Niedergelassene Ärzte ziehen den Kürzeren

Onkologie: Niedergelassene Ärzte ziehen den Kürzeren
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Ärzte Zeitung online, 15.02.2016 17:20
Onkologie
Niedergelassene Ärzte ziehen den Kürzeren
Niedergelassene Onkologen sind Krankenhäusern gegenüber im Nachteil. Eine neue Studie wirft
Licht auf den Verdrängungswettbewerb - und schlägt eine Lösung vor.
Von Anne Zegelman
Versorgung in der Onkologie-Praxis: Niedergelassene Onkologen sind gegenüber Kliniken oft benachteiligt.
© Klaus Rose
BERLIN. Die Politik muss niedergelassenen Ärzten die gleichen Möglichkeiten einräumen wie den Kliniken das hat Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der KBV, am Montag in Berlin bei der Präsentation
einer Studie zum Wettbewerb in der ambulanten onkologischen Versorgung gefordert. Gassen sprach sich
für eine faire Allokation der Ressourcen aus, die dem Leistungsgeschehen entspreche.
Finanzieren ließe sich dies, so sein Vorschlag, aus den rund vier bis sieben Milliarden Euro im Jahr, die die
Krankenhäuser mit der Versorgung von Patienten erzielen, die eigentlich ambulant versorgt werden
müssten.
Der Berufsverband der Niedergelassenen Hämatologen und Onkologen (BNHO) hat nun eine Studie
vorgelegt, die den Wettbewerb zwischen Vertragsärzten und Kliniken unter die Lupe nimmt. Die Analyse
der Düsseldorfer DICE Consultant im Auftrag des BNHO kommt zu dem Schluss, dass Praxen im Vergleich
zu Kliniken erhebliche Wettbewerbsnachteile hinnehmen müssen.
Wettbewerb vor allem in den Ballungsräumen
Die zunehmende Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung führe zu einem
Verdrängungswettbewerb in der onkologischen Versorgung vor allem in den Ballungsräumen.
"Krankenhäuser bieten, salopp gesagt, ein Rundum-Paket an", sagte Studienautor Professor Justus
Haucap mit Blick darauf, dass die gesamte Behandlung unter einem Dach stattfinden kann.
Darüber hinaus können Krankenhäuser Personal und Geräte, die für die stationäre Versorgung vorgesehen
sind, auch in der Ambulanz nutzen. Zudem profitierten die Krankenhäuser von der Möglichkeit, Arzneimittel
aus den Krankenhausapotheken in den ambulanten Bereich zu steuern.
Vor allem die Onkologie erweise sich dabei als lukrative Einnahmequelle. Mit dieser Querfinanzierung
könnten Krankenhäuser andere Bereiche defizitär betreiben.
Die Studie untermauert dies mit Zahlen. So sind die Medikamentenerlöse bei einer Auswahl an
Therapiemöglichkeiten bei einem kolorektalen Karzinom fast doppelt so hoch wie das, was ein Arzt
erwirtschaftet. "Das legt die Vermutung nahe, dass ein großes Augenmerk auf die Medikamente gelegt
wird", so Haucap.
Als These formuliert die Studie, Krankenhäuser könnten sich gezielt profitable Patienten aussuchen.
Weniger profitable Patienten könnten hingegen an die niedergelassenen Fachärzte weitergeleitet werden und die Facharztlandschaft dadurch wirtschaftlich ausgedünnt werden.
16.02.2016 09:05
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Keine Chance im Konkurrenzkampf
Die Struktur sorgt laut Studie dafür, dass ambulant tätige Ärzte keine Chance haben, im Konkurrenzkampf
zu bestehen: "Selbst mit defizitärem Betrieb können Krankenhäuser niedergelassenen Ärzten Konkurrenz
machen, da die Niedergelassenen ihre Defizite nicht durch die öffentliche Hand ausgleichen lassen können",
so Haucap.
Um die Praxis-Strukturen zu erhalten, sollten Kliniken und Niedergelassene sich in Netzwerken verzahnen
und regionale Versorgungsnetzwerke gründen, so die Quintessenz.
BNHO-Vorsitzender Professor Stephan Schmitz forderte eine systematische Diskussion über die
Bedingungen und Folgen einer "wettbewerblichen Ausrichtung an der Schnittstelle Krankenhaus". Es
müssten Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit eine am Patientenwohl orientierte Versorgung
nicht hinter ökonomischen Zielen zurückbliebe.
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