Kein Gleichauf. Deutsche Wirtschaft hält sich in stürmischen Wetter

QUARTALSBERICHT DEUTSCHLAND
Kein Gleichlauf.
Deutsche Wirtschaft hält sich in stürmischem Wetter
Quartal IV / 2015

Nach einem turbulenten Sommer haben sich die weltwirtschaftlichen
Wachstumsaussichten eingetrübt. Chinas wirtschaftliche Abkühlung sowie die von China ausgehenden Börsenturbulenzen haben die Perspektiven vor allem in Asien verdüstert. Die amerikanische Wirtschaft hat dagegen wieder Tritt gefasst und befindet sich auf Expansionspfad. Die Weltwirtschaft dürfte dieses Jahr nur mit etwa drei Prozent wachsen. Die Inflationsentwicklung bleibt angesichts schwächerer Ölnotierungen kurzfristig
sehr moderat.

Die europäische Wirtschaft erholt sich ungeachtet der globalen Abkühlung auf breiter Basis. Getrieben von niedrigen Zinsen, günstigem Öl
und einem schwachen Euro-Wechselkurs dürfte das EU-BIP im Jahr 2015
um 1,7 Prozent und das Euroraum-BIP um 1,3 Prozent steigen. Getrieben
wird dieses Wachstum vom Privaten Konsum und auch die Investitionen
springen langsam an. Die weltwirtschaftlichen Turbulenzen haben nur zu
geringen Abwärtskorrekturen der Wachstumsaussichten geführt.

Die konjunkturelle Aufwärtsbewegung ist in Deutschland trotz gestiegener Unsicherheiten noch immer intakt. Die Beschäftigung nimmt weiter zu und erreicht mit 43 Millionen Erwerbstätigen einen neuen Höchstwert. Die gute Lage auf dem Arbeitsmarkt stützt den Privaten Konsum. Die
Wachstumsschwäche in den Schwellenländern wird kompensiert durch
steigende Exporte in die Vereinigten Staaten, das Vereinigte Königreich
und dank wirtschaftlicher Erholung auch in den Euroraum.
Kein Gleichauf. Deutsche Wirtschaft hält sich in stürmischen Wetter 19/10/2015
Inhaltsverzeichnis
Die Weltwirtschaft enttäuscht erneut................................................................................................................. 3
Chinas Abkühlung strahlt aus ................................................................................................................................ 3
Inflationsentwicklung sehr schwach, Geldpolitik weiter expansiv .......................................................................... 3
Amerikas Wirtschaft fasst wieder Tritt .............................................................................................................. 4
Chinas Abkühlung und Restrukturierung in schwieriger Phase ..................................................................... 5
Das wirtschaftliche Wachstum verliert an Fahrt ..................................................................................................... 5
Die Geldpolitik liegt auf Stützungskurs .................................................................................................................. 6
Die Finanzpolitik ist leicht expansiv ausgerichtet ................................................................................................... 7
Japans neues Pech ............................................................................................................................................. 7
Die Europäische Konjunktur trotzt den globalen Entwicklungen ................................................................... 7
Der Arbeitsmarkt und die Preisentwicklung bleiben Sorgenkinder......................................................................... 8
Konjunktur in Deutschland ................................................................................................................................. 8
Wachstumsbeschleunigung dank starkem Außenbeitrag ...................................................................................... 8
Starkes Wachstum der Exporte im 2. Quartal 2015 ............................................................................................... 9
Stellenzuwachs in nahezu allen Wirtschaftszweigen ........................................................................................... 11
Arbeitslosigkeit nimmt weiter ab .......................................................................................................................... 11
Auftragseingang zur Jahresmitte rückläufig ......................................................................................................... 12
Etwas schwächere Produktion in den Sommermonaten...................................................................................... 14
Perspektiven ...................................................................................................................................................... 16
Deutsche Wirtschaft bleibt trotz gestiegener Unsicherheit weiter auf Wachstumskurs ........................................ 16
Quellenverzeichnis ............................................................................................................................................ 17
Autoren ............................................................................................................................................................... 18
Impressum ......................................................................................................................................................... 18
Grunddaten zur Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung .............................................................................. 19
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Kein Gleichauf. Deutsche Wirtschaft hält sich in stürmischen Wetter 19/10/2015
Die Weltwirtschaft enttäuscht erneut
Das weltwirtschaftliche Wachstum hat im ersten Halbjahr mit nur 2,9 Prozent und somit schwächer zugelegt als
noch im Frühjahr erwartet worden war (IWF 2015a). Dies hat den IWF jüngst dazu veranlasst, das in diesem
Jahr erwartete Tempo der weltwirtschaftlichen Expansion um ganze 0,4 Prozentpunkte seit der Frühjahrsprognose auf 3,1 Prozent herunterzunehmen. Dies ist eine leichte Abschwächung der Dynamik gegenüber dem Vorjahr. Für das nächste Jahr erwartet der IWF mit 3,6 Prozent ebenfalls ein etwas schwächeres Wachstum als
noch im Frühjahr erwartet (minus 0,2 Prozentpunkte). Im Herbstgutachten der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute wird die Lage ähnlich eingeschätzt (Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose 2015). Auch die OECD
hatte im Juni ihre Vorhersage auf 3,1 Prozent und damit um mehr als einen halben Prozentpunkt (0,6 Prozentpunkte) gesenkt. Beide Organisationen erwarten für das Jahr 2016 jedoch wieder ein Anziehen der weltweiten
Konjunktur. Generell sticht heraus, dass die großen Wirtschaftsregionen jeweils völlig andere konjunkturelle
Temperaturen und Großwetterlagen aufweisen.
Chinas Abkühlung strahlt aus
Seit dem Frühjahr sind vor allem die negativen Ausstrahleffekte der chinesischen Abkühlung und Restrukturierung härter als erwartet aufgetreten. Die Turbulenzen im Sommer haben sich auf den Außenhandel Chinas ausgewirkt und Japan, Südkorea und Taiwan leicht abgebremst. Zwar dürfte Chinas Wirtschaft in etwa mit sieben
Prozent wie geplant wachsen, aber die Anpassung an die neuen Verhältnisse im Reich der Mitte sind noch nicht
in allen Märkte erfolgt. Zudem haben einige Rohstoffpreise stark nachgegeben und die Konjunktur in wichtigen
Rohstoffexportländern unter Druck gesetzt. Die erwartete Zinswende in den USA hat zu einem erheblichen Abfluss von Portfoliokapital aus Entwicklungs- und Schwellenländern geführt, was deren Wachstumsaussichten
ebenfalls reduziert hat. Brasilien und Russland erleiden heftige Rezessionen. Allein die EU nimmt langsam Fahrt
auf, erneut gestützt durch preiswertes Öl und eine moderate Expansion des Privaten Verbrauchs (siehe EU-Kapitel und Eichert 2015).
Die realwirtschaftlichen Kenngrößen wiesen im ersten Halbjahr einhellig wenig Dynamik auf. Die Industrieproduktion wächst kaum, die Expansion des Welthandels ist fast zum Stillstand gekommen, der Güterhandel sank
sogar, und die Direktinvestitionen haben ebenfalls an Dynamik verloren. Überhaupt sind die Kapitalströme in die
Schwellenländer Lateinamerikas, Asiens und Osteuropas seit dem Sommer 2013 auf den niedrigsten Stand seit
Sommer 2008 gefallen und lagen im ersten Quartal bei nur drei Prozent des BIP dieser Staaten. Insbesondere
China, aber auch Osteuropas Staaten locken weniger Kapital ins Land als bisher. Die Leistungsbilanzpositionen
und Kapitalflüsse bleiben jedoch vergleichsweise stabil. Die Überschüsse der Öl- und Rohstoffexporteure gehen
zurück, während die Überschüsse insbesondere Europas zunehmen.
Inflationsentwicklung sehr schwach, Geldpolitik weiter expansiv
Die Inflationsentwicklung ist durch den erneuten Rückgang wichtiger Rohstoffnotierungen schwächer als erwartet, während die Kerninflationsraten in den großen Wirtschaftsräumen stabil geblieben sind. Die monetären Rahmenbedingungen haben sich angesichts von Kapitalabflüssen und steigenden Risikozuschlägen auf den Anleihe- und Devisenmärkten vieler Entwicklungs- und Schwellenländer dort verschlechtert, während in die entwickelten Volkswirtschaften trotz der Aktienmarktkorrekturen vom Sommer weiterhin sehr komfortable Finanzierungsbedingungen fortbestehen. In der Geld- und Finanzpolitik wird weiterhin der vorhandene Spielraum in vielen Staaten genutzt. Geldpolitisch wurde in mehrere Regionen auf die Abschwächung reagiert, v.a. in China und
Russland. Finanzpolitisch hat China gegengesteuert, während die Politik in den USA und der EU seit Sommer
mehr oder weniger unverändert blieb.
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Prognoseübersicht: Wachstum der realen Wirtschaftsleistung 2015/16
2014
2015
IST
IWF1
Welt
3,4
3,1
USA
2,4
China
EU-KOM3
IWF
OECD
EU-KOM
3,14
3,6
3,6
3,84
4,0
2,6
2,0
3,5
2,8
2,8
3,2
7,4
6,8
6,8
7,1
6,3
6,7
6,9
Japan
-0,1
0,6
0,7
1,3
1,0
1,4
1,3
EU
1,4
Eurozone
0,8
1,5
1,4
1,3
1,6
2,1
1,9
Deutschland
1,6
1,5
1,6
1,5
1,6
2,3
2,0
Frankreich
0,2
1,2
1,1
1,0
1,5
1,7
1,8
-0,4
0,8
0,6
0,6
1,3
1,5
1,3
Spanien
1,4
3,1
2,9
2,3
2,5
2,8
2,5
Vereinigtes
Königreich
2,9
2,5
2,4
2,6
2,2
2,3
2,4
Indien
7,3
7,35
6,9
6,6
7,55
7,6
7,1
Brasilien
0,1
-3,0
-0,8
0,7
-1,0
1,1
1,8
Russland
0,6
-3,8
-3,1
-3,5
-0,6
0,8
0,2
Italien
OECD2
2016
1,7
2,1
1: IWF (2015). Stand Oktober
2: OECD (2015)
3: Europäische Kommission (2015). Stand Oktober
4: Prognose auf Grundlage von 70% des Welt-BIP (in Kaufkraftparitäten von 2013)
5: Angaben zu Indien für das Fiskaljahr und in laufenden Preisen
Amerikas Wirtschaft fasst wieder Tritt
Nach einem schlechten Start ins Jahr fasste die US-Wirtschaft im zweiten Quartal wieder Tritt und wuchs mit 3,7
Prozent (annualisierter Wert), nach 0,6 Prozent im ersten Quartal. Die Arbeitslosenquote lag im August mit 5,1
Prozent einen ganzen Prozentpunkt unter dem Vorjahreswert. Für das Gesamtjahr rechnet der IWF mit 2,6 Prozent realem Wachstum, in 2016 sogar mit 2,8 Prozent. Das amerikanische Wachstum wird von einem robusten
privaten Verbrauch angetrieben, während die Ausrüstungsinvestitionen durch die niedrigen Ölpreise und die
schwachen Energieinvestitionen gebremst wurden. Die im Schnitt solide Arbeitsmarktentwicklung mit knapp
über 200.000 neuen Jobs pro Monat hat noch keine Lohndynamik ausgelöst. Die kombinierte Wirkung aus moderaten Stundenlohnerhöhungen, steigenden Hauspreisen und wachsenden Kapitaleinkünften, neuen Jobs und
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nahezu keiner Inflation hat die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte mit über drei Prozent angetrieben (Projektgruppe 2015). Die Exporte erholten sich im Frühjahr. Die Kapitalmarktrenditen haben auch leicht
angezogen, aber die Kreditkonditionen sind nach wie vor komfortabel. Die Kreditnachfrage der privaten Haushalte und Unternehmen hat die Kehrtwende im negativen Territorium hinter sich, und die Vermögens- und Verschuldungslage der Haushalte hat sich trotz der jüngsten Korrekturen am Aktienmarkt in den letzten Jahren
deutlich erholt. Vor allem ölpreisbedingt entwickeln sich die Preise sehr verhalten. Gleichwohl ist damit zu rechnen, dass die US-Notenbank noch dieses Jahr die Leitzinsen erstmals seit Jahren wieder anheben und die sicherlich sehr graduelle Zinswende einleiten wird. Auf ihrer Septembersitzung hatte der Offenmarktausschuss
des Gouverneursboards noch beschlossen, die zinspolitischen Füße still zu halten, da im Sommer die Volatilitäten an den weltweiten Finanzmärkten und die erneute Schwächung der Rohostoff- und Ölpreise zunächst dämpfende Effekte auf die US-Wirtschaft und die Preisentwicklung zeigen würden. Aufgrund der Wirkungsverzögerungen der Geldpolitik dürfte die Kehrtwende allmählich angezeigt sein; der schleppende Charakter der US-Erholung und Zeitpunkt, Tempo und Ausmaß der erwarteten Zinswende verunsichern jedoch Marktteilnehmer und
Wirtschaftspolitiker gleichermaßen. Dies ist jedoch eher Unsicherheit um einen positiven Trend herum.
Chinas Abkühlung und Restrukturierung in schwieriger Phase
Chinas wirtschaftliche Entwicklung ist in diesem Sommer durch das Platzen der Aktienblase infolge der Anpassungen in der Währungspolitik Anfang August, die erstmalig seit langer Zeit eine sprunghafte kleine Abwertung
des Renminbi zum Dollar zugelassen hatte, mächtig durchgerüttelt worden. Mehrere Wochen stark erhöhter Unsicherheit über den gesamten chinesischen Reformprozess und die Chancen der Neuausrichtung der Wachstumskräfte in China führten zu massiven Korrekturen an den weltweiten Börsen. Zwar war die Wirtschaft im ersten Halbjahr mit sieben Prozent gegenüber dem Vorjahreswert entlang der politischen Vorgabe gewachsen und
hatte im zweiten Quartal auch mehr Dynamik als im ersten an den Tag gelegt, aber Politikfehler und schwache
Daten im Sommer führten zu Schwierigkeiten.
Das wirtschaftliche Wachstum verliert an Fahrt
Ein akuter Auslöser waren die schwachen Daten der Industrieproduktion, des Außenhandels (in Werten gerechnet) sowie der Bautätigkeit, die an den Märkten die Gefahr einer „harten Landung“ heraufbeschworen. Die fortwährende Korrektur der Überinvestitionen auf dem Immobilienmarkt der letzten Jahre muss noch einige Jahre
durchgehalten werden, bis die Nachfrage das Angebot wieder einholen wird. Und die enormen Überkapazitäten
in den baunahen Industriebranchen (Zement, Stahl, Telekommunikationsausrüster, Wohnungseinrichtungen)
müssen ebenfalls schmerzhaft korrigiert werden.
Das Risiko einer übermäßigen Abschwächung der chinesischen Wirtschaftsentwicklung wird insbesondere aufgrund der schwachen Indikatoren für die Industrieproduktion und den Außenhandel im Winter und im Sommer
dieses Jahres an den Märkten als hoch gehandelt. Die kurze Erholung im Frühjahr blieb nicht von Dauer. Richtig
ist, dass im ersten Halbjahr 2015 die chinesische Industrieproduktion, die Bautätigkeit, der Außenhandel und die
Produzentenpreise schwach verlaufen sind (alle Angaben nach nationaler Statistik). Die Bruttowertschöpfung in
der Industrie lag im August 2015 nur sechs Prozent über dem Vorjahreswert. Der Einkaufsmanagerindex (PMI)
für die Industrie lag mit Werten von 49,7 und 49,8 im August und September leicht unter neutralem Niveau (50),
während der PMI für Dienstleistungen weiterhin im Expansionsbereich notierte. Die Exportwerte lagen im August 5,5 Prozent unter Vorjahresniveau, die Einfuhren 13,8 Prozent wertmäßig unter Vorjahresniveau. Die Bautätigkeit wuchs in diesem Jahr nur um 3,5 Prozent. Die Ausrüstungsinvestitionen in der Industrie liegen im Jahresverlauf mit 8,5 Prozent im Plus, die der Dienstleistungen jedoch mit 11,5 Prozent. Die Einzelhandelsumsätze
(ohne Dienstleistungen) lagen im August sogar knapp elf Prozent über Vorjahr. Die Wertschöpfung im Dienstleistungsbereich hat erwartungsgemäß zugelegt und übertrifft mittlerweile die der Industrie. Dies wird durch die
Urbanisierung, erleichterte Marktzugangsbedingungen für Unternehmen, den soliden Anstieg der Löhne und der
verfügbaren Einkommen und durch robuste Einzelhandelsumsätze gestützt (OECD 2015; IWF 2015).
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Generell ist das neue Austarieren der Wachstumskomponenten ja erwünscht, aber die Marktdynamik droht seit
dem Sommer etwas über das Ziel hinauszuschießen. Die Wachstumsabschwächung ist zudem extrem stark
regional auf sechs Provinzen konzentriert. Die Dienstleistungen wiederum wurden jüngst vom Finanzsektor und
dem elektronischen Geschäftsverkehr – den boomenden Onlinehändlern Alibaba, Baidu und Tencent – angetrieben. Viel spricht dafür, dass im zweiten Halbjahr eine Reihe expansiv wirkender Faktoren zum Tragen kommen werden: die geld- und finanzpolitischen Stützungsmaßnahmen werden wirken und die Bodenbildung auf
dem Immobilienmarkt weicht allmählich wieder anziehenden Preisen.
An den Finanzmärkten wurde im Sommer aber sowohl die makroökonomische und finanzmarktpolitische Gegensteuerung der Führung noch die Dynamik im Dienstleistungssektor richtig wahrgenommen, auch weil bei
letzterer hochfrequente Daten fehlen. Für dieses Jahr verfolgt die Regierung ein Wachstum von um die sieben
Prozent, für nächstes Jahr etwas weniger. Die internationalen Organisationen sehen in ihren jüngsten Prognosen China in etwa auf Kurs (IWF: 6,8 bzw. 6,3 Prozent für das reale BIP in 2015/16; OECD: 6,7 bzw. 6,5 Prozent für das BIP in laufenden Preisen (kalenderbereinigte Werte) für 2015/16). Wir gehen nach wie vor davon
aus, dass die chinesische Führung noch über genügend Instrumente verfügt, um die kurzfristige Stabilisierung
zustande zu bringen, gleichwohl aber vor grundlegenden strukturellen Reformproblemen steht, die keinesfalls so
leicht zu lösen sind.
Einkaufsmanagerindex, in Prozent (2011-2015)
60
55
50
45
Jan, 2011
Jan, 2012
Industrie
Jan, 2013
Jan, 2014
Jan, 2015
Dienstleistungen
* Werte über 50 Prozent signalisieren Expansion
Quellen: CEIC, NBS
Die Geldpolitik liegt auf Stützungskurs
Notenbank und Regierung haben auf die Abwärtsrisiken mit einer Reihe von Maßnahmen reagiert, die bereits im
zweiten Halbjahr greifen sollten. Die Notenbank hat seit November 2014 fünfmal den Leitzins gesenkt, vor den
jüngsten Turbulenzen bereits um neunzig Basispunkte. Chinas Leitzins liegt noch über vier Prozent. Die traditionell hohen Mindestreservesätze wurden ebenfalls zweimal gesenkt, um die Liquiditätsversorgung trotz der Aufwertung der Währung und den damit verbundenen rückläufigen Devisenreserven entgegenzuwirken. Der IWF
erwartet (IWF 2015b), dass sich die Kreditvergabe insgesamt um zwölf Prozent erhöhen wird (elf Prozent, wenn
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man um die kommunalen Investitionsfirmen bereinigt). Dies ist zwar noch etwas zu hoch, aber der Konsolidierungstrend ist intakt.
Die Finanzpolitik ist leicht expansiv ausgerichtet
Die Fiskalpolitik hält mit einem leicht expansiven Budget ebenfalls dagegen, und die außerbudgetären fiskalpolitischen Maßnahmen, die seit 2008 massiv die Wirtschaft stimuliert haben, wirken fort. Dazu zählen insbesondere kommunale Investitionsunternehmen, die formal außerhalb des Staatsbudgets liegen. 2014 wurde das vom
IWF berechnete ergänzte Defizit mit knapp zehn Prozent des BIP beziffert; die Nettokreditaufnahme lag mit 7,3
Prozent des BIP gut zweieinhalb Prozentpunkte niedriger, da die Lokalregierungen einen Teil der Ausgaben
durch zusätzliche Einnahmen aus den Verkäufen kommunaler Liegenschaften an private Unternehmen finanzieren. Jüngst wurden die rechtlichen Rahmenbedingungen für diese Aktivitäten neu geregelt. Diese Maßnahmen
dürften die Finanzierung von Projekten und die Investitionstätigkeit lokaler Bauunternehmen von zahlreichen
Unsicherheiten befreien und damit ankurbeln. China hat zudem eine Reform zur Haushaltspolitik auf den Weg
gebracht, durch die die außerbudgetären Ausgaben wieder zurück in den Haushalt geführt, die Regeln für kommunale Garantien (bzw. für den Verzicht) für kommerzielle Bauten klarer gefasst und der Finanzierungsmechanismen für laufende Projekte gestärkt wurden. Für die Übergangsphase zur vollen Wirksamkeit der neuen Regelwerke, die die Transparenz des gesamten Staatshaushalts erhöhen werden, wird es aber Unsicherheiten geben, wie bereits begonnene Investitionsvorhaben budgetiert und finanziert werden und inwiefern für diese noch
direkte oder indirekte staatliche Garantien der Kommunen gelten oder nicht. Insbesondere die Finanzierung bereits begonnener Infrastrukturinvestitionen durch die kommunalen Firmen muss sichergestellt werden. Dazu hat
die Regierung neben erweiterten Möglichkeiten der Anleihe- und Eigenkapitalemission auch den Weg für PPP
weiter geöffnet.
Japans neues Pech
Auch Japan hat im Sommer vor allem die direkten Auswirkungen des schwächeren chinesischen Außenhandels
zu spüren bekommen. Auch die Exporte in die USA und nach Westeuropa gerieten unter Druck. Zudem ist eine
wichtige Erfolgsvoraussetzung für die Abenomics, die Erhöhung der Löhne, nicht ausreichend eingetreten
(Deutsch und Keichel 2015). So blieb auch die Konsumnachfrage im zweiten Quartal schwach. Die Inflationsentwicklung liegt ebenfalls hinter dem Plan zurück. Zwar hält die japanische Notenbank an ihrer ohnehin expansiven Strategie fest, die finanzpolitische Straffung ist angesichts der Schieflage des japanischen Haushalts nicht
vom Tisch. Zudem sind die Fortschritte bei den Strukturreformen zur Stimulierung des Wachstums trotz unbestreitbarer Teilerfolge noch überschaubar. Statt einer Verdopplung der Anstrengungen hat die Regierung Abe
jedoch jüngst angekündigt, nun sozialpolitische Ziele mit drei neuen „Pfeilen“ ohne klare Finanzierung zu verfolgen. Dies hat weder die japanischen Unternehmen und Investoren noch die Finanzmärkte überzeugen können.
Japans Wirtschaftsentwicklung bleibt somit in diesem Jahr voraussichtlich schwach, sollte sich aber im nächsten
Jahr dank niedriger Ölpreise, eines preiswerten Yen, anziehender Kaufkraft der Verbraucher, eines engen Arbeitsmarkts und allmählich anziehender Lohn-Preis-Dynamik und fortbestehender geldpolitischer Stimuli wieder
stabilisieren können.
Die Europäische Konjunktur trotzt den globalen Entwicklungen
Das geringere Wachstum und die Volatilität der Schwellenländer trifft die europäische Konjunktur nicht so stark
wie erwartet. Insbesondere am aktuellen Rand zeigt sich die Wirtschaft der EU28 merklich unbeeindruckt von
den globalen Unsicherheiten. Der von der Europäischen Kommission ermittelte Indikator des Wirtschaftsklimas
stieg von August auf September 2015 EU-weit um 0,6 Prozentpunkte auf 107,6 und im Euroraum sogar um 1,5
Prozentpunkte auf 105,6. Bereits von Juli auf August gab es Zuwächse um 0,4 bzw. 0,1 Prozentpunkte. Damit
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Kein Gleichauf. Deutsche Wirtschaft hält sich in stürmischen Wetter 19/10/2015
liegen beide Werte deutlich über dem langjährigen Durchschnitt von 100. Das BIP stieg vom ersten auf das
zweite Quartal 2015 sowohl in der EU als auch im Euroraum um 0,4 Prozent. Bezogen auf das zweite Quartal
2014 ergibt das Steigerungen von 1,9 bzw. 1,5 Prozent. Die Oktober-Prognose der EU-Kommission für das gesamte Jahr 2015 mit 1,7 bzw. 1,3 Prozent BIP-Wachstum liegen damit nur knapp unter den April-Schätzungen.
Die OECD sieht die Konjunktur im Euroraum sogar etwas optimistischer und hat im September die Prognose
von 1,5 auf 1,6 Prozent erhöht.
Die Entwicklung der Industrieproduktion stützt diesen Befund, zeichnet sich jedoch durch hohe Volatilität aus.
Nach Anstiegen von Juni auf Juli um 0,8 Prozent in der EU und um 0,3 Prozent im Euroraum sank die Produktion von Juli auf August wieder um 0,5 bzw. 0,3 Prozent. Bezogen auf den Vorjahresmonat entspricht dies jedoch immer noch Steigerungen von 1,9 bzw. 0,9 Prozent. Dieses Wachstum wird hauptsächlich von Investitions- und Gebrauchsgütern getrieben. Die Exporte weisen ungeachtet der Abkühlung der globalen Konjunktur
ein solides Wachstum auf. Im Juli 2015 lagen die Exporte der EU und des Euroraums sieben Prozent über dem
Wert des Vorjahresmonats. Die Konjunktur in Europa wird nach wie vor durch die expansive Geldpolitik der
EZB, den günstigen Eurowechselkurs und den niedrigen Ölpreis beflügelt. Rund die Hälfte des geschätzten 1,8prozentigen BIP-Anstiegs in der EU für 2015 kann auf diese Faktoren zurückgeführt werden. Die Wachstumsbeiträge in Bezug auf die Ausgabenkategorien belaufen sich beim Konsum auf 1,3 und bei den Investitionen auf
0,5 Prozentpunkte. Der Außenbeitrag liegt bei null Prozent.
Der Arbeitsmarkt und die Preisentwicklung bleiben Sorgenkinder
Die Zahl der Arbeitslosen sinkt zwar seit 2013 wieder beständig. Mit Arbeitslosenquoten von 9,5 Prozent in der
EU und 11,0 Prozent im Euroraum im August 2015 bleibt die Lage jedoch angespannt. Die Jugendarbeitslosenquote liegt über 20 Prozent, in Spanien, Griechenland, Kroatien und Italien sogar über 40 Prozent. Im Vergleich
zum US-amerikanischen Arbeitsmarkt mit einer aktuellen Arbeitslosenquote von knapp über fünf Prozent ist die
Erholung in Europa wesentlich später und auch langsamer gestartet. In den USA begann die Arbeitslosenquote
bereits 2010 zu sinken und konnte seither von rund zehn Prozent jedes Jahr um knapp einen Prozentpunkt reduziert werden. In der EU ging die Arbeitslosenquote seit ihrem Höhepunkt 2013 mit elf Prozent erst um 1,5 Prozentpunkte insgesamt zurück.
Die Preisentwicklung im Euroraum entwickelt sich ebenfalls nicht nach Plan. Im Januar 2015 hat die EZB beschlossen, monatlich Ankäufe von Wertpapieren und Staatsanleihen im Ausmaß von 60 Milliarden Euro bis mindestens September 2016 zu tätigen. Erklärte Absicht war es, die Inflation in der Eurozone vom damaligen Niveau von -0,6 Prozent wieder auf das Zielniveau knapp unter zwei Prozent zu bringen. In der Tat kam es in den
ersten Monaten der Ankäufe zu einem Anstieg der Inflationsrate. Seit Juni 2015 ist sie jedoch wieder rückläufig
und kam im September 2015 mit einem Wert von -0,1 Prozent in den negativen Bereich. Getrieben wird der
Preisrückgang vor allem von den Energiepreisen. Im Vergleich zum Vorjahresmonat sind die Preise für Energie
fast um neun Prozent gesunken. Betrachtet man die Kerninflationsrate (ohne Energie, Nahrungsmittel, Alkohol
und Tabak) so kommt man auf einen Wert von 0,9 Prozent im September 2015.
Konjunktur in Deutschland
Wachstumsbeschleunigung dank starkem Außenbeitrag
Die deutsche Wirtschaft befand sich im Frühjahr weiter auf Wachstumskurs. Im zweiten Quartal 2015 stieg die
Wirtschaftsleistung preis-, saison- und kalenderbereinigt gegenüber dem Vorquartal um 0,4 Prozent. Bereits im
Quartal zuvor hatte es einen Anstieg um 0,3 Prozent gegeben. Im Vorjahresvergleich entsprach dies einem Anstieg um 1,6 Prozent, nach einem Plus von 1,2 Prozent zum Jahresauftakt. Die Wirtschaftsleistung wurde von
42,8 Millionen Erwerbstätigen mit Arbeitsort in Deutschland erbracht. Das waren 175.000 Personen oder 0,4
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Kein Gleichauf. Deutsche Wirtschaft hält sich in stürmischen Wetter 19/10/2015
Prozent mehr als vor einem Jahr. Abgesehen von den Finanz- und Versicherungsdienstleistern und des Baugewerbes, wo Rückgänge um ein bzw. 0,1 Prozent zu verzeichnen waren, erhöhte sich in nahezu allen Wirtschaftsbereichen die Bruttowertschöpfung. Die stärksten Zuwächse gab es mit 2,8 Prozent im Informations- und
Kommunikationssektor, gefolgt von den Unternehmensdienstleistern mit 2,4 Prozent. In der Industrie sowie im
Bereich Handel, Verkehr und Gastgewerbe waren Zuwächse von 2,1 Prozent zu verzeichnen.
Bei der verwendungsseitigen Betrachtung des BIP hat der Konsum seine bestimmende Rolle als Wachstumsmotor im zweiten Quartal eingebüßt. Die Konsumausgaben der privaten Haushalte stiegen preis-, saison- und
kalenderbereinigt gegenüber dem Vorquartal nur noch um 0,2 Prozent, die Konsumausgaben des Staates um
0,3 Prozent. Die Bruttoanlageinvestitionen gingen um insgesamt 2,3 Prozent gegenüber dem Vorquartal zurück. Schwach entwickelten sich vor allem die Bauinvestitionen, die nach dem witterungsbedingt starken Anstieg im ersten Quartal nunmehr um 1,2 Prozent nachgaben. Die konjunkturreagiblen Ausrüstungsinvestitionen
stiegen zuletzt leicht an (plus 0,1 Prozent). In sonstige Anlagen (Patente, Lizenzen etc.) wurde 0,7 Prozent mehr
investiert als zum Jahresauftakt. Vor allem der kräftige Vorratsabbau wirkte sich negativ auf das BIP aus und
kostete 0,4 Prozentpunkte Wachstum. Dafür gingen nach einem halben Jahr vom Außenbeitrag wieder kräftige
Wachstumsimpulse aus. Während die Exporte im Vergleich zum Vorquartal um 2,2 Prozent stiegen, wurden im
zweiten Quartal nur 0,8 Prozent mehr Waren und Dienstleistungen importiert. Hieraus ergab sich für den Außenhandel ein Wachstumsbeitrag von 0,7 Prozentpunkten, mit dem der negative Wachstumsbeitrag der Binnenwirtschaft mehr als kompensiert wurde.
Entwicklung des realen BIP in Prozent
3
2
1
0
-1
-2
I
2013
II
III
IV
I
2014
Veränderung ggü.Vorjahresquartal
II
III
IV
I
2015
II
Veränderung ggü. Vorquartal
Quelle: Statistisches Bundesamt
Starkes Wachstum der Exporte im 2. Quartal 2015
Im zweiten Quartal 2015 haben sich die deutschen Warenausfuhren im Vergleich zum Vorjahreszeitraum (saisonbereinigte Werte mit Länderdifferenzierungen sind nicht verfügbar) deutlich erhöht. Bedingt durch den
schwachen Euro, der binnen eines Jahres gegenüber dem US-Dollar rund 15 Prozent und gegenüber dem Britischen Pfund rund zehn Prozent an Wert verlor, wurden vor allem deutlich mehr Erlöse aus Exporten in Länder
außerhalb des Euroraumes erzielt. Insgesamt legten die Ausfuhren im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorjahr
um 23,6 Milliarden Euro oder 8,5 Prozent zu. Die absolut stärksten Zuwächse gab es bei den Exporten in die
Vereinigten Staaten (plus 6,05 Milliarden Euro bzw. 27,0 Prozent), die damit erstmals seit 1961 Frankreich als
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Kein Gleichauf. Deutsche Wirtschaft hält sich in stürmischen Wetter 19/10/2015
wichtigsten Abnehmer deutscher Waren ablösten. Auch die Ausfuhren in das Vereinigte Königreich (plus 2,38
Milliarden Euro bzw. 11,9 Prozent), nach Polen (plus 1,12 Milliarden Euro bzw. 9,7 Prozent) und in die Tschechische Republik (plus 733 Millionen Euro oder 8,7 Prozent) legten deutlich zu.
Exportüberschüsse und -defizite nach ausgewählten Ländern
2. Quartal 2015 gegenüber Vorjahresquartal
Exporte Zu- (+) bzw. Abnahme (-)
Importe Zu- (+) bzw. Abnahme (-)
in Million Euro
in %
in Million Euro
in %
Vereinigte Staaten
+ 6 046
+
27,0
Vereinigte Staaten
+ 2 353
+
18,8
Großbritannien
+ 2 379
+
11,9
Volksrepublik China
+ 2 315
+
13,0
Niederlande
+ 2 062
+
11,5
Polen
+ 1 204
+
12,4
V. Arabische Emirate
+ 1 463
+
66,0
Schweiz
+
851
+
8,7
Türkei
+ 1 446
+
31,4
Irland
+
711
+
32,9
Italien
+ 1 226
+
8,9
Vietnam
+
540
+
40,7
Polen
+ 1 125
+
9,7
Niederlande
+
538
+
2,4
Spanien
+ 1 116
+ 12,8
Tschechische Republik
+
528
+
5,7
Frankreich
+ 1 018
+
4,0
Finnland
+
406
+
23,5
Ukraine
-
207
-
23,6
Belgien
-
753
-
7,5
Volksrepublik China
-
605
-
3,2
Vereinigtes Königreich
- 1 048
-
9,9
Russische Föderation
-
2 103
-
27,8
Russische Föderation
- 1 614
-
16,7
Insgesamt
+ 23 582
+
8,5
Insgesamt
+ 9 218
+
4,1
Quelle: Statistisches Bundesamt
Die konjunkturelle Erholung im Euroraum hat auch zu einer Ausweitung der Ausfuhren in diese Länder beigetragen. Die volumenmäßig stärksten Zuwächse gab es im Handel mit den Niederlanden (2,06 Mrd. Euro bzw. plus
11,5 Prozent), Italien (1,23 Mrd. Euro bzw. plus 8,9 Prozent), Spanien (1,12 Mrd. Euro bzw. plus 12,8 Prozent)
und Frankreich (1,02 Mrd. Euro bzw. plus vier Prozent). Auffallend stark war auch das Wachstum der Exporte in
die Vereinigten Arabischen Emirate (plus 1,46 Mrd. Euro bzw. plus 66 Prozent), in die Türkei (plus 1,45 Mrd.
Euro bzw. plus 31,4 Prozent), nach Südafrika (plus 442 Millionen Euro bzw. plus 22 Prozent) und nach Indien
(plus 436 Millionen Euro bzw. plus 21,7 Prozent). Auch bedingt durch die Wirtschaftssanktionen der Europäischen Union gingen im zweiten Quartal die Ausfuhren nach Russland um 2,1 Milliarden Euro bzw. 27,8 Prozent
zurück, in die Ukraine im gleichen Zeitraum um 206 Millionen bzw. 23,6 Prozent. Das langsamere Wachstum in
China hat zu einem Rückgang der Exporte in das Reich der Mitte um 604 Millionen Euro bzw. 3,2 Prozent geführt.
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Kein Gleichauf. Deutsche Wirtschaft hält sich in stürmischen Wetter 19/10/2015
Der Zuwachs an Importen lag im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorjahreswert bei 9,2 Milliarden Euro oder
4,1 Prozent. Die in absoluten Zahlen stärksten Zuwächse stammen dabei aus dem Handel mit den Vereinigten
Staaten (plus 2,35 Milliarden oder 18,8 Prozent), gefolgt von China (plus 2,3 Milliarden oder 13,0 Prozent), wobei bei diesen beiden Ländern eher Wechselkurseffekte als Mengeneffekte für den starken wertmäßigen Anstieg
verantwortlich waren. Auch die Einfuhren aus einzelnen europäischen Nachbarstaaten legten teilweise kräftig
zu. Aus Polen wurden Waren im Wert von 1,2 Milliarden Euro oder 12,4 Prozent mehr importiert als im entsprechenden Vorjahresquartal, aus der Schweiz plus 851 Millionen Euro oder 8,7 Prozent und aus Irland plus 711
Million oder 32,9 Prozent. Die Einfuhren aus Russland gingen im gleichen Zeitraum um 1,61 Milliarden Euro oder 16,7 Prozent zurück. Einfuhren aus dem Vereinigten Königreich gingen um 1,05 Milliarden Euro oder 9,9
Prozent zurück, aus Belgien um 753 Millionen Euro oder 7,5 Prozent.
Am aktuellen Rand stiegen die Ausfuhren im August 2015 gegenüber dem Vorjahresmonat um fünf Prozent. Der
Zuwachs bei den Einfuhren fiel mit vier Prozent nicht ganz so stark aus. Im Zeitraum Januar bis August 2015
wurden insgesamt 6,6 Prozent mehr Waren und Dienstleistungen ausgeführt als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Überdurchschnittlich stark entwickelten sich die Ausfuhren in Drittländer (plus 7,7 Prozent) und in die
EU-Länder, die nicht der Eurozone angehören (plus 8,1 Prozent). In die Eurozone wurden 4,5 Prozent mehr
Waren exportiert als noch vor Jahresfrist. Importseitig sah das Ergebnis ausgeglichener aus. Die Einfuhren legten in den ersten acht Monaten des laufenden Jahres um insgesamt 3,5 Prozent zu. Aus der EU wurden dabei
3,2 Prozent mehr importiert, die Einfuhren aus Drittländern erhöhten sich mit plus 3,9 Prozent etwas stärker.
Stellenzuwachs in nahezu allen Wirtschaftszweigen
Nach ersten vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes ist die Zahl der Erwerbstätigen im August 2015 auf einen Rekordwert von 43,1 Millionen Personen gestiegen. Im Vergleich zum Vorjahresmonat entsprach dies einem Zuwachs von rund 230.000 Personen oder 0,5 Prozent. Der Anstieg der Erwerbstätigkeit wird
vor allem getrieben durch den anhaltenden Zuwachs sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung. Nach
letzten Hochrechnungen der Bundesagentur gingen im Juli 2015 (letzter verfügbarer Wert) insgesamt 30,73 Millionen Personen einer solchen Beschäftigung nach. Das waren 608.000 Personen oder zwei Prozent mehr als
noch vor einem Jahr. Nach Wirtschaftszweigen untergliedert gab es fast überall Stellenzuwächse. Die absolut
größten Zuwächse im Juli verzeichneten Qualifizierte Unternehmensdienstleistungen, Pflege und Soziales und
der Handel mit einem Stellenplus von jeweils 74.000. Bei den sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen (ohne
Arbeitnehmerüberlassung) und im Gastgewerbe entstanden 68.000 bzw. 60.000 neue Stellen. Geringfügig zurück ging die Beschäftigung im Öffentlichen Dienst (minus 6.000 oder 0,4 Prozent), im Bereich Bergbau, Energie- und Wasserversorgung, sowie bei der Entsorgungswirtschaft (minus 5.000 oder ein Prozent). Die sonstigen
Formen der Erwerbstätigkeit haben gegenüber dem Vorjahr abgenommen. Die Zahl der Selbstständigen einschließlich mithelfender Familienangehöriger ist im zweiten Quartal um 96.000 oder 2,2 Prozent auf 4,32 Millionen gesunken. Die Zahl der ausschließlich geringfügig Beschäftigten sank im Juli um 190.000 oder 3,7 Prozent auf 4,91 Millionen, wobei dieser Rückgang mit der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns zusammen
hängen dürfte.
Arbeitslosigkeit nimmt weiter ab
Die Bundesagentur registrierte Ende September 2015 2,708 Millionen Arbeitslose. Damit waren 101.000 Personen weniger arbeitslos als noch vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote sank im September 2015 auf 6,4
Prozent. Der hierzu korrespondierende Wert nach Definition der ILO beträgt 4,5 Prozent. Deutschland hat damit
die niedrigste Arbeitslosenquote in der Europäischen Union. Die Nachfrage nach neuen Mitarbeitern befindet
sich weiter auf hohem Niveau. Der Bestand an gemeldeten offenen Stellen hat im September den Vorjahreswert um 81.000 oder 16 Prozent überschritten und erreichte einen Rekordwert von 600.000. Offene Stellen bleiben nach Berechnungen der Bundesagentur auch länger unbesetzt, weil kein passendes Personal gefunden
wird. Laut ifo Beschäftigungsbarometer wollen deutsche Firmen weiter neues Personal einstellen. Die expan-
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Kein Gleichauf. Deutsche Wirtschaft hält sich in stürmischen Wetter 19/10/2015
sivsten Personalpläne hat dabei der Dienstleistungssektor. Auch im Einzelhandel dürfte die Zahl der Beschäftigten in den kommenden drei Monaten zunehmen. Im Großhandel und in der Industrie ist die Personalplanung
hingegen etwas zurückhaltender.
Arbeitsmarkt in Deutschland*
31,0
3,1
Arbeitslose (rechte Achse)
30,5
3,0
30,0
2,9
29,5
2,8
Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (linke Achse)
29,0
2,7
2013
2014
2015
*saisonbereinigt, in Millionen
Quelle: Bundesagentur für Arbeit
Auftragseingang zur Jahresmitte rückläufig
Im August 2015 sind die Auftragseingänge in der Industrie nach ersten Berechnungen (preis-, kalender- und
saisonbereinigte Werte) gegenüber dem Vormonat um 1,8 Prozent zurückgegangen. Ohne Berücksichtigung
von Großaufträgen wäre das Ordervolumen 2,1 Prozent geringer gewesen. Das Juli-Ergebnis wurde zudem auf
minus 2,2 Prozent abwärtsrevidiert. Nach der vom BDI berechneten Zweimonatsbetrachtung ergibt sich damit
für den Zeitraum Juli/August 2015 gegenüber Mai/Juni 2015 ein Rückgang von 2,2 Prozent. Der Rückgang der
Nachfrage aus Drittländern um 9,2 Prozent war so stark wie seit Jahresanfang 2009 und maßgeblich verantwortlich für das schlechte Ergebnis. Positive Signale gab es dagegen aus dem Euroraum, wo sich die seit dem
Frühjahr anhaltende Aufwärtsbewegung mit einem Plus von 2,9 Prozent weiter fortsetzte. Auch die Bestellungen
aus dem Inland zogen um 1,9 Prozent an.
Die Nachfrage nach Vorleistungsgütern ging im August das dritte Mal in Folge zurück. Sowohl Inlands- als
auch Auslandsnachfrage gaben gegenüber Juli nach. Der Zweimonatsvergleich Juli/August gegenüber Mai/Juni
weist ein Minus von 1,8 Prozent aus. Auch das Auftragsvolumen des Vorjahres wurde verfehlt. Bei der Inlandsnachfrage ist in der Zweimonatsbetrachtung bereits seit drei Monaten in Folge ein Rückgang zu beobachten.
Die Auslandsnachfrage nach Vorleistungsgütern gab am aktuellen Rand mit minus 2,8 Prozent vergleichsweise
kräftig nach.
Bei den Investitionsgüterherstellern ging die Nachfrage im August 2015 mit minus 2,8 Prozent am stärksten
zurück. Sowohl Inlands- als auch Auslandsnachfrage gaben gegenüber dem Vormonat nach. Der weniger
schwankungsanfällige Zweimonatsvergleich weist bei der Investitionsgüternachfrage ein Minus von 2,1 Prozent
aus. Aus dem Inland wurden 3,9 Prozent mehr Investitionsgüter nachgefragt als in den Monaten Mai und Juni.
Die Nachfrage aus dem Ausland gab nach vier zum Teil kräftigen Steigerungen zuletzt um 5,3 Prozent nach.
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Kein Gleichauf. Deutsche Wirtschaft hält sich in stürmischen Wetter 19/10/2015
Trotz der zuletzt schwachen Nachfrage am aktuellen Rand verlief die Nachfrage nach Investitionsgütern im gesamten Jahresverlauf recht stabil. Vor allem aus dem Inland wurden im Jahresvergleich kontinuierlich mehr Investitionsgüter nachgefragt.
Bei den Konsumgüterproduzenten sanken im August 2015 die Auftragseingänge im Vergleich zum Vormonat
um 1,5 Prozent, wobei die Nachfrage aus dem Ausland mit minus 2,4 Prozent deutlich stärker ausfiel. Der weniger schwankungsanfällige Zweimonatsvergleich Juli/August 2015 gegenüber Mai/Juni weist für die Konsumgüternachfrage einen Rückgang um insgesamt vier Prozent aus. Mit einem Minus von 1,5 Prozent war der Rückgang der Inlandsnachfrage nicht ganz so stark wie der der Auslandsorders (minus 5,7 Prozent). Trotz der zuletzt
schwächeren Entwicklung in den letzten Monaten bewegt sich die Konsumgüternachfrage noch immer leicht
über dem Vorjahresniveau.
Auftragseingang, Verarbeitendes Gewerbe
114
8
7
112
6
110
5
4
108
3
106
2
1
104
0
102
-1
100
-2
2013
2014
2015
Veränderung zum Vorjahr, 2-Monats-Vergleich, in Prozent (rechte Achse)
Index des Verabeitenden Gewerbes, 2-Monats-Durchschnitt, saisonbereinigt (linke Achse)
Quelle: Statistisches Bundesamt
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Kein Gleichauf. Deutsche Wirtschaft hält sich in stürmischen Wetter 19/10/2015
Etwas schwächere Produktion in den Sommermonaten
Die Produktion im Produzierenden Gewerbe ist im August nach ersten vorläufigen Berechnungen (preis-, kalender- und saisonbereinigt) im Vergleich zum Vormonat um 1,2 Prozent gesunken. Die Produktionsausweitung
im Juli wurde um 0,5 Prozentpunkte auf nunmehr 1,2 Prozent aufwärts revidiert. Im Einzelnen gab die Produktion in der Industrie um 1,1 Prozent und im Baugewerbe um insgesamt 1,3 Prozent nach. Die Energieerzeugung
ging um 1,4 Prozent zurück. Der Zweimonatsvergleich weist für das Produzierende Gewerbe noch eine Produktionsausweitung von 0,1 Prozent aus. Darüber hinaus war der Ausstoß des Produzierenden Gewerbes in der
Zweimonatsbetrachtung 1,5 Prozent höher als vor einem Jahr.
Produktion, Produzierendes Gewerbe
110
5
4
108
3
2
106
1
104
0
-1
102
-2
100
-3
2013
2014
2015
Veränderung zum Vorjahr, 2-Monats-Vergleich in Prozent (rechte Achse)
Index des Produzierenden Gewerbes, 2-Monats-Durchschnitt, saisonbereinigt (linke Achse)
Quelle: Statistisches Bundesamt
Die Industrieproduktion ging in der Zweimonatsbetrachtung Juli/August 2015 gegenüber Mai/Juni um 0,1 Prozent zurück. Ein Monat zuvor war bereits ein Rückgang um 0,3 Prozent zu verzeichnen gewesen. Innerhalb der
industriellen Hauptgruppen gab die Vorleistungsgüterproduktion um 0,9 Prozent nach (sofern nicht anders
ausgewiesen jeweils Zweimonatsbetrachtung im Vergleich zum Vorzeitraum). Dies war der sechste Rückgang in
Folge. Die Konsumgüterhersteller verzeichneten einen Rückgang um 0,4 Prozent, produzierten aber immer
noch 1,4 Prozent mehr als vor einem Jahr. Die Investitionsgüterproduktion wurde um 0,5 Prozent ausgeweitet. Dabei wurde gleichzeitig das Vorjahresniveau um 2,4 Prozent überschritten.
Die Industriekonjunktur durchläuft derzeit eine leicht Schwächephase, die sich bereits durch die gedämpften
Stimmungsindikatoren im Frühsommer angedeutet hatte. Für das dritte Quartal ist aller Voraussicht mit einer
stagnierenden Produktion zu rechen. Sollte die Industrieproduktion im September den Durchschnitt der beiden
Vormonate erreichen, dürfte im dritten Quartal sowohl das Niveau des Vorquartals als auch das des Vorjahres
leicht verfehlt werden.
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Kein Gleichauf. Deutsche Wirtschaft hält sich in stürmischen Wetter 19/10/2015
Die Kapazitätsauslastung der Industrieunternehmen (ohne Ernährungsgewerbe und Tabakverarbeitung) liegt
seit nunmehr zwei Jahren über ihrem langjährigen Durchschnitt von 84 Prozent. Zu Beginn des dritten Quartals
2015 (letztverfügbarer Wert) waren die Kapazitäten sogar zu 84,8 Prozent ausgelastet. Der Auftragsbestand im
Verarbeitenden Gewerbe ist seit über einem Jahr unverändert geblieben. Die Auftragspolster der befragten Unternehmen reichten im Durchschnitt noch für 2,8 Monate.
Der ifo-Geschäftsklimaindex für die gewerbliche Wirtschaft ist im September das dritte Mal in Folge gestiegen.
Zwar bewerteten die Unternehmen ihre aktuelle Geschäftslage etwas weniger gut als noch im August. Dafür haben sich aber die Geschäftserwartungen im September deutlich verbessert. Die Stimmung in der deutschen
Wirtschaft ist weiter robust. Innerhalb der - vor allem binnenorientierten -Wirtschaftsbereiche beurteilten die Unternehmen des Bauhauptgewerbes sowohl Lage als auch Aussichten deutlich besser. Der Großhandel zeigte
sich ebenfalls zufrieden, war aber hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung etwas skeptischer. Im Einzelhandel
verbesserte sich die Lageeinschätzung das dritte Mal in Folge sogar deutlich. Auch im Hinblick auf die Entwicklung in den kommenden Monaten ist der Einzelhandel weiter optimistisch. Der Indikator für das Dienstleistungsgewerbe gab nach dem Rekordwert vom August leicht nach, weil die Unternehmen ihre zuletzt optimistischen
Erwartungen etwas zurücknahmen. Die Einschätzung der aktuellen Lage hat sich weiter verbessert und einen
neuen Höchststand erreicht.
ifo Konjunktur-Uhr Deutschland
ifo Geschäftsklima-Index im Verarbeitenden Gewerbe*
Aufschwung
Boom
Erwartungen für die nächsten 6
25
Jan 2014
Jan
2011
15
Jan
Jan 2015
5
-5
Jan
2013
September
2015
Jan 2012
-15
Rezession
Abschwung
-25
-30
-20
* Salden, saisonbereinigt
-10
0
10
20
30
40
50
Beurteilung der Geschäftslage
Quelle: ifo Institut
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Kein Gleichauf. Deutsche Wirtschaft hält sich in stürmischen Wetter 19/10/2015
Perspektiven
Deutsche Wirtschaft bleibt trotz gestiegener Unsicherheit weiter auf Wachstumskurs
Die Wachstumsverlangsamung in China und die Turbulenzen an den dortigen Börsen sowie das Warten auf
eine Zinswende in den USA haben zuletzt Befürchtungen genährt, dass die konjunkturelle Aufwärtsbewegung in
der zweiten Jahreshälfte zum Stillstand kommen könnte. Diese Entwicklungen haben in ihrer Summe zu einer
höheren Verunsicherung geführt. Eine konjunkturelle Abwärtsbewegung konnte selbst die Summe dieser Unsicherheitsfaktoren bisher nicht einleiten. Dafür sieht eine Vielzahl von Konjunkturindikatoren für Deutschland weiterhin zu gut aus. Beginnen wir mit der Binnenwirtschaft. Die Beschäftigung ist in Deutschland in den letzten Monaten kontinuierlich gestiegen und hat in den Sommermonaten mit etwas mehr als 43 Millionen Erwerbstätigen
einen neuen Rekordwert erreicht. Gleichzeitig meldet die Bundesagentur mehr als eine halbe Million offene Stellen und der Zeitraum der benötigt wird, eine offene Stelle zu besetzen, hat sich weiter vergrößert. Der Beschäftigungsanstieg wird vor allem getragen vom Zuwachs an sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen. Dies ist ein Indikator dafür, dass Unternehmen willens und in der Lage sind, Personal an sich zu binden.
Darüber hinaus ist dieser Anstieg aber auch im Zusammenhang mit der Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes zu sehen, weil geringfügige Beschäftigungsverhältnisse in reguläre überführt wurden.
In ihrer Summe wirken diese Faktoren positiv auf den Privaten Verbrauch. Zusätzlich gestärkt wir die private
Konsumnachfrage noch durch die gestiegenen Tariflöhne und -gehälter, die sich - vor allem bedingt durch die
gesunkenen Rohölpreise - deutlich über der aktuellen Preissteigerung bewegen. Das von der Gesellschaft für
Konsumforschung ermittelte Konsumklima ist zwar in den letzten Monaten leicht gesunken, weil sich die Einkommens- und Konjunkturerwartung der befragen Personen eingetrübt haben. Das Konsumklima befindet sich
aber weiterhin über dem Niveau des Vorjahres. Die Stimmung im Einzelhandel ist nach wie vor sehr gut. Der
Hauptverband des Deutschen Einzelhandels hat sogar seine Umsatzprognose für das gesamte Jahr 2015 von
1,5 auf zwei Prozent erhöht. Hinzu kommt, dass auch die Versorgung von Flüchtlingen den Privaten Konsum im
begrenzten Maße anschieben wird.
Die größte Unbekannte stellt die Entwicklung der Investitionen im weiteren Jahresverlauf dar. Niedrige Zinsen
und zuletzt auch gute Finanzierungsbedingungen für Unternehmen waren wider Erwarten kein Garant für eine
anziehende Investitionstätigkeit. Daran ändert auch die recht gute Auslastung der Produktionskapazitäten
nichts, die seit nunmehr zwei Jahren über dem langjährigen Durchschnitt liegt. Auch die eher gestiegenen Unsicherheiten aus dem wirtschaftspolitischen und geopolitischen Umfeld sprechen eher gegen einen kräftigen Investitionsschub. Als positive Signale dürfte aber die zuletzt kontinuierlich gestiegene Nachfrage nach Investitionsgütern aus dem Inland sowie die gegen den Trend gestiegene Investitionsgüterproduktion zu sehen sein.
Einen weiteren Aktivposten stellen die Bauinvestitionen dar. Hier sind dank der guten Einkommensentwicklung
sowie der historisch niedrigen Hypothekenzinsen weitere Impulse vom Wohnungsbau zu erwarten. Spätestens
im kommenden Jahr dürfte auch der öffentliche Bau aufgrund der geplanten Investitionspakete der Bundesregierung Boden gut machen.
Die Wachstumsimpulse von der Außenwirtschaft waren zuletzt positiv. Die Wachstumsschwäche in einigen
Schwellenländern konnte den deutschen Außenhandel nur bedingt beeinträchtigen, da die wichtigsten deutschen Exportmärkte, allen voran die Vereinigten Staaten und das Vereinigte Königreich derzeit boomen. Auch
die wirtschaftliche Erholung des Euroraumes, dem immerhin größten Absatzmarkt für deutsche Produkte, trägt
mit dazu bei, die Einbußen in den Schwellenländern zu kompensieren. Zusätzlich profitieren deutsche Exporteure derzeit noch vom schwachen Euro, indem sie entweder auf Drittmärkten wettbewerbsfähiger werden und
größere Mengen absetzen oder aber entsprechend höhere Margen realisieren können. Die im Vergleich zum
Vorjahr stark gesunkenen Preise für Rohstoffe und Energie werden die abwertungsbedingten Importpreissteigerungen überkompensieren, so dass weiter mit einer deutlich positiveren Leistungsbilanz zu rechnen ist. Alles in
allem dürfte das BIP in diesem Jahr durchaus noch mit einer Jahresrate von bis zu zwei Prozent wachsen können.
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Kein Gleichauf. Deutsche Wirtschaft hält sich in stürmischen Wetter 19/10/2015
Quellenverzeichnis
Deutsch, Klaus Günter, Stephan Keichel (2015). Abenomics auf holprigem Erfolgskurs. Länderbericht Japan.
Juli. BDI. Berlin.
DIW (2015). Sommergrundlinien 2015. Wochenbericht 26. Berlin.
Economist (2015). America’s Economy. 13. Juni.
Eichert, Wolfgang (2015). Heiteres Wetter am Konjunkturhimmel. Integrationsbericht Europa. BDI. Berlin/Brüssel.
Europäische Kommission (2015). European Economic Forecast, Winter.
Ifo Institute (2015). Ifo Konjunkturprognose 2015/2016: Deutsche Wirtschaft im Aufschwung. Ifo Schnelldienst Jg
68. 25. Juni.
Internationaler Währungsfonds (2015a). World Economic Outlook. Oktober. Washington, D.C..
---(2015b). People’s Republic of China. Article IV Staff Report. Country Report 15/234. Washington, D.C..
OECD (2015). Economic Outlook. Juni.
Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose (2015). Deutsche Konjunktur stabil. Wachstumspotenzial heben.
17
Kein Gleichauf. Deutsche Wirtschaft hält sich in stürmischen Wetter 19/10/2015
Autoren
Dr. Klaus Günter Deutsch
T: +49 30 2028-1591
[email protected]
Dr. Wolfgang Eichert
T: +49 160 92086057
[email protected]
Thomas Hüne
T: +49 30 2028-1592
[email protected]
Impressum
Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI)
Breite Straße 29
10178 Berlin
T: +49 30 2028-0
www.bdi.eu
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Kein Gleichauf. Deutsche Wirtschaft hält sich in stürmischen Wetter 19/10/2015
Grunddaten zur Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung
Verwendung des Bruttoinlandsproduktes (preis-, saison- und kalenderbereinigt)
Veränderung zum Vorzeitraum in Prozent
2014
2015
2013
2014
Q2
Q3
Q4
Q1
Q2
Konsumausgaben
0,8
1,2
0,1
0,6
0,8
0,4
0,2
Private Konsumausgaben
0,8
1,2
-0,1
0,6
1,0
0,4
0,2
Konsumausgaben des Staates
0,7
1,1
0,6
0,6
0,5
0,6
0,3
Bruttoanlageinvestitionen
-0,6
3,4
-1,5
-0,7
1,3
1,7
-0,4
Ausrüstungsinvestitionen
-2,4
4,3
0,9
-1,9
2,6
1,9
0,1
Bauinvestitionen
-0,1
3,6
-3,8
-0,4
0,6
1,8
-1,2
sonstige Anlagen
1,3
1,2
0,6
0,6
0,7
0,8
0,7
Inländische Verwendung
0,7
1,3
0,1
-0,4
1,0
0,6
-0,3
Exporte
1,6
3,9
0,4
1,5
1,4
1,2
2,2
Importe
3,1
3,4
0,6
0,4
2,3
1,9
0,8
insgesamt
0,3
1,6
-0,1
0,2
0,6
0,3
0,4
Wachstumsbeiträge zum preisbereinigten BIP (in Prozentpunkten)
Konsumausgaben
0,6
0,9
0,1
0,5
0,6
0,3
0,1
Private Konsumausgaben
0,5
0,7
0,0
0,4
0,5
0,2
0,1
Konsumausgaben des Staates
0,1
0,2
0,1
0,1
0,1
0,1
0,1
Bruttoanlageinvestitionen
-0,1
0,7
-0,3
-0,1
0,3
0,3
-0,1
Ausrüstungsinvestitionen
-0,2
0,3
0,1
-0,1
0,2
0,1
0,0
Bauinvestitionen
0,0
0,4
-0,4
0,0
0,1
0,2
-0,1
sonstige Anlagen
0,0
0,0
0,0
0,0
0,0
0,0
0,0
Inländische Verwendung
0,6
1,2
0,1
-0,4
0,9
0,5
-0,3
Außenbeitrag
-0,5
0,4
-0,2
0,5
-0,3
-0,2
0,7
Quelle: Destatis
t
19