PRAXIS - Weidwerk

PRAXIS
IM JAGDREVIER
Argumentation

& Dialog
Ist die Jagd noch zeitgemäß? Muss man sich
als Jäger für sein Tun entschuldigen? – Wie die
nicht jagende Bevölkerung die Jagd sieht und
was der Jäger für einen Imagewandel tun kann.
2. und letzter Teil: Dialog mit Schülern.
Text & Fotos Fritz Wolf
B
ei meinen Waldausgängen mit
Personen unterschiedlichster
Altersgruppen, Berufsschich­
ten und Freizeitbetätigungen
werden mir oft Fragen über jagdliche
Themen gestellt. Ich spreche bei diesen
Waldbegegnungen mit interessierten
Menschen, soweit dies möglich ist,
über meine eigenen Erfahrungen und
versuche, so authentisch wie möglich
zu bleiben und nicht in Entschuldi­
gungen oder Ausreden auszuweichen.
Es ist schwierig, im Sinne aller Jäger
zu sprechen, da bereits innerhalb
dieser kleinen Gruppe, rund 1,4 % der
österreichischen Gesamtbevölkerung,
die Meinungen zu verschiedensten
Themen im Jagd­
alltag auseinander­
klaffen und deshalb auch das jagdliche
Handwerk unterschiedlich ausgeübt
wird. Neun von­einander abweichende
Landesjagdgesetze, landespolitische und
dazu noch übergeordnete euro­päische
Interessen erschweren diese Bemühun­
gen zusätzlich.
Ein Kollektivinteresse im Sinne
einer nachhaltigen Bejagung von Wild­
tieren ist unter den Jägern durchaus zu
erkennen, doch gibt es in der Frage zur
Höhe von Wildbeständen oder der Not­
wendigkeit der Winterfütterung, aber
auch in der Einstellung zu Trophäen
und der Notwendigkeit von Bewe­
gungsjagden erhebliche Meinungs­
unterschiede. Ein Niederwild­
jäger
„tickt“ anders als ein Hochwild­jäger,
auch zwischen nachbarlichen Waldjägern gibt es bereits
und Feld­
gra­vierend unterschiedliche Ansichten
und Interessen. Jäger bieten durch
mangelnden Zusammenhalt innerhalb
der eigenen Reihen, einer teilweise
fehlenden Authentizität und einem
halbherzigen Umgang mit der nicht
jagenden Be­völkerung ein großes An­
griffspotenzial für Jagdkritiker.
Wenn die Argumente pro Jagd
stimmig sein sollen, dann müssen
Zahlen, Fakten, Gesetze, eigene Er­
fahrungen und Erlebnisse auch der
Wahrheit entsprechen. Selbstverständ­
lich darf dabei auch über persönlich
er- und durchlebte Fehler oder Er­
lebnisse gesprochen werden. Gerade
aus Fehlern lernt man!
Menschen spüren, ob ein vor­
tragender, argumentierender Jäger au­
thentisch und ehrlich „rüberkommt“.
Aus meiner Erfahrung weiß ich, dass
pubertierende Jugendliche als sehr
kritische Zuhörer und Beobachter
gelten. Es ist auch als jenes Stadium
bekannt, in dem gerne heraus­
gefordert, gereizt und provoziert wird.
Auch beginnt in dieser Altersklasse der
Anteil an Vegetariern und Veganern
anzusteigen und somit zumeist auch
jener der Jagd­kritiker bzw. Jagdgegner.
Doch gerade darin liegt die Heraus­
forderung – und wenn die Gruppe das
Revier wieder in Richtung Schule
verlässt und die Schüler sich für
einen schönen und interessanten Tag
im Wald bedanken, dann fühlt man
sich in seiner Arbeit bestätigt.
Kinder im Volksschulalter begeg­
nen ihren Mitmenschen zumeist ohne
Vorurteile und sind unvoreinge­
nommene, achtsame und interessierte
Zuhörer. Erwachsene sind vielfach
beeinflusst und von besonderen Be­
gegnungen mit Jägern geprägt. Im
Gespräch stellt sich oft heraus, dass
eine daraus resultierende negative
Einstellung zur Jagd meist durch ein
Einzel­erlebnis entstanden ist. Durch
Negativ­meldungen in den Medien wird
diese Haltung dann auch noch genährt.
Ein allgemein erkennbarer Frei­
zeitegoismus bringt es mit sich,
dass ein unbedingtes und eindeutiges
Verständnis für das Grundeigentum
wieder­geweckt und vermittelt werden
muss. Verhaltensregeln im Wald
müssen dabei klar angesprochen
werden. Ohne das Einhalten gewisser
Spielregeln kann ein Zusammenleben
verschiedener Interessengruppen nicht
funktionieren. Es ist auch notwendig,
im Sinne der Wildtiere zu erklären und
zu argumentieren. Damit einher­
gehend müssen auch Fragen über jagd­
liche Handlungen, den Tod und das
Töten in der Natur sowie die verant­
wortungsvolle nachhaltige Nutzung
der vorhandenen Ressourcen beant­
wortet werden können. Jeder Jäger
sollte sich daher die Chance auf „Auf­
klärung“ im Sinne einer gesicherten
Jagd in der Zukunft bei jedem sich
bietenden Anlass nicht entgehen
lassen und dementsprechend – seinem
Naturell entgegenkommend – mit­
helfen, der nicht jagenden Gesellschaft
in Österreich ein positives Bild des
Jägers zu vermitteln!
Mit Kindern im Wald
Eine interessierte Gymnasium-Profes­
sorin ruft mich an und fragt, ob sie mit
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SAUER 202
LAUTLOSE
LEGENDE.
ihrer Klasse, einer vierten, zu mir
in den Wald kommen könne. Gerne
vereinbare ich einen Termin für einen
4-stündigen Ausflug ins Jagdrevier.
Etwas träge schlendern die Jugend­
lichen auf der Forststraße zum verein­
barten Treffpunkt, einer Lichtung mit
Hütte und Feuerstelle. Eine negative
Stimmung ist zu spüren: „Ein Wander­
tag im Wald! So ein grün angezogener
Fuzzi mit Lederhose will uns etwas
erzählen. Das kann ja lustig werden!“
Diese Gedanken haben sich in ihren
Gesichtern manifestiert, die zähen und
laxen Bewegungen unterstreichen das.
Beste Voraussetzungen also . . .
Wer Präzision in allen Details sucht, kommt an
der SAUER 202 nicht vorbei. Sie ist die perfekte
Symbiose aus High-Tech und Handwerk.
Beispiel Sicherung: Sie besticht in jedem Detail
ihrer Handhabung durch instinktive Bedienung
bei minimaler Geräuschentwicklung.
Nachdem wir einander vorgestellt
und bereits einige Themen über den
Wald, seine Funktionen und die Wild­
tiere, die darin leben, erörtert haben,
spielen wir das Fangspiel „Fledermaus
und Insekten“. Dieses Spiel bricht so
gut wie immer sämtliche Vorurteile
und lockert auf. Kleinkinder, Jugend­
liche und Erwachsene spielen es gerne
und lassen sich dabei in die Welt des
Waldes entführen. Es bedarf einer
Menge Feingefühl, um Menschen
bewusst in eine andere Welt, die der
Natur, zu entführen und dabei gleich­
zeitig einen Übergang vom Gewohnten
hin zum Ungewissen zu schaffen.
Durch die Bewegung des Körpers,
durch das Laufen, Beobachten, Spre­
chen und Hin­hören werden alle Sinne
Kinder sind von Natur
aus neugierig – diesen
Umstand kann sich der
Jäger mit allerlei Spielen
zunutze machen!
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PRAXIS
IM JAGDREVIER
eingesetzt, und auch Schwingung
und Energie des Waldes werden von
der Gruppe aufgenommen. Damit wird
das Eis zum Schmelzen gebracht, und
die folgenden Spiele, Erzählungen,
Gruppenarbeiten oder Fragerunden
gehen lockerer über die Bühne.
Nachdem ein gegenseitiges Ver­
trauen aufgebaut worden ist, beginne
ich mit den Kindern eine Interview-­
Runde. Dabei dürfen die Jugend­lichen
über den Wald, die Jagd oder die
darin vorkommenden Wildtiere Fragen
stellen. Gewisse Fragen werden immer
wieder gestellt und werden von mir
wie folgt beantwortet:
Wie kann man Jäger werden?
€€
Will jemand Jäger werden, muss er/sie
eine Jagdprüfung ablegen. Dabei muss
der Prüfling sein Wissen über einen
großen Themenbereich auf den Prüf­
stand stellen – dieses reicht zum Bei­
spiel von Wildökologie, Wildkunde,
Jagdwaffen, Munition, Optik bis hin zu
Natur- und auch Tierschutz. Auch
über das Jagdgesetz muss der ange­
hende Jungjäger Bescheid wissen. Beim
praktischen Teil, dem jagdlichen Schie­
ßen, wird großer Wert auf die Handha­
bung und den Umgang mit dem Jagd­
gewehr gelegt.
Warum bist du Jäger geworden?
€€
Ich bin in einer Jägerfamilie auf­
gewachsen und von meinen Eltern und
Großeltern dahingehend geprägt wor­
den, dass die Jagd ein selbstverständ­
licher Teil der Naturnutzung – eigent­
lich der ursprünglichste, nämlich die
Fleischbeschaffung – ist. Das Zusehen
beim Aufbrechen von Schalenwild,
das Abbalgen von Füchsen oder Hasen,
das Fangen, Abschlagen oder Aus­
nehmen von Fischen, das Zerwirken
des Wildfleisches und dessen Zuberei­
tung waren seit frühester Kindheit
eine Selbstverständlichkeit für mich
und zählten in unserer Familie zum
Alltag. Deswegen interessiere ich mich
von Kindesbeinen an für die Jagd und
bin deshalb auch selbst Jäger ge­
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worden. Ich bin der festen Über­
zeugung, dass der Wald und die darin
lebenden Wildtiere untrennbar mit­
einander verbunden und daher auch
immer als Einheit zu sehen sind.
Wie und warum kannst du Tiere
€€
töten?
Zwischen mir und dem zu erlegenden
Tier ist immer eine bestimmte Distanz.
Manchmal, wenn zum Beispiel ein
Auto ein Tier so verletzt hat, dass ich
es mit einem Schuss erlösen muss,
muss ich näher am verletzten Tier
stehen. Tiere, die ich jage, sind in der
Regel weiter als 50 m von mir entfernt
und wissen nicht, dass ich da bin.
Wenn sie von mir Wind bekämen, sie
mich also riechen würden, dann
würden sie gar nicht in meine Nähe
kommen. Diese Distanz ist für mich
persönlich wichtig. Tiere, die von
den Stallungen der Landwirte zu den
Schlachthöfen transportiert werden,
haben eine ganz andere Wahrnehmung
des unmittelbar bevorstehenden Todes.
Der gezielte Schuss aus meinem
Gewehr ermöglicht dabei zumeist eine
für das Tier nicht mehr zu spürende
Erlegung in seiner gewohnten Um­
gebung. Die meisten hören nicht
einmal mehr den Schuss!
Was passiert mit den erlegten Tieren?
€€
Das Fleisch der meisten Tiere wird
vermarktet. Rehe, Hirsche, Gams,
Wildschweine, Hasen, Fasanen, Enten
usw. ver­
fügen über ein äußerst
schmackhaftes Fleisch, das gebraten,
gekocht oder zu Wildspezialitäten
verarbeitet wird. Ich kenne viele Jäger,
die nur noch selbst erlegtes Wildfleisch
essen. Die erlegten Wildtiere haben
sich ihre Nahrung und ihren Lebens­
raum immer selbst aussuchen dürfen.
Erlegst du hauptsächlich alte und
€€
kranke Stücke?
Wer von euch möchte gerne ein altes,
krankes und schwaches Reh essen?
Niemand, kranke Stücke verfüttere ich
nicht einmal meinem Jagdhund!
Ich erlege hauptsächlich junges und
gesundes Wild. Wenn ich als
Jäger nur alte, kranke und schwache
Stücke erlegen würde, dann wäre ich
ein schlechter Jäger, der der Wildbahn
zu wenig Wild entnimmt.
Schießt du auch Bambis?
€€
Nein – ich schieße prinzipiell nicht in
den Fernseher oder in die Kinolein­
wand hinein. Nein, Spaß beiseite! Das
„Bambi“ ist eine Erfindung von Walt
Disney und kommt nur im Film vor.
In der Natur sitzen die Tiere nicht
beisammen, nennen einander nicht
beim Namen und sprechen auch nicht
miteinander. Instinktiv jagen Fleisch­
fresser andere Tiere, um sich selbst
und ihre Nachkommen damit zu ver­
sorgen. Aber um auf die Frage zurück­
zukommen, ob Jäger – und so glaube
ich, ist die Frage gemeint – auch junge
Stücke erlegen: selbstverständlich, ein
klares Ja! Durch das weitgehende Feh­
len großer Raubtiere, wie Bär, Wolf und
Ob Sommer oder Winter –
die Kinder haben bei
den Waldausgängen
sichtlich viel Spaß!
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Von einem Hochsitz aus kann
man Wildtiere viel besser
beobachten – davon überzeugen
sich die Kinder gerne selbst!
Luchs, müssen Jäger regulierend in
die Wildtierbestände eingreifen. Auch
in der Natur werden Tiere in dieser
Altersgruppe am meisten genutzt, weil
diese Stücke unerfahren, langsam und
dadurch am leichtesten zu fangen sind.
Will der Mensch als Jäger naturnah
agieren, muss auch er am meisten in
die Jugendklasse eingreifen. Dabei wird
sehr wohl darauf geachtet, dass die
jungen Stücke ein gewisses Alter und
Gewicht erreicht haben, um sie auch
entsprechend nutzen zu können. Nicht
zuletzt sind diese Stücke zart und
wohlschmeckend – ideal für die Küche!
Hast du auch schon ein Murmeltier
€€
erlegt – und warum muss man diese
Nagetiere schießen?
Ja, im letzten Spätherbst habe ich ein
Murmeltier erlegt. Unmittelbar danach
wurde das Murmeltier ausgeweidet und
das wertvolle Fett entnommen. Es
beinhaltet natürliches Kortison – und
man kann Salben daraus erzeugen. Die
Haut des Murmeltieres (Schwartl) habe
ich gerben lassen. Das Fleisch wurde
gebraten und mit Rotkraut und Polenta
serviert. Als Vorspeise gab es Murmel­
tierleber auf Blattsalat. Das Fleisch
schmeckte ähnlich wie das eines
Feldhasen. Auch den Schädelknochen
habe ich ausgekocht und zeige ihn bei
waldpädagogischen Ausgängen gerne
den verschiedensten Schulklassen.
Somit wurden sämtliche Teile des
Murmeltieres verwertet. Wer Murmel­
tiere jagt, sollte vor allem einzeln
lebende Tiere erlegen. Durch den
langen Winterschlaf und die Tat­sache,
dass sich ein einzelnes Murmeltier
im Bau schlecht erwärmt und den
Winter kaum übersteht, kann man
Einzel­gänger ohne schlechtes Gewissen
erlegen und darf nebenbei auch noch
das Fett des Tieres usw. nutzen.
Was passiert mit erlegten Dachsen
€€
oder Füchsen?
Ich versuche die meisten erlegten Tiere
ebenfalls sinnvoll zu nutzen. Den Balg
des Winterfuchses kann man gerben
und zu einem wertvollen Pelz ver­
arbeiten lassen. Ich besitze bereits seit
einigen Jahren eine Fuchshaube, die
ich im Winter, vor allem bei eisigem
Wind gerne aufsetze. Das Fleisch des
Fuchses ist für den menschlichen
Verzehr zwar ungeeignet, sein Fett
kann man aber ebenfalls zu einer Salbe
verarbeiten. Auch der Dachs lässt sich
gut verarbeiten. Sein Fett beinhaltet
ähnliche Inhaltsstoffe wie das des
Murmeltieres und eignet sich für die
äußerliche Behandlung rheumatischer
Erkrankungen. Ich möchte demnächst
selbst eine Salbe aus Dachsschmalz
herstellen. Früher wurde das Dachs­
schmalz bei Ver­brennungen, Wunden,
Narben, Hautproblemen, Muskelver­
spannungen, Verstauch­ungen, Rheuma
und Gicht verwendet. Das Dachsfleisch
ist sogar genießbar und lässt sich zum
Beispiel zu Schinken ver­arbeiten. Die
unbeschädigte Dachsschwarte wird von
Trommelbauern geschätzt, auch wird
sie in der Orthopädie für Schuh­ein­
lagen verwendet. Die Rasierpinsel un­
serer Großväter bestanden ebenfalls
aus Dachshaar . . .
Warum braucht man einen Hochsitz?
€€
Hochsitze werden zur Beobachtung
und zur Erlegung von Wildtieren
errichtet. Vorteil ist, dass der Jäger von
einem Hochsitz aus einen gezielten
Schuss abgeben kann. Die Höhe des
Hochsitzes bewirkt unter anderem,
dass das Wild den Jäger nicht riechen
(winden) oder sehen (äugen) kann.
Außerdem muss der Jäger, wenn er
einen Schuss abgibt, auf einen
Kugelfang achten, der das abgefeuerte
Projektil nach dem Durchdringen
des Wild­körpers gefahrlos aufnimmt.
In der Regel ist gewachsener Boden
der beste Kugelfang.
Wie verhält man sich, wenn man
€€
einen Fuchs oder ein Wildschwein
im Wald antrifft?
Das passiert sehr selten, und in erster
Linie sollte man sich darüber freuen,
dass man diese Wildtiere zu Gesicht
bekommt. In den seltensten Fällen
besteht dabei eine Gefahr für den
Menschen. Ich empfehle, sich einfach
ruhig zu verhalten, still stehen zu
bleiben und zu beobachten. Zumeist
ziehen die Tiere schnell wieder weiter.
Hast du auch Geweihe an der Wand
€€
hängen?
Mit Geweihen, Zähnen, Hörnern oder
Haaren von Tieren verbindet der Jäger
seit jeher die Überlistung des jeweili­
gen Wildtieres oder die Erinnerung
an das Jagd­
erlebnis. Zu Beginn der
Menschheitsgeschichte wurden Ge­
weihe oder Zähne als Werkzeuge
und die Felle als Kleidungsstücke
verwendet. Selbstverständlich habe
ich einige dieser Andenken zu Hause
aufgehängt. Die meisten Stücke, die ich
erlege, sind aber weiblich und verfügen
über kein Geweih oder Gehörn – und
dennoch ist auch deren Erlegung mit
einem Erlebnis verbunden und bleibt
in Erinnerung. Das bedeutet also, dass
mehr als zwei Drittel der von mir er­
legten Tiere keine Trophäen haben.
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PRAXIS
IM JAGDREVIER
Bist du ein Schießer?
€€
Wie lange glaubt ihr, dauert ein
Schuss? Ja, nur den Bruchteil einer
Sekunde! Wenn also ein Berufsjäger
hundert Stück Schalenwild im Jahr
erlegen muss, dann braucht er für die
Zeit der Erlegung bzw. des Schusses
nur ein paar Sekunden. Im Vergleich
zu 365 Tagen eines Jahres ist das relativ
wenig. – Da frage ich euch: Was tun
Jäger vor und nach dem Schuss? Es
ist eine Menge Zeit, die Jäger mit
Beobachten und Arbeiten in der Natur
verbringen. Um meine Schussleistung
zu perfektionieren, muss ich immer
wieder trainieren. Zu guter Letzt bin
ich als Jäger stolz darauf, mein eigenes
Wildbret aus der Natur gewinnen zu
dürfen. Ich weiß, wo es herkommt,
dass es nie mit Medikamenten in Be­
rührung gekommen ist, sein Futter
und seinen Lebensraum frei hat wählen
können. Letzten Endes weiß ich auch,
wie es gestorben, geliefert, der Kühl­
kette zugeführt und zu wertvollem
Wildbret verarbeitet worden ist. Ich
erinnere mich gerne beim Essen dieses
kostbaren Lebensmittels an die Er­
legung und bedanke mich dafür.
Hast du auch einen Hund?
€€
Ja, ich habe einen Jagdhund – einen
Deutsch Kurzhaar namens Anka.
Ich werde euch dann einige Abrichte­
übungen zeigen. Mein Hund ist mein
täglicher Begleiter und ist den ganzen
Tag bei mir.
Warum schießen Jäger Katzen
€€
und Hunde?
Gäbe es keine wildernden Hunde oder
streunenden Katzen in den Revieren,
wären alle Jäger froh. Viele Hunde­
halter haben zu wenig Zeit für ihre
Haustiere und geben ihnen zu wenig
Auslauf oder bringen den Tieren zu
wenig Gehorsam bei. Manche Hunde­
halter sind auch überfordert, gehen
mit dem Vierbeiner im Wald spazieren
und lassen den Hund dort frei laufen.
Wenn dann ein Wildtier vor dem Hund
flüchtet, löst das im Hund den natür­
lichen Beutetrieb aus, und er versucht,
das Tier zu fangen und zu töten. Das
gelingt ihm bei einer gewissen Körper­
größe vor allem in jener Zeit, in der die
Rehgeißen hoch beschlagen, also hoch
schwanger sind. Nicht selten kommt
es dabei zum Tod des Tieres. Zwei wil­
dernde Hunde können zu einer regel­
rechten Geißel für die vorkommenden
Wildtiere eines Reviers werden, wenn
diese in der Taktik der Jagd aufeinan­
der eingespielt sind und sich die Beute
gegenseitig zutreiben. Der Hund hat
keine Schuld an diesem Verhalten – das
entspricht seinem natür­lichen Trieb –,
hier liegt die Verantwortung eindeutig
beim Hundehalter, der darauf achten
muss, dass frei lebende Wildtiere von
Hunden nicht gehetzt werden dürfen!
In den meisten Fällen versucht der
Jäger mit dem Hundebesitzer ein Ge­
spräch zu führen, und manchmal ist
auch eine Anzeige notwendig. Helfen
all die Maßnahmen nicht und wird
der Hund nachweislich zum wieder­
holten Mal beim Wildern beobachtet,
ist der Jagdaufseher verpflichtet, den
wildernden Hund zu töten.
Wenn sich doch in der Natur alles von
€€
selbst reguliert – warum brauchen
wir dann noch Jäger?
Es ist leider ein großer Trugschluss,
dass sich in einer von Menschenhand
geschaffenen Kulturlandschaft alles
von selbst reguliert. Dies funktioniert
nur dort, wo es unberührte, vom Men­
schen unbeeinflusste Lebensräume für
Wildtiere gibt – und sonst nirgendwo.
Wenn sich in der Natur wieder alles
von selbst regulieren soll, müsste man
den Menschen vom Planeten tilgen!
Nehmen wir an, es gäbe ab heute
keine Jäger mehr. Verzichten dann
auch die anderen Naturnutzer auf eine
Nutzung der Natur – zum Wohl
der vorkommenden Wildtiere und der
Natur selbst? Gibt es dann auch keine
Schwammerlsucher,
Spaziergänger,
Mountainbiker, Wanderer, Kletterer,
Para­
gleiter, Fischer usw. mehr? Wer
Hält man den Hund beim Spaziergang
durch den Wald an der Leine, läuft
man nicht Gefahr, dass er einem
Stück Wild nachhetzt!
steht dann für die auftretenden Wild­
schäden – zum Beispiel in Maisfeldern
oder im Wald – gerade? Bisher haben
das die Jäger getan! Werden weiterhin
Straßen gebaut und fahren dort auch
weiterhin (noch mehr) Autos? Sterben
dann mehr Wildtiere auf der Straße?
Gibt es dann mehr Tote bei den
unglückten
Wildtieren oder den ver­
Menschen? Wer sucht dann die im
Straßenverkehr verletzten Tiere? Die
Feuerwehr, die Rettung, die Polizei
oder Tierschutzorganisationen? Bisher
haben das die Jäger zu jeder Tages- und
Nachtzeit getan! Was glaubt ihr, wie
viele Rehe in Österreich jährlich auf
Österreichs Straßen durch Autos getötet
werden? Knapp 40.000 Stück, wobei
die Dunkelziffer noch weitaus höher
liegt! Dazu kommen noch Frösche, Krö­
ten, Singvögel, Igel, Hasen, Füchse . . .
Wer tötet dann die meisten Wild­
tiere? Ja, der Winter! Viele Tiere
würden verhungern, weil sie nicht
mehr gefüttert werden. Und Fuchs,
Bär, Wolf, Luchs, Uhu, Adler & Co.
würden in die Bestände eingreifen. Ja,
richtig – es würde auch zahlreiche Wild­
krankheiten geben, denn Krankheiten
und Seuchen haben in überhöhten Po­
pulationen schon seit jeher regulierend
eingegriffen. Kann es sein, dass dann
Seuchen und Krankheiten auch auf
Menschen und Haustiere übertragen
werden? Ja! Kann man die erkrankten
Tiere essen? Nein! Was ist sinnvoller?
Wenn es weiterhin Jäger gibt oder
wenn man auf die Jagd verzichtet?
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