Frauenherzen schlagen anders

20 10/2015
Herzinfarkt
Frauenherzen schlagen anders
Dass Herz-Kreislauf-Erkrankungen vor allem Männer treffen, ist ein hartnäckiges
Vorurteil. Gerade bei Frauen nach den Wechseljahren steigt das Risiko eines
Herzinfarkts an. Auch werden akute Ereignisse bei Frauen viel später erkannt
als bei Männern. Höchste Zeit also für ein Umdenken! Jen Haas, Schweizerische Herzstiftung
Dass Frauenherzen anders schlagen, hat
auch Angelika F. erfahren müssen. Die gestandene Frau hatte in ihrem Beruf eine
besonders stressige Zeit hinter sich, nicht
alles lief rund. Als sich die Konflikte am Arbeitsplatz zuspitzten, litt sie zunehmend
unter Schlafstörungen und körperlichen
Beschwerden. Der Vorgesetzte sprach in
einem persönlichen Gespräch das Wort
Kündigung aus, da verspürte sie plötzlich
heftige Schmerzen im Brustkorb, grosse
Atemnot kam hinzu. Sofort fuhr sie mit einem Taxi zum Hausarzt, der sie mit einem
Verdacht auf Herzinfarkt in den Notfall des
Universitätsspitals Zürich überwies.
Einen Herzinfarkt erlitt Angelika F. nicht.
Hingegen ein seltenes Takotsubo-Syndrom, eine stressbedingte, schwerwiegende Erkrankung des Herzmuskels, die sich
ähnlich äussert wie ein Infarkt. Weshalb
daran hauptsächlich Frauen erkranken, darüber wird noch spekuliert. Wahrscheinlich
gehen Frauen mit besonders belastenden
Situationen anders um als Männer. Dies hat
einen Einfluss darauf, wie der Körper auf
Stress reagiert, und trifft unmittelbar die
Funktion unserer Gefässe und des Herzens.
Schutz fällt weg
Nicht nur die etwas andere emotionale
Verarbeitung beeinflusst die Herzgesundheit von Frauen. Es zeigen sich auch körperliche Unterschiede, die sich auf das
Herz-Kreislauf-System
auswirken:
Vor den Wechseljahren schützen die Östrogene Frauen
vor einem Herzinfarkt.
Die weiblichen Hormone haben unter
anderem einen positiven Einfluss auf die
Blutfette. Während der
Wechseljahre nimmt die Produktion dieser
Hormone ab, womit auch ihre schützende
Funktion wegfällt. Dies bedeutet, dass bei
Frauen ein Herzinfarkt durchschnittlich
Herzinfarkt – so beugen Sie vor
Persönliche Werte messen lassen
Lassen Sie regelmässig Blutdruck, Blutfette (Cholesterin)
und Blutzucker kontrollieren. Wer diese Werte im Griff hat, tut
bereits viel für seine Gesundheit. 500 zertifizierte Apotheken
in der Schweiz bieten den HerzCheck® der Schweizerischen
Herzstiftung an, der Ihre ganz persönlichen Herz-KreislaufRisikofaktoren ermittelt.
Bewegen Sie sich ausreichend
Regelmässige Bewegung hat einen positiven Einfluss auf
unser Herz und die Gefässe, sie wirkt den gefährlichen
Ablagerungen einer Arteriosklerose entgegen. Wir empfehlen:
30 Minuten Bewegung pro Tag, mindestens jedoch zweieinhalb Stunden pro Woche, in mittlerer Intensität. Oder eineinviertel Stunden wöchentlich sportliche Bewegung in hoher
Intensität.
Achten Sie auf die Ernährung
Eine ausgewogene Ernährung nach Art der Mittelmeerländer
reduziert die Herz-Kreislauf-Risiken. Setzen Sie Folgendes auf
Ihren Speiseplan: viel Gemüse und Obst, Vollkornprodukte,
fettarme Milchprodukte, mageres Fleisch, Fisch, Hülsenfrüchte, Nüsse. Reduzieren Sie Ihr Übergewicht, geniessen
Sie den Alkohol massvoll und setzen Sie Salz sparsam ein.
Stress reduzieren
Schwierige Situationen im Beruf, aber auch in der Familie
erhöhen den Stresspegel und damit auch den Puls und
Blutdruck. Ist die Belastung dauerhaft, leidet unser HerzKreislauf-System darunter. In solchen Situationen lohnt es
sich, die Lebenssituation zu überdenken und gegebenenfalls
professionelle Hilfe zu suchen. Dies kann eine Beratungsstelle
sein, Ihr Hausarzt oder Ihre Hausärztin oder eine Psychologin
oder ein Psychologe.
Nicht rauchen
Diesen Ratschlag haben Sie bestimmt schon öfter gehört.
Und er stimmt nach wie vor, denn Rauchen erhöht das Risiko
für Herz-Kreislauf-Erkrankungen massiv. Sie können für Ihre
Gesundheit nichts Besseres tun, als mit dem Rauchen dauerhaft aufzuhören.
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Vorträge und weitere Tipps
Die Schweizerische Herzstiftung bietet Frauenorganisationen
einen Vortrag zum Thema «Frau&Herz» an.
Weitere Informationen finden Sie auf der Website
www.frauundherz.ch
Bestellen Sie die Broschüre «Frau&Herz» der
Schweizerischen Herzstiftung mit vielen Tipps
und wichtigen Informationen.
Bestelladresse:
Schweizerische Herzstiftung
Postfach 368
3000 Bern 14
Telefon 031 388 80 80
[email protected]
Beschwerden falsch gedeutet
Hinzu kommt, dass Frauen einen akuten
Herzinfarkt oft nicht als solchen erkennen.
Risikofaktoren erkennen
und vorbeugen
Herz-Kreislauf-Erkrankungen können aufgrund einer familiären Vorbelastung entstehen. Doch unser Lebensstil trägt wesentlich dazu bei: Unausgewogene Ernährung
und Übergewicht, wenig Bewegung, ein
gestresstes Leben und das Rauchen bringen den Körper aus dem Gleichgewicht.
Blutfettwerte und Blutdruck erhöhen sich,
das Risiko für eine Zuckerkrankheit steigt.
All dies hat einen schädlichen Einfluss auf
unsere Gefässe, es entwickelt sich eine Arteriosklerose, im Volksmund auch Arterienverkalkung genannt. Eine Arteriosklerose
ist meist Ursache für den Herzinfarkt: In den
Arterien lagern sich Fettsubstanzen ein, es
bilden sich Verkalkungen und Kissen, welche die Gefässe mit der Zeit verengen und
den Blutfluss hemmen. Bricht ein solches
Kissen auf und verstopft ein Blutgerinnsel
eines der Herzkranzgefässe, erhält der Herzmuskel an diesen Stellen zu wenig oder keinen Sauerstoff, das Gewebe stirbt ab.
Gegen eine Arteriosklerose gibt es keine
ursächliche Therapie. Wir können ihr aber
vorbeugen und, wenn die Arterien geschädigt sind, dafür sorgen, dass die Krankheit
nicht weiter fortschreitet (siehe Box). «Frauenherzen brauchen gerade in der zweiten
Lebenshälfte einen besonderen Schutz»,
betont die Kardiologin Dr. Belinda Nazan
Walpoth. Schützen Sie Ihres noch heute!
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zehn Jahre später auftritt als bei Männern.
Jedoch mit schwerwiegenden Folgen: Weil
Frauen eher in älteren Jahren betroffen
sind, steigt auch die Sterblichkeit und die
Zukunftsaussichten verschlechtern sich.
Deshalb sterben Frauen bei einem Herzinfarkt insgesamt häufiger als Männer.
Der Infarkt gilt in der Bevölkerung nach
wie vor als typische Männerkrankheit. Ausserdem äussert sich ein Herzinfarkt bei
Frauen oft weniger klar als bei Männern:
Nicht immer machen sich bei ihnen die
klassischen, heftigen Brustschmerzen bemerkbar. Auch eine Schwäche, Übelkeit,
Atemnot, Erschöpfung, kalter Schweiss, Rücken- oder Oberbauchschmerzen können
auf einen Herzinfarkt hinweisen. Solche
Anzeichen treten oft Stunden oder Tage
vor einem Infarkt auf, werden aber als Erkältung, Muskelverspannung, Zahn- und
Kieferbeschwerden oder Verdauungsstörung gedeutet. «Bei jeder ungewohnten
Empfindung zwischen Bauchnabel und
Unterkiefer sollte man wachsam sein. Was
z. B. wie eine Magenverstimmung oder eine
Bronchitis daherkommt, könnte auch ein
Herzinfarkt sein», sagt Dr. Belinda Nazan
Walpoth, Oberärztin Kardiologie am Insel-
spital in Bern. Deshalb rät die Kardiologin,
lieber einmal zu viel den Notruf 144 zu
alarmieren, besonders im höheren Alter
und wenn Risikofaktoren vorliegen.