KULTUR & GESELLSCHAFT Volksglaube Viel Glück! Schweine, Rauchfangkehrer, Klee, Marienkäfer und Fliegenpilz gehören zu den Klassikern unter den Glücksbringern, die zu Silvester verschenkt werden. Dazugekommen sind in den vergangenen Jahren Frösche, Elefanten und auch Buddhas und Bambus. TEXT: HELGA MARIA WOLF A us Marzipan, Glas oder Plastik, als Kopfbedeckung, tanzende oder singende Figur – zum Jahreswechsel 2014 war das Schwein „der absolute GlücksbringerRenner“, weiß eine Wiener Standlerin, die in den vergangenen Jahren Moden und Veränderungen beobachtet hat. Als Klassiker nannte sie Schweine, Rauchfangkehrer oder Klee. Dazu kommen Frösche, Elefanten oder Buddhas, die vor allem bei jüngeren Leuten beliebt sind. „Wie der Anfang so das Ganze“, lautet der mehr oder minder ausgesprochene Wunsch, der hinter allen Glücksbringern steht. „Wie der Anfang so das Ganze“, lautet der mehr oder minder ausge sprochene Wunsch, der Klassiker mit Tradition hinter den „Wer hoch schmauset, dem gebricht es das Glücksbringern ganze Jahr nicht.“: Wer auf dem Neujahrssteht. tisch Schwein hat, der wird nicht hungern. Traditionelle Glücksbringer sind nach wie vor gefragt. 26 granat apfel 1|2015 Fetter Braten, ein Schweinskopf (mit Kleeblatt im Maul) oder Haxen waren klassische Neujahrsspeisen. Außerdem galt das Tier, das im Boden wühlt oder nach der Trüffel schnüffelt, als Entdecker von Schätzen. Der Rauchfangkehrer konnte wirklich Glück bringen, wenn er sich um die Kamine kümmerte und damit der Brandgefahr vorbeugte. Zu Neujahr kam er kassieren – später meist um ein Trinkgeld, für das er sich mit einem Kalender bedankte. Im alten Wien war es Brauch, wenn man einem Rauchfangkehrer begegnete, sich schweigend an einen Knopf zu greifen, um das Glück zu steigern. Wer ganz großes Glück haben wollte, musste an einem Tag sieben Rauchfangkehrer und sieben Schimmel sehen. Das Ungewöhnliche macht den vierblättrigen Klee zum Glücksbringer. Hat man ihn zufällig gefunden oder geschenkt bekommen, hilft er angeblich, drohende Gefahren so vorauszusehen, dass man ihnen entgehen kann. Nach einer Legende nahm Eva einen Glücksklee als Erinnerung an das verlorene Paradies mit. Christen wollten darin das Zeichen des Kreuzes erkennen. Der Missionar Patrick soll den Iren das Wesen der Dreifaltigkeit anhand eines Kleeblattes erklärt haben, das deshalb zum Wahrzeichen der Insel wurde. Später sagte man: „Ein Blatt für den Glauben, eines für die Hoffnung und eines für die Liebe – und Gott fügte noch eines für das Glück dazu.“ Wer jetzt zum Jahreswechsel Geld hat, hat es das ganze Jahr. Der Glücksgroschen mit der Jahreszahl soll alle Tage in der Geldbörse bleiben, damit sie sich nicht leert. Fotos: Fotolia.com (goldbany, hompratun, Grigorenko, strannikfox) Volksglaube Tradition haben die Kalendermedaillen der Münze Österreich. Sie zeigen den astrologischen Jahresregenten, das Kalendarium im Zentrum der Rückseite verzeichnet die Sonntage, der Rundschnitt nennt alle Feiertage des Jahres. Fischschuppen glitzern wie Münzen. Der Biskuitfisch zu Neujahr soll beim Schwanz angebissen werden, damit alles, was man unternimmt, erfolgreich vorangeht. Der Analogieschluss passt auch beim Fliegenpilz, der als Glückspilz gilt. Die weißen Flecken auf seinem roten Hut erinnern an Geldstücke. Die Sporen sorgen weitum für Vermehrung. Rot wie der Fliegenpilz, aber mit sieben schwarzen Punkten, ist der Glückskäfer. „Frauenkäfer, flieg nach Mariabrunn, bring uns heut und morgen a schöne Sunn!“ heißt es im Kinderlied. Gutes Wetter, unerlässlich in der Landwirtschaft, soll er aus dem Marienwallfahrtsort mitbringen. Dem Marienkäfer, der mit der Muttergottes in Zusammenhang gebracht wird, durfte man nichts Böses antun. Das bringe Unglück, hieß es. Der Frosch wurde ebenfalls mit dem Wetter in Zusammenhang gebracht, er galt als Wetterprophet: „Steigt der Laubfrosch auf die Leiter, wird das Wetter schön und heiter.“ Quakt er früh, grünen die Bäume bald. Im Märchen vom Froschkönig nimmt der verzauberte Prinz diese Gestalt an und muss durch einen Kuss erlöst werden. 1412 empfiehlt eine Sammlung abergläubischer Praktiken die Verwendung von Froschgerippen für den Glücksund Liebeszauber. Das Hufeisen steht mit dem Pferd in Verbindung, das den Reichen vorbehalten war, wie Adeligen oder Rittern. Das Hufeisen als Teil des Statussymbols wurde zum Zeichen des Wohlstandes. Nach einer Meinung soll man es mit der Öffnung nach oben aufhängen, „damit das Glück nicht ausrinnt“, nach einer anderen umgekehrt, um das Glück zu verteilen. Sogar von der Öffnung nach rechts ist die Rede, um damit an das C von Christus zu erinnern. Buddhas, Elefanten und Glücksbambus erfreuen sich vor allem bei jüngeren Menschen steigender Beliebtheit. In jüngster Zeit sind Elefanten, Glücksbambus und Glücksbuddhas aus dem asiatischen Kulturkreis „zugewandert“. Asiatische Zuwanderer In jüngster Zeit sind Elefanten, Glücksbambus und Glücksbuddhas aus dem asiatischen Kulturkreis „zugewandert“. Wer in Indien einen Elefanten als Kapital hatte, konnte für seinen Lebensunterhalt sorgen. Der Dickhäuter gilt als weise und erreicht ein hohes Alter. Wer würde sich das nicht auch selbst wünschen? Die seltenen weißen Elefanten gelten als besonders wirksam. Der lachende Glücksbuddha soll ein Meister des Zen-Buddhismus gewesen sein, der im fünften nachchristlichen Jahrhundert in China entstand. Gar nicht asketisch wird Poe-Tai Hoshang als beleibter Mann mit Glatze dargestellt. Er trägt symbolische Attribute: Ein Goldklumpen steht für finanziellen Erfolg, eine Perle für Gesundheit und Schönheit. Der Glücksbambus ist eigentlich kein Bambus, sondern ein Drachenbaum. Die kleinen Pflanzen werden in Asien in Spiralform gezogen. Dort schreibt man ihnen magische Fähigkeiten zu. Der „Lucky Bamboo“ soll für Gesundheit, langes Leben und Reichtum sorgen. Daher ist er auch unter unseren Glückssymbolen zu Silvester zu finden. Oft sitzt ein kleiner Rauchfangkehrer darauf, denn man kann nie genug Glück haben. « 27
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