SÜDWESTRUNDFUNK Anstalt des öffentlichen Rechts Radio Fernsehen Internet PRESSE Information Liebe Kolleginnen und Kollegen, nachfolgend bieten wir Ihnen eine Meldung an. Dr. Anton Hofreiter, MdB, Fraktionsvorsitzender von Bündnis90/die Grünen im Bundestag gab heute, 28.04.16, dem Südwestrundfunk ein Interview zum Thema: „VW-Jahrespressekonferenz - Abgasaffäre.“ Das „SWR2 Tagesgespräch“ führte Florian Rudolph. Mit freundlichen Grüßen Zentrale Information Chefredaktion Hörfunk Zentrale Information SWR Tagesgespräch Postadresse 76522 Baden-Baden Hausadresse Hans-Bredow-Straße 76530 Baden-Baden Telefon Telefax 07221/929-23981 07221/929-22050 Internet www.swr2.de Datum: 28.04.2016 "Erwarte klares Signal in der VW-Abgasaffäre" Baden-Baden: Grünen-Fraktionschef Hofreiter erwartet von der VW-Spitze heute auf der Jahres-PK in Wolfsburg ein klares Signal in der Abgas-Affäre. Im SWR-Tagesgespräch sagte Hofreiter, er habe nicht den Eindruck, dass Schluss sei mit Gemauschel und Vertuschen. Geprellte Diesel-Kunden in Europa müssten gleich entschädigt werden wie die in den USA. Außerdem müsse der Konzern aufhören, auf den Verbrennungsmotor zu setzen. Am Vormittag informieren Grüne und Linke über den gemeinsamen Untersuchungsausschuss zu VW-Abgasaffäre. Zum Vorgehen sagte Hofreiter im SWR-Tagesgespräch, im Mittepunkt stehe nicht allein der aktuelle Verkehrsminister Dobrindt. Seit 2007 gäbe es die klaren Abgasrichtlinien der EU. Deshalb werde es auch um frühere Verkehrsminister gehen. Das Kraftfahrtbundesamt müsse erklären, warum es das gesamte testen aufgegeben habe. Hofreiter sieht auch Fragen an das Umweltbundesamt. Hier habe man gewusst, dass die Schadstoffbelastung in den Städten nicht sinkt. Hofreiter hofft, dass der Untersuchungsausschuss so schnell wie möglich starten kann. Er hoffe, dass die Große Koalition den Untersuchungsausschuss nicht verzögere. Wortlaut des Live-Gesprächs: Rudolph: In ein paar Stunden, um 10 Uhr, muss die VW-Spitze also vor die FinanzAnalysten und Medienvertreter treten. Welchen Rat geben sie Konzernchef Müller und Co für diesen doch sicherlich für die schweren Gang aufs Podium? Hofreiter: Ich würde ihnen den Rat geben klar zu signalisieren, dass sie jetzt wirklich verstanden haben. Ich habe nicht den Eindruck, dass sie diesen Rat befolgen wollen und zwar verstanden in vielerlei Hinsicht. Erstens verstanden dahin, dass sie jetzt endlich aufhören müssen mit dem Gemauschel und dass sie aufhören müssen mit dem Vertuschen, dass sie aufhören müssen mit der unterschiedlichen Behandlung der Verbraucher. Davon sind sie ganz weit weg. Da in den USA die Behörden beim Abgasskandal viel schärfer sind als unsere luschigen Behörden, als unser luschiger Verkehrsminister bekommen da die Verbraucher entsprechende Entschädigung. Da wird ganz anders agiert, da werden auch Fahrzeuge zurückgezogen. Bei uns bekommen die Verbraucher gar nichts. Der nächste Rat wäre, dass sie Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) aufhören sollen, auf die Optimierung des Verbrennungsmotors zu setzen, sondern endlich einsteigen in die Sprunginnovationen. Wenn sie so weiter machen, dann geht es ihnen wie Eon und RWE, die auch immer gesagt haben, wir haben doch ein tolles Produkt, wir haben tolle Atomkraftwerke, tolle Kohlekraftwerke, die machen wir immer noch ein bisschen besser und haben gar nicht gemerkt, wie um sie herum neue Industrien entstanden sind. Die moderne Windkraftanlagen gebaut haben, die Photovoltaik gebaut haben und so weiter, und so fort. Rudolph: Gerade in der Zeit wo die Branche ja angesichts E-Mobilität und Digitalisierungen im Umbruch steht, also Rekordverlust und Millardenstrafen. Wie groß ist ihre Sorge um die Jobs? Hofreiter: Meine Sorgen um die Jobs sind sehr, sehr groß. Deswegen ist ja dieser Rat ganz entscheidend, dass sie jetzt erkennen, dass sie entsprechend auf Sprunginnovationen setzen. Das problematische war, dass im Kern unsere Bundesregierung eine Mitschuld daran trägt. Die haben immer geglaubt, dass man die Arbeitsplätze am besten schützen kann, wenn man eben nicht auf Innovation setzt. Wenn man die Unternehmen beschützt. Wenn man sie vor strengeren Abgasgrenzwerten beschützt. Wenn man sie vor Klimaschutz beschützt und so dachten die Unternehmen, dass sie, insbesondere auch das größte Unternehmen, unangreifbar sind und letztendlich im Zweifelsfalle ihre Probleme immer mit Hilfe der Bundesregierung aus der Welt schaffen können. In Europa war das auch immer der Fall. Da haben sie mit Hilfe der Bundeskanzlerin die Co2-Grenzwerte ausgeräumt, ohne dabei zu erkennen, dass sie mittelfristig damit ihren eigenen Bestand und damit die Arbeitsplätze massiv gefährden. Rudolph: Immerhin müssten ihnen doch gefallen, dass die Bundesregierung jetzt im Zuge der Affäre den Verkauf von Elektroautos mit milliardenschweren Hilfen anschiebt. Wird sie damit Erfolg haben? Hofreiter: Ich glaube, dass das Programm, so wie es gestrickt ist, aus unterschiedlicher Hinsicht problematisch ist. Wir halten Kaufprämien für richtig, aber ich glaube es ist problematisch erstens, weil das Programm relativ kurzlebig ist. Es gibt Geld für einige zehntausend Elektrofahrzeuge. Dann ist das Geld wieder weg. Das heißt, es kann sein, dass einfach nur ein Strohfeuer entfacht wird und nicht wirklich nachhaltig auf größere, auf Massenproduktion für emissionsarme Autos umgestellt wird. Zweitens, es wird als ungerecht empfunden, weil es nämlich, das Geld das vom Bund kommt, aus einem allgemeinen Steuertopf genommen wird. Unser Vorschlag wäre gewesen, man nimmt das Geld aus einem Aufschlag für die KFZ-Steuer für diejenigen Fahrern, die besonders teure Spritschlucker kaufen, also die großen SUV, so was wie Q7, so was wie Porsche Cayenne. Drittens wird es auch deshalb problematisch werden, weil Elektromobilität, weil moderne Mobilität, im Kern im Verbund funktioniert. In großen Städten, in der jüngeren Generation, nimmt Carsharing ganz stark zu und dass heißt, man muss das Elektroauto einbinden in eine Verkehrswende, in eine moderne Mobilität, wo ÖPNV, wo Eisenbahnen eine Rolle spielt. Wo Carsharing eine ganz große Rolle spielt und da sehe ich überhaupt keinen strategischen Ansatz von Seiten der Bundesregierung, sondern so ein kurzfristiges Programm, das einfach mal reingeworfen wird. Wo man hofft, dass es dann am Ende alle Probleme löst. Aber ich glaube davon sind wir ganz weit entfernt. Rudolph: Gehen wir zurück zur Abgasaffäre. Sie haben gemeinsam mit der Linken einen Untersuchungsausschuss initiiert, über den sie heute auch informieren wollen. Sagen Sie uns, wie wollen sie da vorgehen? Hofreiter: Hauptziel des Untersuchungsausschuss ist aufzuklären, was war zwischen Behörden und Unternehmen. Was wussten die Behörden entsprechend, warum haben sie, wenn sie was wussten nicht reagiert? Wie konnte es sein, dass da letztendlich auf Glaube und Vertrauen agiert worden ist? Wie konnte es sein, dass letztendlich überhaupt keine eigenen Tests mehr durchgeführt worden sind. Sie müssten sich vorstellen, man hat sich komplett verlassen auf die Angaben der Unternehmen. Wie konnte es sein, dass so Vorschriften, wie eben die Abgasrichtlinien der Europäischen Union von 2007 so völlig anders interpretiert werden, als sie wörtlich gemeint sind. Also aufklären, was war eigentlich da los in der Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) Bundesregierung, was wusste die, was wussten die Behörden und warum haben sie so agiert wie sie agieren. Rudolph: Zielen sie da allein auf den Verkehrsminister oder gehen sie noch viel tiefer? Hofreiter: Wir wollen nicht alleine auf den jetzigen Verkehrsminister zielen, sondern wir wollen im Kern auf die ganze Problematik ab 2007 zielen. Nämlich seit 2007 gibt es die klaren Abgasrichtlinien von Seiten der EU-Kommission oder der Europäischen Union. Da geht es um den Verkehrsminister, da geht es um vergangene Verkehrsminister, da geht es um das Kraftfahrtbundesamt, das nach und nach das gesamte Testen aufgegeben hat. Da stellen sich auch Fragen ans Umweltbundesamt, das ja wusste, dass die Schadstoffe in unseren Städten nicht runtergehen und man sich immer gefragt hat, woran liegt das eigentlich. Wir haben Umweltzonen, wir haben grünen Plaketten, wir haben immer schärfere Grenzwerte. Offiziell werden die Fahrzeuge immer sauberer, aber die Werte in den Städten werden nicht besser. Die Gesundheitsbelastung für die Menschen steigt sogar eher. Da richten sich auch Fragen in die Richtung. Rudolph: Ganz kurz letzte Frage, wann soll das losgehen? Zeitplan? Hofreiter: Zeitplan unserer Meinung nach so schnell wie möglich. Wir können da nur an die große Koalition appellieren, dies nicht zu verzögern. Denn ich glaube die Gesundheit der Menschen, die Verbraucher und auch die Arbeitsplätze in Deutschland in der Autoindustrie, all diese Bereiche haben ein großes Interesse daran, dass wir diese Affäre möglichst schnell aufklären. - Ende Wortlaut - Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)
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