Mendener Nachrichten vom 30.04.2016... - Wallfahrt-Werl

SAMSTAG | 30. APRIL 2016
PKU1 | NR.101
B
KULTUR & FREIZEIT
KRIEGSVERBRECHEN
AUF DER SPUR
Ballauf und Schenk im
Kölner Tatort - Medien
WWW.WESTFALENPOST.DE/KULTUR
„Tankstellen auf dem Lebensweg“
Weil ich immer strebend mich bemühe, das Helle im Grauen (mein
Gott, wie doppeldeutig!) zu sehen,
erkannte ich den Vorteil des USKettenhotel-Frühstücks schnell:
Was da im Pappbecher schwappte
und mit Plastikbesteck vom Plastikgeschirr gekratzt werden wollte,
lenkte wenigstens nicht vom wirklich Interessanten ab. Also den anderen Gästen. Und umgekehrt
konnte das Hantieren mit hartem
Instant-Rührei, süßem, weichem
Brot, noch süßeren Waffeln, Spielzeug-Frühstücksflocken und teefarbigem Kaffee immerhin von der Unhöflichkeit ablenken, fremde Menschen einfach so anzustarren.
Fellig und leibig
Ich mache das nicht immer. Bei vielen guckt man ja automatisch
schnell wieder weg, weil man nicht
dickfellig genug ist, extreme Fettleibigkeit ohne Fremdscham zu beschauen. Bei anderen blickt man
vielleicht besser nicht zu lange hin,
weil Frau S. eventuell nicht dickfellig genug sein könnte, meine ausführlichen, beifälligen Betrachtungen der sekundären Geschlechtsmerkmale jüngerer Geschlechtsgenossinnen zu goutieren.
Die Frau fand sie jedoch auch faszinierend. Etwa 40, hübsch und
schlank, adrett frisiert und geschminkt, sportlich-modisch gekleidet, fast schon elegant fürs Strandhotel. Und wie sie strahlte! Wie sie
mit den Teenager-Töchtern scherzte, ganz wie eine ältere Schwester.
Und wenn die verwöhnten Gören,
die lieber in ihre schlauen Telefone
starren wollten, sich genervte Blicke zuwarfen, tat sie so, als merke
sie das nicht. Ihr kugeliger, überall,
außer auf dem Kopf, behaarter
Mann kaute verdrossen vor sich
hin. Wenn er doch einmal in paar
Worte zustandebrachte, lachte sie
so herzlich und bewundernd, als sei
er ein Ausbund an Geist und Witz.
Euphorie, Angst und Leere
Und als die neben ihrem Sohn sitzende Schwiegermutter die Schwiegertochter mit einem auffordenden
Blick darauf hinwies, dass sein
Pappbecher mit dem sogenannten
Kaffee leer war, sprang sie begeistert auf und brachte ihm einen neuen, was er mit einem Kopfnicken
quittierte. Dann wandte sie sich
wieder euphorisch den Töchtern
zu. So ging das fort und fort.
Nur manchmal, ganz kurz, wenn
gerade keine neuen Anforderungen
an sie gestellt wurden, erstarrte sie
und ihr Blick wurde leer. Dann gab
sie sich wieder einen Ruck und
knipste die Gesichtsbeleuchtung
an. Sie machte mir Angst. Irgendwann dreht sie durch, dachte ich.
Und: Merkt das sonst keiner? Nach
dem Frühstück reisten wir weiter.
Wie geplant. Aber auch erleichtert.
Kultur-Notizen aus der Region
Breckerfeld. Der Ev. Jakobus-
Über 100 000 Menschen pilgern jährlich zur Muttergottes nach Werl. Pater Ralf
Preker ist Wallfahrtsleiter. Er spricht über eine neue Sehnsucht nach Spiritualität
Von Monika Willer
Von Harald Ries
KOMPAKT
Werl. Alle reden vom Jakobsweg
nach Santiago de Compostela.
Doch seit 1661 machen sich die
Menschen auch auf den Weg zur
Muttergottes nach Werl. Mehr als
100 000 Pilger besuchen heute
jährlich die Basilika. Am 1. Mai
wird die neue Wallfahrtssaison eröffnet. Allein aus Südwestfalen
und Dortmund gibt es 30 Fußwallfahrten nach Werl. Die Pilger können in diesem Jahr sogar durch
eine Heilige Pforte in die Kirche
gehen. Wallfahrtsleiter Pater Ralf
Preker, Guardian des Werler Franziskanerklosters, schildert, was
sich hinter dem Begriff verbirgt.
Warum gibt es eine Heilige Pforte
an der Wallfahrtsbasilika?
Pater Ralf: Papst Franziskus hat für
2016 das Jahr der Barmherzigkeit
ausgerufen, und „Selig die Barmherzigen“ ist auch das Wallfahrtsthema. Wegen der herausragenden
Bedeutung der Basilika sind wir
Franziskaner vom Erzbischof gebeten worden, an der Basilika eine
Hl. Pforte zu errichten. Eine weitere gibt es im Paderborner Dom.
Das Tor des Künstlers Brody Neuenschwander am Kreuzwegplatz
ist aber nicht nur eine optische Bereicherung, es hat auch eine programmatische Seite. Man geht
durch die Heilige Pforte zur „Mutter der Barmherzigkeit“ und zu
ihrem Sohn „Jesus Christus, dem
Antlitz der Barmherzigkeit des Vaters“ (Papst Franziskus).
„Jeder bringt sein
Päckchen mit zur
Muttergottes.“
Pater Ralf Preker, Wallfahrtsleiter
in Werl
Es gab eine Zeit, da dachte man, die
Fußwallfahrten sterben aus. Wie
sieht das heute aus?
Wir machen schon die Beobachtung, dass die Zahl der Fußpilger
zunimmt, und dass auch die Jüngeren wieder kommen. Die körperliche Herausforderung, das Unterwegs sein, das in der Natur sein, die
Gemeinschaft unterwegs - das sind
wichtige Aspekte. Und dabei entdecken die Pilger auch die spirituelle, die religiöse Seite einer Wallfahrt. Dabei kann man Kirche einmal anders erfahren.
Ist Pilgern also das neue Wandern?
Das ist kein neuer Trend, das geht
bereits seit einigen Jahren so. Allerdings kann ich jetzt nicht unbedingt erkennen, dass dadurch die
Wallfahrtsströme größer werden,
die sind konstant. Nur gibt es jetzt
zusätzlich einen anderen Typus
von Pilgern.
Welche Pilger kommen zum
Gnadenbild?
Da gibt es zum einen die klassischen Pilger. Für die gehört es zur
Familientradition, einmal im Jahr
nach Werl zu kommen. Und dann
gibt es die neuen individuellen Pilger, die Werl an der Strecke mitnehmen, zum Beispiel, wenn sie auf
dem Jakobsweg gehen. Die kom-
Fußwallfahrten nach Werl
Chor Breckerfeld und der Kantatenchor Gevelsberg gestalten unter
der Leitung von Heike Marquardt
am Sonntag, 1. Mai, einen Kantatengottesdienst in der Ev. Jakobuskirche in Breckerfeld. Dabei erklingt die Deutsche Messe von
Franz Schubert. Beginn: 10 Uhr.
Delbrück
Delbrück
Ziel ist das Gnadenbild der „Trösterin der Betrübten“ in der Basilika
Rhynern
Werne
Werne
Werl
Welver
Welver
pelchor „Sing Halleluja“ lädt am
Montag, 2. Mai, zu einem MitsingKonzert im Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke ein. Beginn ist um
19 Uhr.
Sönnern
Sönnern
Bönen-Heeren
Bönen-Heeren
Dortmund
Dortmund
Herdecke. Der Wittener Gos-
Lippetal
Lippetal
petal
Westönnen
Westönnen
Anröchte
Anröchte
Bremen
Büderich
Niederense
Niederense
Wickede
Wickede
Fröndenberg
Neheim
(Ruhr)
(Ruhr)
Voßwinkel
Voßwinkel
Arnsberg
Iserlohn. In der ökumenischen
Rüthen
Rüthen
Reihe Kirchen und Kino zeigt der
Filmpalast Iserlohn am Montag, 2.
Mai, den Film „Elser“. Die Vorführung beginnt um 20 Uhr.
Möhnesee
Möhnesee
Warstein
Hellefeld
Hellefeld
Sundern
Sundern Westenfeld
Westenfeld
GRAFIK: MANUELA NOSSUTTA QUELLE: WALLFAHRTKALENDER 2015 FOTOS: GETTY, ARCHIV
Bei uns
daheim
Wennemen
Wennemen
nnemen
Lenhausen
Arpe
Olpe
Olpe
Allendorf
Allendorf
endorf
Much
men dann zur Pforte und holen
sich ihren Stempel ab. Im Allgemeinen kommen die Pilger mit
dem Bus, zu Fuß, mit dem Fahrrad
oder auch mit dem Motorrad. Sie
alle sind willkommen.
Was motiviert die Menschen zu
einer Wallfahrt?
Jeder kommt, weil ihn etwas bewegt, weil ihn etwas auf den Weg
bringt. Jeder bringt sein Päckchen
mit zur Muttergottes. Die Leute
kommen mit ihren Sorgen und
Krankheiten, aber auch mit ihrer
Freude und ihrem Dank - und gehen gestärkt wieder heim. Die Fuß-
pilger zum Beispiel, die kommen
mitunter völlig erschöpft hier an,
das ist ja auch ein tief emotionales
Erlebnis, da brechen schon mal die
Dämme.
richten. Wallfahrtsorte sind Tankstellen auf dem Lebensweg. Und
wir verstehen uns als solche, die zu
den Menschen bei dieser Rast
freundlich sind.
Ist diese Sehnsucht nach der eigenen, oft verschütteten Spiritualität
ein Grund für die neue Beliebtheit
des Pilgerns?
Wallfahrt fördert das zu sich selbst
kommen. Bei den Fußwallfahrten
gibt es ja zum Beispiel Strecken der
Stille, des bewussten Schweigens.
Wir beobachten durchaus eine
neue Sehnsucht, sich orientieren
zu wollen, den Kompass neu auszu-
Deswegen kommen am 12. Juni
auch wieder Hunderte von Motorradfahrern zum Gnadenbild?
Das ist jetzt die sechste Motorradwallfahrt, und sie erfreut sich großer Beliebtheit. Wir bieten dazu bewusst einen ökumenischen Gottesdienst an, danach erfolgt die Segnung der Biker und der Maschinen. Man darf sich nicht vom Äußeren täuschen lassen. Die
Gastfreundschaft, die grundsätzliche Offenheit, die Haltung, dass alle willkommen sind, ist für uns
Franziskaner ein großes Thema
und für mich eine seelsorgerische
Grundkonstante.
Pater Ralf vor der Werler Basilika. Mehr als 100 000 Pilger kommen jährlich in
den drittgrößten Marienwallfahrtsort Deutschlands.
FOTO: KAI KITSCHENBERG
Drittgrößter Marienwallfahrtsort Deutschlands
: Werl ist nach Kevelaer und Alt-
ötting der drittgrößte Marienwallfahrtsort Deutschlands. Die Madonna aus dem 12. Jahrhundert
zählt zu den schönsten Marien-
Westfalenpost - Mendener Nachrichten 30.04.2016
darstellungen Europas. Die Pilger
kommen aus NRW und weit darüber hinaus. Am 1. Mai wird die
Wallfahrtssaison um 10 Uhr eröffnet. www.wallfahrt-werl.de
Die Franziskaner ziehen sich 2019
wegen Nachwuchsmangel von der
Werler Wallfahrt zurück. Weiß man
schon, wie es danach weitergeht?
Das Erzbistum übernimmt die
Wallfahrtsseelsorge, soviel steht
fest. Ansonsten sind noch viele Fragen offen, zum Beispiel, ob Paderborn sich auch für das Klostergebäude entscheidet, wer uns Franziskanern in der Wallfahrtsseelsorge folgt und andere. Und es steht
noch nicht fest, ob Anfang 2019 für
uns Schluss ist oder Ende 2019. Da
laufen zur Zeit Gespräche zwischen der Bistums – und der Ordensleitung. Wo es dann hingeht?
Keine Ahnung! Aber für uns Franziskaner ist es normal, dass wir
nicht wissen, wo es hingeht. Die
Muttergottes bleibt auf jeden Fall
in Werl …
c
Mehr Fotos:
wp.de/wallfahrt
Balve. Die Festspiele Balver
Höhle starten zum Familienmusical „Ritter Rost macht Urlaub“ ein
Gewinnspiel. Schulklassen oder
Kindergartengruppen können dabei Karten gewinnen. Die Preisfrage lautet: Wohin reist Ritter Rost in
den Urlaub? Die Antwort muss bis
Freitag, 6. Mai, unter [email protected] eingehen.
Informationen im Internet:
www.festspiele-balver-hoehle.de
Olpe. Erfolgsautor Martin Wal-
ker liest am Dienstag, 3. Mai, auf
Einladung der Buchhandlung Dreimann in Olpe aus
seinem neuen Roman „Eskapaden“
um den französischen Weinkenner
und Chef de Police
Bruno. Die Veranstaltung beginnt um 20 Uhr im Hotel Albus, Auf der Griesemert, in
Olpe. Karten: 02761 / 8276000
oder im Internet: www.dreimannbuchhandlung.de
Soest. Zum Ohrwurm-Singen
lädt das Kulturhaus Alter Schlachthof in Soest wieder am Dienstag,
3. Mai, ein. Beginn ist um 20 Uhr.
Anmeldung. www.orhwurmsingen.de
Hagen. Das Internationale Festi-
val „Schwarz-Weiß-Bunt“ wird am
Mittwoch, 4. Mai, um 19 Uhr im
Kulturzentrum Werkhof in HagenHohenlimburg eröffnet. Dabei stellen sich Hagener Musiker und
Künstler aus verschiedenen Kulturen vor. Bei einer Modenschau präsentieren auch die Frauen des Hagener Flüchtlings-Nähtreffs ihre
selbstgeschaffenen Kleider.
www.hagen.de
Hagen. Der Opernchor des
Theaters Hagen interpretiert am
Donnerstag, 5. Mai, im Kunstquartier Hagen „Ein Deutsches Requiem“ von Johannes Brahms in
der Fassung für zwei Klaviere und
Pauken. Das Konzert unter der Leitung von Chordirektor Wolfgang
Müller-Salow beginnt um 19.30
Uhr. Karten: 02331 / 2073218
oder www.theaterhagen.de
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