Prof. Dr. Thomas Fetzer, LL.M. Einführung in das Öffentliche Recht Wintersemester 2011/12 1 Prof. Dr. Thomas Fetzer, LL.M. Wiederholung • Rechtsstaatsprinzip – Bestimmtheit und Justizgewährleistung – Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes – Rückwirkungsverbot 2 Prof. Dr. Thomas Fetzer, LL.M. Gewaltenteilungsgrundsatz Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes Rechtsstaat Vertrauensschutz – insbesondere Rückwirkung Art. 20 Abs. 2 und 3, Art. 28 Abs. 1 GG Bestimmtheitsgebot Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Formell Materiell Justizgewährleistung 3 Prof. Dr. Thomas Fetzer, LL.M. Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Geeignetheit • Ist die gewählte Maßnahme grundsätzlich geeignet, das verfolgte Ziel zu erreichen? Erforderlichkeit • Gibt es eine Maßnahme, die ebenso geeignet zur Zielerreichung ist, die den Betroffenen aber weniger belastet? Verhältnismäßigkeit i.e.S. / Angemessenheit • Überwiegt das geschützte Rechtsgut das betroffene Rechtsgut? 4 Prof. Dr. Thomas Fetzer, LL.M. Beispiel: Zur Verhinderung von Alkoholmissbrauch durch Jugendliche beschließt der Bundestag ein generelles Alkoholverbot. Wäre ein solches Verbot verhältnismäßig? Geeignetheit? • Ein Alkoholverbot ist grundsätzlich geeignet, um Alkoholmissbrauch zu verhindern. Erforderlichkeit? • Es gibt weniger einschneidende Maßnahmen? • Keine Abgabe von Alkohol an Jugendliche; Aufklärungskampagnen • Sind diese ebenso wirksam wie ein Verbot? Verhältnismäßigkeit i.e.S. / Angemessenheit? • Im Zweifel ist zwar der Schutz der Jugend ein wichtiges Gut, ob dies aber ein generelles Alkoholverbot rechtfertigen kann, ist zweifelhaft. 5 Prof. Dr. Thomas Fetzer, LL.M. Legislative • Gesetz im materiellen Sinn = generell-abstrakte Regelung • Gesetz im formellen Sinn = Gesetz im materiellen Sinn, das durch das Parlament (Gesetzgebungsorgan; BT & BR) verabschiedet wird • Rechtmäßigkeit des Handelns der Legislative – Gesetzgebungskompetenz – Gesetzgebungsverfahren 6 Prof. Dr. Thomas Fetzer, LL.M. Gesetzgebungskompetenz Länder Art. 70 GG Bund Art. 71, 73 GG ausschließliche Kompetenz Art. 72 GG Konkurrierende Kompetenz Erforderlichkeit Art. 72 Abs. 2 GG Abweichungsgesetzgebung Art. 72 Abs. 3 GG 7 Prof. Dr. Thomas Fetzer, LL.M. Gesetzgebungsverfahren (Bund) bei Initiativen der BReg Zuleitung an den BR, Art. 76 II GG Gesetzesinitiative Art. 76 GG Art. 78 GG bei Initiativen des BR Zuleitung an BT, Art. 76 III GG Zurückweisung nach Art. 77 IV GG bei Einspruchsgesetzen Art. 77 III GG Zustimmung erforderlich bei Zustimmungsgesetzen Art. 77 II, IIa GG 3 Lesungen im BT Art. 77 Abs. I GG Gesetzesbeschluss des BT 8 Prof. Dr. Thomas Fetzer, LL.M. Ausführung von Gesetzen- Exekutive Ausführung von Gesetzen Bund Bundeseigene Verwaltung Art. 86 ff. GG Länder Bundesgesetze als eigene Angelegenheiten Art. 84 GG Bundesgesetze im Auftrag des Bundes Art. 85 GG Landesgesetze 9 Prof. Dr. Thomas Fetzer, LL.M. unmittelbare Bundesverwaltung oberste Bundesbehörden z.B. Bundesministerien Bundesoberbehörden z.B. Bundesnetzagentur sofern eigener Verwaltungsunterbau besteht (Art. 87 I GG) Bundesmittel- und Bundesunterbehörden 10 Prof. Dr. Thomas Fetzer, LL.M. unmittelbare Landesverwaltung oberste Landesbehörden Regierung, Ministerien Regierungspräsidien, Landesverwaltungsämter untere Verwaltungsbehörden Landratsämter, Große Kreisstädte, Verwaltungsgemeinschaften, Gemeinden 11 Prof. Dr. Thomas Fetzer, LL.M. Judikative- rechtssprechende Gewalt Bundesverfassungsgericht Bundesgerichte (BGH, BAG, BVerwG, BSG, BFH) OLG LAG, LSG OVG/VGH LG AG, SG VG FG AG 12 Prof. Dr. Thomas Fetzer, LL.M. 2. Finanzverfassung öffentlich- rechtliche Lasten Geldabgabepflichten Steuern Sonderabgaben Beiträge Sach- und Dienstleistungspflichten Gebühren 13 Prof. Dr. Thomas Fetzer, LL.M. Abgabentypen Beiträge: - für Möglichkeit der Nutzung/ Bereitstellung Leistung, unabhängig von tatsächlichen Inanspruchnahme (z.B. Erschließungsbeitrag) Gebühren: - Veraltungsgebühren, die für Amtshandlung fällig werden - Benutzungsgebühren, die von Inanspruchnahme Einrichtung abhängen Abgaben Sonderabgaben: - bestimmte Gruppen von Bürgern werden zur Finanzierung bes. Aufgaben herangezogen - enge Rechtfertigungselemente Steuern: - Geldleistungen, die nicht Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen TB zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft; ; Erzielung von Einnahmen kann Nebenzweck sein (§ 3 I AO) 14 Prof. Dr. Thomas Fetzer, LL.M. insbesondere: Steuern • Geldleistung ohne Gegenleistung, allen auferlegt, bei denen der Tatbestand zutrifft • vom öffentlich- rechtlichen Gemeinwesen auferlegt • zur Erzielung von Einnahmen (Fiskalzwecknormen-steht Steuerertrag im Vordergrund oder Lenkungsnormsozialpolitische, wirtschaftspolitische Zwecke) • muss Fiskus endgültig zufließen • „Vielsteuersystem“- unterschiedliche Steuerquellen (nach AO) • Besitzsteuer: knüpfen an Besitz und Vermögen bzw. deren Erwerb an • Verkehrssteuer: knüpfen an Vorgänge im Rechtsverkehr an • Verbrauchsteuer: belasten Verbrauch von Waren und Dienstleistungen • Zölle; knüpfen an Grenzübertritt von Waren an • direkte und indirekte Steuern 15 Prof. Dr. Thomas Fetzer, LL.M. Verfassungsrechtliche und abgabenrechtliche Grundprinzipien • Tatbestandsmäßigkeit/ Gesetzesvorbehalt • Erdrosselungsverbot (verbietet Abgabenschuldner so stark zu belasten, dass freie persönliche/wirtschaftliche Betätigung unmöglich wird oder unverhältnismäßig eingeschränkt wird) • Äquivalenzprinzip (Abgabe/ Leistung in angemessenen Verhältnis) • Sozialstaatsprinzip • Kostendeckungsprinzip (Kostenüberschreitungsverbot, Kostendeckungsgebot vgl. etwa §73 II SächsGemO, Kostenunterschreitungen mgl. aus bes. Gründen) • Gleichheitsgrundsatz • Rückwirkungsverbot 16 Prof. Dr. Thomas Fetzer, LL.M. III. Grundrechte 1. 2. 3. 4. Welche Funktionen haben die Grundrechte? Wen berechtigen die Grundrechte? Wen verpflichten die Grundrechte? Grundrechtsprüfung 17 Prof. Dr. Thomas Fetzer, LL.M. Grundrechte Art. 1 Abs. 3 GG „die nachfolgenden Grundrechte“ Freiheitsrechte Gleichheitsrechte Verfahrensrechte 18 Prof. Dr. Thomas Fetzer, LL.M. 1. Funktionen Abwehr/ Schutz einer Freiheitssphäre Teilhabe, Schutz, Leistung (Ausnahme) Einrichtungsgarantien 19 Prof. Dr. Thomas Fetzer, LL.M. 2. Grundrechtsberechtigte Jedermannsrechte natürliche Personen Deutschenrechte Grundrechts -berechtigte juristische Personen Juristische Personen des Privatrechts, Art. 19 III GG 20 Prof. Dr. Thomas Fetzer, LL.M. 3. Grundrechtsverpflichtete Grundrechtsverpflichtet Art. 1 Abs. 3 GG Legislative, Exekutive und Judikative Private? Der Staat, wenn er privatrechtlich handelt? 21 Prof. Dr. Thomas Fetzer, LL.M. 4. Grundrechte - Freiheitsrechte Schutzbereich eröffnet? persönlich sachlich Eingriff? Wird ein Verhalten, das in den Schutzbereich fällt, rechtlich oder tatsächlich unmöglich gemacht oder zumindest erschwert? Rechtfertigung Steht das Grundrecht unter einem Gesetzesvorbehalt? Ist die Beschränkung verfassungsgemäß? 22 Prof. Dr. Thomas Fetzer, LL.M. Grundrechte - Gleichheitsrechte Werden wesentlich gleiche Sachverhalte ungleich behandelt? Sind die Sachverhalte vergleichbar? Werden sie von der selben Hoheitsgewalt ungleich behandelt? Ist die Ungleichbehandlung verfassungsrechtlich gerechtfertigt? Gibt es einen sachlichen Grund, der die Ungleichbehandlung rechtfertigen kann? Ist die Ungleichbehandlung geeignet, erforderlich und angemessen zur Erreichung eines legitimen Ziels? 23 Prof. Dr. Thomas Fetzer, LL.M. Berufsfreiheit – Art. 12 GG SB • persönlich: alle Deutschen • sachlich: Beruf = jede auf Dauer angelegte erlaubte Tätigkeit, die nicht verboten ist und die der Schaffung oder Erhaltung einer Lebensgrundlage dient • einheitliches Grundrecht: Ausbildung, Berufswahl, Berufsausübung Eingriff • staatliche Maßnahmen mit objektiv berufsregelnder Tendenz • Grundlegend: BVerfGE 3, 377: Apothekenurteil • Berufsausübungsregelungen • subjektive Zulassungsregelungen • objektive Zulassungsregelungen RF • einfacher Gesetzesvorbehalt • Ausübungsregelungen: vernünftige Gründe des Allgemeinwohls • subjektive Zulassungsregelungen: wichtige Gründe des Allgemeinwohls • objektive Zulassungsregelungen: überragend wichtige Gründe 24 Prof. Dr. Thomas Fetzer, LL.M. Eigentum – Art. 14 GG SB • persönlich: Jedermann • sachlich: alles, was der Gesetzgeber zu einem bestimmten Zeitpunkt als Eigentum definiert (Problem: Steht Eigentum zur Disposition des Gesetzgebers?) • alle vermögenswerten Rechte des Privatrechts Eingriff • zwei Formen • Inhalts- und Schrankenbestimmungen • abstrakt-generelle Regelungen von Inhalt und Grenzen des Eigentums • Enteignung • konkret-individueller Entzug von Eigentumspositionen zur Erfüllung eines öffentlichen Zwecks durch Exekutive oder Legislative RF • einfacher Gesetzesvorbehalt • Schranken-Schranken bei ISB • Enteignung: Art. 14 Abs. 3 GG beachten 25
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