PRESSEMITTEILUNG Die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention tagte in Köln: „Präventionsgesetz – erst auf dem halben Weg zum Ziel“ Erstmals fand ein sportmedizinischer Kongress der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP) auf der Internationalen Leitmesse für Fitness, Wellness & Gesundheit (FIBO 2016) am 8. April 2016 in Köln statt. Am 18.06.2015 wurde das „Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und Prävention“ (Präventionsgesetz) verabschiedet. Es trat in 2 Stufen in Kraft. Im Juli 2015 gab es inhaltliche und strukturelle Änderungen, im Januar 2016 wurde in der zweiten Stufe die finanzielle Ausstattung geändert. Primäre Zielsetzungen sind die Verhinderung und Verminderung von Krankheitsrisiken, sowie die Förderung des selbstbestimmten gesundheitsorientierten Handelns. Die Intension ist eine strukturelle Verkopplung des Patienten mit dem Medizinsystem und einem qualitätsgeprüften sportlichen Angebot. Der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP) kommt als zentrale wissenschaftliche Institution Deutschlands auf den Gebieten der Sportmedizin, sowie der Gesundheitsförderung durch körperliche Aktivität eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung präventivmedizinischer und therapeutischer Maßnahmen im Rahmen diese Gesetzes zu. Prof. Christine Graf, Vizepräsidentin der DGSP von der Sporthochschule Köln, betonte die zentrale Rolle des behandelnden Arztes im Rahmen der Präventionsberatung. Mit der Erstellung der ärztlichen Präventionsempfehlung leitet dieser die therapeutischen Schritte maßgeblich ein. Grundsätzliches Ziel des ärztlichen Handelns ist es hiermit, Menschen zu einem gesunden Lebensstil mit ausreichend sportlicher Aktivität zu motivieren, ihnen also zum Erhalt der Gesundheit zu verhelfen. Auf diese Weise kann eine ganze Reihe von verschiedenen Erkrankungen durch die Verbesserung der motorischen, körperlichen und kognitiven Leistungsfähigkeit positiv beeinflusst und zusätzlich die soziale Kompetenz gesteigert werden. Die Steuerung der therapeutischen Ziele des individuellen Patienten erfolgt nach dem sogenannten „FITT-Prinzip“. Hierbei werden die Leistungsintensität, die Aktivitätsfrequenz, der Zeitrahmen und die Sportart definiert. Der Arzt spricht die Empfehlung aus und der Patient kann sich dann den von seiner Krankenkasse angebotenen Präventionsprogrammen anschließen. Die Leistung des Arztes ist im normalen Arzt-Budget inkludiert, die Präventionsprogramme selbst werden von den Krankenkassen vergütet. PRESSEMITTEILUNG Laut Dr. Mischa Kläber, Ressortleiter Präventionspolitik/ Gesundheitsmanagement des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), sind die Sportvereine und verbände die Präventionsanbieter Nummer 1. Dieser gemeinnützige Sport ist der „Anwalt für Bewegung“, struktureller Netzwerkpartner und bewegungsspezifischer Leistungserbringer zugleich! Er forderte, dass die Leistungen der Vereine mit den oftmals ehrenamtlichen Mitarbeitern vor Ort gesundheitspolitisch ernst genommen und strukturell verankert werden. Das neue Präventionsgesetz: Sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung – aber: „Wir sind erst auf dem halben Weg zum Ziel“ … und wie steht es um die praktische Umsetzbarkeit? Das Präventionsgesetz setzt auf eine eigenmächtige Aufklärung und Verhaltensprävention nach dem Prinzip der Eigenverantwortung. Dies ist jedoch wenig zielführend, so Prof. Dr. Manfred Müller von der Deutschen Allianz für nicht-übertragbare Krankheiten (DANK) Er warnt vor einer sogenannten „Projektitis“ und fordert einen gesamtgesellschaftlichen und politischen Ansatz. Die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung ist die Zusammenarbeit der „key player“, also der Krankenkassen, der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und der beteiligten Ärzte. Notwendig ist außerdem, laut Prof. Müller, eine „erweiterte Sicht von Gesundheit“. Die vorgesehenen Strategien, so kritisierte er, seien nicht an die „Ursachen der Ursachen“ adressiert. Die soziale Ungleichheit der Gesellschaft in Hinblick auf die Gesundheit, die Lebenserwartung und die Gesundheitschancen würden nicht ausreichend angesprochen und somit auch nicht wirklich bekämpft. Mögliche weitere Fortschritte, wie die Einführung einer Fett- und Zuckersteuer, seien politisch in die weitere Zukunft verschoben worden. Er gibt zu bedenken, dass die vernünftige Gesundheitsversorgung zukünftig nur dann gewährleistet werden kann, wenn die Risikofaktoren wie mangelnde Bewegung, ungesunde Ernährung, Rauchen und hoher Alkoholkonsum gesenkt würden. Als prägnantes Beispiel nannte Müller: „Die Behandlung eines Patienten mit Lungenkrebs ist selbstverständlich, am Wert der primären Prävention aber haben wir Zweifel“. Probleme bei der praktischen Umsetzung Den Ärzten fehlt häufig die notwendige Fachkompetenz und Expertise auf dem Feld der Prävention. Sie sind oftmals auf dem Gebiet der Sportmedizin nicht ausreichend weitergebildet, so Prof. Dr. H. Löllgen, ehemaliger Präsident der DGSP und Vorsitzender der Kommission für PRESSEMITTEILUNG Wissenschaft und Lehre der EFSMA. Sportmedizin und Prävention zählt nicht zur Pflichtausbildung und der Themenkomplex „Körperliche Aktivität“ stellt bisher noch keinen Bestandteil der Facharztausbildungen dar. Prof. Dr. J. Steinacker, Leiter der Abteilung Sport- und Leistungsmedizin, Universität Ulm, stellte die europaweite Initiative „Exercise is Medicine“ vor, deren Vorstandsvorsitzender er ist. Ziel ist es auch hier, das Gesundheitswesen durch Sport und Bewegung zu fördern. Teils gibt es bei der Anamneseerhebung in der täglichen Praxis schon Defizite. Die Frage nach der körperlichen Aktivität sollte eigentlich Pflicht sein, ist jedoch nach wie vor nicht selbstverständlich. Im Rahmen eines Präventionsgespräches sollte die Motivation des Patienten erfragt und eine individualisierte Trainingsberatung stattfinden. Weitere Forderungen für die tägliche Praxis sind: Es muss ein zeitlicher Rahmen für eine individualisierte sportmedizinische Beratung mit Berücksichtigung der Bedürfnisse der jeweiligen Zielgruppe geschaffen werden. Es reicht nicht aus, dem Patient einige Broschüren mit Empfehlungen auszuhändigen. Vielmehr muss die Arzt-Patienten-Kommunikation in diesem Bereich verbessert werden und eine individuelle Beratung erfolgen. Nur eine Überwachung der kontinuierlichen Umsetzung der notwendigen Maßnahmen im Sinne eines „Monitorings“ kann den Langzeiterfolg sichern. Der Stellenwert der „Bewegung“ bei der Prävention von Krankheiten ist sehr hoch. Die Empfehlung lautet: 150 Minuten Ausdauersport pro Woche, alternativ 75 Minuten intensives Training. Der klinische Nutzen der körperlichen Aktivität ist enorm. Prof. Dr. W. Bloch, Vizepräsident der DGSP und Leiter Sportmedizin, der Sporthochschule Köln, betonte: „Lebenszeit und Gesundheit können epigenetisch verändert werden“. Körperlicher Aktivität kommt bei der für die Gesundheit und langfristige Prävention von chronischen Erkrankungen relevanten Steuerung unserer Gene eine zentrale Bedeutung zu. Dies sei gleichzeitig Chance und Risiko für die Gesundheit und Leistungsfähigkeit. Prof. Dr. F. Mayer, Universität Potsdam und Prof. Dr. A. Nieß, Universität Tübingen, beide ebenfalls der DGSP zugehörig, gingen ausführlich auf präventive Maßnahmen bei einer Vielzahl von Erkrankungen ein. Zu den Evidenz basierten Indikationen für Bewegungstherapie zählen hiernach chronische Krankheiten, wie Demenz, COPD, Schlaganfall, und die koronare Herzkrankheit, sowie die Prävention von Rückenschmerzen. Körperliche Aktivität zeigt auch ein großes Potential bei der Prävention metabolischer Erkrankungen und trägt zur Reduktion des allgemeinen Sterblichkeitsrisikos bei. Bewegung wirkt wie ein Medikament und ist bei nahezu allen Krankheiten wirksam! PRESSEMITTEILUNG Frankfurt, den 25. April 2016 Experten zu diesem Thema vermittelt: DGSP-Pressesprecherin Dr. Annette Heller Mobil: 0173 – 65 22 321 E-Mail: [email protected] DGSP im Kurzportrait: Die 1912 gegründete Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP) ist die zentrale ärztliche Institution auf den Gebieten der Sportmedizin sowie der Gesundheitsförderung und Prävention durch körperliche Aktivität. Neben der Förderung von sportund präventivmedizinischer Forschung, Lehre sowie Fort- und Weiterbildung setzt die DGSP viele Projekte zur Erhöhung der Gesundheitskompetenz in der Bevölkerung um. Sie ist die Vereinigung der 17 Landesverbände für Sportmedizin und mit ihren 8000 Mitgliedern eine der größten wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften in Deutschland. 2012 feierte die deutsche Sportmedizin ihr einhundertjähriges Bestehen. Dem Präsidium gehören an: als Präsident Professor Dr. Klaus-Michael Braumann (Hamburg), als Vizepräsidenten Dr. Ingo Tusk (Frankfurt am Main), Dr. Thomas Schramm (Köln), Professor Dr. Bernd Wolfarth (Berlin), Professor Dr. Wilhelm Bloch (Köln) und Professor Dr. Christine Graf (Köln). Generalsekretär ist Professor Dr. Rüdiger Reer (Hamburg). Ehrenpräsidenten sind Professor Dr. Dr. Wildor Hollmann (Köln) und Professor Dr. Herbert Löllgen (Remscheid). Presse-Information im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention: Dr. Annette Heller, Rheinlandstraße 76, 60529 Frankfurt/M. Tel. 0173/6522321, E-Mail: [email protected] www.dgsp.de
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