59-16 Urteil Griechenlandanleihe Klage abgewiesen

Presse
Landgericht Hannover
18.05.2016
LANDGERICHT HANNOVER:
Griechenlandanleihe - Schadensersatzklage
Commerzbank AG abgewiesen (11 O 363/14)
gegen
Mit am 20. April 2016 verkündetem Urteil hat die 11. Zivilkammer des Landgerichts
Hannover unter Vorsitz der Vorsitzenden Richterin am Landgericht Doris Schrader die Klage
auf Schadensersatz in Höhe von knapp 140.000 Euro wegen Beratungspflichtverletzung bei
Kauf einer Griechenlandanleihe in 2011 abgewiesen.
Dem Rechtsstreit lag im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Ehemann der Klägerin, die die Klage aus abgetretenem Recht erhob, ist studierter
Betriebswirt und war Vorstandsvorsitzender großer öffentlich-rechtlich und privatrechtlich
organisierter Verkehrsbetriebe im In- und Ausland. Nachdem er in 2008 mit Zertifikaten einen
Verlust von 30.000 Euro erlitten hatte, stieß er die Wertpapiere ab und legte danach nur
noch in Termin- und Festgeld an. Anfang 2011 wollte er sein Barvermögen neu anlegen.
Nach zwei Gesprächen mit einem Berater der beklagten Commerzbank erwarb er im
Februar und März 2011 kurzfristig laufende Griechenlandanleihen zum Nennwert von
200.000 Euro und 270.000 Euro. Während die letztgenannte Anleihe im August 2011 zum
Nennwert ausgezahlt worden ist, unterfiel die erstgenannte Anleihe einem Schuldenschnitt
Griechenlands. Der Ehemann der Klägerin verkaufte die Anleihe daraufhin im Mai 2012 mit
einem Verlust von 148.243,93 Euro auf den Kaufpreis. Unter Anrechnung einer bezogenen
Ausschüttung von 8.600 Euro forderte die Klägerin diesen Betrag von der Beklagten zurück.
Die Klägerin trug vor, ihr Ehemann habe keine Erfahrung mit Staatsanleihen gehabt. Er habe
sein Barvermögen sicher anlegen wollen und dies auch mit dem Berater erörtert. Hinsichtlich
der Griechenlandanleihen sei zwar die wirtschaftliche Situation in Griechenland erörtert
worden. Aufgrund der Äußerungen des Beraters habe ihr Ehemann jedoch angenommen,
dass der Bankrott Griechenlands das einzige Risiko sei und dieses Szenario für
Griechenland als eines europäischen Staates ausgeschlossen sei. Das Risiko eines Teiloder Totalverlusts des investierten Geldes sei mit diesen Erklärungen durch den Berater in
Abrede gestellt worden, einen Hinweis auf einen damals durchaus schon diskutierten
Forderungsverzicht oder Schuldenschnitt habe es nicht gegeben. Die Beklagte hafte im
Nr. 59/16
/ Dr. Stephan Loheit
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Übrigen auch deshalb, weil sie es pflichtwidrig unterlassen habe, ihren Ehemann vor dem
Kauf auf negative Presseberichterstattung hinzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, der Anlagevorschlag sei nach den Wünschen des Ehemannes der
Klägerin ausgearbeitet worden, in dem die später gezeichneten Griechenlandanleihen nur
als Beimischung vorgesehen gewesen waren, um die Renditevorgaben zu erfüllen. Auf das
erhöhte Emittentenrisiko bei den Anleihen habe der Berater zudem deutlich mündlich
hingewiesen. Der Berater habe auch davor gewarnt, den gesamten Anlagebetrag in die
Griechenlandanleihen zu investieren. Der Ehemann der Klägerin habe jedoch eine hohe
Rendite erzielen wollen und sich entgegen seiner eigenen Sicherheitsvorgaben und des auf
Risikostreuung ausgerichteten Anlagevorschlags der Beklagten ausschließlich für die hoch
verzinslichen Griechenlandanleihen entschieden.
Die 11. Zivilkammer des Landgerichts Hannover hat die Klage nach Vernehmung des
Ehemannes der Klägerin und des Beraters der Beklagten abgewiesen.
Nach dem Vortrag der Klägerin und dem Ergebnis der Beweisaufnahme seien der Beklagten
Beratungspflichtverletzungen gegenüber dem Ehemann der Klägerin nicht vorzuwerfen.
Der Vorwurf der nicht anlegergerechten Beratung sei schon nach dem eigenen Vortrag der
Klägerin unberechtigt. Dem Ehemann der Klägerin sind unstreitig nicht allein die
Griechenlandanleihen angeboten worden. Diese waren vielmehr nur Teil eines
differenzierten Anlagevorschlags von insgesamt zehn Wertpapieren, der auch Emittenten
hoher und höchster Bonität vorsah.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme könne darüber hinaus aber auch nicht festgestellt
werden, dass die Beklagte den Ehemann der Klägerin nicht anlagegerecht beraten hätte ihn also auf die mit der streitgegenständlichen Griechenlandanleihe verbundenen
Verlustrisiken nicht hingewiesen hätte.
Die Bekundungen des Ehemannes - er habe mit dem Berater über Verlustrisiken eigentlich
gar nicht gesprochen, sondern nur erörtert, dass Griechenland Teil der EU sei, von den
übrigen Mitgliedsstaaten nicht fallen gelassen werde und von der Europäischen Zentralbank
wahrscheinlich auch wieder Kredite erhalten werde, woraufhin er die Anleihen für sicher
gehalten und keine Bedenken gehabt habe, sein Barvermögen in diese zu investieren - hielt
die Kammer bereits angesichts seiner Vorkenntnisse, der damals bekannten desolaten Lage
Griechenlands, für das schon im Jahr 2010 das 1. Rettungspaket geschnürt werden musste,
und der von der Beklagten unstreitig gegebenen Informationen nicht für glaubhaft. Denn
schon anhand der für die Griechenlandanleihen versprochenen Rendite habe der Ehemann
erkennen können, dass es erhebliche Verlustrisiken geben musste. Aufgrund seiner
beruflichen Erfahrung sei ihm nämlich klar gewesen, dass sich in der Höhe dieser
versprochenen Verzinsung die schlechte Bonität der Emittentin, nämlich des griechischen
Staates, und die damit verbundenen Verlustrisiken spiegelten. Für ihn habe es daher auf der
Hand liegen müssen, dass der griechische Staat als „Darlehensnehmer“ nur deshalb hohe
Zinsen für die Anleihe versprach, weil die eigene Zahlungsfähigkeit gerade nicht mehr
gesichert war.
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Gegen die Richtigkeit der Aussage des Ehemannes, Verlustrisiken seien nicht erörtert
worden, spreche zudem die Aussage des Bankberaters. Dieser habe zunächst schon
bekundet, dass dem Ehemann bereits am Tag vor dem Beratungstermin nicht nur der
Anlagevorschlag, sondern auch ein Beratungsprotokoll einschließlich eines Segmentvotums
vorgelegen habe. Bat der Ehemann um diese Unterlagen, sei aus Sicht der Kammer auch
davon auszugehen, dass er die Unterlagen bis zu dem Beratungstermin auch gelesen hatte.
Schon mit diesen Unterlagen wäre die Beklagte ihren Beratungspflichten nachgekommen.
Denn in dem Beratungsprotokoll und in dem Segmentvotum werde in ausreichender Weise
auf die bestehenden Verlustrisiken hingewiesen. Daneben sei der Inhalt der vorgenannten
Unterlagen nach den glaubhaften Angaben des Bankberaters auch Gegenstand des
Beratungsgespräches gewesen, sodass der Ehemann der Klägerin damit bei seiner
Entscheidung zum Erwerb der Griechenlandanleihen im Besitz sämtlicher notwendiger
Informationen über bestehende Risiken gewesen sei.
Eine Beratungspflichtverletzung folge schließlich auch nicht daraus, dass die Beklagte den
Ehemann nicht über den Inhalt negativer Presseberichte aufgeklärt hätte. Die von der
Klägerin zitierten Presseberichte enthalten keine Informationen, die über diejenigen hinaus
gingen, die in dem Beratungsprotokoll und dem Segmentvotum vorhanden waren und die
dem Ehemann nach der Aussage des Bankberaters bei der Anlageentscheidung vorlagen.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
(Az.: 11 O 363/14)
(Stichwort: „Griechenlandanleihe“)
Dr. Stephan Loheit
Richter am Landgericht
Medienmanager
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Das Landgericht Hannover - allgemeine Informationen (Februar 2016):


Bedienstete insgesamt:
davon Richterinnen und Richter:

Landgerichtsbezirk:
o Amtsgerichte Burgwedel, Hameln, Neustadt a. Rbge., Springe, Wennigsen

Strafrecht:
o 11 große Strafkammern
 1 Schwurgericht, zugleich auch allgemeine Strafkammer
 8 allgemeine Strafkammern
 3 Jugend- und Jugendschutzkammern
o 7 Strafvollstreckungskammern
o 7 kleine Strafkammern, davon 1 zugleich als kleine Jugendkammer
o 3 Kammern für Bußgeldsachen, davon 2 als Jugendkammern

Zivilrecht:
o 23 Zivilkammern (erste und zweite Instanz)
o 7 Kammern für Handelssachen

Zahlen und durchschnittliche Verfahrensdauer am Landgericht:
o Strafsachen:
2013
Neueingänge insgesamt :
1.597
davon 1. Instanz:
185
davon Schwurgericht:
25
davon 2. Instanz:
857
davon Beschwerden:
555
216
89
Erledigungen (ohne Beschwerden):
1. Instanz:
davon Schwurgericht:
Erledigungsdauer (Monate):
davon Schwurgericht:
2. Instanz:
Erledigungsdauer (Monate):
o Zivilsachen:
Neueingänge insgesamt :
davon 1. Instanz:
davon 2. Instanz:
davon Beschwerden:
Erledigungen (ohne Beschwerden):
1. Instanz:
Erledigungsdauer (Monate):
2. Instanz:
Erledigungsdauer (Monate):
2014
1.662
191
21
812
659
2015
1.701
169
20
823
709
2013
181
20
7,3
3,5
803
5,7
2014
186
24
9,4
4,2
812
5,9
2015
158
13
7,4
3,4
832
5,7
2013
8.557
6.122
1.089
1.346
2014
8.011
5.585
1.211
1.215
2015
8.689
6.441
1.122
1.126
2013
6.548
11,3
1.164
5,3
2014
5.871
10,6
1.131
5,1
2015
5.817
10,6
1.177
5,3
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Internetseite
des
Landgerichts
Hannover
unter
der
Rubrik
„Aktuelles
und
Medieninformationen“:
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