IMMOBILIENRECHT MAI 2016 Aktuelle Rechtsprechung zum Mietrecht Nachdem der für Miet- und WEG-Recht zuständige 8. Senat am Bundesgerichtshof (BGH) im letzten Jahr mehrere Grundsatzentscheidungen erlassen hat, die mitunter auch medial umfangreich aufgearbeitet wurden, man denke hier nur an Urteile zu Schönheitsreparaturen, zu unverschuldeter Geldnot bei Transferleistungen, Rauchen auf dem Balkon oder die Abschaffung der 10%-Toleranzgrenze bei Mieterhöhungen, ist es in letzter Zeit im Mietrecht am BGH verhältnismäßig ruhig gewesen. Nichtsdestotrotz hat es doch auch aktuell einige interessante Urteile gegeben. Zwei davon möchten wir Ihnen im Folgenden darstellen. 1. BGH, Urteil vom 20.01.2016, VIII ZR 93/15 Der BGH entschied zu den formellen Anforderungen von Betriebskostenabrechnungen und legte fest, dass es nicht zu der formellen Ordnungsmäßigkeit der Abrechnung gehört, dass die Gesamtkosten pro Betriebskostenart angegeben werden, wenn der Vermieter diesen Betrag bereits um nicht umlagefähige Kostenanteile bereinigt hat. a) Sachverhalt Die hier streitgegenständliche Mietanlage besteht aus mehreren Häusern und verfügt über eine Abfallanlage und zwei Heizstationen mit zentraler Warmwasseraufbereitung, die für alle Häuser zur Verfügung steht. Im Rahmen der Abrechnung verteilte der Vermieter die Gesamtkosten dieser Positionen, die ihm wiederum für die Gesamtanlage in Rechnung gestellt wurden, zunächst auf die einzelnen Häuser. Die einzelnen Nebenkostenabrechnungen der Mieter wiesen diesen Rechenschritt indes nicht auf. Der in der Abrechnung angesetzte Gesamtbetrag bezog sich nur auf das betreffende Haus. Dieser Betrag wurde sodann über einen anzuwendenden Verteilerschlüssel auf den Mieter umgelegt. b) Entscheidungsgründe Mit der Entscheidung setzt der BGH seine Rechtsprechungslinie fort und betont, dass an die formelle Wirksamkeit von Abrechnungen nicht zu hohe Anforderungen zu stellen sind. Nach Ansicht des BGH sei insbesondere der Verwaltungsaufwand in vertretbaren Grenzen zu halten und die Abrechnung nicht zu sehr zu belasten und zu überfrachten. Es liege letztendlich auch im Interesse des Mieters, eine Abrechnung zu erhalten, die möglichst übersichtlich gestaltet ist und nicht mit Positionen überfrachtet wird, die ihn letztendlich nicht tangieren. Hier sei auch zu bedenken, dass der Mieter immer ein Recht darauf hat, in die entsprechenden zugrunde liegenden Belege einzusehen und die offenen Fragen vom Vermieter geklärt zu bekommen. In diesem Zusammenhang könne er auch die Einzelheiten der Abrechnung in Erfahrung bringen und für sich erschließen. Es sei somit zulässig, lediglich die bereinigten Gesamtkosten in der Abrechnung anzugeben. Fragen, ob die Berechnung an sich zutreffend ist und z. B. der Vermieter die Kostenanteile, die nicht umlagefähig sind, herausgerechnet hat, seien ausschließlich der materiellen Richtigkeit zuzuordnen. Dies könne der Mieter ohnehin - ohne Einsicht in die entsprechenden Belege - nicht erkennen. 2. BGH, Urteil vom 13.04.2016, VIII ZR 198/15 In dieser weiteren Entscheidung ging es um Einzelheiten von vertraglichen Regelungen und insbesondere um die Auslegung von Nebenabreden. Es mag nicht das praxisrelevanteste aller Urteile sein, kann aber dabei helfen, die Wichtigkeit und das Wesen von einzelnen Formulierungen und Abreden nachvollziehen zu können. Mit diesem Urteil hat der BGH entschieden, dass Mieter auch dann Miete für eine vereinbarungsgemäß zur Mietsache gehörende Einbauküche weiterhin zu tragen haben, wenn diese von Dritten entwendet wird. a) Sachverhalt Die Verfahrensparteien schlossen im Jahr 1997 einen Mietvertrag. Hierin verpflichtete sich die Mieterin neben der Miete für die Wohnräume auch einen Mietanteil auf die bauseitig vorhandene Einbauküche zu zahlen. Im Jahre 2010 hatte die Klägerin dann eine eigene Einbauküche angeschafft und die Vermieterin um Zustimmung zum Einbau gebeten. Diese wurde auch erteilt, allerdings mit der Maßgabe, dass die vermietereigene Kücheneinrichtung ordnungsgemäß im Keller gelagert wird und beim Auszug auf Anforderung wieder der ursprüngliche Zustand herzustellen ist. In der Zusatzvereinbarung war zudem ausdrücklich vorgesehen, dass die Einlagerung der Küche auf Verantwortung der Mieterin erfolgt. Im Jahre 2014 wurde die Küche indes aus den Kellerräumen entwendet, die Vermieterin erhielt von der Haftpflichtversicherung dafür einen Entschädigungsbetrag. Die Mieterin meinte nun seitdem, den auf die Einbauküche entfallenden Betrag nicht mehr zu schulden, da die Küche infolge des Diebstahls nicht mehr zur Verfügung stehe. Die Mieterin klagte auf Feststellung der Mietminderung entsprechend der anteiligen Miete für die Einbauküche. Der Instanzenzug in dieser Angelegenheit zeigt die nicht ganz unproblematische rechtliche Wertung der Gerichte. Das Amtsgericht wies die Klage ab. Das Berufungsgericht gab indes der Klägerin Recht und sprach ihr eine entsprechende Mietminderung zu. b) Entscheidungsgründe Das Berufungsurteil wurde nunmehr vom BGH aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichtes wieder hergestellt. Nach der Begründung des BGH führt der Verlust der im Keller eingelagerten Küche nicht zu einer Mietminderung. Es komme allein auf die im Jahr 2010 getroffene Vereinbarung an. In dieser hatten die Parteien den Mietvertrag dahingehend abgeändert, dass die Vermieterin in Bezug auf die Küche ab diesem Zeitpunkt keine Gebrauchsgewährungspflicht hatte. Es sei allein auf die Absprachen zwischen den Parteien abzustellen. Dies würde zumindest so lange gelten, bis die Mieterin die Wohnung mit einer eigenen Einbauküche ausgestattet hat. Dadurch, dass die Küche im Keller abhandengekommen ist, ist keine nachteilige Abweichung der Ist-Beschaffenheit von der Soll-Beschaffenheit - und somit kein Mietmangel eingetreten. Eine Mietminderung sei deswegen ausgeschlossen. Die eingelagerte Küchenausstattung wäre nämlich so oder so nicht benötigt gewesen. Auch das Argument der Mieterin, die Vermieterin würde sich treuwidrig verhalten, indem sie einerseits die Versicherungssumme vereinnahmte und gleichwohl der für die Küchennutzung vereinbarten Miete verlangen würde, hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand und hat nach Ansicht des BGH keinen Einfluss auf die Frage, ob die Klägerin für die abhandengekommene Kücheneinrichtung Miete zu zahlen hat. Dies solle lediglich einen geldwerten Ausgleich der Beklagten als Eigentümerin der im Keller aufbewahrten Küchenteile darstellen. Praxishinweis Die im ersten Urteil behandelte „bereinigte“ Abrechnung entspricht der Praxis vieler Vermieter, die verschiedene Positionen unterschiedlich erfassen müssen. Bisher war es nach ständiger Rechtsprechung notwendig, die Gesamtkosten auch dann anzugeben, wenn der jeweilige Mieter nicht durch diese tangiert wird. Da dies in diesem Fall unterblieben ist, hatte sich der Kläger in dem Verfahren auf formelle Unwirksamkeit der ihm erteilten Abrechnung berufen und verweigerte die Nachzahlung. Nach früherer Rechtsprechung wäre dies auch folgerichtig und die Abrechnung als formell rechtswidrig zu betrachten, da hierzu u.a. die Angabe der Gesamtkosten, der Umlageschlüssel und die auf den Mieter umgelegten Kosten gehören. Dies ist indes nunmehr obsolet. Es ist hervorzuheben, dass der BGH auch das Bedürfnis der Vermieter und Verwalter an einer effizienten und wirtschaftlichen Arbeitsweise berücksichtigt hat. Die weitere Entscheidung des BGH führt insbesondere vor Augen, wie wichtig der genaue Wortlaut einzelner Vereinbarungen sein kann. Wäre nämlich zwischen den Parteien auch weiterhin eine Gebrauchsüberlassungspflicht an der Einbauküche vereinbart gewesen, hätte der BGH der Mieterin Recht gegeben.
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