Handout 2

2. Teil:
Unternehmensnachfolge
von Todes wegen
Univ.-Prof. Dr. Martin Schauer
SS 2016
Inhaltsübersicht
I.
Das Einzelunternehmen im Erbgang
II. Rechtsnachfolge bei Personengesellschaften
III. Rechtsnachfolge bei Kapitalgesellschaften
2
I. Das Einzelunternehmen im Erbgang
A. Kein besonderes „Unternehmenserbrecht“
• nur wenige (privatrechtliche) Sondervorschriften, die sich besonders auf
das Unternehmen im Erbgang beziehen (zB § 32, § 40 UGB)
• vgl aber Anerbenrecht:

Ziel: Sicherung des ungeteilten Erhalts des Erbhofs als wirtschaftlich lebensfähige Einheit

durch Bestimmung eines Anerben

durch Minderung der Pflichtteilsansprüche
3
I. Das Einzelunternehmen im Erbgang
• vgl jetzt aber auch (§ 767 ABGB idF ErbRÄG 2015):

Stundung und Ratenzahlung des Pflichtteils (durch gerichtliche Entscheidung), wenn den
Pflichtteilsschuldner die Erfüllung des Pflichtteilsanspruchs (Geldanspruch) unbillig hart
treffen würde, insb
 wenn er die Wohnung, die der Befriedigung seines dringenden Wohnbedürfnisses
dient, veräußern müsste,
 wenn das Unternehmen, das seine wirtschaftliche Lebensgrundlage dient, veräußern
müsste,
 wenn die sofortige Entrichtung des Pflichtteilsanspruchs den Fortbestand des
Unternehmens erheblich gefährdet
• Stundung und Ratenzahlung auf max 5 Jahre (ausnahmsweise 10 Jahre)
4
I. Das Einzelunternehmen im Erbgang
B. Tod des Unternehmensträgers
• Unternehmen fällt in die Verlassenschaft
• Erbantrittserklärung eines Minderjährigen unterliegt
pflegschaftsgerichtlicher Genehmigung (§ 167 Abs 3 ABGB)

gilt auch für bedingte Erbantrittserklärung
• Eintragung eines Nachlassvertreters im Firmenbuch (§ 32 UGB)

setzt Eintragung des Einzelunternehmers im Firmenbuch voraus
5
I. Das Einzelunternehmen im Erbgang
• einzutragen ist, „wer berechtigt ist, die Verlassenschaft zu vertreten“




zB: verwaltender Erbe (§ 810 ABGB)
Nachlasskurator (§§ 156 f, § 173 AußStrG)
Separationskurator (§ 812 ABGB)
hA: auch die Bestellung (und Eintragung) anderer Vertreter zulässig (OGH GesRZ 1993, 45)
• Bestellung erfolgt (nicht von Amts wegen, sondern) auf Antrag (durch
Nachlassvertreter)
• Eintragung auch dann, wenn für anderweitige Vertretung gesorgt ist (zB
Prokurist)
6
I. Das Einzelunternehmen im Erbgang
C. Haftung des Unternehmenserben
1.
•
•
•
Allgemeine Erbenhaftung
keine besonderen Regeln im ABGB
Erbenhaftung folgt den Grundsätzen der §§ 800 ff ABGB
keine Anwendung von § 1409 ABGB
7
I. Das Einzelunternehmen im Erbgang
2.
Unternehmerische Erbenhaftung: Grundlagen
• Fortführung des zum Nachlass gehörigen Geschäfts durch den Erben: Haftung nach
§ 40 UGB
• Anwendungsbereich:




steht im 1. Buch des UGB
anwendbar auf Unternehmer kraft Unternehmensbetriebs
Ausnahme: Land- und Forstwirte, freie Berufe
 diese unterliegen dem 1. Buch nur bei (freiwilliger) Eintragung im Firmenbuch
Anwendungsvoraussetzung: Unternehmen ist Bestandteil des Nachlasses
 Eintragung im Firmenbuch nicht relevant
keine Anwendung, wenn Gesellschaftsanteile in den Nachlass fallen
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Das Einzelunternehmen im Erbgang
• Rechtsfolge:
 Erbe haftet für unternehmensbezogene Verbindlichkeiten unbeschränkt

gilt unabhängig von erbrechtlichen Haftung nach ABGB
 § 40 UGB enthält Altschuldenhaftung (wie erbrechtliche Haftung)
• Zweck der Bestimmung
 Prinzip der unbeschränkten Haftung des Unternehmensträgers
9
I. Das Einzelunternehmen im Erbgang
2. Unternehmerische Erbenhaftung: Haftungsvermeidung
•
Einstellung des Unternehmens innerhalb von drei Monaten


•
Fristbeginn: Einantwortung
analoge Anwendung des Haftungsausschlusses bei Unternehmensveräußerung innerhalb
der dreimonatigen Frist? (str)
Haftungsausschluss in sinngemäßer Anwendung von § 38 Abs 4 UGB



Eintragung in das Firmenbuch
Bekanntmachung auf verkehrsübliche Weise
Mitteilung an Gläubiger
10
I. Das Einzelunternehmen im Erbgang
D. Übergang von Rechtsverhältnissen
• Erbe tritt mit Einantwortung in vererbliche Rechtsverhältnisse ein
• Übergang mit Mietverträgen über Geschäftsräume (§ 12a MRG)
 § 12a Abs 1: Unternehmensveräußerung führt zu

gesetzlichem Vertragsübergang auf Unternehmenserwerber

(allenfalls) Mietzinsanhebung durch Vermieter
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I. Das Einzelunternehmen im Erbgang
 Relevanz im Erbgang?
 Einzelunternehmen (§ 12a Abs 1)
 Veräußerung ist Eigentumsübertragung durch Einzelrechtsnachfolge
i.
auf erbrechtliche Gesamtrechtsnachfolge nicht anwendbar (keine Mietzinserhöhung)
ii.
hingegen anwendbar auf Erwerb durch Vermächtnis
 Einzelunternehmen: Abschluss des Mietvertrags vor dem 1. März 1994
(§ 46a Abs 2 MRG):
i.
erbrechtlicher Erwerb führt (ausnahmsweise) zu Recht auf Mietzinserhöhung
ii.
verhältnismäßig verteilt über 15 Jahre (15tel-Anhebung)
12
I. Das Einzelunternehmen im Erbgang
E. Miterbengemeinschaft
• Rechtsübergang mit Einantwortung
• Erbengemeinschaft nach österreichischem Recht kein geeigneter
Unternehmensträger
• gemeinschaftlicher Fortbetrieb des Unternehmens durch die Erben
(affectio societatis):

konkludente Gründung einer GesBR

firmenbuchrechtliche Eintragungspflicht als OG oder KG möglich (§ 8 Abs 3 iVm § 189 UGB)
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I. Das Einzelunternehmen im Erbgang
F. Unternehmen als Legatsgegenstand
•
•
Unternehmen kann als Ganzes den Gegenstand eines Vermächtnisses bilden (vgl § 653 Abs 1 ABGB)
Vermächtnisnehmer erwirbt durch Einzelrechtsnachfolge
 Rechtsübergang wie beim Erwerb unter Lebenden
 Verfügungsgeschäft für jede zum Unternehmen gehörige Sache
 Vertragsübergang nur mit Dreiparteieneinigung
 außer gesetzlicher Vertragsübergang: § 12a Abs 1 MRG





Veräußerung ist rechtsgeschäftliche Eigentumsübertragung durch Einzelrechtsnachfolge
trifft auf Vermächtnis zu
Mietzinserhöhung möglich (vgl aber Abs 4: „Erbenprivileg“)
§ 3 AVRAG
§§ 69 ff VersVG
14
I. Das Einzelunternehmen im Erbgang
• Haftung des Legatars:







§ 40 UGB nicht anwendbar
hA: keine Haftung nach § 1409 ABGB
§ 653 Abs 2 ABGB: Legatar übernimmt „die darauf haftenden Lasten“
hA: nicht nur dingliche Lasten, sondern auch gegenstandsbezogene obligatorische Pflichten
(dies aber nur im Innenverhältnis zum Erben: kein Schuldbeitritt)
deshalb auch: unternehmensbezogene Verbindlichkeiten
§§ 38 f UGB auf Erwerb durch Vermächtnis (analog) anwendbar
(Kombination aus Erbenhaftung nach § 38 UGB und Legatarshaftung möglich)
15
II. Rechtsnachfolge bei
Personengesellschaften
• Eingetragene Personengesellschaft (OG, KG)
• Stille Gesellschaft
• Gesellschaft bürgerlichen Rechts
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II. Rechtsnachfolge bei
Personengesellschaften: OG/KG
A. Gesetzliche Rechtsfolge bei Tod eines Gesellschafters
a) OG-Gesellschafter oder Komplementär bei KG
•
§ 131 Z 4 UGB: Tod eines Gesellschafters führt zur Auflösung der Gesellschaft, sofern
nicht aus dem Gesellschaftsvertrag ein anderes sich ergibt
• Rechtsfolgen der Auflösung (I)




Gesellschaft besteht fort
Durchführung eines Liquidationsverfahrens (§§ 145 ff UGB)
auch Nachlass ist Liquidationsgesellschafter
Erbenmehrheit:
 Bestellung eines gemeinsamen Vertreters (§ 146 Abs 1 Satz 3 UGB)
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II. Rechtsnachfolge bei
Personengesellschaften: OG/KG
•
Rechtsfolgen der Auflösung (II)
 Einantwortung:
 Mitgliedschaft geht auf Erben über
 Teilung der Mitgliedschaft nach Erbquoten
 Haftung: nach erbrechtlichen Grundsätzen beschränkbar (OGH JBl 1963, 207)
 Fortsetzungsbeschluss:
 möglich bis zur Vollbeendigung
 verbleibende Gesellschafter haben die Möglichkeit, die Fortsetzung der Gesellschaft
unter Ausschluss des Nachlasses (Erben) zu beschließen (§ 141 Abs 1 UGB)
 Nachlass (Erbe) scheidet dann aus der Gesellschaft aus
 Abfindungsguthaben muss von der Gesellschaft ausbezahlt werden
 Berechnung nach § 137 Abs 2 UGB (Grundlage: Unternehmensfortführung) oder
vertraglicher Vereinbarung (zB Buchwertklausel)
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II. Rechtsnachfolge bei
Personengesellschaften: OG/KG
b) Kommanditist
• § 177 UGB:

Tod des Kommanditisten führt nicht zur Auflösung der Gesellschaft

Anteil vererblich
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II. Rechtsnachfolge bei
Personengesellschaften: OG/KG
B. Vertragliche Regelungen
a) Grundlagen
• Gesellschaftsvertrag bestimmt, ob die Mitgliedschaft vererblich ist (zB:
volle Vererblichkeit, Umwandlung in Kommanditanteil, Unvererblichkeit)
• Erbrecht regelt, wer den Nachlass (die Mitgliedschaft) erhält
• Abstimmung erbrechtlicher und gesellschaftsrechtlicher Regelung wichtig!
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II. Rechtsnachfolge bei
Personengesellschaften: OG/KG
b) Fortsetzungsklausel (Anwachsungsklausel)
•
Fortführung der Gesellschaft und Erlöschen der Mitgliedschaft des verstorbenen
Gesellschafters
 Beispiel:
„(1) Die Gesellschaft ist bei Vorliegen der gesetzlichen Auflösungsgründe (§ 131 UGB)
aufgelöst.
(2) Abweichend von Abs 1 wird sie von den übrigen Gesellschaftern fortgesetzt im Falle
... des Todes eines Gesellschafters.
(3) Derjenige Gesellschafter, in dessen Person ein Ereignis nach Abs 2 eintritt, scheidet mit
dem Zeitpunkt aus der Gesellschaft, in welchem andernfalls die Gesellschaft aufgelöst
würde.“ (Münchener Vertragshandbuch Gesellschaftsrecht)
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II. Rechtsnachfolge bei
Personengesellschaften: OG/KG
• Rechtsfolgen I





Mitgliedschaft des verstorbenen Gesellschafters erlischt mit seinem Tod
verbleibende Gesellschafter setzen die Gesellschaft unter sich fort
Gesellschaftsanteil des Verstorbenen wächst den Mitgesellschaftern ipso iure an
Fortsetzungsbeschluss nicht erforderlich (anders als im Fall des § 141 Abs 1 UGB)
bei Verbleiben eines einzigen Gesellschafters:

Gesellschaft erlischt ohne Liquidation

Vermögen der Gesellschaft (Rechte und Verbindlichkeiten) geht durch
Gesamtrechtsnachfolge auf verbliebenen Gesellschafter über (§ 142 Abs 1 UGB)
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II. Rechtsnachfolge bei
Personengesellschaften: OG/KG
• Rechtsfolgen II

Erblasser ist im FB zu löschen (§ 143 Abs 2 UGB)

FB-Eingabe durch alle, auch ausgeschiedenen Gesellschafter

daher: einschließlich Nachlass oder Erben



vgl aber § 143 Abs 3 UGB (erleichterte Anmeldung des Ausscheidens ohne Mitwirkung
der Erben)
Abfindungsanspruch entsteht
Nachlass an Vereinbarungen über Höhe des Anspruchs oder Modalitäten der Leistung
(Stundung, Ratenzahlung) grundsätzlich gebunden
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II. Rechtsnachfolge bei
Personengesellschaften: OG/KG
• Ausschluss des Abfindungsanspruchs?
 nach hA möglich
 OGH bisher: entgeltliches Geschäft
 keine Pflichtteilserhöhung wegen Schenkung (GesRZ 1993, 38)
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II. Rechtsnachfolge bei
Personengesellschaften: OG/KG
 Lehre: differenzierende Lösungen
 wechselseitige Klausel: Entgeltlichkeit wegen „Glücksspieltheorie“
 einseitige Klausel: unentgeltliche Zuwendung
 Berücksichtigung der „Zuwachschancen“ (ZB Nitsche, GesRZ 1994, 97)
 vgl jetzt aber § 781 Abs 2 Z 6 ABGB idF ErbRÄG 2015: „Als Schenkung in diesem
Sinn gilt auch … 6. jede andere Leistung, die ihrem wirtschaftlichen Gehalt
einem unentgeltlichen Rechtsgeschäft unter Lebenden gleichkommt.“
Erl RV: „Dazu können etwa einseitig begünstigende Nachfolgeregelungen in
Gesellschaftsverträgen zählen.“
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II. Rechtsnachfolge bei
Personengesellschaften: OG/KG
• Haftung der Erben

mangels Eintritts in die Gesellschaft keine Haftung nach §§ 128, 130 UGB

Erben haften als Gesamtrechtsnachfolger eines ausgeschiedenen Gesellschafters

Haftungsbegrenzung gemäß § 160 UGB

überdies: erbrechtliche Haftungsbegrenzung


gilt mE auch für Verbindlichkeiten, die nach dem Tod des Erblassers, aber vor dem
Ende der Fünfjahres-Frist des § 160 Abs 1 UGB entstehen
Unterbleiben der Eintragung des Ausscheidens des Erblassers im FB: Rechtsscheinhaftung
gemäß § 15 Abs 1 UGB
26
II. Rechtsnachfolge bei
Personengesellschaften: OG/KG
c) Nachfolgeklausel (Vererbungsklausel)
•
Fortführung der Gesellschaft und Nachrücken des (der) Erben in die Mitgliedschaft des
Erblassers
 Beispiel: „Stirbt ein Gesellschafter, so wird die Gesellschaft zunächst mit der
Verlassenschaft, nach der Einantwortung mit dem oder den Erben fortgeführt.“
(Harrer/Pira in Ch. Nowotny/Winkler [Hrsg], Wiener Vertragshandbuch Bd 4 [2009]).
•
•
Vorteil: Verhinderung von Vermögensabflüssen
Nachteile:

kein Schutz vor „Unqualifizierten“

Zersplitterung der Anteile
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II. Rechtsnachfolge bei
Personengesellschaften: OG/KG
• Nach dem Tod:

Fortführung mit dem ruhenden Nachlass (§ 139 Abs 1 UGB)

Nachlass hat grundsätzlich dieselben Mitgliedschaftsrechte und –pflichten wie der
Erblasser

Nachlass wird vertreten durch verwaltenden Erben (§ 810 ABGB) oder Kurator (§§ 156 f, §
173 AußStrG; § 812 ABGB)

Eintragung des Nachlassvertreters ins Firmenbuch (nach dem Tod eines
vertretungsbefugten Gesellschafters) (§ 32 Abs 1 UGB)
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II. Rechtsnachfolge bei
Personengesellschaften: OG/KG
• Nach der Einantwortung:

Erbe folgt ipso iure in die Mitgliedschaft (keine besondere Eintrittserklärung erforderlich)

grundsätzlich dieselbe Rechtsstellung wie der Erblasser

abweichende Vereinbarungen möglich (zB bezüglich Geschäftsführung, Vertretung,
Gewinn- und Verlustbeteiligung, Umwandlung in Kommanditanteil, Umwandlung der
Kommanditbeteiligung im Komplementärstellung) (Vgl OGH RdW 1998, 402)

zB: „Erben sind, so lange zumindest ein geschäftsführungsbefugter GründerGesellschafter der Gesellschaft angehört, nicht geschäftsführungs- und
vertretungsbefugt.“ (Harrer/Pira in Ch. Nowotny/Winkler [Hrsg], Wiener Vertragshandbuch Bd 4 [2009])
29
II. Rechtsnachfolge bei
Personengesellschaften: OG/KG
• Nachfolge durch Miterben:


Aufspaltung der Mitgliedschaft nach Erbquoten, keine Rechtsgemeinschaft an
Mitgliedschaf
Bestellung eines gemeinsamen Vertreters bei Erbenmehrheit (OGH SZ 39/164)
• Haftung nach der Einantwortung:


Haftung für Altschulden aus doppeltem Rechtsgrund (erbrechtlich; §§ 128, 130 UGB) (OGH
RdW 1989, 129)
Haftung für Neuschulden gem § 128 UGB
30
II. Rechtsnachfolge bei
Personengesellschaften: OG/KG
• § 139 UGB: Umwandlung der Mitgliedschaft in Kommanditanteil (I)
 Zweck: Erbe, der durch Nachfolgeklausel zur Weiterführung der Mitgliedschaft gezwungen
ist, soll geschützt werden vor der unbeschränkten Gesellschafterhaftung (für Alt- und
Neuschulden) sowie vor Eingriffen in seine Privatsphäre durch Pflicht zur Geschäftsführung
 Individualrecht eines jeden Erben
 Antrag auf Umwandlung der Einlage des Erblassers in eine Kommanditeinlage
 Frist: drei Monate ab Einantwortung (§ 139 Abs 3 UGB)
 Annahmebedürftigkeit durch alle übrigen Gesellschafter
 bei Ablehnung Recht des Erben auf (Austritts-)Kündigung
31
II. Rechtsnachfolge bei
Personengesellschaften: OG/KG
• § 139 UGB: Umwandlung der Mitgliedschaft in Kommanditanteil (II)

Erbenrechte nach § 139 UGB weder durch Gesellschaftsvertrag (§ 139 Abs 5 UGB) noch
durch letztwillige Verfügung (§ 803 Abs 1 ABGB) ausschließbar (anders hM)

abweichender Gewinnanteil möglich

mögliche Rechtsfolgen:

i.
ii.
Erbe macht von § 139 UGB keinen Gebrauch (oder: Gesellschaft nehmen Antrag nicht
an, Erbe kündigt nicht)
Fortführung der Mitgliedschaft als OG-Gesellschafter
haftungsrechtliche Konsequenzen gemäß §§ 128, 130 UGB
32
II. Rechtsnachfolge bei
Personengesellschaften: OG/KG
•
§ 139 UGB: Umwandlung der Mitgliedschaft in Kommanditanteil (III)
 Erbe kündigt mangels Annahme seines Antrags
i. scheidet aus der Gesellschaft aus
ii. Fortsetzung durch die verbleibenden Gesellschafter
iii. Erbe erhält Abfindungsguthaben
iv. haftungsrechtliche Konsequenzen wie bei Fortsetzungsklausel
 Erbe beantragt Umwandlung, übrige Gesellschafter nehmen an
i. Erbe wird Kommanditist
ii. Haftung gemäß §§ 171, 172 UGB
iii. Bemessung der Haftsumme
i. hL: buchmäßiger Kapitalanteil zuzüglich noch ausstehender Einlagen
ii. Problem: negativer Kapitalanteil
iii. symbolischer Betrag (zB 1 Euro; hM)
33
II. Rechtsnachfolge bei
Personengesellschaften: OG/KG
• Erbantrittserklärung Minderjähriger bedarf gerichtlicher Genehmigung (§
167 Abs 3 ABGB)

Vertretung durch beide Elternteile und Genehmigungsbedürftigkeit: „der, auch
erbrechtliche, Eintritt in eine … Gesellschaft“ (§ 167 Abs 3 ABGB)

Genehmigungsbedürftigkeit mE zu beschränken auf jene Fälle, in denen die Haftungsrisiken
den ordentlichen Wirtschaftsbetrieb überschreiten (§ 167 Abs 3 ABGB)

Genehmigungsbedürftigkeit regelmäßig beim Erwerb eines OG-Anteils

keine Genehmigungsbedürftigkeit beim Erwerb voll eingezahlter Kommanditanteile
(ebenso GmbH-Anteile, Aktien)

in Zweifelsfällen Einholung der Genehmigung empfehlenswert
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II. Rechtsnachfolge bei
Personengesellschaften: OG/KG
d) Qualifizierte Nachfolgeklausel
• Fortführung der Gesellschaft mit Erben, der besondere Merkmale erfüllt
• Nachfolge durch einen oder mehrere Erben möglich je nach Regelung des
Gesellschaftsvertrags
• „weichende“ Erben werden nicht Gesellschafter
 Beispiel: „Beim Tod eines Gesellschafters wird die Gesellschaft immer nur mit dem ältesten,
leiblichen Abkömmling des Verstorbenen als Nachfolger fortgesetzt.“ (eventuell zusätzlich:
„Ist ein leiblicher Abkömmling des Verstorbenen nicht vorhanden, so wird die Gesellschaft –
unter Ausschluss der Erben des Verstorbenen, die abgefunden werden – von den übrigen
Gesellschaftern fortgesetzt“). (Münchener Vertragshandbuch Gesellschaftsrecht).
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II. Rechtsnachfolge bei
Personengesellschaften: OG/KG
• Vorteile

Gesellschafter können ihre Interessen bei der Nachfolge gegenüber der Testierfreiheit des
Erblassers wahren (Nachrücken durch „Unqualifizierte“ wird verhindert)

Vermeidung von Anteilszersplitterung
• Nachteile:

Rechtsunsicherheit durch (fehlende) österreichische Rechtsprechung ((Vgl nur OGH GesRZ
1993, 40; dagegen BGHZ 68, 225)

Probleme bei mangelnder Abstimmung von gesellschaftsrechtlicher und erbrechtlicher
Regelung
36
II. Rechtsnachfolge bei
Personengesellschaften: OG/KG
• Rechtsfolgen (I)

Nachfolger erwirbt erbrechtlich

muss Erbe sein (gleichgültig mit welcher Quote)

andernfalls: Umdeutung der Nachfolgeklausel in Eintrittsklausel#

Rechtsübergang vollzieht sich mit Einantwortung

rückt in die gesamte Mitgliedschaft des Erblassers nach (hA)

Rechtfertigung in der Besonderheit der Mitgliedschaft: Kann der Gesellschaftsvertrag
die Art der Rechtsbeziehung zwischen der Gesellschaft und den einzelnen Erben
regeln, so muss es auch möglich sein festzulegen, dass nur ein Erbe nachrückt
37
II. Rechtsnachfolge bei
Personengesellschaften: OG/KG
• Rechtsfolgen (II)

Ausgleichsanspruch der weichenden Erben (hA)

Begründung: Rechtsanalogie zu § 10 AnerbenG, § 14 WEG

erbrechtlicher Anspruch, gerichtet auf Geld

unterliegt erblasserischer Disposition (bis zur Grenze des Pflichtteilsrechts)

kein Ausschluss durch Gesellschaftsvertrag möglich
38
II. Rechtsnachfolge bei
Personengesellschaften: OG/KG
e) Eintrittsklausel
•
•
•
•
Fortsetzungsklausel bei gleichzeitigem Eintrittsrecht eines Dritten
Mitgliedschaft des Erblassers erlischt
wird zu Gunsten des Eintretenden neu begründet (Vertrag zu Gunsten Dritter)
Probleme:

Gegenstand der Zuwendung: Eintrittsrecht oder Kapitalanteil?

Formpflicht des Valutaverhältnisses (Erblasser – Begünstigter): Vermächtnis?
39
II. Rechtsnachfolge bei PersGes.:
Stille Gesellschaft
Tod des Inhabers des Unternehmens:
 Auflösung der Gesellschaft (§ 185 Abs 2 UGB)
• Tod des stillen Gesellschafters:
 Gesellschaft besteht fort (§ 184 Abs 2 UGB)
 Rechtsverhältnis vererblich
• abweichende Regelungen im Vertrag möglich
40
II. Rechtsnachfolge bei PersGes.:
Gesellschaft bürgerlichen Rechts
• GesBR durch das GesBR-Reformgesetz neu geregelt (BGBl I 2014/83)
• Rechtslage entspricht jetzt der OG:
• Tod eines Gesellschafters führt zur Auflösung der Gesellschaft (§ 1208 Z 5
ABGB)
• Fortsetzungsbeschluss durch die übrigen Gesellschafter ist möglich (§ 1214
Abs 1 ABGB)
• führt zum Ausscheiden des ruhenden Nachlasses bzw des Erben
• bei Nachfolgeklausel: Erbe kann Umwandlung in KG und Umwandlung der
Beteiligung des Erblassers in Kommanditbeteiligung verlangen (andernfalls
Ausscheiden aus der Gesellschaft möglich) (§ 1205 ABGB)
41
III. Rechtsnachfolge bei
Kapitalgesellschaften
A. GmbH
B. Aktiengesellschaft
42
III. Rechtsnachfolge bei
Kapitalgesellschaften: GmbH
1. Gesetzliche Regelung
• Tod des Gesellschafters hat keinen Einfluss auf den Bestand der
Gesellschaft
• Anteil vererblich (§ 76 Abs 1 GmbHG)
• Übergang auf den ruhenden Nachlass und (mit Einantwortung) auf den/die
Erben



Nachlass übt Gesellschafterrechte aus
Vertretung durch verwaltenden Erben (§ 810 ABGB) oder Nachlasskurator
§ 32 UGB (Verlassenschaftsprovisorium) nicht anwendbar
43
III. Rechtsnachfolge bei
Kapitalgesellschaften: GmbH
• Nachweis des Rechtsübergangs gegenüber den Geschäftsführern, sodann:
• Anmeldung der Eintragung des Gesellschafterwechsels im FB durch
Geschäftsführer (§ 26 Abs 1 GmbHG)
• Erbe ist anderer Gesellschafter:
 Verschmelzung mit bei diesem bereits vorhandenem Anteil
 Grund: Einheitlichkeit des Geschäftsanteils (Stammeinlage) (§ 75 Abs 2 GmbHG, § 6 Abs 3
GmbHG)
 Zuerwerb weiterer Anteile führt zu Anwachsung
44
III. Rechtsnachfolge bei
Kapitalgesellschaften: GmbH
• Erbenmehrheit:



keine ipso-iure-Teil des Geschäftsanteils
Erben bilden Rechtsgemeinschaft am Anteil (§ 80 GmbHG)
 gemeinschaftliche Ausübung der Rechte (insb Verwaltungsrechte)
 Satzung kann die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters vorsehen
Teilung des Anteils möglich (§ 79 Abs 1 GmbHG)
 auch ohne Gestattung im Gesellschaftsvertrag (anders bei Teilung unter Lebenden)
 jeder Anteil muss Mindestkapitalisierung entsprechen (70 €; § 10 Abs 1 GmbHG)
 Gesellschaftsvertrag kann Teilung der Zustimmung der Gesellschaft vorbehalten (§ 79
Abs 2 GmbHG)
 zuständig für Erteilung der Zustimmung iZw die Generalversammlung ((OGH SZ
47/143)
 Zustimmung in Schriftform (§ 79 Abs 3 GmbHG)
45
III. Rechtsnachfolge bei
Kapitalgesellschaften: GmbH
• Übertragung durch Vermächtnis




GmbH-Anteil tauglicher Vermächtnisgegenstand
Übertragungspflicht des Erben an den Legatar (OGH SZ 59/219)
Titel formgültig errichtetes Legat; Notariatsakt nicht erforderlich
Amtsbestätigung gemäß § 182 Abs 3 AußStrG ersetzt Notariatsakt für Rechtsübergang des
Geschäftsanteils an Legatar (Koppensteiner/Rüffler, GmbHG3 § 76 Rz 26; ebenso zu § 178
AußStrG aF OGH RdW 2000/592, 608)
 kein ipso-iure-Übergang von Syndikatsverträgen
 müssen überbunden werden
 Erblasser kann die Übernahme dem Vermächtnisnehmer zur Auflage machen
• Bemessung der Pflichtteile nach dem Wert des Gesellschaftsanteils
46
III. Rechtsnachfolge bei
Kapitalgesellschaften: GmbH
2. Gestaltungen durch Gesellschaftsvertrag
• Rechtsstellung des Erben kann von jener des Erblassers abweichend
gestaltet sein (zB Sonderrechte des Erblassers erlöschen)
• Ausschluss der Vererblichkeit des Anteils und „Akkreszenz“ zu Gunsten der
verbleibenden Gesellschafter? (I)




nach hA ausgeschlossen (ZB OGH SZ 5/164; OLG Wien, GeS 2005, 371)
Kautelarjuristischer Ausweg:
Vereinbarung eines statutarischen (satzungsmäßigen) Aufgriffsrechts der anderen
Gesellschafter
 allenfalls auch Aufgriffspflicht
Notariatsaktspflicht
47
III. Rechtsnachfolge bei
Kapitalgesellschaften: GmbH
• Ausschluss der Vererblichkeit des Anteils und „Akkreszenz“ zu Gunsten der
verbleibenden Gesellschafter? (II)

hR: Aufgriffsrecht hat nur schuldrechtliche Wirkung (OGH GesRZ 1994, 141)

Geschäftsanteil fällt in den Nachlass

ist an den Begünstigten abzutreten

Verfügungsgeschäft notariatsaktspflichtig (Kritisch, im Ergebnis aber zustimmend Kalss,
Kapitalgesellschaftsrecht, in: Kalss/Schauer (Hrsg), Unternehmensnachfolge 83 f.)

Abfindung des ausgeschiedenen Gesellschafters darf nicht aus dem
Gesellschaftsvermögen bezahlt werden (Verstoß gegen Verbot der
Einlagenrückgewähr) (OLG Wien, GeS 2005, 371)
48
III. Rechtsnachfolge bei
Kapitalgesellschaften: GmbH
3. Syndikatsverträge
• Stimmbindungs- (Pool-)Verträge
• haben den Zweck, durch gemeinsame Ausübung von Gesellschafterrechten
das Gewicht der Einflussnahme zu erhöhen
• sind nicht Bestandteil des Gesellschaftsvertrags, sondern werden neben
diesem abgeschlossen (von mehreren, unter Umständen von allen
Gesellschaftern)
• sind Gesellschaften bürgerlichen Rechts (hA)
• ausdrückliche Anordnung des Rechtsübergang auf Erben empfehlenswert
(So M. Tichy, Syndikatsverträge 196)
49
III. Rechtsnachfolge bei
Kapitalgesellschaften: AG
1. Gesetzliche Regelung:
• Tod des Aktionärs hat keinen Einfluss auf den Bestand der Gesellschaft
• Anteil vererblich (gilt für Inhaber- und Namensaktien)
• Übergang auf den ruhenden Nachlass und (mit Einantwortung) auf den/die
Erben

Namensaktien: Eintragung im Aktienbuch (§ 61 Abs 2 S 1 AktG)
50
III. Rechtsnachfolge bei
Kapitalgesellschaften: AG
• Erbengemeinschaft:

Aktie unteilbar

Teilung würde Änderung der Nennbeträge (Nennbetragsaktien) oder der Stückzahl
(Stückaktien) erfordern (Satzungsänderung)

Entstehung einer Rechtsgemeinschaft an der Aktie (§ 63 AktG)

Ausübung der Rechte nur durch einen gemeinsamen Vertreter

Gesamtschuldnerschaft für Verbindlichkeiten

passive Empfangszuständigkeit jedes Einzelnen für Erklärungen der Gesellschaft, solange
kein gemeinsamer Vertreter bestellt ist (bei erbserklärten Erben erst mit Überlassung der
Besorgung und Verwaltung der Verlassenschaft)
51
III. Rechtsnachfolge bei
Kapitalgesellschaften: AG
2. Gestaltung durch Satzung
• vinkulierte Namenaktien (§ 62 Abs 2 AktG)


Verfügungsbeschränkung
Vinkulierung bezieht sich nicht auf erbrechtliche Gesamtrechtsnachfolge (wohl aber auf
Vermächtnis)
• keine Vereinbarung staturarischer (satzungsmäßiger) Aufgriffsrechte

auch bei vinkulierten Namensaktien (hM)
• schuldrechtliche Aufgriffsrechte im Verhältnis zwischen den Aktionären
(insb durch Syndikatsvertrag)


pflichtwidrige Verfügungen des Aktionärs (Erben) hindern die Wirksamkeit nicht
können Schadenersatzpflichten auslösen
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