Building Bridges 2015_Projektbeschreibung in Israel - NRW

Projektbeschreibung Building Bridges 2015
Deutsch-Israelischer Jugendaustausch in Israel, 8.-18.10.2015
Dieser deutsch-israelische Jugendaustausch soll die Rückbegegnung von Building
Bridges 2015 im Juli in Dortmund sein. Die Jugendlichen haben sich bereits kennen
gelernt und in Teams gemeinsam gearbeitet. Die deutschen Teilnehmer sollen nun auch
die Möglichkeit haben, die Lebenswirklichkeit ihrer israelischen Partner in Israel zu
erleben sowie Familie und Freunde der israelischen Austauschpartner kennen zu lernen.
Die deutschen Jugendlichen werden in Israel in den Gastfamilien ihrer Austauschpartner
untergebracht.
Wir wollen uns während des Aufenthaltes in Israel einerseits mit der Shoa, andererseits
aber auch mit gesellschaftspolitischen Problemen in Israel sowie dem anhaltenden
Nahost-Konflikt auseinandersetzen. Darüber hinaus sollen die Jugendlichen gemeinsam
in Israel an ihrem eigenen Projekt Building Bridges – Brücken bauen weiter arbeiten.
Wir möchten alle drei Themen gleichgewichtig behandeln:
1.) Der Holocaust in Deutschland und Europa
2.) Der jüdisch-arabische Konflikt in Israel und der Nahost-Konflikt
3.) Building Bridges – Brücken bauen: Welchen Beitrag kann ich als Jugendlicher für
die deutsch-israelische Verständigung leisten?
1.) Der Holocaust in Deutschland und Europa
In diesem Jahr möchten wir gerne das Seminarangebot der International School of
Holocaust Studies, Yad Vashem, für SchülerInnen und außerschulische Jugendgruppen
aus Nordrhein-Westfalen in Anspruch nehmen. Es wurden zwei Seminarangebote von
Yad Vashem nach der Unterzeichnung des Abkommens zwischen der Landesregierung
NRW und Yad Vashem während des Besuches von Frau MP Hannelore Kraft in 2014 in
Yad Vashem entwickelt (siehe Anlage: Kleiner Studientag und voller Studientag). In
diesem Zusammenhang interessiert uns die themengebundene Führung über das
Gelände von Yad Vashem Menschliche Entscheidungen und Dilemmata während des
Holocaust. Für die deutschen Jugendlichen ist der Besuch in Yad Vashem immer ein
einschneidendes Erlebnis. Alles, was sie über den Holocaust wissen, wird an diesem Ort
greifbar und real. Sie werden hier emotional stark gefordert. Die Jugendlichen fühlen sich
bereits während der Führung durch das Museum von den pädagogischen Mitarbeitern in
Yad Vashem direkt angesprochen, weil für sie der Holocaust hier individuell und
altersgerecht erfahrbar wird.
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2.) Der jüdisch-arabische Konflikt in Israel und der Nahost-Konflikt
In der jüdisch-arabischen Begegnungsstätte Givat Haviva, nordöstlich von Netanya lernen
die Jugendlichen, dass die israelische Gesellschaft nicht nur aus Juden besteht, sondern
es auch arabische Menschen mit israelischem Pass gibt. Givat Haviva ist eine
Nichtregierungsorganisation, die für den Dialog zwischen jüdischen und arabischen
Israelis steht. Die Organisation zeichnet sich dadurch aus, dass dort Workshops und
Projekte zur Verständigung und Konfliktbekämpfung zwischen jüdischen und arabischen
Israelis durchgeführt werden. In Givat Haviva erwartet uns ein ganztägiges
Besuchsprogramm mit vielen Informationen. Die Jugendlichen werden zunächst das
Campusgelände mit den verschiedenen Zentren kennen lernen: das Jewish-Arab Center
for Peace, das Arts Center für Kunstprojekte, das Moreshet Center - Gedenkzentrum für
Holocauststudien und -forschung, das Noa/Nuha Center zur Frauen und GenderForschung und das Yad Yaari Center, ein Archiv und Forschungszentrum zur HaShomer
HaTzair, der internationalen sozialistisch-zionistischen Jugendorganisation „Der junge
Wächter“ sowie die Sarah und Yaakov Eshel Friedensbibliothek.
In Givat Haviva werden eine jüdische Pädagogin und ein arabischer Pädagoge den
Jugendlichen einzelne Dialogprojekte vorstellen. So gibt es beispielsweise ein FotografieDialog-Projekt mit dem Namen „Through Others' Eyes“, das sich an jüdische und
arabische Jugendliche richtet, bei dem jedes jüdische Kind den Lebensraum eines
arabischen Kindes und umgekehrt fotografisch erkundet. Auch das Projekt face to face ist
ein Dialogprojekt für jüdische und arabische Jugendliche. Bei diesem Projekt geht es um
den Abbau von Vorurteilen zwischen arabischen und jüdischen Jugendlichen. Das
Begegnungsprogramm ist auf jeweils zwei Jahre angelegt, während der jede
teilnehmende jüdische Schulklasse mit einer arabischen Partnerklasse in den Dialog tritt.
Immer wieder erhalten die Jugendlichen die Gelegenheit, aufgekommene Fragen,
Probleme und Spannungen auch in ihrer vertrauten Gruppe zu reflektieren und zu
verarbeiten. Auf diese Weise entsteht ein Lernprozess, der Verständnis über die Konflikte
im jüdisch-arabischen Zusammenleben im Speziellen und über politische und soziale
Probleme im Allgemeinen vermittelt.
Am Nachmittag des Studientages in Givat Haviva wollen wir mit einer Journalistin, die für
Givat Haviva arbeitet, mit unserem Bus zur sogenannten „Grünen Linie“ fahren. Die
„Grüne Linie“, die imaginäre Grenze zwischen Israel und der Westbank, dem zukünftigen
Staat Palästina, erinnert - weil durch einen Grenzzaun separiert - an ehemalige
Grenzgebiete zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der damaligen DDR. Im
zentralisraelischen Wadi Ara, unweit vom Highway 65, der von Hadera nach Megiddo
führt, liegt die kleine arabische Gemeinde Barta’a. Wegen der „Grünen Linie“ existiert
jedoch noch ein zweites Barta’a. Diesseits und jenseits der Linie, liegen je die Hälfte einer
Siedlung, die vormals Eins war. Eine Zwillingssiedlung und ein Beispiel für das
hochkomplizierte Verhältnis der israelischen Araber zu ihren Nachbarn auf der
palästinensischen Seite. Barta’a wurde seine eigentlich idyllische Lage zum Verhängnis.
Die Siedlung erstreckt sich zu beiden Seiten des Wadi Ara.
1949 trafen sich in Rhodos die Vertreter des neuen Staates Israel und der arabischen
Nachbarn zu den Friedensverhandlungen, die dem israelischen „Unabhängigkeitskrieg”
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folgten. Zu den wichtigsten Verhandlungspunkten gehörten die Fragen der Grenzen. So
wurde auch zwischen Israel, der Westbank und Jordanien eine Grenze definiert, die als
„Grüne Linie“ bekannt ist. Niemand weiß, ob den Verhandlungsführern von Rhodos die
kleine Gemeinde Barta’a nicht bekannt, oder einfach nur egal war, als sie beschlossen,
die Grenze auf der Talsohle des Wadi Ara entlang zu ziehen. Für die Barta’aris ist das
unerheblich. Fest steht für sie nur das Ergebnis: Mitten durch ihre Stadt zieht sich seitdem
eine Grenze, die eine Teil von ihnen zu Israelis und den anderen Teil zu Palästinensern
macht.
Ich habe im Herbst 2014 die Begegnungsstätte Givat Haviva bei einer Israelreise ohne die
Jugendlichen kennen gelernt. Viele Gruppen der Bundes- und Landeszentrale für
politische Bildung besuchen Givat Haviva. Mit den dortigen Pädagogen habe ich den
Besuch unserer Jugendgruppe vorab besprochen.
Für die deutschen Jugendlichen wäre der Besuch in Givat Haviva eine einmalige Chance:
Hier lernen sie einerseits die Vielschichtigkeit gesellschaftlicher Probleme innerhalb
Israels kennen und erhalten andererseits wertfreie Informationen zur Komplexität des
Nahostkonflikts.
3.) Building Bridges – Brücken bauen: Welchen Beitrag kann ich als Jugendlicher
für die deutsch-israelische Verständigung leisten?
An diesem Workshoptag sollen die deutschen und israelischen Teilnehmer die Arbeit in
kleineren Teams fortsetzen. Schon bei der In-Begegnung in Dortmund haben sie mit einer
Künstlerin und einem Fotografen zum Thema gearbeitet. In Israel sollen sie sich auch
Gedanken machen, wie sie als Jugendliche zu Botschaftern der deutsch-israelischen
Verständigung werden. Das Deutschlandbild in Israel – vor allem bei den israelischen
Jugendlichen – leidet auch durch die Berichterstattung der Medien und führt zu
Verunsicherungen. Warum soll man sich eigentlich als junger Israeli für eine deutschisraelische Verständigung einsetzen? Das gilt für Jugendliche aus Deutschland umgekehrt
genauso. Die Jugendlichen sollen sich auf künstlerische Weise mit diesem Thema
auseinandersetzen, um dadurch auch mit anderen Jugendlichen, die noch nicht an einem
deutsch-israelischen Jugendaustausch teilgenommen haben, ins Gespräch zu kommen.
Während der Begegnung wird überwiegend Englisch gesprochen. In Einzelfällen
benutzten die Teamer für komplizierte Zusammenhänge eventuell die Landessprache. Am
Ende der Begegnungsmaßnahme lassen wir sowohl von den israelischen als auch von
den deutschen Jugendlichen das Programm evaluieren.
Vor und nach der Begegnungsmaßnahme gibt es ein zweitägiges Vor- bzw.
Nachbereitungsseminar für die deutschen Teilnehmer. Das Programm und der Bericht
zum Jugendaustausch werden in der Lokalpresse verbreitet sowie über unser
Internetportal www.nrwisrael.de .
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