White Paper „Multikanalvertrieb in Zeiten der Digitalisierung“ Fünf zentrale Stellhebel für den Bankvertrieb der Zukunft Dr. Marcus Niebudek Daniel Bruch 2015 www.horvath-partners.com White Paper: Multikanalvertrieb in Zeiten der Digitalisierung 1. Management Summary Der Vertrieb von Finanzdienstleistungen erfährt wie nahezu keine andere Branche einen massiven Wandel, der nicht nur von steigenden regulatorischen Anforderungen, sondern insbesondere von veränderten Kundenerwartungen getragen wird. Die Gründe für die Veränderungen im Informations- und Abschlussverhalten der Kunden liegen dabei größtenteils in den innovativen und kundenfreundlichen digitalen Angeboten anderer Branchen, die die Messlatte immer höher legen und bei Kunden neue Erwartungen wecken. Diese Entwicklung erfordert eine merkliche Anpassung bestehender Vertriebsstrukturen im direkten Kontakt zwischen Banken und ihren Kunden. Ein zielgerichtetes Multikanalmanagement und eine dazugehörige Cross-Media-Strategie werden zunehmend erfolgskritisch, um die Erwartungen von Kunden erfüllen und bestehende Kundenbeziehungen halten oder langfristig festigen zu können. Zusätzlich erhöhen eine umfassende Bereitstellung von Informationen und ein einfacher Zugang zu Produkten und Dienstleistungen die Chancen, Neukunden zu gewinnen. Eine systematische Anpassung an die veränderten Kundenerwartungen erfordert jedoch mehr als eine Bereitstellung von Produkten und Dienstleistungen über unterschiedliche Zugangs- und Vertriebskanäle: Eine umfassende Multikanalstrategie verändert sowohl das Prozess- und Produktmanagement als auch die Grundphilosophie von Kundenbetreuung und -service. Das Denken und Handeln in den bisherigen „Silos“ einzelner Vertriebskanäle der Banken muss aufgebrochen und ein übergreifendes, kundenzentriertes Handeln ermöglicht werden, um die immer weiter steigenden Erwartungen der Kunden erfüllen zu können. Um diesen Veränderungsprozess systematisch anzugehen, haben wir, basierend auf den Erfahrungen aus zahlreichen Projekten und dem direkten Kontakt mit Entscheidern aus dem Vertrieb in Banken die im Folgenden dargestellten zentralen Stellhebel als wesentliche Erfolgsfaktoren zusammengetragen. Aus Sicht von Horváth & Partners strukturieren diese die aktuellen Herausforderungen im Vertrieb von Banken und führen mögliche Herangehensweisen zur Umsetzung eines integrierten Multikanalvertriebs auf. © Horváth & Partners 2015 2. Wie Kundenverhalten und Digitalisierung den Bankvertrieb verändern Die Kanäle für den Vertrieb von Finanzdienstleistungen und die Kommunikation mit Bankkunden werden sich gemäß aktueller Markttrends und der Einschätzung von Branchenexperten innerhalb der nächsten fünf Jahre massiv verändern. Bereits heute ist festzustellen, dass Kunden und Unternehmen ihren digitalen Reifegrad stetig erhöhen. Erkennbar wird dies unter anderem daran, dass in den letzten fünf Jahren sowohl die Akzeptanz als auch die Anwendungsmöglichkeiten digitaler Technologien deutlich gestiegen sind. So hat sich beispielsweise die Anzahl von Smartphone-Nutzern in Deutschland auf über 40 Millionen vervielfacht. Durch eine breite Akzeptanz von Social Media und die hohe Internetaffinität der „Generation Y“ sind zudem Begriffe wie Omni-Channel, Big Data, WebIndustrialisierung, Cloud Computing und Social Customers immer populärer geworden. Diese Veränderungen haben auch die Bankenbranche erreicht. Mag in den vergangenen Jahren in einzelnen Banken noch die Meinung vorherrschend gewesen, man könne sich dem Internet entziehen und Kunden vornehmlich über die „traditionellen“ Wege erreichen, so zeigt eine aktuelle Horváth & Partners-Studie unter hochrangigen Entscheidern in Banken, dass auch im Vertrieb von Finanzdienstleistungen von einer nachhaltigen und massiven Veränderung des Kundenverhaltens auszugehen ist. Viele Kunden sind durch innovative digitale „Customer Journeys“ anderer Branchen verwöhnt und wollen künftig rund um die Uhr Bankgeschäfte tätigen und selbst entscheiden können, wann und auf welchem Weg sie mit ihrer Bank in Kontakt treten. Sie möchten nahtlos zwischen Online- und Offlinekanälen wechseln können. Alternative Kommunikationskanäle zum persönlichen Besuch in der Filiale, wie beispielsweise Chat oder Videoberatung, werden vor diesem Hintergrund deutlichen Zulauf erfahren. Schon heute informieren sich viele (potenzielle) Kunden online über Bankprodukte und -dienstleistungen – dies wird in Zukunft zu einer Selbstverständlichkeit werden. 2 White Paper: Multikanalvertrieb in Zeiten der Digitalisierung Zur Erreichung des Zukunftsbildes sind umfangreiche, kundenorientierte Anpassungen im Vertrieb von Finanzdienstleistungen erforderlich Status quo Zukunftsbild Pro Vertriebskanal gibt es jeweils einzelne, voneinander unabhängige Strategien. Es gibt eine integrierte Multikanalstrategie, die das Zusammenspiel einzelner Vertriebskanäle fördert und einer Kannibalisierung sowie Konflikten vorbeugt. Die Vertriebssteuerung für Vertriebserfolge und Betreuungsleistungen ist kanalabhängig. Unabhängig davon, wo und wie der Kunde einen Produktabschluss tätigt oder betreut wird, erfolgt die Zurechnung zu dem jeweiligen Kundenberater. Indirekte Vertriebskosten werden nicht auf die einzelnen Vertriebskanäle aufgeteilt. Kosten und Erträge sind verursachungs- und nutzungsgerecht den einzelnen Vertriebskanälen zugeordnet: Eine Transparenz über den Wertbeitrag jedes einzelnen Vertriebskanals ist vorhanden. Produkte sind je nach Vertriebskanal inhaltlich unterschiedlich gestaltet. Produkte werden so entwickelt, dass sie kanalunabhängig vertrieben werden können: Produkte bestehen aus einer einheitlichen Basis-leistung sowie ggf. kanalspezifischen Zusatzleistungen. Identische Produkte werden vertriebskanalabhängig unterschiedlich bepreist. Preise für identische Produkte gelten unabhängig vom Vertriebskanal. Beratungs- und Serviceleistungen werden in modularen Produkten separat abgebildet. Die Vertriebsprozesse der einzelnen Kanäle sind nicht aufeinander abgestimmt und lassen keinen Wechsel zwischen Online- und Offlinekanälen zu („Research Online, Purchase Offline“). Die Vertriebsprozesse ermöglichen dem Kunden einen nahtlosen Wechsel zwischen den Online-und Offlinekanälen. 24/7-Informationsbereitstellung, Beratung und Abschluss aller Produkte ist online nicht gegeben („End-to-End-Prozesse“). Der Kunde kann überall und zu jeder Zeit Versicherungs- und Bankgeschäfte tätigen. Der Onlineproduktabschluss ist zu kompliziert, aufwendig und emotionslos – hohe Abbruchraten unterstreichen dies. Der Onlineproduktabschluss ist einfach und in wenigen Schritten möglich. Intelligente Algorithmen verkürzen unnötige Frageprozesse, der Mehrwert wird stärker visualisiert und weckt Emotionen. Neue technische Möglichkeiten (z.B. Big Data, Smart Analytics) für die Nutzung von Kundendaten im Vertrieb werden nur unzureichend verwendet. Kundendaten sind strukturiert und mit für den Vertriebsprozess relevanten Daten angereichert: Dies unterstützt die fokussierte und zielgerichtete Kunden- und Marktbearbeitung. Der Kundenberater betreut seine Bestands- und Neukunden nur in einem Vertriebskanal in den jeweils dort abgeschlossenen Produkten. Der Kundenberater hat kanalübergreifend die Gesamtverantwortung für die ihm zugeordneten Kunden. Abb. 1: Einschätzungen von Horváth & Partners zum Status quo und Zukunftsbild des Multikanalvertriebs 2.1 Status quo Veränderte Kundenanforderungen und die fortschreitende Digitalisierung stellen die maßgeblichen Einflussfaktoren für Veränderungen im Vertrieb der Banken dar. Es ist offensichtlich, dass diese Veränderungen Potenziale bieten, aber andererseits auch große Veränderungsprozesse erfordern. Viele Entscheider aus dem Vertrieb in Banken sind sich einig: Derzeit existieren noch viele offene Fragen bei der Gestaltung eines kundenzentrierten Multikanalvertriebs. Aus der Sicht der Banken bleiben derzeit viele Möglichkeiten zur bedarfsorientierten Nutzung von kundenbezogenen © Horváth & Partners 2015 Daten, wie beispielsweise kundenindividuelle Anforderungen oder vergangene Produktnutzung, unberücksichtigt. Dies hat zur Folge, dass Vertriebspotenziale ungenutzt bleiben. Weiterhin ist die Betreuungszuständigkeit und Erfolgsmessung über einzelne Kanäle hinweg für die Vertriebsmitarbeiter intransparent. Häufig ist nicht gewährleistet, dass ein Berater die Gesamtverantwortung für eine Kundenbeziehung trägt und die ihm zugeordneten Bestands- und Neukunden vertriebskanalübergreifend betreut. Ferner stellen Lücken in der Zurechnung von Erträgen bzw. Kosten Kundenberater und Entscheider vor Herausforderungen. 3 White Paper: Multikanalvertrieb in Zeiten der Digitalisierung Die angeführten Probleme in der Aufstellung der einzelnen Vertriebskanäle werden auch für die Kunden sichtbar. Aus Kundensicht ist die fehlende Abstimmung zwischen den einzelnen Vertriebskanälen problematisch, die sich in unterschiedlicher Produktgestaltung und in teilweise sich widersprechenden Preisstrukturen äußert. Nicht abgestimmte Vertriebsprozesse und die meist nicht vorhandene Möglichkeit zu einem flexiblen Wechsel zwischen Online- und Offlinekanälen, führen aus Kundensicht zudem zu komplizierten, aufwändigen und wenig emotionalen Such- und Abschlussprozessen. Der von Kunden geforderte jederzeitige Zugang zu Informationen und Services ist häufig ebenfalls noch nicht gegeben. 2.2 Zukunftsbild Entscheider aus dem Vertrieb in Banken sind sich der Veränderungen des Kundenverhaltens und der fortschreitenden Digitalisierung durchaus bewusst und antizipieren diese bereits im Rahmen fortlaufender Strategie-, Organisations- und Prozessanpassungen. Allerdings ist davon auszugehen, dass es sich hierbei – je nach Größe der jeweiligen Bank – um ein langwieriges und investitionsintensives Verfahren handelt. Die Umsetzung der notwendigen Anpassungen erfordert von den Banken neben dem Aufbau entsprechender technologischer Kompetenzen auch die Ausbildung korrespondierender Fähigkeiten bei den betroffenen Vertriebsmitarbeitern. Ein besonderes Augenmerk sollte auf der Gestaltung der On- und Offlinekanäle und deren Zusammenspiel liegen. Schließlich ist zu erwarten, dass der Trend zu einer geringeren Bedeutung der physischen Interaktion auch den Vertrieb von Finanzdienstleistungen mit einschließen wird. Die Folge wird eine weitere Reduzierung des Filialnetzes sein, die nach unserer Meinung in den kommenden fünf Jahren in der Größenordnung von 20 Prozent oder mehr liegen wird. Ziel der Banken muss es daher sein, neue Möglichkeiten zur Interaktion mit dem Kunden und zur Beibehaltung einer ergebnisorientierten Kontaktfrequenz zu erschließen. Zu erwarten ist daher ein Anstieg von „reinen“ Onlinefilialen, die keine physische Interaktionsmöglichkeit mehr anbieten. Die Herausforderung hierbei wird sein, das Kundenerlebnis online nicht wesentlich von der Qualität des bisher erlebten physischen Kontakts in der Filiale abweichen zu lassen. Im Zukunftsbild des kundenzentrierten Multikanalvertriebs stehen alle Vertriebskanäle gleichberechtigt nebeneinander, wobei Kunden in jeder Phase des Vertriebsprozesses selbstständig entscheiden, welchen Vertriebskanal sie für ihr jeweiliges Anliegen nutzen wollen. Dies umfasst auch die jeweils situative Entscheidung, neben oder in Ergänzung zu dem bereits bekannten persönlichen Ansprechpartner, flexibel und sich über die angebotenen Zugangs- und Vertriebskanäle hinweg Finanzdienstleistungen zu informieren bzw. diese abzuschließen. © Horváth & Partners 2015 3. Fünf zentrale Stellhebel für einen erfolgreichen Multikanalvertrieb Die fortschreitende Digitalisierung und die damit einhergehenden vielfältigen und tiefgreifenden Veränderungen der Kundenanforderungen sind keine vorrübergehenden Erscheinungen, sondern werden den Vertrieb nachhaltig verändern. Die aufgezeigten Herausforderungen müssen systematisch analysiert und mit einem konsequenten Kundenfokus bearbeitet und umgesetzt werden. Für Banken ist es dabei unumgänglich, sich mit den Facetten und Stellhebeln eines kundenzentrierten Multikanalvertriebs intensiv auseinanderzusetzen. Nur so können die strategischen und operativen Voraussetzungen geschaffen werden, um zukünftigen Herausforderungen adäquat zu begegnen und idealerweise dem Wettbewerb einen Schritt voraus zu sein. 1. Stellhebel: Integrierte Multikanalstrategie Ein zentraler Stellhebel für den zukünftigen Erfolg im Vertrieb von Finanzdienstleistungen ist eine kundenzentrierte und integrierte Multikanalstrategie. Im Gegensatz zu den heutigen, voneinander weitgehend unabhängigen „Silostrategien“ für einzelne Vertriebskanäle, positioniert eine solche Strategie die verschiedenen Vertriebskanäle gleichberechtigt zueinander und stellt den Kunden in den Mittelpunkt der Betrachtung („Customer Centricity“). Eine integrierte Multikanalstrategie stellt sicher, dass alle Vertriebskanäle situationsgerecht, kombinierbar und wertschöpfend – sowohl für den Kunden als auch für das Unternehmen – eingesetzt sowie kundenindividuelle Kanalpräferenzen berücksichtigt werden. Ebenso sorgt sie für eine Begrenzung der möglichen gegenseitigen „Kannibalisierung“ der Vertriebskanäle. Auf diese Weise trägt eine integrierte Multikanalstrategie insgesamt dazu bei, die Ausrichtung der Vertriebskanäle zu optimieren und positive Kundenerlebnisse wie in anderen Branchen, zum Beispiel in der Konsumgüter- oder Automobilindustrie, zu schaffen. 2. Stellhebel: Kundenorientierte Steuerung mit hoher Kosten- und Ertragstransparenz Die traditionellen, meist „siloartig“ entwickelten Vertriebskanäle sind bislang zumeist auf die Anforderungen des jeweiligen Vertriebsbereichs ausgerichtet. Die Vertriebssteuerung hat infolgedessen überwiegend den einzelnen Kundenberater und weniger den jeweiligen Kunden in den Mittelpunkt gestellt. Diese Steuerungsmechanismen müssen aufgebrochen und die internen Strukturen der Banken an das veränderte Kundenverhalten angepasst werden. 4 White Paper: Multikanalvertrieb in Zeiten der Digitalisierung Für den Gesamterfolg der Bank muss die Vertriebssteuerung zukünftig so ausgerichtet werden, dass es für den Kundenberater grundsätzlich unerheblich ist, über welche Vertriebskanäle „seine“ Kunden ihre Produkte und Dienstleistungen beziehen. Der Kundenberater der Zukunft trägt die Gesamtverantwortung für die ihm zugeordneten Kunden und bedient dabei alle Vertriebskanäle in gleichem Maße: Der jeweilige Kunde „gehört“ dabei – das sei ausdrücklich gesagt – dem Unternehmen, nicht einem einzelnen Kundenberater bzw. Vertriebskanal. Hierfür muss die Vertriebssteuerung der Zukunft entsprechende Steuerungsmechanismen bzw. -anreize entwickeln, die kundenzentrierte Kennzahlen in den Mittelpunkt des Denkens und Handelns stellen. Eine wichtige Voraussetzung hierfür ist eine ausreichende Transparenz über Erträge und Kosten in den einzelnen Vertriebskanälen. Insbesondere indirekte Vertriebskosten gilt es in diesem Zusammenhang eindeutig und transparent den einzelnen Kanälen zuzuordnen. 3. Stellhebel: Anschlussfähige Prozessarchitekturen entlang der „Customer Journey“ Viele Kunden sind bereits heute „hybrid“ und wollen über den gesamten Vertriebsprozess von der Informationsbeschaffung über die Beratung bis hin zum Vertragsabschluss den für ihre Kaufentscheidung jeweils optimalen und situativ passenden Vertriebs- bzw. Kommunikationskanal nutzen. Kunden haben somit keine starren Kanalpräferenzen mehr. Daraus resultiert eine immer stärkere, situationsbezogene Kombination und Nutzung unterschiedlicher Vertriebs- respektive Kommunikationskanäle während eines einzigen Geschäftsvorfalls. Hieraus ergeben sich steigende Anforderungen an die Prozessarchitekturen in den einzelnen Vertriebskanälen von Banken. Die Prozesse müssen optimiert und aufeinander abgestimmt sowie Potenziale für eine weitere Automatisierung gehoben werden. Nur ein aus Kundensicht nahtloser Übergang zwischen den einzelnen Vertriebs- und Kommunikationskanälen – sowohl online als auch offline – erfüllt die veränderten Kundenerwartungen, erhöht die Kundenzufriedenheit und stärkt nachhaltig die Kundenbindung. 4. Stellhebel: Modulare Produktarchitekturen Die immer stärkere, situationsbezogene Kombination und Nutzung unterschiedlicher Vertriebs- und Kommunikationskanäle erfordert in logischer Konsequenz eine auf das Kundenverhalten abgestimmte Produktentwicklung: Produkte bzw. Dienstleistungen sind künftig so zu entwickeln, dass sie kanalunabhängig vertrieben werden können. Idealerweise bestehen © Horváth & Partners 2015 Bankdienstleistungsprodukte, ähnlich dem „Plattformprinzip“ in der Automobilindustrie, aus einer einheitlichen Basisleistung sowie kanalspezifischen Zusatzleistungen. Diese Produkt- und Servicemodule sollten dabei so einfach wie möglich gestaltet werden, da Komplexität einen erfolgreichen kanalübergreifenden Einsatz der Produkte und Dienstleistungen erschwert. „Simplicity“ als Gestaltungsprinzip der Produktarchitektur ist eine wichtige Voraussetzung, um Potenziale durch steigendes Onlineabschlussverhalten erfolgreich erschließen zu können. 5. Stellhebel: „Smart Data“ als Mehrwert für Kunden und Banken Der letzte und entscheidende Stellhebel befasst sich mit der Frage, wie Unternehmen vorhandene Informationen über Kunden und deren Verhalten zum beiderseitigen Nutzen einsetzen können. Des Weiteren geht es aber auch um die Frage, wie vorhandene Kundendaten gezielt um externe Informationen angereichert werden können – beispielweise durch Nutzung neuer technologischer Möglichkeiten an der Schnittstelle zu sozialen Netzwerken (z. B. Facebook oder XING) bzw. zu „wissensbasierten“ Geschäftsmodellen (z. B. Google oder Amazon). Im Vordergrund steht dabei weniger, welche Informationen ausgewertet werden können, sondern vielmehr wie diese für eine möglichst effektive Kundenansprache eingesetzt werden können und sollen. Die Bereitstellung aller kunden- und vertragsrelevanten Informationen – die „360-Grad-Sicht“ auf den Kunden – auf Basis einer integrierten Datenhaltung bildet dabei die Grundlage. Auf Basis dieser Informationen kann mittels moderner Methoden zur Analyse unstrukturierter Daten (z. B. Text oder Web Mining) oder mittels statistischer Vorhersagealgorithmen (Predictive Analytics) umfangreiches Wissen über (potenzielle) Kunden generiert und intelligente Kundenprofile erstellt werden. Diese ermöglichen Banken, ihre Kunden personalisiert anzusprechen und ihnen maßgeschneiderte, individualisierte Angebote zu unterbreiten. Die kosteneffiziente Generierung und intelligente Nutzung von personenbezogenen Kundeninformationen wird für Banken zukünftig erfolgskritisch sein. Bereits heute versuchen internetbasierte Finanzdienstleister, das Online-Nutzungsverhalten ihrer Kunden zu antizipieren und diesen proaktiv individualisierte Lösungen zu unterbreiten. Den Kunden muss dabei jedoch offen kommuniziert werden, warum bestimmte Informationen erhoben werden, was mit diesen geschieht und worin der Mehrwert für die Kunden besteht („Digital Ethics“). Nur so kann das notwendige Vertrauen in einen „smarten“ Umgang mit Informationen entstehen. 5 White Paper: Multikanalvertrieb in Zeiten der Digitalisierung 4. Fazit und Handlungsempfehlungen Banken müssen im Vertrieb zukünftig kanalübergreifend denken, handeln und steuern. Die Autonomie der einzelnen Vertriebskanäle und die regelmäßig damit verbundene selektive Kundenbetreuung in „Silos“ muss aufgebrochen werden. Gefragt ist eine zielgerichtete, integrierte Multikanalstrategie anstelle unabhängiger, nicht aufeinander abgestimmter Einzelstrategien in den Vertriebskanälen. Eine kanalübergreifende Ausrichtung fördert dabei außerdem die Entstehung und Etablierung neuer kollaborativer Partnerschaften − auch über Branchengrenzen hinweg. Die Bank der Zukunft verfügt über einen kundenzentrierten Multikanalvertrieb, der vom einfachen und unkomplizierten Onlineproduktabschluss bis hin zu einem flexiblen Wechsel von Onund Offlinekanälen die Erwartungen der Kunden im digitalen Zeitalter erfüllt. Kundendaten sind dabei strukturiert und mit für den Vertriebsprozess relevanten Informationen angereichert. Eine vertriebskanalunabhängige Erfolgszurechnung zum Kundenberater, verbunden mit einer dazu passenden Vertriebssteuerung und einer kanalübergreifenden Gesamtverantwortung des Kundenberaters für die ihm zugeordneten Kunden stellt effiziente Vertriebsprozesse sicher. Die verursachungs- und nutzungsgerechte Zurechnung von Vertriebskosten auf die einzelnen Vertriebskanäle ermöglicht zudem eine genauere Erfolgsmessung. Preise für identische Produkte sollten unabhängig vom Vertriebskanal gelten und für Beratungs- und Serviceleistungen separat abgebildet werden. Auf diese Weise eröffnen die genaue Kenntnis der Präferenzen und Bedürfnisse der Kunden sowie der gewünschten Vertriebskanäle, inklusive darauf abgestimmter Produkte, Dienstleistungen und Werbebotschaften neue Wege zur Gewinnung von Marktanteilen und zur nachhaltigen Profitabilisierung des Vertriebs. Eine langfristig angelegte Strategie und ein integriertes Vorgehen erhöhen dabei die Erfolgswahrscheinlichkeit und die Anpassungsfähigkeit der Banken auf zukünftige Marktentwicklungen. Die dazu erforderlichen Zieldefinitionen und Umsetzungsschritte müssen frühzeitig und mit Hilfe adäquater Analyseinstrumente, wie zum Beispiel dem Sales-Performance-Excellence-Ansatz von Horváth & Partners, tiefergehend analysiert und unter Berücksichtigung unternehmensspezifischer Eigenschaften konsequent verfolgt werden. 6 Impressum/Kontakt Herausgeber Horváth & Partner GmbH Mainzer Landstraße 41 60329 Frankfurt am Main Tel: +49 69 2695898-0 [email protected] Horváth & Partners – Management Consultants Horváth & Partners ist eine international tätige, unabhängige Managementberatung mit Sitz in Stuttgart. Das Unternehmen beschäftigt mehr als 600 hochqualifizierte Mitarbeiter an Standorten in Deutschland, Österreich, Rumänien, der Schweiz, Ungarn, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Die Mitgliedschaft in der internationalen Beratungsallianz „Cordence Worldwide“ unterstützt die Fähigkeit, Beratungsprojekte in wichtigen Wirtschaftsregionen mit höchster fachlicher Expertise und genauer Kenntnis der lokalen Gegebenheiten durchzuführen. Dr. Marcus Niebudek Competence Center Financial Industries [email protected] Daniel Bruch Competence Center Financial Industries [email protected] Die Kernkompetenzen von Horváth & Partners sind Unternehmenssteuerung und Performanceoptimierung – für das Gesamtunternehmen wie für die Geschäfts- und Funktionsbereiche Strategie, Organisation, Vertrieb, Operations, Controlling, Finanzen und IT. Horváth & Partners steht für Projektergebnisse, die nachhaltigen Nutzen schaffen. Deshalb begleitet Horváth & Partners seine Kunden von der betriebswirtschaftlichen Konzeption bis zur Verankerung in Prozessen und Systemen.
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