TEIL III - ERGEBNISSE 7 VORBEMERKUNG Im folgenden sollen die grundlegenden Überlegungen, die zu der Wahl der statistischen Verfahren bzw. der hier gewählten Vorgehensweise geführt haben, dargestellt werden. Untersuchungsinstrumente In der Stichprobe der Kontrollprobanden sowie bei den Straftätern wurden folgende Verfahren angewandt: • IPDE • NEO-FFI • IPC Der forensischen Stichprobe wurde weiterhin der HDHQ vorgelegt. Außerdem wurde ein Kurzintelligenztest (LPS 3) durchgeführt. Vergleichende Analysen zwischen Straftätern und Kontrollgruppe konnten somit nur anhand der drei obengenannten Verfahren durchgeführt werden. Statistische Verfahren Da in den verschiedenen Verfahren zur Erfassung der Persönlichkeitseigenschaften die Testwerte in unterschiedlicher Form vorliegen (Rohwerte, Stanine-Werte) und unterschiedliche Spannweiten aufweisen, wurden die Rohwerte z-transformiert (M=0, S=1). Der Vorteil dieses Vorgehens liegt darin, daß Informationen über die Relationen der Meßwerte nicht verloren gehen, da es sich um eine lineare Transformation handelt. Gleichzeitig erlauben die zWerte einen direkten Vergleich zwischen verschiedenen Meßverfahren. Ausnahmen mußten gemacht werden, wenn Vergleiche mit den Referenzstichproben der Persönlichkeitsfragebogen durchgeführt wurden. In diesen Fällen wurde auf die Rohwerte zurückgegriffen. Auch der anhand des LPS 3 ermittelte IQ wurde nicht transformiert, da dieser Rückschlüsse auf die Ausprägung der Intelligenz bei verschiedenen, hier untersuchten Personengruppen im Vergleich zu den Testwerten der Normstichprobe (M=100, S=15) zuläßt. Die z-Transforma81 Kapitel 7 Vorbemerkungen tion der Persönlichkeitsvariablen erfolgte zuerst an der Gesamtstichprobe (Straftäter und Kontrollprobanden) sowie gesondert an der Stichprobe der Straftäter. Zur Bestimmung zugrundeliegender Dimensionen der pathologischen Persönlichkeitsmerkmale wurden Faktorenanalysen gerechnet. Diese wurden getrennt für die Gesamtstichprobe (Straftäter und Kontrollprobanden) sowie die forensische Stichprobe durchgeführt, da nicht auszuschließen war, daß eine Faktorisierung der Testwerte der Straftäter zu anderen Ergebnissen führt als in der gesamten Stichprobe. Die im folgenden dargestellten statistischen Analysen umfassen zwei Bereiche. Zum einen wurden Gruppenvergleiche durchgeführt, zum anderen Korrelationsstatistiken berechnet (zur Beschreibung der Verfahren siehe Kapitel 5.4). a) Gruppenvergleiche Als erstes wurden univariate Berechnungen mit sämtlichen hier erhobenen Persönlichkeitsvariablen durchgeführt. Bei kategorialen Daten kam der Vier-Felder-Chi-Quadrat- bzw. der Fisher-Yates-Test zur Anwendung. Dies betraf den Vergleich der Straftäter mit den Kontrollprobanden im Hinblick auf das Vorliegen von Persönlichkeitsstörungen. Da der dimensionale Ansatz jedoch von größerem Interesse war, wurde auf den Vergleich im Hinblick auf die kategoriale Diagnostik in den folgenden Analysen verzichtet. Metrische Daten wurden in einem ersten Schritt mittels des t-Tests auf Mittelwertunterschiede geprüft. Da Alters- oder Geschlechtsunterschiede als mögliche konfundierte Variablen anzunehmen sind, mußte deren Einfluß aus den Analysen herauspartialisiert werden. Aus diesem Grund wurden Kovarianzanalysen gerechnet. Diese wurden in Kapitel 8 univariat gerechnet, da weitere Stichproben hinzugezogen wurden, die ebenfalls nur univariate Analysen erlaubten. Des weiteren kamen multivariate Verfahren zum Einsatz. Diese erlauben die simultane Untersuchung mehrerer abhängiger Variablen. Die Vorteile liegen darin, daß zum einen Interdependenzen zwischen den verschiedenen Merkmalen nicht auszuschließen sind und berücksichtigt werden und zum anderen die kombinierte Form zu deutlicheren und besser interpretierbaren Unterschieden der Gruppen führen kann (Bortz, 1989). In der vorliegenden Arbeit wurde für die einfaktorielle multivariate Kovarianzanalyse sowie die Diskriminanzanalyse entschieden. In letztere gingen jedoch nur Variablen ein, die in der vorgeschalteten Kovarianzanalyse signifikant zwischen den Gruppen trennten. Bei diesem Prozedere ist einzukalkulieren, daß relevante Interdependenzen zwischen verschiedenen Variablen nicht berücksichtigt werden. Aufgrund der Viel82 Kapitel 7 Vorbemerkungen zahl der hier untersuchten Merkmalsbereiche war eine kleine, übersichtliche Auswahl an Variablen jedoch vorzuziehen. b) Korrelationsstatistiken Die Bestimmung der Stärke des Zusammenhangs zweier Variablen war im Bereich der Persönlichkeitsmerkmale (Interkorrelationen) sowie im Hinblick auf verschiedene Deliktmerkmale von Relevanz. Hier war ebenfalls zu berücksichtigen, daß Alter und Geschlecht als konfundierte Variablen Einfluß auf die Ergebnisse haben können. Deshalb wurden Partialkorrelationen (unter Konstanthaltung dieser beiden Merkmale) gerechnet. Kontrolle des Alpha-Fehlers In Kapitel 5.4.1 wurde das Problem der Alpha-Fehler-Inflation bei sehr vielen Signifikanztests diskutiert. Zugleich wurden dort die verschiedenen Möglichkeiten dargestellt, das Alpha-Fehler-Risiko zu kontrollieren. Auch in der vorliegenden Arbeit wurde eine Vielzahl statistischer Berechnungen durchgeführt, so daß eine Alpha-Fehler-Kontrolle erforderlich war. Die gängigen Verfahren bergen jedoch einige Probleme in sich. Bei einer Kreuzvalidierung ist eine zweite Stichprobe nötig. In der Kompromißlösung (Aufteilen der Grundstichprobe in eine Analyse- und eine Replikationsstichprobe) muß der Gesamtstichprobenumfang sehr groß sein. Sind die Teilstichproben nämlich zu klein, muß man mit einer großen BetaFehler-Wahrscheinlichkeit rechnen. In der vorliegenden Arbeit wurde teilweise mit sehr kleinen Stichproben gerechnet, auch verfügten verschiedene Untergruppen über ein zu kleines n. Konsequenz dieses Vorgehens wäre somit, daß vorhandene Effekte aufgrund einer zu geringen Teststärke nicht signifikant würden. Anhand von Globaltests kann (bei Signifikanz) nicht ermittelt werden, welche der Alternativhypothesen zutrifft. Die Einzelergebnisse sind im vorliegenden Fall für die Hypothesentestung jedoch von großer Relevanz. Alpha-Adjustierungen haben zur Folge, daß mit immer kleinerem Alpha der Beta-Fehler zunimmt. Dies würde für die hier vorgestellte Arbeit bedeuten, signifikante Ergebnisse mit mittlerem und auch großem Effekt abzulehnen und dabei einen sehr großen Beta-Fehler in Kauf zu nehmen. Aufgrund der hier untersuchten Stichprobengrößen sowie der Probleme der dargestellten Verfahren, wurde in der vorliegenden Arbeit folgendes Verfahren zur Kontrolle des AlphaFehlers gewählt: Anhand Wahrscheinlichkeitsberechnungen läßt sich ermitteln, inwieweit die gewonnenen signifikanten Befunde auf Zufall beruhen. So kann man bei der Richtigkeit aller n Nullhypothesen bei n durchgeführten Signifikanztests, bei einem Signifikanzniveau von 83 Kapitel 7 Vorbemerkungen p=.05 und komplementärer Wahrscheinlichkeit von q=.95, die Wahrscheinlichkeit von mindestens k zufällig signifikanten Ergebnissen folgendermaßen berechnen: n! ----------(n-k)! k! z pk z qn-k Der ermittelte Wert gibt nun die Wahrscheinlichkeit an, mit der die k oder mehr signifikanten Ergebnisse auf dem Zufall beruhen. Bei diesem Prozedere handelt es sich um eine Kompromißlösung, die jedoch zur Kontrolle des Alpha-Fehlers unverzichtbar scheint, da die gängigen Verfahren aus obengenannten Gründen nicht angewendet werden können. Im Fall von Diskriminanzanalysen wurde auf eine Option zurückgegriffen, die das Statistik-Programm SPSS bietet: Kreuzvalidierung mit Fallauslassung (Jackknife). Dabei wird jeder Fall der Analyse aus allen anderen Fällen unter Auslassung dieses Falls klassifiziert. Bestimmung der Effektgrößen Auf die praktische Relevanz signifikanter Befunde wurde in Kapitel 5.4.2 hingewiesen. Auch in der vorliegenden Arbeit wurden die Effektgrößen berechnet, um damit eine bessere Interpretierbarkeit der Ergebnisse zu ermöglichen. In Anlehnung an Cohen (1988) wurde bei kategorialen Daten die Effektgröße w bestimmt, die sich aus der gemäß Nullhypothese in Kategorie i erwarteten Wahrscheinlichkeit, der gemäß Alternativhypothese in Kategorie i erwarteten Wahrscheinlichkeit sowie der Anzahl der Kategorien berechnen läßt. Für die metrischen Daten wurde die Effektgröße f berechnet, die über eta2 bestimmt wird. Poweranalysen Da in der vorliegenden Arbeit teilweise mit kleinen Stichproben gerechnet wird, kann auch bei einem ermittelten Effekt dieser nicht signifikant werden, da aufgrund der geringen Stichprobengröße der Beta-Fehler zu hoch ist. Aus diesem Grund wurde eine Poweranalyse gerechnet, um abzuschätzen, welche Stichprobengröße (bei gewünschtem Alpha von .05 und einer Teststärke von .80) erforderlich wäre, um die Effekte signifikant werden zu lassen. Die Ergebnisse finden sich in Abbildung 6. 84 Kapitel 7 Vorbemerkungen Abb. 6: Poweranalyse - Größe des Stichprobenumfangs in Abhängigkeit von der Größe des Effekts (f) bei gewünschtem Alpha = .05 und gewünschter Power von .80. Effektgröße 0,1 0,13 0,16 0,19 0,22 0,25 0,28 0,31 0,34 0,37 0,4 50 100 150 200 250 300 350 400 450 500 550 600 650 700 750 800 Stichprobenumfang Diese Angaben ermöglichen nun, die im folgenden dargestellten Ergebnisse in ihrer Relevanz besser beurteilen zu können. 85
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