1. Quartal 2016 Newsletter für die Aktiengesellschaft Wichtige Neuigkeiten für Aktiengesellschaften HIGHLIGHTS BGH zur Anwendung eines neuen Bewertungsstandards auf vergangene Bewertungsstichtage und zur Beschwerdebefugnis des gemeinsamen Vertreters im Spruchverfahren (Deutsche Bahn/Stinnes) Der BGH hat entschieden, dass zur Überprüfung der Unternehmensbewertung im Spruchverfahren auch fachliche Berechnungsweisen zugrunde gelegt werden können, die erst nach der Strukturmaßnahme, die den Anlass zur Unternehmensbewertung gegeben hat, entwickelt wurden. Der Anwendung einer veränderten Berechnungsweise zur Unternehmensbewertung stehe weder der Gedanke der Rechtssicherheit und der Vertrauensschutz entgegen noch verletze sie das Stichtagsprinzip. Im Übrigen sei der gemeinsame Vertreter ehemaliger Minderheitsaktionäre im Spruchverfahren grundsätzlich nicht beschwerdebefugt. BGH zur Verpfändung von verbrieften Inhaberaktien und deren Verwertung durch den Insolvenzverwalter bei Übertragung der Mitgliedschaftsrechte an einen Treuhänder (Mobilcom) Der BGH hat entschieden, dass Inhaberaktien, die in einer bei einer Wertpapiersammelbank verwahrten Sammelurkunde verbrieft sind, nach den Vorschriften über das Pfandrecht an beweglichen Sachen verpfändet werden, und zwar auch dann, wenn es sich um eine Dauerglobalurkunde handelt. Die verbrieften Mitgliedschaftsrechte verblieben indes beim Aktionär. Die Verwertung durch den Insolvenzverwalter von an einen Dritten verpfändeten Inhaberaktien kommt nach dem BGH jedoch dann nicht in Betracht, wenn die Mitgliedschaftsrechte an einen Treuhänder übertragen wurden. BGH zur Herabsetzung von Vorstandsbezügen gemäß § 87 Abs. 2 AktG Der BGH hat sich mit der Herabsetzung der Bezüge von amtierenden und ehemaligen Vorstandsmitgliedern nach § 87 Abs. 2 AktG befasst und die Voraussetzungen, Durchführung und Angemessenheit einer solchen Herabsetzung konkretisiert. Eine die Herabsetzung rechtfertigende Verschlechterung der Lage der Gesellschaft sei laut BGH jedenfalls dann anzunehmen, wenn die Gesellschaft insolvenzreif wird. Die Weiterzahlung der Bezüge sei unbillig, wenn der Vorstand pflichtwidrig gehandelt habe bzw. ihm zwar kein pflichtwidriges Verhalten vorzuwerfen sei, die Verschlechterung der Lage der Gesellschaft jedoch in die Zeit seiner Vorstandsverantwortung falle und ihm zurechenbar sei. Updates: 1. Finanzmarktnovellierungsgesetz und Aktionärsrechte-Richtlinie Am 6. Januar 2016 hat das Bundeskabinett den Regierungsentwurf eines ersten Gesetzes zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften auf Grund europäischer Rechtsakte (BT-Drs. 18/7482) beschlossen. Das Gesetz wird voraussichtlich noch in der ersten Hälfte 2016 verabschiedet. Der am 9. April 2014 vorgelegte Entwurf des EU-Parlaments zur Änderung der sog. Aktionärsrechte-Richtlinie (Richtlinie 2007/36/EG) (COM (2014) 213 final) ist noch immer nicht verabschiedet worden. Mit dem Inkrafttreten eines deutschen www.allenovery.de 1 Umsetzungsgesetzes zur geänderten Aktionärsrechte-Richtlinie ist nicht vor Mitte 2017 zu rechnen. Persönliche Anforderungen an Aufsichtsratsmitglieder ändern sich Am 17. März 2016 hat der Bundestag den Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Abschlussprüfungsreformgesetz (AReG) angenommen. Auf das Merkmal der Unabhängigkeit in § 100 Abs. 5 AktG wird künftig verzichtet. Die Mitglieder des Aufsichtsrats müssen jedoch in ihrer Gesamtheit mit dem Sektor, in dem die Gesellschaft tätig ist, vertraut sein. Die neuen Anforderungen gelten auch für die Mitglieder des Prüfungsausschusses. Die neuen Regelungen müssen zwingend erst für Aufsichtsratsmitglieder angewendet werden, die nach dem 17. Juni 2016 bestellt werden. Zudem bringt das AReG Änderungen für die Pflichtrotation des Abschlussprüfers mit sich. Allen & Overy-Studie zur Vorstands- und Aufsichtsratsvergütung Allen & Overy hat die fünfte Auflage der Analyse der Vorstands- und Aufsichtsratsvergütung der DAX-30-Unternehmen (2015) veröffentlicht. Danach hat sich der Prozess der Ausgestaltung der Vergütungssysteme im Allgemeinen zwar zunehmend standardisiert, dennoch wurden in einigen Unternehmen erneut Änderungen bei den Vergütungssystemen vorgenommen. Vielfach handelt es sich dabei um die Feinjustierung der Parameter für die erfolgsbezogene variable Vergütung. Hinsichtlich der Aufsichtsratsvergütung setzt sich der Trend einer reinen Fixvergütung fort. www.allenovery.de 2 Inhalt Aktuelle Rechtsprechung .................................................................... 5 BGH zur Anwendung einer neuen Berechnungsweise zur Unternehmensbewertung (IDWStandard) auf vergangene Bewertungsstichtage und zur Beschwerdebefugnis des gemeinsamen Vertreters (Deutsche Bahn/Stinnes) 5 BGH zur Verpfändung von verbrieften Inhaberaktien, deren Verwertung durch den Insolvenzverwalter bei Übertragung an einen Treuhänder, sowie die Anforderungen an die Wirksamkeit der Treuhandvereinbarung (Mobilcom) 6 BGH zur Herabsetzung von Vorstandsbezügen gemäß § 87 Abs. 2 AktG 7 VG Frankfurt/Main zur Zusammenrechnung der Stimmrechte bei einem Aktienbindungsvertrag zwischen Familienaktionären 8 OLG Karlsruhe zur analogen Anwendung des § 318 Abs. 4 HGB bei der Anfechtung der Wahl der Abschlussprüfer sowie deren gerichtliche Bestellung 9 LG Köln zu den Anforderungen an den Antrag auf Bestellung eines besonderen Vertreters gemäß § 147 AktG (Strabag) 10 Weitere Entscheidungen in Kürze .................................................... 11 BVerfG: Kein schutzwürdiges Vertrauen auf die Fortführung von Spruchverfahren nach Aufgabe der Macroton-Grundsätze 11 BGH zum Gerichtsstand bei falschen, irreführenden oder unterlassenen öffentlichen Kapitalmarktinformationen 11 KG zur Prüfung eines Bewertungsgutachtens durch das Registergericht im Rahmen einer Sachkapitalerhöhung ohne externen Prüfer 11 LG München I zur unternehmerischen Mitbestimmung von Arbeitnehmern in ausländischen Betrieben 12 Aktuelle Themen ............................................................................... 13 Update: 1. Finanzmarktnovellierungsgesetz (1. FiMaNoG) 13 Update: Aktionärsrechte-Richtlinie 13 Gesetzesentwurf zum AReG angenommen – Persönliche Anforderungen an Aufsichtsratsmitglieder ändern sich, Änderungen zur Pflichtrotation der Abschlussprüfer 14 EU-Vorschlag zur Kodifizierung des Europäischen Gesellschaftsrechts 15 EU-Vorschlag zur Verschiebung des Geltungsbeginns des MIFID-II Paketes 15 Referentenentwurf des CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes veröffentlicht 15 Studie zur Vorstands- und Aufsichtsratsvergütung 16 Plattform zum Marktmissbrauchsrecht 16 Literatur ............................................................................................. 18 www.allenovery.de Ankündigung Veranstaltungen ......................................................... 18 Veranstaltungen von Allen & Overy in Deutschland im 2. Quartal 2016 18 Ansprechpartner ................................................................................ 19 www.allenovery.de Newsletter für die Aktiengesellschaft | 1. Quartal 2016 Aktuelle Rechtsprechung BGH ZUR ANWENDUNG EINER NEUEN BERECHNUNGSWEISE ZUR UNTERNEHMENSBEWERTUNG (IDW-STANDARD) AUF VERGANGENE BEWERTUNGSSTICHTAGE UND ZUR BESCHWERDEBEFUGNIS DES GEMEINSAMEN VERTRETERS (DEUTSCHE BAHN/STINNES) Der BGH hatte über die Divergenzvorlage des OLG Düsseldorf (ZIP 2014, 2388) zur Anwendung des IDWStandards „Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen“ (IDW S 1) in einem Spruchverfahren nach einem aktienrechtlichen Squeeze-out (§§ 327a ff. AktG) bei der Stinnes AG zu entscheiden. Die Hauptaktionärin (eine Rechtsvorgängerin der Deutsche Bahn AG) hatte den Ertragswert zum Bewertungsstichtag 17. Februar 2003 auf Grundlage des seinerzeit aktuellen IDW S 1 i.d.F. 28. Juni 2000 (IDW S 1 2000) ermitteln lassen und die Barabfindung letztlich – entsprechend der Vereinbarung eines im Vorfeld im Rahmen eines Anfechtungsprozesses geschlossenen gerichtlichen Vergleichs – auf EUR 52,- je Aktie bestimmt. In dem anschließend von ehemaligen Minderheitsaktionären eingeleiteten Spruchverfahren hatte das LG Düsseldorf, obwohl der IDW S 1 i.d.F. 18. Oktober 2005 (IDW S 1 2005) zum Entscheidungszeitpunkt bereits verabschiedet war, die Barabfindung auf Basis des IDW S 1 2000 überprüft und auf EUR 57,77 je Aktie erhöht. Dagegen hatten alle Verfahrensbeteiligten sofortige Beschwerde eingelegt. Nach den Berechnungen des OLG Düsseldorf ergaben sich gravierende Wertabweichungen je nachdem, welche Fassung des IDW S 1 zugrunde gelegt wurde (IDW S 1 2005: EUR 48,94 je Aktie; IDW S 1 2000: EUR 65,48 je Aktie). Das OLG Düsseldorf sprach sich für die Anwendung des zum Bewertungsstichtag aktuellen IDW S 1 2000 aus und lehnte eine rückwirkende Anwendung des IDW S 1 2005 ab. Andere Oberlandesgerichte (insbesondere OLG Frankfurt/M. (ZIP 2014, 2138 (LS) = AG 2014, 822) hatten sich dagegen zuvor im Grundsatz für die Anwendung des im gerichtlichen Entscheidungszeitpunkt jeweils aktuellen IDW S 1 ausgesprochen. www.allenovery.de Der BGH folgt der Auffassung des OLG Düsseldorf nicht, sondern legt die Barabfindung unter Zugrundelegung des zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung aktuellen IDW S 1 2005 auf EUR 52 je Aktie als Schätzwert fest (in Anlehnung an den Vergleich im Anfechtungsprozess). Im Spruchverfahren könnten auch fachliche Berechnungsweisen angewendet werden, die erst nach dem für die Abfindungsermittlung maßgeblichen Stichtag entwickelt wurden. Vertrauensschutz und Rechtssicherheit stünden dem nicht entgegen. Die Aktionäre könnten nicht auf die Anwendung eines bestimmten Standards vertrauen. Nach § 327f Satz 2 AktG habe das Gericht im Spruchverfahren die angemessene Barabfindung zu bestimmen, wenn die angebotene Barabfindung nicht angemessen ist. Der Tatrichter sei hierbei an die vom Abfindungspflichtigen bei der Festlegung der Abfindung zugrunde gelegte Methode zur Ermittlung des anteiligen Unternehmenswerts nicht gebunden. Das Bewertungsziel, den „wirklichen“ oder „wahren“ Wert des Anteilseigentums zu ermitteln, vertrage sich nicht mit einer Bindung an die dem Abfindungsangebot des Hauptaktionärs zugrunde gelegte Bewertungsmethode. Auf die Vorhersehbarkeit der neuen Berechnungsweise zum Bewertungsstichtag komme es in diesem Zusammenhang nicht an, weil der Hauptaktionär auf Grund der gesetzlichen Vorschriften damit rechnen müsse, dass eine höhere Abfindung im Spruchverfahren festgesetzt werden kann. Auch die Minderheitsaktionäre könnten nicht darauf vertrauen, dass die Abfindung im Spruchverfahren nach der vom Hauptaktionär ursprünglich zugrunde gelegten Berechnungsweise ermittelt wird. 5 Newsletter für die Aktiengesellschaft | 1. Quartal 2016 Mit der Wahl einer anderen Berechnungsweise werde insbesondere auch keine gemeinsame Geschäftsgrundlage von Hauptaktionär und Minderheitsaktionären gestört. Insbesondere finde § 313 BGB auf gesetzliche Schuldverhältnisse wie den Abfindungsanspruch nach § 327a AktG schon keine Anwendung. Auch das Stichtagsprinzip, wonach der Wert des Unternehmens, „wie es am Stichtag steht“, zu ermitteln sei, stehe der Anwendung einer Berechnungsweise, die erst nach dem für die Bewertung maßgebenden Zeitpunkt entwickelt wird, nicht grundsätzlich entgegen. Solange eine neue Berechnungsweise nicht eine Reaktion auf nach dem Stichtag eingetretene wirtschaftliche oder rechtliche Veränderungen, insbesondere in steuerlicher Hinsicht ist, werde das Stichtagsprinzip nicht berührt, selbst wenn die Berechnungsweise am Bewertungsstichtag noch nicht in der Fachwelt erörtert wurde. Der BGH hat ferner entschieden, dass der gemeinsame Vertreter der Antragsberechtigten, die nicht selbst Antragssteller sind, grundsätzlich nicht beschwerdebefugt sei. BGH, Beschl. v. 29.9.2015 – II ZB 23/14, ZIP 2016, 110. BGH ZUR VERPFÄNDUNG VON VERBRIEFTEN INHABERAKTIEN, DEREN VERWERTUNG DURCH DEN INSOLVENZVERWALTER BEI ÜBERTRAGUNG AN EINEN TREUHÄNDER, SOWIE DIE ANFORDERUNGEN AN DIE WIRKSAMKEIT DER TREUHANDVEREINBARUNG (MOBILCOM) In dem zu entscheidenden Fall nahm der BGH zur Möglichkeit der Verpfändung von in Dauerglobalurkunden verbrieften Aktien Stellung. Der Entscheidung lag eine Klage auf Schadensersatz des Insolvenzverwalters des Schuldners gegen die beklagten Gläubigerbanken zugrunde. Der Schuldner hatte ursprünglich etwa 35 % der Aktien an der Mobilcom AG gehalten, welche in einer bei der Clearstream Banking AG verwahrten Sammelurkunde verbrieft waren. Die Beklagten hatten dem Schuldner zum Erwerb der Aktien Darlehen gewährt. Die Darlehen waren durch die Verpfändung der durch die Beklagten für den Schuldner zwischenverwahrten Aktien besichert. Nachdem die Mobilcom AG im Jahr 2002 in eine Krise geraten war, kam es zu Sanierungsverhandlungen zwischen dem Schuldner und den Beklagten. In diesem Zuge übertrug der Schuldner die an die Beklagten verpfändeten Aktien zu Eigentum an einen Treuhänder. Die Mobilcom AG konnte saniert werden. Über das Vermögen des Schuldners wurde jedoch im Mai 2003 das Insolvenzverfahren eröffnet. In der Folgezeit verwerteten die Beklagten die an sie verpfändeten Aktien. Der Insolvenzverwalter verlangte Schadensersatz wegen einer Verletzung des ihm gemäß § 166 Abs. 1 InsO zustehenden Verwertungsrechts. Dies begründete er unter anderem damit, dass schon das Pfandrecht an den Aktien nicht wirksam durch die Beklagten erworben worden sei. Das www.allenovery.de Berufungsgericht verneinte das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs mangels eines Verwertungsrechts des Insolvenzverwalters aus § 166 Abs. 1 InsO. Der BGH hat sich der Auffassung des Berufungsgerichts im Ergebnis angeschlossen. Es bestehe kein rechtswidriger Eingriff in das Verwertungsrecht gemäß § 166 InsO i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB; auch könne der Anspruch nicht auf Verletzung eines gesetzlichen Schuldverhältnisses gestützt werden (§ 280 Abs. 1 BGB). Die verwerteten Aktien seien wirksam an die Beklagten verpfändet worden. Für die Wirksamkeit der Pfandrechtsbestellung an sammelverwahrten Inhaberaktien sind die Besitzverhältnisse an der Sammelurkunde maßgeblich. Soll an die Depotbank verpfändet werden, müsse diese (mittelbare) Besitzerin der Inhaberaktie sein. Es komme dann eine Verpfändung „kurzer Hand“ gemäß § 1205 Abs. 1 Satz 2 BGB in Betracht. Soll ein Dritter Pfandgläubiger werden, müsse (mittelbarer) Besitzer der Inhaber der zu verpfändenden Aktien sein. Der Übergabeersatz erfolge dann gemäß § 1205 Abs. 2 BGB. Die Wertpapiersammelbank sei unmittelbare Fremdbesitzerin erster Stufe jeder von ihr verwahrten Sammelurkunde. Durch vertragliche Beziehungen sei diese verpflichtet, den Depotbanken gleichstufigen Mitbesitz zu verschaffen, so dass die Depotbanken mittelbaren 6 Newsletter für die Aktiengesellschaft | 1. Quartal 2016 Fremdbesitz erlangen. Ein weiteres Besitzmittlungsverhältnis bestehe zwischen der Depotbank und dem hinterlegenden Aktieninhaber als mittelbarem Besitzer zweiter Stufe. Mittelbarer Besitzer zweiter Stufe sei der Hinterleger unabhängig von möglichen Ansprüchen aus §§ 7, 8 DepotG auch dann, wenn die Rechte in einer (einfachen) Sammelurkunde oder einer Dauerglobalurkunde verbrieft sind. Die körperliche Bewegung von Wertpapierurkunden werde auch in diesem Rechtsverhältnis durch die Umbuchung von Girosammel-Depotgutschriften ersetzt. Im konkreten Fall seien die streitbefangenen Aktien demnach „kurzer Hand“ wirksam an die beklagten Depotbanken verpfändet worden. Der nur mittelbare Besitz der Beklagten stehe der Pfandrechtsbestellung nicht entgegen, da ihnen der Besitz nicht vom Kläger, sondern von der Wertpapiersammelbank vermittelt wurde. Die Entscheidung ist auch aus insolvenzrechtlicher Sicht von Bedeutung: Denn der BGH hat entschieden, dass der Insolvenzverwalter bei mittelbarem Besitz nach § 166 Abs. 1 InsO dann zur Verwertung berechtigt sei, wenn die Sache der wirtschaftlichen Einheit des Schuldnerunternehmens zuzurechnen ist. Dies sei bei Aktien nur dann der Fall, wenn der Erwerb nicht einem Finanzgeschäft, sondern dem Unternehmenserwerb diene. Der Unternehmenserwerb könne entsprechend § 271 Abs. 1 Satz 3 HGB angenommen werden, wenn die Beteiligung den fünften Teil des Nennkapitals überschreitet oder wenn eine über die Beteiligung hinausgehende Verbindung zwischen Aktionär und AG besteht. Hat der Schuldner – wie im entschiedenen Fall – die verpfändeten Aktien jedoch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens an einen Treuhänder übertragen, kann er die ihm (ungeachtet der Verpfändung verbliebenen) Mitgliedschaftsrechte nicht mehr ausüben. Die Aktien könnten daher auch der wirtschaftlichen Einheit des Schuldnerunternehmens nicht mehr zugerechnet werden. Ein Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters nach § 166 Abs. 1 InsO scheide aus. Etwas anderes gelte nur dann, wenn der Treuhandvertrag mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß §§ 115, 116 InsO erlischt. Ein drittschützender Treuhandvertrag (insbesondere eine sog. Restrukturierungstreuhand) habe jedoch auch bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens Bestand. BGH, Urt. v. 24.9.2015 – IX ZR 272/13, NZG 2016, 187. BGH ZUR HERABSETZUNG VON VORSTANDSBEZÜGEN GEMÄß § 87 ABS. 2 AKTG In seiner Entscheidung hatte sich der BGH mit den Voraussetzungen der Herabsetzung von Vorstandsbezügen bei wesentlicher Verschlechterung der Lage der Gesellschaft gemäß § 87 Abs. 2 AktG zu befassen. Nach dem Antrag einer insolvenzreifen Gesellschaft auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens hatte der Aufsichtsrat auf Aufforderung des vorläufigen Insolvenzverwalters die Bezüge des amtierenden Vorstands sowie des Klägers, eines bereits zuvor abberufenen und (unter widerruflicher Fortzahlung der Bezüge) freigestellten Vorstandsmitglieds, beschlossen. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens meldete der Kläger seine Gehaltsansprüche zur Insolvenztabelle an. Der Insolvenzverwalter bestritt die Forderungen. Mit seiner Klage begehrte der Kläger unter anderem die Feststellung seiner Forderungen zur Insolvenztabelle sowie die www.allenovery.de Verurteilung des Insolvenzverwalters zur Zahlung des vereinbarten Gehalts. Nach Auffassung des BGH sei ein vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens gefasster Aufsichtsratsbeschluss über die Herabsetzung der Vorstandsbezüge nicht deshalb unwirksam, weil er sich auf die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bezieht. § 87 Abs. 2 AktG erfasse auch die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Der Aufsichtsrat solle mit der Regelung des § 87 Abs. 2 AktG eine Handhabe erhalten, unter Abweichung von dem Grundsatz „pacta sunt servanda“ den Vorstand im Rahmen von dessen Treuepflicht an dem Schicksal der Gesellschaft teilhaben zu lassen. Zwar sei § 87 Abs. 2 AktG restriktiv auszulegen, da die Vorstandsmitglieder grundsätzlich darauf vertrauen dürfen, die vertraglich vereinbarte Vergütung 7 Newsletter für die Aktiengesellschaft | 1. Quartal 2016 bis zum Ablauf ihres Anstellungsvertrages in voller Höhe zu erhalten. Eine Privilegierung gerade für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei gleichwohl nicht geboten. Der Beschluss des Aufsichtsrats sei auch nicht zu unbestimmt und daher unwirksam, weil er die betroffenen Vorstandsmitglieder und einzelnen im Anstellungsvertrag vereinbarten Gehaltskomponenten nicht im Einzelnen erkennen lasse. Insoweit sei der Beschluss der Auslegung zugänglich. Eine Verschlechterung der Lage der Gesellschaft im Sinne des § 87 Abs. 2 AktG sei jedenfalls dann anzunehmen, wenn die Gesellschaft insolvenzreif werde. Die Weiterzahlung der Bezüge sei unbillig im Sinne des § 87 Abs. 2 Satz 1 AktG sei, wenn der Vorstand pflichtwidrig gehandelt hat bzw. ihm zwar kein pflichtwidriges Verhalten vorzuwerfen sei, die Verschlechterung der Lage der Gesellschaft jedoch in die Zeit seiner Vorstandsverantwortung falle und ihm zurechenbar sei. Diese Voraussetzungen seien erfüllt, wenn der wirtschaftliche Niedergang der Gesellschaft zumindest auch auf wirtschaftlichen Fehlentscheidungen des betroffenen Vorstandsmitglieds beruht. nur die Herabsetzung der Bezüge aktiver, sondern auch ausgeschiedener Vorstandsmitglieder erlaube. Die Herabsetzung müsse mindestens auf einen Betrag erfolgen, dessen Gewährung angesichts der Verschlechterung der Lage der Gesellschaft nicht mehr als unbillig im Sinne des § 87 Abs. 2 Satz 1 AktG angesehen werden könne. Andererseits dürfe keine Herabsetzung der Bezüge des Vorstandsmitglieds erfolgen, die weiter gehe, als es die Billigkeit angesichts der Verschlechterung der Lage der Gesellschaft erfordere. Bei der Prüfung der Billigkeit habe das Gericht alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen. Als Untergrenze könnten allerdings nicht die Gehälter der leitenden Angestellten herangezogen werden. Ob im Einzelfall auch eine Herabsetzung der Bezüge auf Null denkbar wäre, musste vom BGH nicht entschieden werden. BGH, Urt. v. 27.10.2015 – II ZR 296/14, WM 2016, 327. Rechtsfolge des § 87 Abs. 2 AktG sei die Herabsetzung der Vorstandsbezüge auf die angemessene Höhe. Aus § 87 Abs. 2 Satz 2 AktG ergebe sich, dass die Regelung nicht VG FRANKFURT/MAIN ZUR ZUSAMMENRECHNUNG DER STIMMRECHTE BEI EINEM AKTIENBINDUNGSVERTRAG ZWISCHEN FAMILIENAKTIONÄREN Das VG Frankfurt am Main hat entschieden, dass ein Aktienbindungsvertrag mit Erwerbsmöglichkeit für Familienmitglieder nicht ohne weiteres ein „sonstiges Instrument“ im Sinne des § 25a Abs. 1 WpHG a.F. darstelle. Die Familienangehörigen der Gründerfamilie eines Unternehmens in der Rechtsform einer AG & Co. KGaA wurden von der BaFin verpflichtet, auf der Grundlage von § 25a Abs. 1 WpHG a.F., § 41 Abs. 4d WpHG Stimmrechtsmitteilungen abzugeben. Die Familienangehörigen hielten einen Gesamtstimmrechtsanteil von über 60% an der Gesellschaft. Ferner hatten sie einen Aktienbindungsvertrag zum Zwecke einer einheitlichen Stimmrechtsausübung der Familie geschlossen, welcher zugleich Regelungen hinsichtlich der (beschränkten) Über- www.allenovery.de tragbarkeit der Aktien innerhalb der drei Familienstämme enthielt. Dagegen war eine Pflicht zur Abgabe von Stimmrechtsmitteilungen, insbesondere nach §§ 21, 22 WpHG a.F. nicht vorgesehen. Die BaFin sah in den Regelungen zur (beschränkten) Übertragbarkeit innerhalb der Familie letztlich ein Erwerbsrecht zu Gunsten der Familienangehörigen und nahm daher eine Überschreitung von Meldeschwellen an. Daraufhin ordnete sie per Bescheid eine Bestandsmitteilung gemäß §§ 25a Abs. 1 WpHG a.F., 41 Abs. 4d WpHG an. Nach erfolglosem Widerspruch reichte eine Familienangehörige Klage ein. Das Gericht teilte die Auffassung der Klägerin und befand den Ausgangs- und Widerspruchsbescheid für rechtswidrig und rechtsverletzend. Die Klägerin habe keine „sonstigen Instrumente“ im Sinne des § 25a Abs. 1 8 Newsletter für die Aktiengesellschaft | 1. Quartal 2016 WpHG a.F. gehalten, die es ihr aufgrund ihrer speziellen Ausgestaltung ermöglicht hätten, 5 % oder mehr der Aktien zu erwerben. Richtig sei zwar, dass auch ein Vertrag zwischen Familienangehörigen, der letztlich ein Erwerbsrecht der Familienmitglieder dadurch beinhalte, dass eine Übertragung der Aktien nur an diese möglich sei, unter den Wortlaut der Norm fiele. Dagegen habe die Regelung dem Grunde nach Instrumente im Blick, die nach ihrer Ausgestaltung von vornherein und unmittelbar auf den Erwerb der Aktien gerichtet sind. Maßgeblich dabei sei gerade die „wirtschaftliche Logik“, wonach ein unmittelbarer wirtschaftlicher „Bezug zu den betroffenen Aktien“, vornehmlich in Form von Renditechancen, vorliegen müsse. Ein derartiges wirtschaftliches Interesse hätten die Parteien eines Aktienbindungsvertrags jedoch nicht. Ebenso umfasse insbesondere der Zweck der Regelung, die Verbesserung der Kapitalmarkttransparenz, eine derart weite Auslegung der Vorschrift nicht. VG Frankfurt/Main, Urteil v. 4.11.2015 – 7 K 4703/15.F. OLG KARLSRUHE ZUR ANALOGEN ANWENDUNG DES § 318 ABS. 4 HGB BEI DER ANFECHTUNG DER WAHL DER ABSCHLUSSPRÜFER SOWIE DEREN GERICHTLICHE BESTELLUNG Nach dem OLG Karlsruhe kann eine gerichtliche Bestellung eines Abschlussprüfers in analoger Anwendung von § 318 Abs. 4 HGB auch bei einem lediglich anfechtbaren Wahlbeschluss erfolgen. Damit sei eine (vorsorgliche) Prüferbestellung durch das Gericht im Falle der Anfechtung eines Wahlbeschlusses des Abschlussprüfers auch noch im laufenden Jahr möglich. Der Entscheidung lag im Wesentlichen der folgende Sachverhalt zugrunde: Ein Aktionär hatte Anfechtungsklage gegen einen von der Hauptversammlung gefassten Beschluss erhoben, in welchem eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft auf Empfehlung des Prüfungsausschusses unter anderem als Abschlussprüfer und Konzernabschlussprüfer für das Geschäftsjahr 2015 bestellt werden sollte. Angesichts dieses angefochtenen Beschlusses wurde beantragt, die (gewählte) Wirtschaftsprüfungsgesellschaft für das noch laufende Geschäftsjahr 2015 vorsorglich (erneut) gerichtlich bestellen zu lassen. Das OLG bejaht die analoge Anwendbarkeit des § 318 Abs. 4 HGB. Sinn und Zweck des § 318 Abs. 4 HGB sei es, eine rechtzeitige Prüferbestellung sicherzustellen. Die Norm regele aber nicht die Situation der Anfechtungsklage, welche die Bestellung des Abschlussprüfers im Erfolgsfalle rückwirkend nichtig mache. Das OLG führt aus, dass eine planwidrige Regelungslücke vorlie- www.allenovery.de ge, da § 318 Abs. 4 HGB Fälle regele, in welchen kein wirksam bestellter Abschlussprüfer vorhanden sei, dabei aber die Situation der Anfechtungsklage nicht berücksichtige. Diese Lücke könne durch eine analoge Anwendung von § 318 Abs. 4 HGB geschlossen werden. Die analoge Anwendung erfasse dabei neben dem Konzernabschlussprüfer (§ 318 Abs. 1 HGB) auch den Prüfer für die prüferische Durchsicht des verkürzten Abschlusses und des Zwischenlageberichts im Halbjahresfinanzbericht. Die gerichtliche Bestellung des Abschlussprüfers gemäß § 318 Abs. 4 HGB analog sei ferner auch für das laufende Geschäftsjahr möglich. Dies verwirkliche den bereits getroffenen Mehrheitsbeschluss der Hauptversammlung. Die Bestellung des von der Hauptversammlung gewählten Abschlussprüfers erachtet das OLG für sachgerecht, sofern Ausschlussgründe nicht vorliegen. OLG Karlsruhe, Beschluss v. 27.10.2015 – 11 Wx87/15, AG 2016, 42. 9 Newsletter für die Aktiengesellschaft | 1. Quartal 2016 LG KÖLN ZU DEN ANFORDERUNGEN AN DEN ANTRAG AUF BESTELLUNG EINES BESONDEREN VERTRETERS GEMÄß § 147 AKTG (STRABAG) Die Klägerin erhob Beschlussanfechtungs- und positive Beschlussfeststellungsklage gegen Hauptversammlungsbeschlüsse der beklagten Strabag AG. Sie beantragte unter anderem die Nichtigerklärung der ablehnenden Hauptversammlungsbeschlüsse hinsichtlich der Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen Vorstand und Aufsichtsrat der Strabag AG und die Feststellung, dass entsprechende zustimmende Beschlüsse gefasst seien. Weiterhin beantragte die Klägerin die Nichtigerklärung des Ablehnungsbeschlusses in Bezug auf die Abwahl des satzungsmäßigen Versammlungsleiters und die positive Feststellung seiner Abwahl. Auf das Ergänzungsverlangen von Minderheitsaktionären der beklagten Strabag AG – einschließlich der Klägerin – war ein Antrag auf Beschlussfassung gemäß § 147 AktG hinsichtlich der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen die Mehrheitsaktionärin, gegen deren Organge und auch der Organe der Strabag AG selbst aufgenommen worden. Dieser Beschlussantrag hatte keinen Erfolg. Die hiergegen gerichtete, diesem Urteil zugrundeliegende Beschlussanfechtungsklage und entsprechende Klage auf positive Feststellung der Beschlussfassung i.S.d. § 147 AktG hat das LG Köln als unbegründet abgewiesen. In der Hauptversammlung hatte die Klägerin überdies beantragt, den satzungsmäßigen Versammlungsleiter – der als Anspruchsgegner möglicher Schadensersatzansprüche in Betracht kam – abzuwählen. Der Antrag war abgelehnt worden. Der hiergegen gerichteten Beschlussanfechtungsklage und der auf die Feststellung der Abwahl gerichteten positiven Beschlussfeststellungsklage hat das LG Köln stattgegeben. Die ablehnenden Beschlüsse über die Verfolgung von Ersatzansprüchen seien aufgrund der fehlenden erforderlichen Konkretisierung der in den Beschlussanträgen angeführten Ersatzansprüche rechtmäßig. Für eine Beschlussfassung nach § 147 AktG sei erforderlich, dass zumindest tatsächliche Anhaltspunkte für ein schadensersatzbegründendes Verhalten des in Anspruch zu neh- www.allenovery.de menden Organs besteht. Es reiche nicht aus, dass lediglich ins Blaue hinein ein haftungsbegründendes Verhalten der in Aussicht genommenen Haftungsschuldner ohne jeglichen konkreten Anhaltspunkt behauptet wird. Das zusätzliche Erfordernis der erforderlichen Konkretisierung der Grundlage für Ersatzansprüche ergebe sich aus der Gesamtbetrachtung der §§ 147 und 142 AktG. Insbesondere zeige bereits die Existenz des § 142 AktG, der das Instrument der Sonderprüfung zur Verfügung stellt, dass es bei § 147 AktG um die Geltendmachung bereits bekannter Ansprüche gehe. Denn würde dem besonderen Vertreter nach § 147 Abs. 2 Satz 1 AktG eine umfassende Prüfungskompetenz mit Blick auf die einzelnen Voraussetzungen der möglichen Ersatzansprüche zugesprochen, wäre der Sonderprüfer überflüssig. Letztlich ergebe sich dies auch aus den Voraussetzungen des § 142 AktG. Für § 142 AktG genüge es nicht, dass lediglich ein Verdacht geäußert werde. Wenn aber schon für die Aufklärung eines noch unklaren Sachverhalts bereits konkrete Tatsachen vorgetragen werden müssen, aus denen sich der Verdacht ergibt, dann müsse dies erst Recht für die Geltendmachung der Ersatzansprüche gemäß § 147 AktG gelten. Die Beschlussanfechtungsklage bezüglich des ablehnenden Beschlusses der Abwahl des satzungsmäßigen Versammlungsleiters sei hingegen begründet. Eine Beschlussfassung dürfe nicht von einer Person geleitet werden, die (auch) Anspruchsgegner möglicher Ersatzansprüche ist, über deren Verfolgung gemäß § 147 AktG entschieden wird. Aufgrund der Befangenheit des Versammlungsleiters als möglichem Anspruchsgegner bestehe ein wichtiger Grund zu seiner Abwahl. Auch die positive Beschlussfeststellung seiner Abwahl sei begründet, weil die Mehrheitsgesellschafterin aufgrund ihrer mitgliedschaftlichen Treuepflicht zu einer positiven Stimmabgabe in Bezug auf seine Abwahl gehalten gewesen wäre. Bei rechtmäßiger Stimmabgabe wäre der Beschluss daher zustande gekommen. LG Köln, Urt. v. 14.1.2016 – 91 O 31/15, ZIP 2016, 162 (n. rkr.). 10 Newsletter für die Aktiengesellschaft | 1. Quartal 2016 Weitere Entscheidungen in Kürze BVERFG: KEIN SCHUTZWÜRDIGES VERTRAUEN AUF DIE FORTFÜHRUNG VON SPRUCHVERFAHREN NACH AUFGABE DER MACROTON-GRUNDSÄTZE Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass die ohne Sachentscheidung erfolgende Beendigung von DelistingSpruchverfahren aufgrund einer während des laufenden Verfahrens erfolgten Rechtsprechungsänderung (Aufgabe der Macroton-Rechtsprechung durch die FrostaEntscheidung des BGH (ZIP 2013, 2254)) nicht zu beanstanden ist. Dies gilt nach dem BVerfG auch für die Fäl- le, in denen das Spruchverfahren bereits vor der Änderung eingeleitet worden war (s. zur Frosta-Entscheidung „Newsletter für die Aktiengesellschaft“, Ausgabe 4. Quartal 2013, S. 3). BVerfG, Beschluss v. 5.11.2015 – 1 BVR 1667/15 (OLG Stuttgart), BeckRS 2015, 55802. BGH ZUM GERICHTSSTAND BEI FALSCHEN, IRREFÜHRENDEN ODER UNTERLASSENEN ÖFFENTLICHEN KAPITALMARKTINFORMATIONEN Nach Auffassung des BGH kommt es für die örtliche Zuständigkeit für Klagen wegen falscher, irreführender oder unterlassener öffentlicher Kapitalmarktinformationen (§ 32b ZPO) nur darauf an, dass nach dem Klägervortrag überhaupt öffentliche Kapitalmarktinformationen verwendet wurden – unerheblich sei, ob dies durch Übergabe eines Prospektes oder in anderer Weise geschehen ist. Dem Beschluss lag eine schadensersatzrechtliche Inanspruchnahme des Vermittlers eines geschlossenen Immobilienfonds zugrunde. Diese wurde darauf gestützt, dass der Vermittler im Beratungsgespräch bestimmte Informationen verschwiegen hatte, jedoch ohne unmittelbar auf den erst nach Vertragsschluss vorgelegten Prospekt, der diese Informationen ebenfalls nicht enthielt, zu verweisen. Nach Ansicht der Klägerin bestand wegen fehlenden Prospektbezugs kein gemeinsamer besonderer Gerichtsstand mit dem Emittenten/Prospektverantwortlichen nach § 32b I Nr. 2 ZPO. Der BGH hingegen entschied, dass – sofern keine andere Quelle für die Informationen ersichtlich ist – der Klägervortrag nicht einmal einen Prospektbezug der im Beratungsgespräch verwendeten Informationen enthalten muss. BGH, Beschluss v. 08.12.2015 – X ARZ 573/15 (OLG Düsseldorf), ZIP 2016, 188. KG ZUR PRÜFUNG EINES BEWERTUNGSGUTACHTENS DURCH DAS REGISTERGERICHT IM RAHMEN EINER SACHKAPITALERHÖHUNG OHNE EXTERNEN PRÜFER Das KG hat entschieden, dass die Tatsachen, welche der sachverständige Prüfer einer Sacheinlageprüfung im Sinne von §§ 183a Abs. 1 Satz 1, 33a Abs. 1 Nr. 2 AktG zugrunde legt, einer Bewertung durch das Registerge- www.allenovery.de richt grundsätzlich versperrt seien. Im vorliegenden Fall hatte es einer Prüfung der Sacheinlage im Rahmen einer Kapitalerhöhung nicht bedurft, weil die Voraussetzungen der §§ 183a Abs. 1 Satz 1, 33a Abs. 1 Nr. 2 AktG 11 Newsletter für die Aktiengesellschaft | 1. Quartal 2016 gegeben waren. Danach kann von einer Bewertung von Vermögensgegenständen im Rahmen einer Gründungsprüfung abgesehen werden, wenn der Bewertung eine Stellungnahme eines unabhängigen, ausreichend vorgebildeten und erfahrenen Sachverständigen zugrunde gelegt wird. Das KG betont, dass dies bei einem von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft erstellten Wertgutachten der Fall sei. Bei einer solchen Gesellschaft könne aufgrund der berufsrechtlichen Voraussetzungen für ihre Zulassung davon ausgegangen werden, dass sie unabhängig, ausreichend vorgebildet und erfahren ist. Die Bewertung von Unternehmen und damit auch von Anteilen an Unternehmen sei gerade Aufgabe der Wirtschaftsprüfer. Diese seien nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 WIPO befugt, auf den Gebieten der wirtschaftlichen Betriebsführung als Sachverständige aufzutreten. Hierzu gehöre insbesondere auch die Unternehmensbewertung. Gutachterin im Wesentlichen auf die Angaben des Vorstands und der Geschäftsführung der Inferentin verlässt und insoweit auch Prognoseszenarien zugrunde legt, die nicht durch Tatsachen belegt sind. Die Heranziehung der für die Beurteilung der Bewertung notwendigen Tatsachen sei aber Teil der Sachverständigenaufgabe. Diese sei einer Bewertung durch das Gericht grundsätzlich versperrt, weil ihm hierfür die erforderliche Sachkunde fehle. Anderenfalls stünde dem Registergericht bei tatsächlicher oder vermeintlicher Unschlüssigkeit immer die Möglichkeit zur Seite, eine Prüfung der Bewertung durchzusetzen. Dies sei nach der gesetzlichen Regelung nicht gewollt. KG, Beschl. v. 12.10.2015 – 22 W 77/15, ZIP 2016, 161 Dies schließe auch die Auswahl des Bewertungsverfahrens ein. Zwar bestünden Bedenken, soweit sich die LG MÜNCHEN I ZUR UNTERNEHMERISCHEN MITBESTIMMUNG VON ARBEITNEHMERN IN AUSLÄNDISCHEN BETRIEBEN Das LG München I hatte über die UnionsrechtsKonformität der §§ 1 Abs. 1, 7 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG zu entscheiden. Der Antragsteller, ein Aktionär der Antragsgegnerin – ihrerseits Muttergesellschaft eines internationalen Handels- und Dienstleistungskonzerns –, beantragte die Feststellung, dass der Aufsichtsrat der Antragsgegnerin nicht nach den maßgeblichen Vorschriften zusammengesetzt sei, sowie die Durchführung eines Statusverfahrens. Das Gericht hat entschieden, dass die §§ 1 Abs. 1, 7 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG (über die Bildung und Zusammensetzung des Aufsichtsrats) mit den Vorschriften des Unionsrechts vereinbar und daher insoweit wirksam sind. Die Mitbestimmungsgesetze verankerten das Wahlverfahren auf betrieblicher Ebene. Arbeitnehmer von nicht in Deutschland befindlichen Betrieben seien daher von der unternehmerischen Mitbestimmung ausgeschlossen. Es liege auch kein Verstoß gegen die Ar- www.allenovery.de beitnehmerfreizügigkeit vor. Ein Arbeitnehmer würde sich nicht nur deshalb den Wechsel zu einer ausländischen Tochtergesellschaft entgehen lassen, weil er dadurch sein Mitbestimmungsrecht verliert. Weiter stelle die Regelung weder eine mittelbare noch eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit im Sinne des Art. 18 Abs. 1 AEUV dar. Ein für einen Verstoß vorausgesetzter grenzüberschreitender Bezug begründe die bloße Arbeitnehmerstellung in einer international europäischen Konzerngesellschaft nicht (vgl. hierzu auch die Vorlage des KG an den EuGH vom 16. Oktober 2015, vgl. Allen & Overy, Newsletter für die Aktiengesellschaft, 4. Quartal 2015, S. 6). LG München I, Beschluss v. 27.8.2015 – 5HK O 20285/14 (n. rkr., Beschwerde anhängig Az. OLG München 31 Wx 321/15), DStR 2015, 2505. 12 Newsletter für die Aktiengesellschaft | 1. Quartal 2016 Aktuelle Themen UPDATE: 1. FINANZMARKTNOVELLIERUNGSGESETZ (1. FIMANOG) Am 6. Januar 2016 hat das Bundeskabinett den Regierungsentwurf eines ersten Gesetzes zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften auf Grund europäischer Rechtsakte (BT-Drs. 18/7482) beschlossen. Die erste Beratung im Bundestag fand am 18. Februar 2016 statt. Eine öffentliche Anhörung vor dem Finanzausschuss des Deutschen Bundestages hat am 14. März 2016 stattgefunden. Das Gesetz wird voraussichtlich noch in der ersten Hälfte 2016 verabschiedet. Mit dem 1. FiMaNoG sollen europäische Neuregelungen auf zahlreichen Gebieten des Kapitalmarktrechts zur Verbesserung der Transparenz und Integrität der Märkte und des Anlegerschutzes in nationales Recht umgesetzt werden. Dazu gehören insbesondere die Verbesserung der Überwachung von Marktmissbrauch, die Stärkung von Befugnissen und Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden sowie verschärfte Sanktionsmöglichkeiten bei Insiderhandel und Marktmanipulation. Daneben sollen im Nachgang der Änderungen durch das Kleinanlegerschutzgesetz die aufsichtsrechtlichen Befugnisse ergänzt beziehungsweise die gesetzlichen Anforderungen angepasst werden. So soll unter anderem die bestehende Produktinterventionsmöglichkeit der Bundesanstalt für Fi- nanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) um eine Befugnis zum Erlass von Auskunfts- und Vorlageersuchen ergänzt werden, damit geprüft werden kann, ob die Voraussetzungen für solche Interventionsmaßnahmen vorliegen (vgl. bereits Allen & Overy, Newsletter für die Aktiengesellschaft, 4. Quartal 2015, S. 21). Der Bundesrat hat sich dafür ausgesprochen, die Börsen nicht in den Anwendungsbereich des FiMaNoG fallen zu lassen. Hierdurch würden doppelte Zuständigkeiten entstehen, weil neben der Börsenaufsicht der Länder dann auch die BaFin als Bundesbehörde für Kernbereiche der Börsenaufsicht zuständig wäre. Die Bundesregierung lehnt eine Beschränkung der Befugnisse der BaFin jedoch ab. Dies sei wegen der EU-Marktmissbrauchsverordnung nicht möglich. Außerdem betonte der Bundesrat, dass im Rahmen der erhöhten Geldbußen bei Verstößen gegen das WpHG vermieden werden müsse, dass Unternehmen sich der Festsetzung und Vollstreckung von Geldbußen durch Unternehmensumstrukturierungen entziehen. Die Bundesregierung äußerte sich dazu zustimmend. UPDATE: AKTIONÄRSRECHTE-RICHTLINIE Der am 9. April 2014 vorgelegte Entwurf des EUParlaments zur Änderung der sog. AktionärsrechteRichtlinie (Richtlinie 2007/36/EG) (COM (2014) 213 final) ist noch immer nicht verabschiedet worden. Im November/Dezember 2015 durchlief die Revision des Entwurfs das sog. Trilogverfahren, eine nicht-öffentliche Beratung zwischen Kommission, Rat der Europäischen Union und Europäischem Parlament. Zum Jahresbeginn 2016 hat die Präsidentschaft des Rates der Europäischen www.allenovery.de Union gewechselt. Es ist davon auszugehen, dass das neue Präsidium sich erst in den Richtlinien-Entwurf wird einarbeiten müssen. Ein Fortschritt im Gesetzgebungsverfahren ist daher nicht vor Frühjahr 2016 zu erwarten. Entsprechend dürfte auch mit dem Inkrafttreten eines deutschen Umsetzungsgesetzes zur geänderten Aktionärsrechte-Richtlinie nicht vor Mitte 2017 zu rechnen sein. 13 Newsletter für die Aktiengesellschaft | 1. Quartal 2016 GESETZESENTWURF ZUM AREG ANGENOMMEN – PERSÖNLICHE ANFORDERUNGEN AN AUFSICHTSRATSMITGLIEDER ÄNDERN SICH, ÄNDERUNGEN ZUR PFLICHTROTATION DER ABSCHLUSSPRÜFER Am 17. März 2016 hat der Bundestag den Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Abschlussprüfungsreformgesetzes (AReG; BT-Drs. 18/7219) angenommen. Der Gesetzesentwurf dient in erster Linie der Umsetzung der überarbeiteten Abschlussprüferrichtlinie (2014/56/EU). Im Zuge dessen ändern sich auch die persönlichen Anforderungen an die Mitglieder des Aufsichtsrates. Bislang sieht § 100 Abs. 5 AktG vor, dass mindestens ein unabhängiges Mitglied des Aufsichtsrats über Sachverstand auf den Gebieten Rechnungslegung oder Abschlussprüfung verfügen muss. Auf das Merkmal der Unabhängigkeit wird in Zukunft ganz verzichtet. Aufgrund der in § 105 Abs. 1 AktG angelegten institutionellen Trennung des Aufsichtsrats von der Geschäftsleitung soll bereits ein allgemein hohes Maß an Unabhängigkeit sichergestellt sein. Hierdurch sollen in Zukunft auch die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat das Mitglied mit Sachverstand auf den Gebieten der Rechnungslegung oder Abschlussprüfung stellen können, ohne dass die umstrittene Frage beantwortet werden muss, ob seitens der Arbeitnehmervertreter die spezifischen Unabhängigkeitsanforderungen erfüllt sind. Auch weiterhin muss ein Mitglied des Aufsichtsrats über Sachverstand auf den Gebieten der Rechnungslegung oder Abschlussprüfung verfügen. Darüber hinaus müssen die Mitglieder zukünftig in ihrer Gesamtheit mit dem Sektor, in dem die Gesellschaft tätig ist, vertraut sein. Nach der Gesetzesbegründung ist es nicht erforderlich, dass jedes Aufsichtsratsmitglied im Vorfeld seiner Besetzung praktische Erfahrung oder Kenntnisse in dem Sektor gesammelt hat, in dem das Unternehmen tätig ist. Die Vertrautheit mit dem Geschäftsfeld der Gesellschaft soll im Einzelfall auch dann in Betracht kommen, wenn einzelne Mitglieder durch intensive Weiterbildungen Sektorkenntnisse erworben oder im Beteiligungsmanagement oder langjährig als Angehörige der beratenden Berufe einen tief- www.allenovery.de gehenden Einblick in den entsprechenden Sektor gewonnen haben. Die neuen Anforderungen des § 100 Abs. 5 AktG müssen gemäß § 107 Abs. 4 AktG zukünftig auch von den Mitgliedern des Prüfungsausschusses erfüllt werden. Nach der Übergangsregelung müssen die neuen Regelungen der §§ 100 Abs. 5, 107 Abs. 4 AktG so lange nicht angewandt werden, wie alle Mitglieder des Aufsichtsrats und des Prüfungsausschusses vor dem 17. Juni 2016 bestellt worden sind. Zur Vermeidung unnötiger Verwaltungslasten soll so verhindert werden, dass wirksam bestellte Aufsichtsratsmitglieder vorzeitig ausgetauscht werden müssen. Die neuen Vorgaben sind daher zwingend erst bei der nächsten Nachbestellung und damit in der Regel beim nächsten turnusmäßigen Wechsel eines der Mitglieder des Aufsichtsrats anzuwenden. Eine freiwillige frühere Anwendung der neuen Vorgaben bleibt den Unternehmen unbenommen. Weitere Änderungen durch das AreG betreffen unter anderem die von der EU-Abschlussprüferverordnung eingeführte Pflichtrotation. Der deutsche Gesetzgeber eröffnet den kapitalmarktorientierten Unternehmen, mit Ausnahme von Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen, Möglichkeiten zur Verlängerung der Höchstlaufzeit (vgl. § 318 Abs. 1a HGB n.F.). Sie können die Höchstlaufzeit des Prüfungsmandats von 10 auf 20 Jahre verlängern, wenn der Wahl für das 11. Geschäftsjahr in Folge ein Auswahl- und Vorschlagsverfahren vorausgeht. Wenn ab dem 11. Geschäftsjahr mehrere Wirtschaftsprüfer oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften gemeinsam zum Abschlussprüfer bestellt werden (sog. Joint Audit), verlängert sich die Höchstlaufzeit des Prüfungsmandats auf 24 Jahre. Für Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen gilt die Höchstlaufzeit von zehn Jahren (vgl. §§ 340k Abs. 1, 341k Abs. 1 HGB n.F.). 14 Newsletter für die Aktiengesellschaft | 1. Quartal 2016 EU-VORSCHLAG ZUR KODIFIZIERUNG DES EUROPÄISCHEN GESELLSCHAFTSRECHTS Die Europäische Kommission hat am 3. Dezember 2015 einen Vorschlag für eine Richtlinie über „bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts“ veröffentlicht (COM (2015) 616 final). Der Vorschlag zielt auf die Zusammenlegung der wichtigsten gesellschaftsrechtlichen Richtlinien in einer einzigen, allgemeinen Richtlinie. Dies umfasst die Publizitäts-, Kapital-, Spaltungs-, Verschmelzungs-, Internationale Verschmelzungs-, Zweigniederlassungs- und die Registervernetzungsrichtlinie. Diese sollen im Zuge der Verabschiedung der neuen „Gesellschaftsrechtsrichtlinie“ aufgehoben werden. Die Einpersonengesellschafts-Richtlinie ist nicht in den Vorschlag einbezogen. Ziel der Kodifizierung des Europäischen Gesellschaftsrechts in einer einzigen Richtlinie ist, dieses für den Rechtsanwender übersichtlicher und nut- zerfreundlicher zu gestalten. Außerdem soll die Verständlichkeit erhöht und das Risiko von Inkonsistenzen verringert werden. Der 168 Artikel und vier Anhänge umfassende Richtlinienvorschlag soll lediglich formale Änderungen der betroffenen Bestimmungen vornehmen, den materiellen Gehalt der betroffenen Rechtsakte jedoch unverändert lassen. Dies betrifft auch die unterschiedlichen (persönlichen) Anwendungsbereiche der gesellschaftsrechtlichen Richtlinien, welche zum Teil Kapitalgesellschaften im Allgemeinen, zum Teil nur Aktiengesellschaften erfassen. Die Zusammenlegung der Richtlinien soll insoweit keine Änderung der Anwendungsbereiche zur Folge haben. EU-VORSCHLAG ZUR VERSCHIEBUNG DES GELTUNGSBEGINNS DES MIFID-II PAKETES Die Europäische Kommission hat Anfang Februar vorgeschlagen, per Verordnung den Geltungsbeginn des MIFID-II-Paketes vom 3. Januar 2017 um ein Jahr auf den 3. Januar 2018 zu verschieben. Als Begründung führt die Kommission die immensen Herausforderungen bei der technischen Umsetzung an, mit der die ESMA, die nationalen Aufsichtsbehörden sowie Interessenträger konfrontiert sind. Diese seien so groß, dass die für eine effektive Umsetzung erforderlichen Dateninfrastrukturen nicht rechtzeitig bis zum 3. Januar 2017 zur Verfügung stehen können. Das MiFID-II Paket umfasst die MiFIR (Verordnung EU Nr. 600/2014) sowie die MiFID (Richtlinie 2014/65/EU). Gegenstand des Paketes ist die Stärkung und Ersetzung des derzeit geltenden und auch bereits europarechtlich determinierten Rechtsrahmens für Wertpapiermärkte, Anlagevermittler und Handelsplätze. REFERENTENENTWURF DES CSR-RICHTLINIE-UMSETZUNGSGESETZES VERÖFFENTLICHT Am 11. März 2016 hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz einen Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der nichtfinanziellen Berichterstattung der Unternehmen in ihren Lage- und Konzernlageberichten („CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes“) veröffentlicht. Die Richtlinie 2014/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2014 zur Änderung der Richtlinie 2013/34/EU im Hinblick www.allenovery.de auf die Angabe nichtfinanzieller und die Diversität betreffender Informationen durch bestimmte große Unternehmen und Gruppen („CSR-Richtlinie“) ist bis zum 6. Dezember 2016 in deutsches Recht umzusetzen. Insbesondere sollen mit dem Umsetzungsgesetz entsprechend der Vorgaben der CSR-Richtlinie großen Unternehmen von öffentlichem Interesse mit mehr als 500 Be- 15 Newsletter für die Aktiengesellschaft | 1. Quartal 2016 schäftigten neue handelsrechtliche Berichtspflichten für nichtfinanzielle Informationen auferlegt werden. Die nichtfinanzielle Erklärung kann entweder in den (Konzern-)Lagebericht aufgenommen werden oder alternativ in einem gesonderten nichtfinanziellen Bericht außerhalb des (Konzern-)Lageberichts erfolgen (vgl. § 289b HGB-E/§ 315b HGB-E). Berichtet werden muss über Umwelt-, Arbeitnehmer- und Sozialbelange sowie zur Achtung der Menschenrechte, zur Bekämpfung von Korruption und Bestechung (vgl. § 289c HGBE/ § 315c HGB-E). Die nichtfinanzielle Erklärung kann unter Anlehnung an oder unter Verwendung nationaler, europäischer oder internationaler Rahmenwerke für die Berichterstattung erstellt werden. In diesen Fällen ist in der Erklärung anzugeben, welches Rahmenwerk herangezogen wurde (vgl. § 289d HGB-E/§ 315c Abs. 3 HGB-E). Nur unter bestimmten Voraussetzungen besteht die Möglichkeit, bestimmte nachteilige Angaben aus der Veröffentlichung der nichtfinanziellen Erklärung wegzulassen (vgl. § 289e HGB-E/§ 315c Abs. 3 HGB-E). Darüber hinaus ist im Referentenentwurf vorgesehen, dass Unternehmen eine Beschreibung des Diversitätskonzepts im Hinblick auf die Zusammensetzung des vertretungsberechtigten Organs und des Aufsichtsrats in der Erklärung zur Unternehmensführung aufnehmen müssen (vgl. § 289f Abs. 2 Nr. 6 HGB-E/§ 315d HGB-E). Dabei sind bspw. Angaben zu Alter, Geschlecht, Bildungs- oder Berufshintergrund, sowie zu den Zielen des Diversitätskonzepts, der Art und Weise seiner Umsetzung und der im Geschäftsjahr erreichten Ergebnisse zu machen. Sofern die Gesellschaft kein Diversitätskonzept hat, muss sie dies in der Erklärung zur Unternehmensführung erläutern. Der Referentenentwurf des CSR-RichtlinieUmsetzungsgesetzes sieht eine Reihe weiterer Änderungen im HGB und zahlreichen anderen Bundesgesetzen vor. Nach dem Referentenentwurf soll das CSRRichtlinie-Umsetzungsgesetz am Tag nach der Verkündung in Kraft treten. Jedoch sind besondere Übergangsbestimmungen für die einzelnen Vorschriften vorgesehen. STUDIE ZUR VORSTANDS- UND AUFSICHTSRATSVERGÜTUNG Allen & Overy hat – wie schon in den Jahren zuvor – eine Analyse zur Vorstands- und Aufsichtsratsvergütung der DAX-30-Unternehmen (2015) veröffentlicht. Ausweislich der mittlerweile 5. Auflage der Analyse hat sich der Prozess der Ausgestaltung der Vergütungssysteme im Allgemeinen zwar zunehmend standardisiert, dennoch wurden in einigen Unternehmen erneut Änderungen bei den Vergütungssystemen vorgenommen. Dabei stand die Feinjustierung von Parametern für die erfolgsbezogene variable Vergütung im Mittelpunkt, um – wie vom Gesetzgeber gefordert – vor allem Anreize für eine nachhaltige Unternehmensentwicklung zu schaffen. Entsprechend der Empfehlung des DCGK enthalten die Vergütungsberichte der DAX-30-Unternehmen seit dem Geschäftsjahr 2014 Tabellen mit Angaben zu gewährten Zuwendungen und Zuflüssen an die jeweiligen Vorstandsmitglieder (vgl. Ziff. 4.2.5 DCGK). Bei der Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder setzt sich der Trend fort, verstärkt reine Fixvergütungen vorzusehen. Die vollständige Analyse kann unter [email protected] angefordert werden. PLATTFORM ZUM MARKTMISSBRAUCHSRECHT Allen & Overy hat eine Internet-Plattform zur bisher unübersichtlichen Rechtslage des Marktmissbrauchsrechts erstellt. Am 3. Juli 2016 tritt bekanntlich in allen EUMitgliedstaaten die Marktmissbrauchsverordnung www.allenovery.de (MMVO) in Kraft. Kernmaterien des Kapitalmarktrechts – Insiderrecht, Ad hoc-Publizität, das Verbot der Marktmanipulation und die Veröffentlichung von Directors‘ Dealings – werden dann nicht mehr allein durch 16 Newsletter für die Aktiengesellschaft | 1. Quartal 2016 einzelstaatliche Gesetze wie das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG), sondern durch zusätzliche europäische Rechtsakte geregelt. und Monaten – und damit erst kurzfristig vor dem Inkrafttreten – veröffentlicht werden, ist die Rechtslage sehr unübersichtlich geworden. Die MMVO wird dabei insbesondere auf EU-Ebene von zahlreichen Rechtsakten begleitet. Nicht zuletzt weil eine Vielzahl dieser ergänzenden Rechtsakte noch nicht vorliegen und voraussichtlich in den nächsten Wochen Die Website wird regelmäßig aktualisiert und kann unter folgender Adresse aufgerufen werden: http://bit.ly/1RmNsuT www.allenovery.de 17 Newsletter für die Aktiengesellschaft | 1. Quartal 2016 Literatur Daghles, Die Aktienrechtsnovelle 2016, GWR 2016, 45 ff. Haßler, Der vakante Aufsichtsratsvorsitz im Licht von § 80 AktG, Betriebs-Berater 2016, 461 ff. Ihrig/Wandt, Die Aktienrechtsnovelle 2016, BetriebsBerater 2016, 6 ff. Demn. in der NZG 2016: Wandt, Die Auswirkungen der Aktienrechtsnovelle 2016 auf die Einberufung der Hauptversammlung. Stüber, RegE für das Erste Finanzmarktnovellierungsgesetz verabschiedet, Handelsblatt Rechtsboard v. 15. Januar 2016. Wittgens/Fischer, Anwendung einer neuen Berechnungsweise zur Unternehmensbewertung (hier: IDW S1 2005) auf vergangenen Bewertungsstichtag (Anm. zu BGH, Beschl. v. 29.09.2015 – II ZB 23/14), EWiR 2016, 163. Wöller, Drittanstellung und Drittvergütung bei Vorstandsdoppelmandaten, Duncker & Humblot, 2016 (Diss.). Ankündigung Veranstaltungen VERANSTALTUNGEN VON ALLEN & OVERY IN DEUTSCHLAND IM 2. QUARTAL 2016 20. April 2016 | 16.00 – 18.00 Uhr | München Update Iran: Sanktionserleichterungen eröffnen neue Märkte 20. April 2016 | 16.00 – 23.30 Uhr | Düsseldorf Im Dialog mit Allen & Overy – Frühjahrsempfang 27. April 2016 | 12.00 – 14.00 Uhr | Frankfurt am Main M&A Roundtable: Die teuersten Fehler – Rechtsstreit nach M&A-Transaktionen Bei Interesse an einer dieser Veranstaltungen wenden Sie sich bitte an [email protected] oder informieren Sie sich über unsere Events Website unter www.allenovery-event.de www.allenovery.de 18 Newsletter für die Aktiengesellschaft | 1. Quartal 2016 Ansprechpartner Wenn Sie Fragen zu einem der in unserem Newsletter angesprochenen Themen haben, wenden Sie sich bitte an die untenstehend Genannten oder Ihren gewohnten Ansprechpartner bei Allen & Overy LLP. Publikationen können Sie über [email protected] bestellen. Dr. Hans Diekmann Partner Düsseldorf Dr. Christian Eichner Partner Düsseldorf Kontakt Tel +49 211 2806 7101 [email protected] Kontakt Tel +49 211 2806 7114 [email protected] Dr. Hans-Christoph Ihrig Partner Frankfurt Dr. Jens Wagner Counsel München Kontakt Tel +49 69 2648 5682 [email protected] Kontakt Tel +49 89 71043 3112 [email protected] Dr. Andre Wandt Counsel Frankfurt Dr. Jonas Wittgens Counsel Hamburg Kontakt Tel +49 69 2648 5684 [email protected] www.allenovery.de Kontakt Tel +49 40 82221 2158 [email protected] 19 Newsletter für die Aktiengesellschaft | 1. Quartal 2016 Allen & Overy LLP Dreischeibenhaus 1 | 40211 Düsseldorf | Tel +49 211 2806 7000 Bockenheimer Landstraße 2 | 60306 Frankfurt am Main | Tel +49 69 2648 5000 Kehrwieder 12 | 20457 Hamburg | Tel +49 40 82 221 20 Maximilianstraße 35 | 80539 München | Tel +49 89 71043 3000 www.allenovery.de Allen & Overy unterhält eine Datenbank mit Geschäftsadressen, um das Serviceangebot für Mandanten weiterzuentwickeln und zu verbessern. Diese Angaben leiten wir nicht an externe Stellen oder Organisationen weiter. Falls Angaben unzutreffend sind oder Sie keine Veröffentlichungen von Allen & Overy mehr erhalten möchten, wenden Sie sich bitte an [email protected]. In diesem Dokument bezieht sich "Allen & Overy" auf "Allen & Overy LLP bzw. ihre verbundenen Unternehmen". Jeder Hinweis auf Partner bezieht sich auf die Gesellschafter der Allen & Overy LLP bzw. Mitarbeiter oder Berater der Allen & Overy LLP, deren Status und Qualifikationen denen eines Gesellschafters entsprechen, oder eine Person mit gleichwertigem Status in einem verbundenen Unternehmen der Allen & Overy LLP. Die Allen & Overy LLP oder ein Mitglied des Allen & Overy-Verbundes unterhalten Büros in: Abu Dhabi, Amsterdam, Antwerpen, Athen (Repräsentanz), Bangkok, Barcelona, Belfast, Bratislava, Brüssel, Budapest, Bukarest (assoziiertes Büro), Casablanca, Doha, Dubai, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Hanoi, Ho-Chi-Minh-Stadt, Hongkong, Istanbul, Jakarta (assoziiertes Büro), Johannesburg, London, Luxemburg, Madrid, Mailand, Moskau, München, New York, Paris, Peking, Perth, Prag, Rangun, Riad (Kooperationsbüro), Rom, São Paulo, Schanghai, Seoul, Singapur, Sydney, Tokio, Toronto, Warschau, Washington D.C. Dieses Dokument dient nur zur allgemeinen Information und ersetzt nicht die rechtliche Beratung. | FR.20799620 www.allenovery.de 20
© Copyright 2025 ExpyDoc