IB + IA_Anf
Semantik
Sommersemester 2015
Dr. Ileana-Maria RATCU
Semantischer Wandel
• Der Wandel von Wortbedeutungen gehört zu
den sprachlichen Veränderungen, die von
vielen Sprechern einer Sprache bewusst
wahrgenommen werden.
• Der semantische Wandel verläuft keineswegs
willkürlich.
• Einige Typen lassen sich unterscheiden.
Semantischer Wandel
• Die Bedeutungsveränderung bzw. der
Bedeutungswandel spielt sich
ausschließlich auf die Inhaltsseit von
Lexemen ab.
• Bedeutungsänderungen können sich auf
den Bedeutungsumfang eines Lexems
beziehen.
Bedeutungswandel
• Man unterscheidet
• die Bedeutungsverengung
• von der
•
Bedeutungserweiterung.
Bedeutungsverengung - Beispiele
• Die Bedeutung kann verengt werden –
Einschränkung des Bedeutungsumfanges bzw.
des Verwendungskontextes.
• ‘Hochzeit‘ - im Mittelhochdeutschen (Mhd.)
bedeutete ‚Fest‘;
• ‘Schirm‘ – im Mhd. bedeutete ‚Schutz‘;
• das Verb ‚faran‘ (fahren) – im
Althochdeutschen (Ahd.) für jede Art der
Fortbewegung verwendet werden konnte;
Bedeutungserweiterung - Beispiele
• Das umgekehrte Phänomen ist die
Bedeutungserweiterung.
• ahd., mhd. ´Horn` bezeichnete ‚Auswuchs an
der Stirn eines Tieres’ - das Wort hat
heutzutage auch eine erweiterte Bedeutung
‚Blechblasinstrument’.
• ahd. `tior` (Tier) bedeutete ausschließlich
`wilde Tiere´
Qualitative Veränderungen
• Qualitative Veränderungen von
Wortbedeutungen sind das Ergbnis von
Veränderungen in der sozialen
Bewertung.
• Man unterscheidet zwischen
Bedeutungsverbesserung und
Bedeutungsverschlechterung.
Bedeutungsverbesserung
• Ein Beispiel für die
Bedeutungsaufwertung ist das Wort
Marschall, das einen sehr hohen
militärischen Rang bezeichnet und aus
dem alten Wort Mähre ‚Pferd’ und dem
heute veralteten Wort Schalk ‚Knecht’
stammt.
Bedeutungsverbesserung
Ein Marschall war urspünglich ein Pferdeknecht,
dann Stallmeister, später Hofbeamter,
oberster Befehlshaber der Reiterei. Somit
wurde die Bedeutung des Wortes verbessert.
Ein weiteres Beispiel ist mhd. toll ‚verwirrt,
verrückt’ > toll ‚ungewöhnlich, prächtig,
großartig’
Bedeutungsverschlechterung
• Öfter als die Bedeutungsaufwertung oder verbesserung kommt die
Bedeutungsabwertung oder verschlechterung vor:
• mhd. wīp ‚Geschlechtswesen im Unterschied
zum Mann, Frau, Ehefrau’ >Weib
‚unangenehme weibliche Person’;
• mhd. dierne ‚junges Mädchen, Dienstmagd‘ >
Dirne ‚Prostituierte’.
Bedeutungsverschlechterung
• Verschiedene Bedeutungsverschlechterungen
sind zu beobachten: ´Frau´ bedeutet noch im
Mittelhochdeutschen ein sozial
hochstehendes weibliches Lebewesen, im
Gegenwartsdeutschen ist es zu einer
allgemeinen Geschlechtsbezeichnung
geworden.
Bedeutungsübertragung und
Bedeutungsverschiebung
• Die Bedeutungsübertragung ist das Ergebnis
metaphorischer Verwendung von Ausdrücken,
wie bei den Körperteilbezeichnungen Haupt,
Hals, Fuß, Bein, die sich im übertragenen
Sinne auf nichtmenschliche Objekte beziehen:
das Haupt einer Familie, Flaschenhals, der
Hals einer Säule, der Fuß einer Lampe, der Fuß
einer Säule, Tischbein.
Bedeutungsverschiebung
• Von Bedeutungsverschiebung wird gesprochen,
wenn ein sprachlicher Ausdruck durch eine
sachlich verwandte Bezeichnung ersetzt wird
(Metonymie).
• Die Metonymie basiert ebenfalls auf
Übertragung. Ein Beispiel wäre wir trinken noch
ein Glas.
• Weitere Beispiele, in denen der Name eines Ortes
oder einer Person zum Namen für einen
charakteristischen Gegenstand geworden sind:
Bedeutungsverschiebung
• Denim – Stadt in Frankreich
• Gouda – Stadt in Holland
• Champagner – Region in Frankreich
• Sandwich – John Montagu, 4th Earl of Sandwich
• Guillotine – Joseph-Ignace Guillotin, frz. Arzt
• Röntgen – Wilhelm Conrad Röntgen, dt. Physiker
Sprachwandel durch Sprachkontakt
• Die einzelnen Komponente der Grammatik
sind von unterschiedlicher Resistenz
gegenüber der Beeinflussung durch andere
Sprachen. Am wenigsten stabil in Situationen
sprachlicher und/oder sozialer Dominanz
erweist sich das Lexikon einer Sprache.
• Für den Lehnwortschatz einer Sprache werden
die folgenden Unterscheidung getroffen:
Lehnwörter, Lehnbildungen und
Lehnbedeutungen
• Lehnwörter sind direkte Wortentlehnungen,
die unterschiedlich stark in die
Ausgangssprache integriert sein können,
wobei der Grad der Integration als Indikator
für die Zeit der Entlehnung genutzt werden
kann.
Lehnwörter
• Im Unterschied zum Fremdwort sind
Lehnwörter solche Entlehnungen einer
Sprache A aus einer Sprache B, die sich in
Lautung, Schriftbild udn Flexion vollständig an
die Sprache A angeglichen haben
• Fenster aus lat. fenestra
• Wein aus lat. vinum
Lehnwörter
• Die folgenden Lehnwörter sind deshalb bereits
seit dem 6. Jh. Teil des althochdeutschen
Wortschatzes:
• menta > Minze
cucurbita > Kürbis
• tegula > Ziegel
campus > Kampf
• persicum > Pfirsich fenestra > Fenster
• piper > Pfeffer
Lehnwörter
• Die Entlehnung von Wörtern in die deutsche
Sprache bleibt nicht nur auf das Lateinische
beschränkt: Im Mittelhochdeutschen entlehnt
das Deutsche unter dem kulturellen Einfluss
des Französichen Wörter aus dem Bereich des
Rittertums:
• aventure > aventiure (Abenteuer)
• tournoi > turnei (Turnier)
• dance > tanz
Lehnwörter
• Der Einfluss des Französischen auf das
Deutsche zeigt sich insbesondere im 16. bis
18. Jh., als Frankreich zum Vorbild im fast allen
Lebensbereichen stilisiert wird. Selbst die
deutsche Verwandtschaftsbezeichnungen
werden durch die französischen
Entsprechungen ersetzt.
Lehnwörter
• Dame, Maitresse, Cavalier, Monsieur,
Madame, Mademoiselle
• Papa, Mama, Onkel, Tante, Cousin, Cousine
• Compliment, Conversation, Plaisir, Coquetterie
• Galerie, Balkon, Sofa, Möbel
• Heute wird unser Lexikon vor allem durch den
Einfluss der englischen Sprache verändert
Lehnübersetzungen und
Lehnübertragungen
• Werden Wörter nach dem Vorbild fremder
Muster mit den Mitteln der eigenen Sprache
neugebildet, lassen sich verschiedene Aspekte
und Grade der Abhängigkeit von der
dominierenden Sprache unterscheiden.
• Formale Abhängigkeiten zeichnen die
Lehnübersetzungen und die
Lehübertragungen aus. Letztere sind der
Vorlage gegenüber freier.
• Formal unabhängig sind dagegen die
Lehnschöpfungen.
Lehnübersetzung
• Vorgang und Ergebnis einer genauen Gliedfür-Glied-Übersetzung eines
fremdsprachlichen Ausdrucks:
• Dampfmaschine für engl. steam engine
• Montag für lat. dies lunae
• Geistesgegenwar für frz. présence d´ésprit
Lehnübertragung
• Die Lehnübertragung basiert auf einem
freierem Umgang mit dem fremdsprachlichen
Ausgangswort:
• Wolkenkratzer für engl. Skyscraper
• Vaterland für lat. patria
Lehnschöpfung
• Vorgang und Ergebnis der Übernahme der
Bedeutung eines fremdsprachlichen
Ausdrucks durch formal relativ unabhängige
Nachbildung in der eigenen Sprache:
• Umwelt für Milieu
• Weinbrand für Cognac
• Hochschule für Universität