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Vertrauen ist kein Aprilscherz! Mit Luhmann gegen den OldworkKater (Teil 3) | 1
Warum Vertrauen nicht leichtfertig geschenkt werden sollte und auch nicht bedingungslos.
Wie Misstrauen und Kontrolle manchmal Vertrauen erst aufbauen können und was sie mit
Vertrauen 4.0 zu tun haben.
Dieser Artikel erschien zuerst auf arbeit:morgen
Im letzten Teil dieser Serie haben wir gelernt, dass Vertrauen Mut erfordert, weil es
zwangsläufig Risiken impliziert. Und dass solches stets risikobehaftete Vertrauen in einer
modernen und komplexen Welt kaum zu umgehen ist. Deshalb muss es System bekommen,
durch kollektive Absprachen, durch stabile Institutionen und berechenbare Sanktionen
verallgemeinert werden, damit die Risiken eines stets möglichen Vertrauensbruchs
überschaubar bleiben. Die aber sollte man dennoch nicht verleugnen, sondern so vielen
Menschen wie möglich bewusst machen – denn erst dann entsteht durchschauendes
Vertrauen; Vertrauen das um seine Verletzlichkeit, seine Fragilität weiß. Erst mit einer
derart fortgeschrittenen Form des Vertrauens können partizipative Organisationen
dauerhaft überleben, können Erwachsene mit Erwachsenen auf Augenhöhe agieren.
Solches Vertrauen aufzubauen ist allerdings kein Pappenstiel. Denn die Bereitschaft zu
vertrauen entsteht nicht im Handumdrehen oder über Nacht, sondern in der Folge sozialer
Prozesse, die – ja, schon wieder! – viel zu komplex sind, um sie in jeder Hinsicht
durchleuchten und durchschauen zu können. Und das Erschreckende dabei: Viel schneller
als es aufgebaut ist, kann Vertrauen wieder verloren sein. Das wissen wir alle, aber es ist
trotzdem sinnvoll, sich von Niklas Luhmann einmal erklären zu lassen, was die ungefähren
Bedingungen der Möglichkeit von Vertrauen sind, wie und vor allem wann es wieder
verloren gehen kann und warum Misstrauen dem Aufbau von Vertrauen durchaus
zuträglich, ja sogar dessen Voraussetzung sein kann. Das ist Thema dieses dritten und
vorletzten Teils unserer kleinen Vendetta gegen den Oldwork-Kater.
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Als Erstes erinnern wir uns: Wir leben bereits in einer Welt des Vertrauens, des bewährten
und allgemein verbreiteten Systemvertrauens. Wer über dieses Vertrauen in anonyme
Prozesse und Absprachen hinausgelangen möchte, sollte erst einmal verstehen, wie es zu
Stande gekommen ist, wie es stabil bleibt und auch, wie es zerstört werden kann. Denn erst
damit entstehen die Grundlagen, durchschauendes Vertrauen aufzubauen und zu erhalten.
Das ist pikant und gleichzeitig faszinierend: Gerade aus der Einsicht in die Instabilität und
Verletzlichkeit von Vertrauen kann eine neue Form von Vertrauen entstehen, die
verlässlicher und widerstandsfähiger und dadurch auch flexibler ist.
Das haben wir bereits im letzten Teil angedeutet, aber noch nicht hinreichend erklärt. Um
diese Zusammenhänge genauer zu verstehen, kann es nicht schaden, sich mit den
schwierigsten Themen und extremsten Beispielen zu befassen. Mit dem Terror etwa, und
wie er unser (System)vertrauen in die Sicherheit und Verlässlichkeit des Alltagslebens
herausfordert und gefährdet. Dieses Vertrauen basiert auf einer Mischung aus reichlich
erfahrungsgesättigter Gewohnheit (Vertrautheit) – vulgo: Et hätt noch emmer jot jejange –
und der Erwartung, dass Kontrollen und Sanktionen zumeist das Schlimmste verhindern
werden (Systemvertrauen). Solches Vertrauen kann sich allerdings als blauäugig erweisen
und ganz schnell verschwinden, wenn die Gewohnheit widerlegt wird und die Kontrollen
versagen, wie jüngst in Brüssel.
Dass Vertrauen so schnell schwinden kann, liegt an einem simplen Mechanismus, dem wir
alle unterliegen und dem wir allzu leicht gehorchen, wenn wir uns nicht dagegen wehren.
Vertrauen, so formuliert es Luhmann, verschwindet nämlich nicht selten von einem auf den
anderen Augenblick, wenn eine Schwelle überschritten wird, die für uns den ultimativen
Vertrauensbruch markiert. Hier geht es wieder einmal um Komplexitätsreduktion. Wir
überprüfen nicht etwa sekündlich die Anhaltspunkte und Motive unseres Vertrauens,
hinterfragen nicht ständig dessen Rechtfertigung. Stattdessen vertrauen wir im Regelfall
solange, bis ein eindeutiges Signal uns Grund zum Misstrauen gibt:
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Eine Fülle möglicher Verschiedenheiten wird dadurch zu einem einzigen
krassen Unterschied zusammengezogen und im übrigen in eine
unterschwellige Latenz weggedrückt. In einem durch Schwellen
geordneten Erlebensbereich kann man davon ausgehen, dass die
Verhaltensgrundlagen konstant bleiben, mindestens, dass man sich
Indifferenz gegen etwaige Unterschiede leisten kann, bis man die
Schwelle überschreitet; und dann bringt ein kleiner Schritt große
Veränderungen. (S. 96)
Am Problem des Terrors lässt sich das sehr gut veranschaulichen. Für die allermeisten von
uns sind es nicht die Meldungen von Drohungen, beunruhigenden Ermittlungsergebnissen
und darauf beruhenden finsteren Prognosen, die unser Vertrauen in unbedingte Sicherheit
erschüttern. Obwohl all das schon ausreichen könnte, uns grundsätzlich zu verunsichern
und unser Vertrauen in Frage zu stellen, bewegen wir uns im Regelfall doch recht unbedarft
durch die Welt, fahren Bus und U-Bahn, steigen ins Flugzeug oder in den Regionalexpress,
solange, bis ein Anschlag geschieht. Dann ist für die meisten von uns die Schwelle erreicht,
jenseits derer wir uns fragen: Ist Fliegen noch sicher? Soll ich die U-Bahn benutzen und
nicht lieber das Taxi? Wir fangen an, in der Warteschlange am Flughafen nach verdächtigen
Personen Ausschau zu halten, wir verlassen mit einem leisen Gefühl der Erleicherung UBahnstationen und Fernbahnhöfe und betreten sie von nun an mit einer ‚gesunden Portion
Misstrauen‘. Vorerst glauben wir nicht mehr daran, dass wir an solchen Orten wirklich
sicher sind.
Das Vertrauen ist erschüttert, wenn nicht gar zerstört. Wie aber lässt es sich wieder
aufbauen?
Nur durch eine Doppelstrategie. Der erste Teil dieser Strategie ist relativ schlicht, aber
durchaus wichtig. Er zielt auf die Regeneration, auf die Erholung unseres
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Systemvertrauens: ‚Erhöhte‘ und ‚verschärfte‘ Sicherheitsmaßnahmen sollen nach
Möglichkeit garantieren, dass sich einmal Geschehenes nicht andernorts wiederholen kann.
Das bei genauerer Betrachtung Widersprüchliche an dieser Strategie: Sie soll erschüttertes
Vertrauen aufbauen und gewährleisten durch einen Aufwuchs an Misstrauen! Genauer
genommen: Wir delegieren als Gesellschaft Misstrauen an bestimmte Institutionen und auch
Einzelpersonen, die durch ihre argwöhnischen, ja manchmal geradezu paranoid
anmutenden Kontrollen unser Vertrauen in die Sicherheit (zurück)gewinnen sollen.
Niklas Luhmann erklärt, warum nicht wenige von uns die Einrichtung auch lästiger, und
selbst zudringlicher, ja unsere individuelle Selbstbestimmung grundsätzlich in Frage
stellender Kontrollen und Sicherheitsmaßnahmen als beruhigend empfinden:
In Organisationen können Kontrollen eingerichtet werden, die unter
spezifiziertem Misstrauensgebot operieren, und auch hier setzen andere,
nicht selten sogar die Kontrollierten selbst, ihr Vertrauen in das
Funktionieren dieses Misstrauens. […] Das Vertrauen in Systeme als
Ganzes kann […] entscheidend davon abhängen, dass an kritischen Stellen
das Vertrauen unterbrochen und Misstrauen eingeschaltet wird. (S. 124)
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Vertrauen und Misstrauen, Vertrauen und Kontrolle sind eben nicht in jeder Hinsicht
Gegensätze, sondern können sich bisweilen prächtig ergänzen. Diese Einsicht sollte man
nicht leichtfertig verwerfen: Auch wenn Kontrolle und Misstrauen gut und gerne die Namen
der liebsten Spielgefährten unseres Oldwork-Katers sein könnten – manchmal sind es
vielleicht gerade sie, die den Aufbau von Vertrauen erst sicherstellen. Aber natürlich
können misstrauische Kontrollen eben nur ein Teil einer langfristig erfolgreichen Strategie
sein. Für das Terrorproblem gilt jedenfalls: Beim nächsten Anschlag, der eben durch sie
allenfalls unwahrscheinlicher, nicht aber unmöglich wird, kann derart aufgebautes
Vertrauen wieder – und dieses Mal noch nachhaltiger – zerstört sein.
Unerlässlich wird also – wenn wir im konkreten Fall nicht zwischen Terrorangst und
Sicherheitswahn schwanken wollen, zwischen pathologischem Misstrauen also und höchst
fragilem, gewissermaßen auf Sand gebauten Vertrauen – auch in dieser Situation der
Aufbau durchschauenden Vertrauens sein. Das kann am besten
durch Transparenz gelingen: Durch die niemandem verheimlichte Erkenntnis, das
Anschläge passieren aber bisweilen auch wirksam verhindert werden können. Durch die
beruhigende Einsicht, dass nicht jeder Muslim ein Terrorist und nicht jeder orientalisch
aussehende Mann gefährlich ist. Durch das Vertrauen darauf, dass die dafür
Verantwortlichen sich nach Kräften mühen, Sicherheit zu gewährleisten, auch wenn sie
dabei Fehler machen.
Das alles gilt auch dort, wo es (zumeist) nicht um Leben und Tod geht. In Organisationsund Unternehmenskontexten, wo das Vertrauen von Mitarbeitern, Geschäftspartnern,
Teilhabern und Kunden gewöhnlich hoch im Kurs steht, gerade dann, wenn es verloren
gegangen ist. Damit etwa VW den derzeit fast unumgänglichen Namenszusatz ‚Skandal‘
zuverlässig wieder loswerden kann, wird es wohl nicht ausreichen, wenn externe oder gar
interne Kontrollen verschärft oder auch ganz neu eingeführt werden. Denn wenn Kontrollen
einmal umgangen wurden, weil Wille und Fähigkeit dazu vorhanden waren, können sie
prinzipiell auch nochmals umgangen werden.
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Stattdessen – das wurde dem Konzern ja schon von Vielen geraten – wäre man gut beraten,
sich mit einer neuen Fehlerkultur anzufreunden. Das aber ist nichts anderes, als der
Übergang von personalem Vertrauen (das offenbar von Vorständen gegenüber ihren
Aktionären, von Technikern gegenüber ihren Vorgesetzten missbraucht wurde) und
Systemvertrauen (das scheinbar wegen mangelnder Kommunikation und Kontrolle im Fall
von VW weit gehend auf Sand gebaut war) zu durchschauendem Vertrauen: Einem
Vertrauen von Vorständen in ihre Ingenieure, das die Möglichkeit eines Scheiterns an
überfordernden Aufgaben (wie der kurzfristigen Konstruktion gleichzeitig leistungsfähiger,
preiswerter und schadstoffarmer Dieselmotoren) einschließt und trotzdem nicht entzogen
wird. Eines Vertrauens der Unternehmensführung in Aktionäre, dass diese nicht bei der
ersten Gewinnwarnung dem Unternehmen das Geld entziehen werden, sondern langfristig
investieren, wenn sie sich gut informiert fühlen. Und umgekehrt Vertrauen von Teilhabern
in Vorstand und Aufsichtsrat, dass dort Fehler passieren, aber auch wieder ausgeglichen
werden können.
Alle Menschen sind fehlbar und ihre Möglichkeiten endlich. Anderen Vertrauen zu schenken
kann vernünftigerweise nicht bedeuten, sich in ihre Obhut zu begeben, wie ein Gläubiger in
die Hand eines allmächtigen Gottes. Wer sich dessen bewusst wird, kann aber gerade indem
er durchschauendes Vertrauen gewährt, dazu beitragen, dass Fehler seltener passieren
oder zumindest weniger tragische Konsequenzen haben. Woher aber nehmen Menschen
Bereitschaft und Mut, solches Vertrauen zu gewähren?
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Diese Frage zu beantworten, fällt selbst Niklas Luhmann schwer. Einen wichtigen Faktor
sieht er in dem, was wir heute meist mit ‚Sozialisation‘ bezeichnen:
Darüber hinaus bilden Gefühle eine Grundlage für ein Sicheinlassen auf
Vertrauensbeziehungen zu anderen Menschen, auf die das Gefühl selbst
sich nicht erstreckt. […] Die Gefühlsfixierung eines Kleinkindes in seiner
Familie ist zum Beispiel Grundlage für das Lernen von Vertrauen
schlechthin. Und so kann denn auch die Vertrauensbereitschaft als
gewohnte und bewährte Einstellung fortleben, wenn die Gefühle, denen
sie ihr Dasein verdankt, längst verblasst sind. (S. 107)
Die schöne oder auch schwere Kindheit kann aber, das ist Luhmann natürlich klar, kann
nicht alles erklären. Es wäre auch eine schwierige Auskunft für alle, die innerhalb und
außerhalb von Organisationen Vertrauen aufbauen wollen. Zwar kann auch die kluge
Auswahl von Mitgliedern bzw. Mitarbeitern, so Luhmann, wichtig sein, um Vertrauen
langfristig zu gewährleisten (vgl. S. 122). Aber das ist eben nicht alles. Beschäftigt man sich
eingehend mit den Voraussetzungen von Vertrauen, schreibt Luhmann,
…dann erhellt, wie komplex und variantenreich insgesamt die sozialen
Bedingungen der Vertrauensbildung sind. Sie laufen teils über die
Strukturen des Systems, das Vertrauen schenkt; teils treten sie ihm von
außen entgegen. Im ersteren Falle handelt es sich […] um ein soziales
Klima etwa, das persönliche Bindungen wie Liebe oder Treue honoriert
und nicht […] dem Spott preisgibt; das Takt institutionalisiert und für
Störungsanfälle genug Auswege […] kennt. Auf diese Weise werden
Systemstrukturen für Vertrauen gestärkt. Im anderen Fall werden
Systemstrukturen durch Vorsorge ihrer Umwelt davon entlastet, die
Ungewissheit über ihr Engagement selbst absorbieren zu müssen – sei es,
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dass ihnen […] die Wahlmöglichkeiten eingeschränkt oder wegsuggeriert
werden und das Vertrauen in laufender Interaktion kurzfristig bestätigt
wird; sei es, dass hinreichend dicht gesetzte Sanktionsmöglichkeiten für
den Fall des Vertrauensbruches vorgesehen sind, die das Risiko des
Vertrauenden verkleinern.
Angesichts dieser Vielfalt von Wegen der Vertrauensbildung verbietet es
sich von selbst, nach allgemeinen Rezepten zu suchen. […] Auf die eine
oder die andere Weise wird Vertrauen gebildet. Und vielleicht müssen
hochdifferenzierte Gesellschaften, die mehr Vertrauen zur Reduktion ihrer
Komplexität benötigen als einfache, auch entsprechend mehr
verschiedenartige Mechanismen der Bildung und Stabilisierung von
Vertrauen bereithalten, also die Vertrauensbereitschaft ihrer Systeme
stärker in Anspruch nehmen und zugleich stärker entlasten, als dies in
einfachen Gesellschaften der Fall ist. (S. 111f)
Damit wird deutlich, dass es doch mehr als nur eine Schmähung ist, wenn man Vertrauen
als einen ‚weichen Faktor‘ bezeichnet. Es ist eben nicht berechenbar, kann nicht gezielt
erzeugt werden. Es gibt zwar Anhaltspunkte, wie man die Bedingungen seiner Entstehung
identifizieren und schaffen kann, aber keine Patentrezepte, die es verlässlich ins Leben
rufen: „Vertrauen ist kein auswählbares Mittel zu bestimmten Zwecken und erst recht keine
optimierungsfähige Zweck/Mittel-Struktur. Vertrauen ist auch keine Prognose, deren
Richtigkeit am Eintreffen des vorausgesagten Geschehens gemessen und nach einigen
Erfahrungen auf Wahrscheinlichkeitswerte gebracht werden könnte.“ (S. 116)
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Wenn aber etwas gleichzeitig so wichtig und in seinen Voraussetzungen und
Existenzbedingungen nicht gänzlich zu durchschauen (nämlich: komplex!) ist, sollte man
nicht der Versuchung erliegen, es anzubeten wie eine heilige Kuh oder ein göttliches
Wunderwerk. Stattdessen kann und sollte man durchaus den Anhaltspunkten folgen, die
Luhmann in seinem Buch hervorragend aufgearbeitet und systematisiert hat. Dieses Mal
haben wir durch den Blick in eben dieses Buch immerhin besser verstehen können, was
durchschauendes Vertrauen eigentlich ist: nämlich eine Art Vertrauen höherer Ordnung,
das seine Kraft und Widerstandsfähigkeit auch in Krisen gerade daraus zieht, dass es sich
bewusst ist über die Verletzlichkeit und Fragilität jeglichen Vertrauens.
Wir können es (wenn wir solche, in nicht geringer Weise Komplexität reduzierende
Schlagworte denn verwenden wollen) durchaus ein Vertrauen 4.0 nennen, das bestens
einhergeht mit dem, was man Arbeiten 4.0 nennt. Nach Vertrautheit, personalem Vertrauen
und Systemvertrauen ist durchschauendes Vertrauen eine faszinierende Kultur- und
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Zivilisationsleistung, die auf den ersten Blick fast anmutet wie ein Taschenspielertrick:
Vertrauen, das gerade deshalb verlässlich und nachhaltig ist, weil es weiß, dass es auf
nichts anderem aufbaut, als weiterem Vertrauen, auf Vertrauen in Vertrauen. Vertrauen,
das sich selbst am eigenen Schopf aus dem Sumpf zu ziehen scheint, wie der berühmte
Baron Münchhausen.
Aber ‚Vertrauen 4.0‘ beruht eben gerade nicht auf Lügen, sondern auf Einsicht und
nüchterner Rationalität. Und es kommt durchaus nicht aus ohne die Versionsnummern 1 bis
3, ohne das intuitive Erleben und Erlernen von Vertrautheit, ohne den Aufbau von
Vertrauen zwischen Einzelpersonen und auch nicht ohne die vielen Absprachen, Kontrollen
und Sanktionsmöglichkeiten, auf denen Systemvertrauen beruht. Durchschauendes
Vertrauen weiß eben, dass es manchmal auch Misstrauen braucht, um Vertrauen zu
bewahren. Allerdings wird man davon ausgehen dürfen, dass es davon immer weniger
geben muss, je mehr durchschauendes Vertrauen zur Normalität wird.
Wenn wir also dieses durchschauende Vertrauen oder eben ‚Vertrauen 4.0‘ richtig deuten,
dann stellen wir fest: Es ist alles andere als ein Taschenspielertrick. Es ist im Gegensatz ein
Akt der Aufklärung und ein Sieg der Vernunft. Was sich aber genauer zur Rationalität von
Vertrauen sagen lässt und damit auch zum Nutzen dessen, was wir bisher von Niklas
Luhmann zu diesem Begriff gelesen und gelernt haben, steht im vierten und letzten
Teil dieser Serie. Der erscheint an dieser Stelle am 13. Mai. Darauf jedenfalls, liebe Leserin
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und lieber Leser, können Sie getrost vertrauen.
Auch mal richtig tief ins Buch schauen? Für diesen Artikel gelesen:
Luhmann, Niklas: Vertrauen – Ein Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität, 5.
Auflage, UVK-Verlagsgesellschaft, Konstanz und München 2014
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