht: 2. Instanz: Erledigungsdauer (Monate): o Zivilsachen: Neueingänge insgesamt : davon 1. Instanz: davon 2. Instanz: davon Beschwerden: Erledigungen (ohne Beschwerden): 1. Instanz: Erledigungsdauer (Monate): 2. Instanz: Erledigungsdauer (Monate): 2014 1.662 191 21 812 659 2015 1.701 169 20 823 709 2013 181 20 7,3 3,5 803 5,7 2014 186 24 9,4 4,2 812 5,9 2015 158 13 7,4 3,4 832 5,7 2013 8.557 6.122 1.089 1.346 2014 8.011 5.585 1.211 1.215 2015 8.689 6.441 1.122 1.126 2013 6.548 11,3 1.164 5,3 2014 5.871 10,6 1.131 5,1 2015 5.817 10,6 1.177 5,3 Die Medieninformationen des Landgerichts Hannover finden Sie auch im Internet auf der Internetseite des Landgerichts Hannover unter der Rubrik „Aktuelles und Medieninformationen“: -4-
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